3. Quartal 2021 - August
Liebe Leser:innen,
mit unserem Newsletter möchten wir Sie über unsere Arbeit am Annelie-Wellensiek-Zentrum für Inklusive Bildung (AW-ZIB) informieren und dabei auch aus unterschiedlichen Perspektiven über Themen rund um Inklusion berichten.
So nimmt Sie Bildungsfachkraft Helmuth Pflantzer mit auf Reisen quer durch Europa, teilt dabei seine Erfahrungen und beschreibt Herausforderungen, die er als Rollstuhlfahrer erlebt hat.
Erfahren Sie mehr über den Abbau von Barrieren im Bereich digitaler Bildung sowie in Kunst- und Kultureinrichtungen: In Zusammenarbeit mit den Bildungsfachkräften wurde im Rahmen eines studentischen Praxisprojekts ein digitales Lernprogramm in Leichter Sprache zur Bedienung von Zoom entwickelt. Das AW-ZIB ist auch Teil des Kooperationsprojekts "Kunst- und Kultureinrichtungen als Lernende Organisationen (KuLO)" und nimmt spezifische Barrieren in den Blick, die sich etwa für Menschen, die als kognitiv beeinträchtigt gelten.
Wo fand die erste Qualifizierung von Menschen, die als kognitiv beeinträchtigt gelten, statt und wie geht es mit der Entwicklung der Bildungsfachkräfte in Deutschland weiter? Wie genau verläuft die Planung und Vorbereitung einer Bildungsveranstaltung der Bildungsfachkräfte und woran forscht die Nachwuchsgruppe? Erfahren Sie darüber hinaus mehr über inklusive Neuigkeiten der Pädagogischen Hochschule Heidelberg und lernen Sie interessante externe Projekte kennen.
Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen
Die Newsletter-Redaktion des AW-ZIB


KuLO soll Teilhabe ermöglichen
Neues Projekt will Kunst- und Kultureinrichtungen zukunftsfest machen

[red] Wie können Kunst- und Kultureinrichtungen die Corona-Krise überstehen, sich digital weiterentwickeln und neue Besucher:innengruppen erschließen? Die Pädagogische Hochschule Karlsruhe, die Pädagogische Hochschule Heidelberg und die Akademie für wissenschaftliche Weiterbildung erarbeiten hierfür passgenaue Weiterbildungsangebote. Das AW-ZIB ist Teil des Projekts "KuLO - Kunst- und Kultureinrichtungen als lernende Organisationen", das mit 1,6 Millionen Euro aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds im Programm REACT-EU gefördert wird und im Juli startete.
Die Vielfalt der Kunst- und Kultureinrichtungen in Baden-Württemberg zu erhalten und ihr Innovationspotenzial als lernende Organisationen zu stärken, ist das Ziel des im Juli 2021 an den Start gegangenen Kooperationsprojekts "KuLO - Kunst- und Kultureinrichtungen als lernende Organisationen".
Bis Ende 2022 entwickeln die Pädagogische Hochschule Karlsruhe, die Pädagogische Hochschule Heidelberg und die Akademie für wissenschaftliche Weiterbildung an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg e.V. insgesamt drei Weiterbildungsmodule. Diese sollen Kunst- und Kultureinrichtungen dazu befähigen, sich im Sinne lernender Organisationen weiterzuentwickeln, Barrieren zu Kulturangeboten abzubauen und Zielgruppen zu erweitern sowie Technologien sinnvoll und nachhaltig einzusetzen. Angelegt werden die Weiterbildungsmodule als hybride Lehr-Lern-Arrangements, in denen Präsenzworkshops, digitale Lernelemente und Austauschforen sowie Onlineressourcen miteinander verschränkt sind.
Das AW-ZIB ist Teil des Vorhabens: Die professorale Leitung Prof. Dr. Vera Heyl und Prof. Dr. Karin Terfloth, Sonderpädagogin Noemi Heister und Bildungsfachkraft Helmuth Pflantzer nehmen im Modulbaustein „Accessability und Barrierefreiheit“ gemeinsam mit Kolleg:innen aus dem Institut für Sonderpädagogik spezifische Barrieren in den Blick, die sich etwa für Menschen, die als kognitiv beeinträchtigt gelten, oder Nutzer:innen von Deutscher Gebärdensprache ergeben. Gemeinsam soll herausgearbeitet werden, welche Chancen in einer auf gesellschaftliche Inklusion ausgerichteten Kulturarbeit liegen, die über die Partizipation einzelner Teilgruppen hinausgeht und das Gesamtverständnis von Kultureinrichtungen prägen kann.
Heister über ihre Motivation: „Jeder Mensch hat ein Recht auf Kunst und Kultur! Damit dieses Recht verwirklicht werden kann, braucht es barrierefreie und zugängliche Kunst- und Kultureinrichtungen für alle Menschen. Ich freue mich sehr, das wichtige Vorhaben der Barrierefreiheit und Accessability gemeinsam mit Helmuth Pflantzer im Projekt KuLO angehen zu dürfen.“
Neben dem AW-ZIB und dem Institut für Sonderpädagogik sind noch weitere Einrichtungen der Pädagogischen Hochschule Heidelberg in das Vorhaben involviert: So soll das Heidelberger Zentrum Bildung für nachhaltige Entwicklung einen Modulbaustein zur Nachhaltigkeit als Qualitätskriterium von Kultureinrichtungen konzipieren. Die Professional School bringt wiederum ihre Erfahrung aus den Bereichen 'Lebenslanges Lernen' sowie 'Berufliche Professionalisierung' in das KuLO-Vorhaben mit ein.
Weitere Informationen finden Sie unter www.ph-heidelberg.de/aw-zib/weitere-projekte/kulo.
