„Fälle von Inklusion im Sportunterricht"

Peter Neumann (Ltg.), Carina Große, Katharina Stief (phasenweise wissenschaftliche Mitarbeiterinnen) in Ko-operation mit der UK BW (Laufzeit: 01.07.2016 - 31.03.2018)

„Fälle von Inklusion im Sportunterricht – Prozessbegleitung und Prozessanalyse gemeinsamen Sportunterrichts von behinderten und nichtbehinderten Schülerinnen und Schülern“

In Baden-Württemberg hat der Ministerrat am 24. Februar 2015 den Gesetzentwurf zur gesetzlichen Regelung inklusiver Bildung an Schulen zur Anhörung freigegeben. Angestrebt wird eine Änderung des bestehenden Schulgesetzes, so dass zukünftig Eltern selbst über den Schulbesuch ihres Kindes einer Regelschule oder eines SBBZs entscheiden können. Klares (bildungs)politisches Ziel ist es nach Aussage des verantwortlichen Kultusministers, „dass mehr Kinder mit und ohne Anspruch auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot die gleiche Schule besuchen können“ (Stoch, 2015).

Ein gleichberechtigter Zugang behinderter Kinder und Jugendlicher zum Regelschulsystem stellt einen moralisch wünschenswerten Entwicklungsschritt in unserer Gesellschaft dar. Politisch erwartet wird von Schulen deshalb, dass sie sich als inklusionswillige und auch als inklusionsfähige Organisationen erweisen werden. Dass die Umsetzung dieses Anspruches in den Schulen jedoch nicht bruchlos gelingen kann, gilt aber als wahrscheinlich (Ahrbeck, 2014).

Vor dem aufgezeigten Hintergrund gehe ich von der These aus, dass die derzeitige Umsetzung der bildungspolitischen Reform schulischer Inklusion im Sportunterricht Probleme hervorruft, die bearbeitet und gelöst werden müssen. Ich halte es für wenig zielführend, wenn Inklusionsbefürworter*innen ausschließlich auf die Chancen schulischer Inklusion verweisen und gegenläufige empirische Fakten und schulische Erfahrungsberichte ignorieren und wenn Inklusionsgegner*innen ausschließlich auf die Probleme schulischer Inklusion hinweisen und nicht beachten, dass es auch empirisch belegte Chancen und Erfolge schulischer Inklusion gibt.

Meines Erachtens benötigen Sportlehrkräfte für die schwierige Aufgabe, einen lernförderlichen und gemeinsamen Sportunterricht zu gestalten, anschauliche und authentische Beispiele, die nicht auf idealen, sondern auf realen schulischen und sportunterrichtlichen Rahmenbedingungen basieren. Deshalb wurden viele Sportunterrichtsstunden hospitiert und mit Blick auf „Problemsituationen“ beobachtet. Von einem Problem spreche ich dann, wenn in dieser Szene gegen eine sportpädagogische Norm verstoßen wurde (Scherler 2004, 21–28).

In der vorliegenden Projektdokumentation (Handreichung) wird nach der Beschreibung der jeweiligen Szene das basale Problem mit Hilfe eines didaktischen Kommentars aufgezeigt und begründet. Dabei wird nur das jeweilige Hauptproblem aufgegriffen, das beispielsweise zu einem Konflikt etc. geführt hat. Vor diesem Hintergrund erfolgen anschließend konkrete Empfehlungen für ein alternatives Lehrerhandeln in der betreffenden Unterrichtssituation, aber auch längerfristig angelegte Lösungsvorschläge.

Die Handreichung konzentriert sich auf die Primarstufe (Grundschule) und auf die Sekundarstufe I (Gemeinschaftsschule, Realschule, Werkrealschule/Hauptschule). Die Auswahl der Schulstufen und Schulformen lässt sich damit begründen, dass derzeit in der Grundschule über 50 % der Schüler*innen mit Förderbedarf beschult werden, die in eine allgemeine Schule inkludiert werden. Die Gemeinschaftsschulen in Baden-Württemberg verstehen sich gemäß Schulprogramm als inklusive Schulen.

Die Handreichung folgt der Unterscheidung in unterschiedliche Förderbereiche und betont damit deren Spezifizität (Giese & Weigelt, 2017). Berücksichtigt werden vorrangig die Förderbereiche Lernen, geistige Entwicklung, emotionale und soziale Entwicklung, körperliche und motorische Entwicklung sowie Autismus, weil diese Förderschwerpunkte zu den häufigsten im Sportunterricht gehören (KMK, 2018).

Um interessierte Leser*innen mit basalen Bezeichnungen, Merkmalen sowie didaktisch-methodischen Konsequenzen vertraut zu machen, finden sich zu jedem Förderschwerpunkt Einführungstexte. Die Fallbeschreibungen beinhalten auch konkretisierende Angaben zum individuellen und unterrichtlichen Kontext. Diese Angaben sollen den Fall anschaulich und verständlich machen. Sie müssen aber zugleich abstrakt bleiben und dürfen keine Details nennen, um die Anonymität der beteiligten Personen und Institutionen zu wahren.

Bezugsquelle: Unfallkasse Baden-Württemberg