Projekt Clever sitzen!

Neumann (Ltg.) & Robert Zimmermann (wissenschaftlicher Mitarbeiter) & Robert Rupp (Ge-fö) in Kooperation mit der UK BW (15.10.2015 bis zum 31.01. 2019)

Clever sitzen – clevere Schritte zu (mehr) Sitzunterbrechungen im Unterricht

Das Lernen in Schule und das Leben außerhalb von Schule sind in Deutschland für unsere Kinder und Jugendlichen in einem hohen Maße von bewegungsinaktiven Tätigkeiten gekennzeichnet. Besonders häufig wird bei diesen Lernaktivitäten kontinuierlich und zeitextensiv gesessen. Die Kultivierung dieser minimalen Bewegungspraxis wird als sitzender Lebensstil bezeichnet und mit epidemiologischen Risiken in Verbindung gebracht: Insbesondere das energetisch gering dosierte Sitzen gilt als Prädiktor für typische Zivilisationskrankheiten, wie Übergewicht und kardiovaskuläre Erkrankungen (Carson, Hunter, Kuzik, Gray, Poitras & Chaput, 2016).

Obwohl Sitzen schon als das „neue Rauchen“ bezeichnet und dramatisiert wird (Huber, 2014), ist der aktuelle Forschungsstand zu den gesundheitlichen Folgen langen Sitzens für den kindlichen Gesundheitsstatus nicht evident (Bucksch & Dreger, 2014). Degenerative Prozesse brauchen in der Regel Zeit, bis sie eine orthopädische oder internistische Relevanz bekommen; insofern sind Erwachsene in höherem Maße von den gesundheitlich negativen Folgen langen Sitzens und eines sitzenden Lebensstils betroffen als Kinder und Jugendliche.

Davon unbenommen verbringen Kinder und Jugendliche in Industrieländern derzeit durchschnittlich etwa zwei Drittel ihrer Wachzeit sitzend. Neben inaktiven Bildschirmzeiten (Bucksch, Sperlich & Sudeck, 2015) gilt vor allem die Schule als ein gewichtiger sitzzeitrelevanter Faktor: Im internationalen Durchschnitt sitzen Kinder täglich ca. 65% der Schulzeit (van Hecke et al., 2016, van Stralen et al., 2014). Sind dies nicht (gute) Gründe, um mehr Bewegung im schulischen Unterricht zu fordern?

Die Kernaufgabe schulischen Unterrichts besteht allerdings nicht in einer Bewegungsförderung, sondern in der Förderung fachlichen Lernens. Folgt man etablierten Ergebnissen der empirischen Unterrichtsforschung, ist für einen lerneffektiven Unterricht vor allem die aktive Lernzeit der Schüler*innen wichtig (Gold, 2015). Gemeint ist damit jene Zeit im Unterricht, in der sich die Schüler*innen mit ihren Aufgaben beschäftigen („time on task“).

Vor diesem Hintergrund sind einfache Forderungen nach (mehr) Bewegungspausen im Unterricht wenig einsichtig, da sie inkompatibel mit der Nutzung der Lernzeit sind. Weil der evidente empirische Nachweis der Lernleistungssteigerung durch lernzeitverbrauchende Bewegungspausen im Unterricht aber (noch) aussteht, haben wir Ideen für lernzeitschonende und lernzeitwahrende Sitzunterbrechungen im Klassenraumunterricht entwickelt, erprobt und (exemplarisch) evaluiert (Zimmermann & Neumann, 2020).

Literaturverzeichnis

Bucksch, J. & Dreger, S. (2014). Sitzendes Verhalten als Risikofaktor im Kindes- und Jugendalter. Prävention und Gesundheitsförderung, 9 (1), 39-46. doi:10.1007/s11553-013-0413-2

Bucksch, J., Sperlich, B. & Sudeck, G. (2015). Faktoren der wahrgenommenen sozialen und physischen Umwelt als Determinanten des Bewegungsverhaltens bei Jugendlichen. Das Gesundheitswesen, 77 (08/09). doi:10.1055/s-0035-1563253

Carson, V., Hunter, S., Kuzik, N., Gray, C. E., Poitras, V. J., Chaput, J.-P. et al. (2016). Systematic review of sedentary behaviour and health indicators in school-aged children and youth: an update. Applied physiology, nutrition, and metabolism = Physiologie appliquee, nutrition et metabolisme, 41 (6 Suppl 3), 240-265. doi:10.1139/apnm-2015-0630

Goh, T. L., Hannon, J., Webster, C., Podlog, L. & Newton, M. (2016). Effects of a TAKE 10! Classroom-Based Physical Activity Intervention on Third- to Fifth-Grade Children's On-task Behavior. Journal of physical activity & health, 13 (7), 712-718. doi:10.1123/jpah.2015-0238

Van Hecke, L., Loyen, A., Verloigne, M., van der Ploeg, H. P., Lakerveld, J., Brug, J. et al. (2016). Variation in population levels of physical activity in European children and adolescents according to cross-European studies: a systematic literature review within DEDIPAC. The international journal of behavioral nutrition and physical activity, 13, 70. doi:10.1186/s12966-016-0396-4

Van Stralen, M. M., Yildirim, M., Wulp, A., te Velde, S. J., Verloigne, M., Doessegger, A. et al. (2014). Measured sedentary time and physical activity during the school day of European 10- to 12-year-old children: the ENERGY project. Journal of science and medicine in sport / Sports Medicine Aus-tralia, 17 (2), 201-206. doi:10.1016/j.jsams.2013.04.019.

Forschungsergebnisse:

Neumann, P. & Zimmermann, R. (2019). Zur Akzeptanz von Sitzunterbrechungen im Unterricht aus der Perspektive von Lehrkräften. sportunterricht, 69 (1), 2-10. Z

immermann, R. & Neumann, P. (2020). Sitzunterbrechungen im Unterricht? Auf Lärm und Bewegung getestete Beispiele sitzunterbrechender Unterrichtsorganisation. In C. Andrä & M. Macedonia (Hrsg.), Bewegtes Lernen. Handbuch für Forschung und Praxis (1. Auflage, S. 113-123). Köln: Lehmanns.

FIT Fußball

Das folgende Video zeigt die Aufwärmübungen. Über den Ton werden keine Informationen vermittelt.

FUNtervals Kinobesuch

Das folgende Video zeigt Radfahrübungen mit den Beinen. Über den Ton werden keine Informationen vermittelt.

FIT Pizza backen

Das folgende Video zeigt unterschiedliche Streckübungen. Über den Ton werden keine Informationen vermittelt.