Ein studentisches Praxisprojekt baut Barrieren ab
Entwickelt wurde ein Programm zur Bedienung von Zoom für Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung

[nr/sw] Svenja Woitt studiert an der PH Heidelberg den Masterstudiengang E-Learning und Medienbildung. Im Rahmen ihres Praxisprojekts entwickelte sie in Zusammenarbeit mit dem AW-ZIB ein digitales Lernprogramm in Leichter Sprache zur Bedienung von Zoom. In der Konzeption und Erprobung arbeitete die Studentin eng mit den Bildungsfachkräften zusammen. Eine zentrale Herausforderung war dabei, E-Learning auf technischer und konzeptioneller Ebene möglichst barrierefrei zu gestalten. Die Studentin stellt fest: „Das aktive Mitwirken von Menschen mit Behinderung in der Hochschule führt zu einer Sensibilisierung in vielen Bereichen. Davon können alle profitieren.“
Im Masterstudiengang E-Learning und Medienbildung (ELMEB) der PH Heidelberg stehen Theorien und Konzepte der Mediendidaktik und Medienbildung im Vordergrund. Darüber hinaus erwerben Studierende fachbezogene Kenntnisse und Fähigkeiten, klassische audiovisuelle Bildungsmedien zu produzieren sowie netzbasierte Lernumgebungen zu gestalten. Ein wichtiger Teil ist dabei das Praxisprojekt, welches im dritten Mastersemester absolviert wird. In dessen Rahmen führen die ELMEB-Studierenden jeweils eigenständig ein anwendungsbezogenes Medienprojekt von der Planung bis zur Produktion bzw. Anwendung durch.
Svenja Woitt studiert ELMEB und verwirklichte ihr Praxisprojekt in Zusammenarbeit mit dem AW-ZIB. Gegenstand war die Entwicklung eines digitalen Lernprogramms für Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung, das die Basisfunktionen von Zoom vorstellen und die Bedienung der Meetingplattform anleiten soll. Konkret bedeutet das, dass die Studentin interaktive Erklärvideos zu verschiedenen Funktionen von Zoom erstellte (z.B. Breakout-Räume).
Das Lernprogramm sollte unkompliziert von den Arbeitslaptops der Bildungsfachkräfte aus jederzeit abrufbar sein und ihnen helfen, neue Funktionen von Zoom kennenzulernen bzw. ihr Wissen über Zoom aufzufrischen. Dabei spielten Leichte Sprache und technische Barrierefreiheit eine wesentliche Rolle.
Barrierefreiheit im Internet und im Bereich der digitalen Bildung ist vor dem Hintergrund von Inklusion essentiell. „Ich finde es großartig, dass mit dem AW-ZIB Inklusion in der Hochschullehre erfahrbar gemacht und konsequent umgesetzt wird“, so Woitt. „Gleichzeitig ist die(se) Vernetzung mit dem Studiengang E-Learning und Medienbildung meiner Meinung nach eine riesige Chance, Barrierefreiheit auch im Bereich E-Learning höher auf die Agenda zu bringen, was bisher kein fixes Thema in dem Masterstudiengang ist. Ich finde, das zeigt, dass das aktive Mitwirken von Menschen mit Behinderung in der Hochschule zu einer Sensibilisierung in vielen Bereichen führt. Davon können alle profitieren.“
In der Konzeption und Erprobung des digitalen Lernprogramms arbeitete Svenja Woitt eng mit den Bildungsfachkräften zusammen und entwickelte so Wissen darüber, E-Learning auf technischer und konzeptioneller Ebene barrierefreier zu gestalten. Über ihre Motivation sagt sie: „Das Projekt vom AW-ZIB sprach mich besonders an, weil ich mich schon seit längerem mit Leichter Sprache auseinandersetzen wollte. Das hilft dabei, die eigene Ausdrucksweise zu hinterfragen und Dinge so unkompliziert wie möglich zu erklären. Ein bisschen nach dem Motto ‘Learning by doing‘ lernte ich in Ansätzen, was es heißt, E-Learning auf technischer und konzeptioneller Ebene barrierefrei zu gestalten.“ Neu war für Woitt auch die Auseinandersetzung mit dem Screenreader, einer Software, die digitale Inhalte z.B. auf einer Webseite oder im Lernprogramm vorliest, was auf dem Bildschirm zu sehen ist. Bei der Erstellung des Lernprogramms musste die Kompatibilität mit dem Screenreader berücksichtigt werden.
Bildungsfachkraft Helmuth Pflantzer zieht ein Fazit: „Ich finde das Programm gut, weil es Menschen helfen kann, Zoom besser zu verstehen und den Umgang mit Zoom erleichtert. Es ist wichtig, dass Menschen wie Svenja sich Gedanken machen, um Menschen mit Behinderungen das Leben etwas leichter zu machen. Indem ich immer wieder die Möglichkeit habe, dieses Lernprogramm zu nutzen, erleichtert mir das die digitale Teilhabe. Wenn ich so darüber nachdenke, kann dieses Lernprogramm auch zum Beispiel Seniorinnen und Senioren die digitale Teilhabe erleichtern.“ Kollege Thorsten Lihl ergänzt: „So etwas, wie Svenja macht, müsste es öfter geben für Webseiten und Anwendungen. Ich bin begeistert von ihrer Arbeit.“
Am 27.07. hat die Studentin ihr Praxisprojekt im Rahmen der Abschlusspräsentationen im Masterstudiengang ELMEB ihren Lehrenden, Kommiliton:innen und einem Teil des AW-ZIB-Teams vorgestellt und dabei deutlich gemacht, dass die Entwicklung des Lernprogramms noch nicht abgeschlossen ist. Woitt will das Programm unter einer CC-Lizenz (Creative Commons-Lizenz) veröffentlichen, so dass auch andere damit arbeiten und es weiterentwickeln können. So besteht zum einen die Möglichkeit, die vorhandenen acht Lerneinheiten um weitere Inhalte zu ergänzen. Zum anderen kann das Konzept des Lernprogramms, die Navigation durch Zoom in Kombination mit einem interaktiven, barrierearmen Softwaretraining, als Vorlage für andere Programme verwendet werden und hat so einen Nutzen, der über die aktuelle Anwendung hinausgeht.
Weitere Informationen finden Sie unter www.ph-heidelberg.de/aw-zib/weitere-projekte/elmeb
Mit dem Rollstuhl auf Reisen quer durch Europa
Reisen im Rollstuhl erfordert frühe und intensive Planung. Der Lohn sind Erlebnisse, die bleiben.

Ein großes Hobby von Helmuth Pflantzer ist das Reisen, und zwar individuell - ob mit dem Schiff, dem Flugzeug oder über Land. Spontan zu verreisen ist für ihn allerdings schwer möglich, denn es bedarf langfristiger Planung, Vorbereitung und Absprachen. Wir sprechen mit der Bildungsfachkraft über seine Reisen als Rollstuhlfahrer quer durch Europa.
[hp] Ich beginne die Planung für längere Reisen bis zu einem Jahr vorher. Erst muss ich jemanden finden, der die gleichen Interessen hat wie ich und mich begleiten kann. Wir überlegen gemeinsam, wo wir hinreisen möchten und was es zu beachten gibt. Ich reise mit Assistenz, weil es mir mehr Freiheiten gibt. Ich muss die Assistenz gut kennen, und die Assistenz muss mich kennen. Die Assistenz muss wissen, in welchen Bereichen ich Unterstützung benötige.
Vor Corona habe ich mir einen großen Traum erfüllt. Ich habe das erste Mal eine Kreuzfahrt gemacht. Es ging auf der Ostsee von Kiel nach Tallinn (Estland) und dann nach Sankt Petersburg (Russland). Das war für mich ein großes Highlight.
In Sankt Petersburg habe ich sogar den Katharinenpalast und das Bernsteinzimmer gesehen und noch vieles mehr! In Sankt Petersburg ist es nicht so leicht, mit dem Rollstuhl zurechtzukommen, aber meine Assistenz und ich haben es geschafft! Wir fuhren dann nach Helsinki, wo wir eine schöne Stadtrundfahrt gemacht haben und die wichtigsten Stationen gesehen haben. Dann ging es weiter durch die Scherengärten nach Stockholm, wo wir auch einiges besichtigt haben. Zum Beispiel haben wir uns das ABBA-Haus angeschaut. Dort kann man sehen und auch hören, wie sich ABBA entwickelt hat.
Das Leben an Bord des Schiffes war interessant. Man muss sich das vorstellen wie ein großes Hotel, mit allerlei Annehmlichkeiten und einem super Bordprogramm. Die barrierefreien Kabinen waren sehr großzügig eingerichtet. Allerdings gibt es nur sehr wenige davon, so dass man Buchungen frühzeitig machen muss.
Wir haben diese Schiffsreise ein Jahr vorher gebucht. Ich mache Buchungen meistens über das Reisebüro meines Vertrauens, denn ich habe die Erfahrung gemacht, dass es für mich als Mensch mit Handicap schwierig ist, über das Internet zu buchen.
Wenn ich an Luft und Land denke, erinnere ich mich gerne an meine Flugreise und Busreise mit einem Assistenten nach Schweden, Norwegen und Finnland!
Gebucht habe ich wieder über mein Reisebüro. Die haben alles organisiert. Zuerst ging es nach Frankfurt an den Flughafen. Da musste ich dann an den Sonderschalter für allein reisende Kinder und Rollstuhlfahrer. Dort hat uns ein Mitarbeiter geholfen. Ich wurde an allen Passagieren, die auch auf diesen Flug warteten, vorbeigeschleust und kam mit meiner Assistenz sofort zum Gate.
Wir waren die ersten Passagiere, die an Bord durften. Mein Rollstuhl wurde dann verladen, nachdem ich auf meinem Sitz Platz genommen hatte. Abflug war in Frankfurt/Deutschland um 22:00 Uhr in tiefster Nacht. Die Ankunft war bei Helligkeit um 2:00 Uhr nachts in Kiruna, Schweden. Dieses Erlebnis werde ich nie vergessen!
In Kiruna angekommen, musste ich bis zum Schluss warten und durfte als letzter von Bord gehen. Das ist aber so üblich. Ich kam dann zu dem Bus, in dem schon für mich und meinen Assistenten für die ganze Reise die Plätze reserviert waren.
In neun Tagen sind wir etwa 2.500 km gereist und haben viel gesehen: Es ging von Kiruna (Schweden) nach Rovaniemi-Lappland (Finnland), nach Karasjok (Finnland) und weiter an das Nordkap (Norwegen), zurück nach Alta (Norwegen). Dann an die wunderschönen Lofoten (Norwegen), nach Riksgräsen (Schweden) und von dort zurück nach Kiruna (Schweden).
Ein Highlight, an das ich mich erinnern kann, war, als wir in einem Erzbergwerk in Kiruna waren. Auf der Besuchersohle (eine Sohle ist ein Stockwerk in einem Bergwerk) waren sogar ein Kino und eine Diskothek untergebracht! Dort finden sehr, sehr viele Kulturveranstaltungen statt.
Man muss wissen, dass es zu dieser Zeit Sommer war. Es war rund um die Uhr hell. Diese Touren kann man nur im Sommer buchen. Während dieser Tour haben wir vom einen auf den anderen Tag immer in verschiedenen Hotels gewohnt.
Ich konnte auf dieser Reise alles besichtigen, denn so viel Freundlichkeit gegenüber Menschen mit Behinderung, wie dort im Norden, habe ich bisher noch nicht erlebt.
Eine meiner letzten Reisen unternahm ich mit dem ICE an die Nordsee. Wenn ich in Deutschland Urlaub mache, buche ich mir meine Unterkünfte meist selbst. Ich muss darauf achten, dass es rollstuhlfreundlich und flach ist. Unsere Unterkunft muss auch barrierefrei sein, oder mit einem Fahrstuhl und der richtigen Türbreite ausgestattet sein, damit ich mit dem Rollstuhl durchfahren kann. Auch das Bad muss rollstuhlgerecht sein. Das Hotel sollte ziemlich zentral liegen, damit ich gut Ausflüge machen kann.
Wenn alle Gegebenheiten passen und ich mit der Begleitung einen Termin ausgemacht habe, muss ich in einem nächsten Schritt zur Deutschen Bahn gehen und mir die Tickets für den Zug holen. Man kann sie aber auch online buchen. Ich muss einen Rollstuhlplatz reservieren. Der ist im ICE in Wagen 9. In der Nähe sind auch die Toiletten und die Sitze und Gänge breiter, so dass man mit dem Rollstuhl gut zurechtkommt. Meistens fahre ich in der ersten Klasse, da dort die Gänge noch breiter sind. Ich muss meine Tickets immer relativ früh buchen, weil es nur wenige rollstuhlgeeignete Plätze gibt. Man kann ICE-Tickets bis zu einem halben Jahr vorher buchen. Manchmal gibt es auch Störungen bei der Bahn oder Zugausfälle, die mich ziemlich aus dem Konzept bringen können.
Wenn ich das Ticket habe, gehe ich in einem nächsten Schritt an den Mobilitätsservice, den es in jedem größeren Bahnhof gibt (wie Heidelberg, Mannheim und Frankfurt). Dort gebe ich die Wagennummer und meinen Sitzplatz an, in dem ich fahren möchte. Diese Daten muss ich angeben, damit mir beim Ein- und Ausstieg oder gegebenenfalls auch beim Umstieg in einen anderen Zug geholfen werden kann. Dafür gibt es spezielle Rampen. Die wenigsten Menschen kennen die mobilen Rampen und achten gar nicht auf sie. Ohne diese Rampen könnten Menschen wie ich aber gar nicht reisen. Für die Benutzung der Rampen muss man das Gewicht und die Breite des Rollstuhls angeben. Als Vielreisender musste ich das nur einmal machen. Der Mobilitätsservice ist in der Regel sehr zuverlässig.
Bei längeren Reisen lasse ich mein Gepäck von verschiedenen Anbietern von zu Hause ans Reiseziel bringen und wieder zurückschicken. Das hat den Vorteil, dass ich mit ganz wenig Gepäck reisen kann.
An der Nordsee angekommen, gilt es, nur noch viel Spaß zu haben. Eine meiner Lieblingsbeschäftigungen am Stand ist es, spazieren zu rollen und ein paar Schritte ins Watt zu gehen. Kurze Strecken kann ich mit Assistenz gehen. Außerdem gehe ich gerne in Schiffsmuseen und besuche Aquarien und genieße das Leben. Alles was möglich, nehme ich mit! Ich lass es mir gut gehen, esse sehr gerne Fisch und unterhalte mich mit Menschen.
Da fühle ich mich sehr wohl. Das ist Erholung pur für mich, da kann ich komplett abschalten. Das ist für mich ein wichtiger Ausgleich zu meinem Berufsleben.
Ich habe für die Zukunft noch einen großen Traum. Ich möchte nach Amerika fliegen, mit einem Camper mehrere Wochen durch Amerika reisen und Achterbahn in Disneyland fahren. Denn in Amerika darf man alle Fahrgeschäfte fahren, die man sich selbst auch zutraut.
Das ist ein Riesenziel von mir. Und ich werde nicht aufgeben, bevor ich das nicht erreicht habe.
Weichen stellen für eine inklusivere Gesellschaft
Menschen mit Behinderungen haben Zugang zum tertiären Bildungssystem und gestalten es mit

[gk/nr] Vor ihrer Anstellung am AW-ZIB wurden die Bildungsfachkräfte in einer dreijährigen Vollzeitqualifizierung im Projekt „Inklusive Bildung Baden-Württemberg“ qualifiziert. Das Vorhaben wurde durch die Unterstützung der Dieter Schwarz Stiftung ermöglicht und war eine Kooperation der Fachschule für Sozialwesen der Johannes-Diakonie und des Instituts für Inklusive Bildung Kiel.
Wir sprechen mit Gesa Kobs, Geschäftsführerin des Instituts für Inklusive Bildung Kiel, über die Anfänge sowie die aktuellen Entwicklungen zur Qualifizierung von Bildungsfachkräften.
Das Institut für Inklusive Bildung gemeinnützige GmbH mit Sitz in Kiel hat weltweit erstmalig Menschen mit sogenannten geistigen Behinderungen zu Bildungsfachkräften qualifiziert. Bildungsfachkräfte vermitteln die Lebenswelten, Bedarfe und spezifischen Sichtweisen von Menschen mit Behinderungen und sensibilisieren (künftige) Lehr-, Fach- und Führungskräfte auf Augenhöhe. Das Institut vernetzt und unterstützt Menschen in Fach- und Hochschulen, Politik, Verwaltung, Verbänden und Unternehmen, damit Inklusion in der Praxis gelingt. Die Idee, Menschen mit Behinderungen zur Bildungsfachkraft zu qualifizieren, wird bundesweit weitergetragen. Das Institut für Inklusive Bildung bietet dafür einen Erfahrungstransfer an. Das Institut ist eine selbstständige, der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel angegliederte Einrichtung. In seiner Rechtsform ist es eine gemeinnützige GmbH, Gesellschafterin ist die Stiftung Drachensee.
AW-ZIB: Frau Kobs, wie entstand die initiale Idee in Kiel, Menschen, die als kognitiv beeinträchtigt gelten, zu Bildungsfachkräften zu qualifizieren?
Kobs: Mit dem Leitbild der Inklusion und durch die Rechtsansprüche der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen (UN BRK) treten Phänomene offen zutage, die lange Zeit negiert oder separiert wurden. Gerade Menschen mit sogenannten geistigen Behinderungen erfahren hierbei besondere Exklusionsrisiken. An Fach- und Hochschulen sprechen Menschen ohne Behinderungen viel über Menschen mit Behinderungen. Es finden aber kaum Dialoge und gemeinsame Gestaltungs- und Erfahrungsprozesse miteinander statt. Wie aber soll Inklusion gelingen, wenn inklusive Settings nicht praktisch erfahren, eingeübt und weiterentwickelt werden können?
Vor diesem Hintergrund starteten bereits 2008 drei Sozialpädagoginnen der Stiftung Drachensee in Kiel die Initiative: Menschen mit Behinderungen beteiligten sich aktiv an der Ausbildung künftiger Fachkräfte – ganz nach dem Motto „Nicht ohne uns über uns!“. Menschen mit Behinderungen, die als Werkstattbeschäftigte bei der Stiftung Drachensee tätig waren, führten bis zum Jahr 2012 das Seminar „Meine Welt“ im Studiengang Soziale Arbeit an der Fachhochschule Kiel durch. Mit diesem Projekt haben sie die theoriegeleitete Lehre kontinuierlich um alltagspraktische Dimensionen bereichert. Dr. Jan Wulf-Schnabel erkannte damals das Potenzial.
Um die Wirkung zu vergrößern und die Idee zu professionalisieren, entstand 2013 ein dreijähriges Modellprojekt, das von der Aktion Mensch gefördert wurde. Die ersten sechs Menschen mit Behinderungen, die bis dahin in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) tätig waren, wurden zu Bildungsfachkräften qualifiziert, um das Lehrangebot zu professionalisieren und parallel mit Unterstützung von Akteur:innen aus Fach- und Hochschulen, Politik, Verwaltung und Selbstvertretungsverbänden Arbeitsplätze auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu schaffen. Eine Qualifizierung zur Bildungsfachkraft verwirklicht das Recht auf Bildung (Art. 24 UN BRK) erstmalig im Hochschulbereich. Hierfür wurde eine dreijährige duale Vollzeitqualifizierung konzipiert, die auf einem modular aufgebauten Handbuch mit definierten Lern- und Prüfungsleistungen basiert. Diese personen- und kompetenzorientierte Qualifizierung befähigt zu Lehrangeboten an Universitäten und Fachhochschulen. 2016 wechselten die erfolgreich qualifizierten Kieler Bildungsfachkräfte auf den allgemeinen Arbeitsmarkt inmitten der Hochschulwelt. Dafür wurde das Institut für Inklusive Bildung als gemeinnützige GmbH gegründet, das das Land Schleswig-Holstein als angegliederte wissenschaftliche Einrichtung der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel anerkannte. Es ist weltweit das erste dieser Art.
AW-ZIB: Was hat sich seit der Qualifizierung der ersten Bildungsfachkräfte am Institut für Inklusive Bildung Kiel getan?
Kobs: Seit der Qualifizierung der ersten Bildungsfachkräfte hat das Institut für Inklusive Bildung seine soziale Wirkung enorm gesteigert. Die Kieler Bildungsfachkräfte vermitteln seit 2016 Studierenden sowie Lehr-, Fach- und Führungskräften die Lebenswelten, spezifischen Bedarfe und Sichtweisen von Menschen mit Behinderungen kompetent aus erster Hand. Bereits im Jahr 2017 erfolgte die Ernennung des Gründers Jan Wulf-Schnabel zum Ashoka-Fellow und damit die Aufnahme in das weltweit renommierteste Netzwerk für Social Entrepreneurship. Dies blieb nicht die einzige Anerkennung für das Institut für Inklusive Bildung. Es wurde seitdem mehrfach ausgezeichnet und wird national und international stark nachgefragt. Darüber hinaus wirkt das Institut an diversen Forschungsvorhaben mit. Es war auf zahlreichen nationalen und internationalen Konferenzen vertreten.
Die sechs Bildungsfachkräfte in Schleswig-Holstein erreichen durch rund 70 Präsenzveranstaltungen im Jahr mehr als 3.000 Personen. Durch den Digitalisierungsschub der Corona-Pandemie im Jahr 2020 waren es sogar mehr als 5.000 Teilnehmende. Über die Teilnehmenden der Veranstaltungen der Bildungsfachkräfte ergibt sich eine multiplikative Wirkung. Es sind die (künftigen) Fach- und Führungskräfte, die die Lebenswelten und Bedarfe von Menschen mit Behinderungen in Schule, Verwaltung, oder Unternehmen mit bedenken, und es sind Entscheider:innen, die in Verbänden oder der Politik die Weichen in Richtung einer inklusiveren Gesellschaft stellen. Die Lehrleistungen der Bildungsfachkräfte sensibilisieren also unterschiedlichste Menschen ohne Behinderungen für die Fähigkeiten von Menschen mit Behinderungen (Art. 8 UN BRK). Ihnen gelingt es, Barrieren in den Köpfen abzubauen.
Die steigende Nachfrage führte auch dazu, dass das Institut einen Erfahrungstransfer für andere Hochschulstandorte anbietet. Das Skalierungsvorhaben wird seit 2018 von der Aktion Mensch Stiftung und der Software AG Stiftung gefördert. Ziel ist es, bundesweit systemische Wirkung zu erzielen. Legt man das Modell des Social Reporting Standard (vgl. SRS 2014) zugrunde, lässt sich die Wirkung anhand von drei Zielgruppen darstellen:
- Menschen mit Behinderungen als qualifizierte Bildungsfachkräfte,
- Studierende sowie Lehr-, Fach- und Führungskräfte, die inklusive Handlungskompetenzen erwerben, und
- Akteur:innen aus Hochschule, Politik, Verwaltung und Selbstvertretung für die Öffnung des Hochschulsystems.
Das AW-ZIB steht für den Erfolg dieses Erfahrungstransfers. In Kooperation mit dem Institut für Inklusive Bildung wurden sechs Bildungsfachkräfte erfolgreich in Heidelberg qualifiziert, die nun am AW-ZIB angestellt sind. Aktuell werden in Kooperation mit dem Institut für Inklusive Bildung bundesweit an weiteren fünf Hochschulstandorten Qualifizierungen zur Bildungsfachkraft durchgeführt.
AW-ZIB: Wie bewerten Sie die Entwicklung der Bildungsfachkräfte in Deutschland? Was sind Ihre Ziele für die nächsten Jahre?
Kobs: Die Entwicklung der Bildungsfachkräfte in Deutschland schreitet in großen Schritten voran. Wir möchten die Erfolgsgeschichte des Instituts für Inklusive Bildung an zahlreichen Hochschulstandorten weiterschreiben. Wir folgen dabei unserer Vision, dass Menschen mit Behinderungen Zugang zum tertiären Bildungssystem haben und Mitgestaltende sind.
Wenn Menschen mit Behinderungen in der Hochschulwelt präsent und an der Ausbildung von zukünftigen Fachkräften beteiligt sind, werden Barrieren in den Köpfen von Menschen ohne Behinderungen abgebaut und die Voraussetzungen für eine inklusivere Gesellschaft auf allen Ebenen geschaffen.
Bisher wurden bzw. werden an sechs Hochschulstandorten Qualifizierungen durchgeführt. Bis Ende 2023 sollen mindestens vier weitere folgen, so dass zukünftig mindestens 60 Bildungsfachkräfte an zehn Hochschulen bis zu 30.000 Personen bundesweit direkt erreichen.
Der zentrale Bezugspunkt für unsere Vision ist die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen. Das Institut für Inklusive Bildung strebt die Etablierung von Bildungsfachkräften an, damit Menschen mit Behinderungen als Lehrende ihre Expertise in eigener Sache kompetent vermitteln können (Art. 8). Weitere Qualifizierungen z.B. im Bereich Kultur oder Digitalisierung könnten den Zugang zum tertiären Bildungssystem weiter öffnen und das Recht auf Bildung verwirklichen (Art. 24). Mit einer guten Ausbildung lässt sich auch das Recht auf Arbeit und Beschäftigung gemäß Art. 27 in die Realität umsetzen.
Ein zusätzlicher Motivationsschub für dieses Vorhaben ist, neben der sehr engagierten Unterstützung unserer bestehenden Fördermittelgebenden, die Jubiläumsinitiative: „Wirkung hoch 100“ des Stifterverbandes. Das Institut für Inklusive Bildung hat aktuell die zweite Förderphase erreicht und zählt zu den 30 besten Ideen für die Zukunft des Bildungs-, Wissenschafts- und Innovationssystems in Deutschland. Darüber hinaus ist das Institut für Inklusive Bildung derzeit unter den 15 Finalist:innen des Social Innovation Tournaments. Hier werden die besten Sozialunternehmen Europas ausgezeichnet und gefördert.
Ein weiteres Ziel, das sich das Institut für Inklusive Bildung gesteckt hat, ist es, die Hochschulwelt strukturell weiter zu öffnen. Dafür startete am 1. Juli 2021 eine Machbarkeitsstudie. Das von der Aktion Mensch Stiftung und dem Land Schleswig-Holstein geförderte Vorhaben prüft, ob auf dem Campus der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel ein Inklusionszentrum entstehen kann. Wir wollen herausfinden, ob so Menschen mit Behinderungen einen strukturellen Zugang zur Hochschulbildung erhalten können. Wenn die Machbarkeitsstudie positiv verläuft, wollen wir gemeinsam mit Akteur:innen aus den Bereichen Wirtschaft, Hochschule, Politik, Verwaltung und Selbstvertretung verschiedene Aus- und Weiterbildungsformate entwickeln.
AW-ZIB: Sie haben die Bildungsfachkräfte des AW-ZIB während ihrer Qualifizierung begleitet. Was war Ihr persönliches Highlight in den drei Jahren Projektlaufzeit?
Kobs: Die Qualifizierung der Bildungsfachkräfte in Heidelberg und die daraus resultierenden Arbeitsplätze auf dem ersten Arbeitsmarkt sind für sich schon ein unglaubliches Highlight. Es zeigt, dass das Kieler Modell übertragbar ist und die systemische Wirkung sich weiter entfalten kann. Aus den unzähligen eindrücklichen Momenten ist es nahezu unmöglich nur einen hervorzuheben. Bitte erlauben Sie mir, exemplarisch drei auszuwählen, die symbolisch für die drei wunderbaren Projektjahre stehen.
1. Es geht los…Hufescharren
Das Projektteam Inklusive Bildung Baden-Württemberg wird in Kiel geschult. Eine Woche lang hatten wir in Kiel das Vergnügen, Stephan Friebe, Nina Rudolph und Sarah Maier die wichtigsten Inhalte zu der Qualifizierung und dem Projektmanagement zu vermitteln. Wir, das Kieler Team, waren stark beeindruckt von dem Engagement und der Begeisterung, die das Team aus dem Süden mitbrachte. Es war eine spannende Anfangsphase voller Vorfreude auf die Qualifizierungsteilnehmenden.
2. Es ist vollbracht…Abschiedstränen
Nur drei Jahre später: Die Qualifizierung ist erfolgreich beendet. In den Räumen der Dieter Schwarz Stiftung in Heilbronn findet die feierliche Übergabe der Zertifikate zur Bildungsfachkraft statt - pandemiebedingt im kleinen Kreis - welch Privileg dabei sein zu dürfen. Stephan Friebe führt durch die Veranstaltung und lässt gemeinsam mit allen engagierten Wegbereiter:innen die drei Jahre Revue passieren. Die Erfahrungsberichte jeder einzelnen Bildungsfachkraft von der Bewerbung bis zur Abschlussprüfung waren nicht nur für mich besonders eindrücklich. Am Ende blieb kein Auge trocken. Das Institut ist durch Herrn Wulf-Schnabel, Frau Mayrhofer und mich vertreten. Diese emotionale Veranstaltung hat uns alle sehr berührt und beeindruckt. Die enorme Wertschätzung der engagierten Akteur:innen spiegelte sich auch in den sehr persönlichen Redebeiträgen wider.
3. Herzlich Willkommen…Neuanfang
Nur Tage später. Ein weiterer feierlicher Tag, ein weiteres persönliches Highlight: Die Eröffnungsveranstaltung des AW-ZIB in Heidelberg. Meine Kolleg:innen haben die Veranstaltung via Livestream aus Kiel verfolgt, während ich das große Vergnügen hatte, in Heidelberg dabei zu sein. Mein absolutes Highlight war es, als Anna Neff und ihre fünf Kollegen Helmuth Pflantzer, Thilo Krahnke, Thorsten Lihl, Hartmut Kabelitz und Michael Gänßmantel die Arbeitsverträge überreicht bekommen haben und gemeinsam mit den vielen neuen Kolleg:innen am AW-ZIB willkommen geheißen wurden. Die Augen der Bildungsfachkräfte strahlten, ich vermute vor Glück, Selbstbewusstsein und Stolz auf die eigene Leistung.
Liebe Frau Kobs, wir danken Ihnen für diesen Austausch.
Im kommenden Newsletter sprechen wir mit Birgit Thoma, Leiterin der Fachschule für Sozialwesen der Johannes-Diakonie sowie mit Stephan Friebe, Dozent der Fachschule und Projektleiter von Inklusive Bildung Baden-Württemberg – jenem Qualifizierungsprojekt, in welchem die Bildungsfachkräfte des AW-ZIB ihre für die Bildungsarbeit notwendigen Kompetenzen erlernt haben.

Gespräche auf Augenhöhe
Die Bildungsveranstaltungen der Bildungsfachkräfte leben vom Austausch mit den Studierenden

[sm] In 22 Bildungsveranstaltungen haben die Bildungsfachkräfte im Sommersemester 2021 von ihren Inklusions- und Exklusionserfahrungen berichtet – und sind so mit knapp 1.100 Studierenden aus Hochschulen in ganz Baden-Württemberg in Austausch gekommen. Dabei wird jede einzelne Sitzung, entsprechend des Studiengangs sowie des thematischen Schwerpunkts, individuell konzipiert. Dies geschieht in Absprache mit der verantwortlichen Lehrperson, so dass die Bildungsveranstaltung der Bildungsfachkräfte inhaltlich in die übergeordnete Lehrveranstaltung integriert werden kann.
Im Zentrum der Bildungsveranstaltungen stehen die Inklusions- und Exklusionserfahrungen der Bildungsfachkräfte. Zum Beispiel geht es darum, welche Lernerfahrungen sie in ihrer Schulzeit gemacht haben, welche Barrieren ihnen dabei begegnet sind – und welche Formen von Unterstützung sie erhalten haben. Die Auseinandersetzung mit den individuellen Biografien und das Berichten von eigenen Erfahrungen ergänzt klassische hochschulische Lehr-Lern-Formate. Die Bildungsfachkräfte bereiten dazu ihre Sitzung theoretisch und methodisch auf und ermöglichen so auf Seiten der Studierenden eine Auseinandersetzung mit Lebenswelten, die diesen bisher wenig oder gar nicht bekannt waren. Durch den Austausch auf Augenhöhe zwischen den Studierenden und den Bildungsfachkräften werden die Studierenden angeregt, über ihre eigenen Vorstellungen und Bilder von Menschen mit Behinderung nachzudenken, diese zu reflektieren und Nachfragen zu stellen, zum Beispiel, wie Lehrkräfte eine inklusive Haltung entwickeln können oder welche Unterstützung sich die Bildungsfachkräfte von ihren Lehrkräften beim Lernen gewünscht hätten.
Die Bildungsfachkräfte bringen ihre Bildungsveranstaltungen im Tandem aus. Das hat den Vorteil, dass sie sich die Verantwortung für die Planung, Durchführung und Reflexion einer Bildungsveranstaltung teilen und sich gegenseitig unterstützen können.
Die Planung einer Bildungsveranstaltung ist ein Prozess aus mehreren aufeinanderfolgenden Schritten. Zunächst findet die Themenfindung für die Bildungsveranstaltungen in enger Absprache zwischen der Koordination, der Pädagogischen Leitung und den einzelnen Lehrenden statt. Diese können dabei aus einem Portfolio an Themen wählen, wie zum Beispiel Dekonstruktion von Behinderung, Bildung und Lernerfahrungen sowie Transitionen.
In einem nächsten Schritt planen die Bildungsfachkräfte die jeweilige Sitzung. Sie legen die Inhalte fest, wählen Methoden aus, formulieren Ziele und erstellen einen konkreten Ablaufplan, der sie dabei unterstützt, sich im Ablauf und in der zeitlichen Struktur einer Bildungsveranstaltung zu orientieren. Bei ihrer Planung berücksichtigen die Bildungsfachkräfte die unterschiedlichen inhaltlichen Schwerpunkte der verschiedenen Studiengänge. So finden die Diskussionen in den Lehramtsstudiengängen im schulbezogenen Kontext statt. Mit Studierenden der Sozialen Arbeit und Heilpädagogik wird über lebensweltbezogene Fragen diskutiert.
In einem weiteren Schritt wird die Bildungsveranstaltung in einem Vorgespräch zwischen den Bildungsfachkräften, der Pädagogischen Leitung und den zuständigen Lehrenden inhaltlich diskutiert. Die Bildungsfachkräfte stellen dabei ihre inhaltlichen und methodischen Planungen vor und klären offene Fragen, zum Beispiel, wie viel Studierende in der Bildungsveranstaltung zu erwarten sind, in welchem Semester sie studieren und welche Vorkenntnisse zum Thema sie mitbringen. Entsprechend dieser Absprachen wird die inhaltliche und methodische Planung der Bildungsveranstaltung von den Bildungsfachkräften angepasst. Daran anschließend formulieren die Bildungsfachkräfte ihre individuellen Erfahrungsberichte zu dem geplanten Thema. Dabei nutzen sie unterschiedliche Zugänge und Methoden. Manche formulieren komplette Texte, der nächste arbeitet zusätzlich mit Symbolen, eine weitere Bildungsfachkraft verwendet Stichworte, wieder ein anderer spricht Texte und Gedanken über eine Spracheingabe ein.
Wenn die Inhalte formuliert wurden, wird die gesamte Bildungsveranstaltung vorbereitet. Nachdem die Veranstaltung ausgebracht wurde, wird sie zuerst im Tandem reflektiert. Anschließend tauschen sich die Bildungsfachkräfte mit den zuständigen Lehrenden aus und klären, ob die in der Planung festgelegten Ziele erreicht wurden. Außerdem wird gemeinsam überlegt, wie die Bildungsveranstaltung weiterentwickelt werden kann. Durch die Reflexion mit den Lehrenden ergeben sich wertvolle Anregungen zur Weiterentwicklung der Bildungsveranstaltungen, so dass zukünftige Studierende noch besser vom Erfahrungswissen der Bildungsfachkräfte profitieren können.
Weitere Informationen finden Sie unter www.ph-heidelberg.de/aw-zib/unsere-aufgaben/lehre-und-studium.

Endlich forschen – Wir legen los!
Neues aus der Begleitforschung zu den Bildungsangeboten

[ds/cm/dd] Nach einem Wintersemester voller Planung und Vorbereitung startet unsere Nachwuchsgruppe nun voll durch und nimmt die ersten Projekte in Angriff. Was wir dabei erforschen und was wir uns erhoffen? Das berichten wir Ihnen hier. Besonders beschäftigen uns aktuell die Wirkungen auf Studierende und die Gelingensbedingungen der Bildungsangebote. Wir stellen Ihnen dazu drei interessante Studien vor, die gerade laufen.
Im November letzten Jahres haben wir als Nachwuchsgruppe unsere Arbeit aufgenommen. Wir, das sind die beiden Doktorand:innen Christina Mechler und David Dörrer sowie Nachwuchsgruppenleiter Jun.-Prof. Dr. David Scheer. Über das Wintersemester haben wir uns intensiv mit den Planungen in den Forschungslinien des AW-ZIB beschäftigt und unsere ersten Projekte geplant. Jetzt, im Sommersemester 2021, konnten wir endlich voll loslegen und in die Datenerhebung einsteigen. Von drei Projekten wollen wir hier berichten:
Die Wirkungen der Bildungsarbeit auf Lehramtsstudierende werden im Dissertationsprojekt von Christina Mechler unter Begleitung von Prof. Dr. Vera Heyl und Jun.-Prof. Dr. David Scheer untersucht. Zu drei Erhebungszeitpunkten (Prä-Post-Follow-Up) werden die Studierenden zu ihren Einstellungen befragt. Dabei werden eine Trainings- und eine Vergleichsgruppe berücksichtigt, um Studierende mit und ohne Bildungsangebot durch die Bildungsfachkräfte zu vergleichen. Die ersten beiden Erhebungszeitpunkte sind im Sommersemester 2021 erfolgt, bei denen wir landesweit an mehreren Hochschulen durch die kooperative Unterstützung der Lehrenden vor Ort zahlreiche Teilnehmende gewinnen konnten. Nun arbeiten wir an der statistischen Auswertung der Ergebnisse. Darüber hinaus werden im Wintersemester 2021/22 Gruppendiskussionen mit Studierenden erfolgen, um weitere Wirkungsbereiche aufzudecken, die in der quantitativen Erhebung bislang unberücksichtigt sind. Natürlich möchten wir so schnell wie möglich erste Ergebnisse mit der Öffentlichkeit teilen und werden auch hier und auf unserer Homepage darüber informieren. Vorher werden wir unsere Daten aber mit Fachkolleg:innen anderer Hochschulen diskutieren. Dazu halten wir einen Vortrag auf der Jahrestagung der Sektion Sonderpädagogik der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft. Dort treffen sich einmal im Jahr Wissenschaftler:innen aus ganz Deutschland, die zu sonderpädagogischen Themen und Inklusion forschen.
Welche Bedingungen braucht es, um Bildungsfachkräfte und deren Bildungsangebote sinnvoll in die Hochschullehre einbeziehen zu können? Dieser Frage geht David Dörrer, unter Begleitung von Prof. Dr. Karin Terfloth und Jun.-Prof. Dr. David Scheer, in Forschungslinie zwei nach. Dazu werden alle am Bildungsangebot beteiligten Personengruppen (Bildungsfachkräfte, Lehrende und Studierende) zu ihren Erfahrungen befragt. Die Forschung ist qualitativ angelegt. Insgesamt sechs Personen je Gruppe werden mit Vorabfragebögen und leitfadengestützten Interviews befragt. Zu Beginn des Sommersemesters erklärten sich sowohl mindestens sechs Lehrende als auch Studierende dazu bereit, an der Studie teilzunehmen, sodass bereits im Sommersemester die Befragung der Lehrenden und der Studierenden durchgeführt werden konnte. Die Fragebögen und die aufgezeichneten Interviews gilt es nun inhaltsanalytisch auszuwerten – dafür wurden die Interviews professionell transkribiert, also von der Tonaufzeichnung wörtlich abgeschrieben. Die Befragung der Bildungsfachkräfte ist für das Wintersemester 2021/22 geplant.
Und noch ein drittes Projekt hat dieses Semester Fahrt aufgenommen. Im Forschungsteam gemeinsam mit der professoralen Leitung des AW-ZIB, Prof. Dr. Vera Heyl und Prof. Dr. Karin Terfloth, haben wir uns überlegt, wie die Qualität der Bildungsangebote evaluiert werden kann – ähnlich wie bei Lehrveranstaltungsbefragungen an der PH. David Dörrer und Jun.-Prof. Dr. David Scheer haben verschiedene Fragebögen für Lehrveranstaltungsevaluationen verglichen und Fragen zusammengestellt, die für die Bildungsangebote passend erscheinen. In einer Expertenbefragung mit Kolleg:innen aus dem AW-ZIB, dem Projekt Inklusive Bildung Baden-Württemberg und dem Qualitätsmanagement der PH haben wir die Fragen danach beurteilen lassen: Wir wollten wissen, wie gut die Fragen für die Evaluation von Bildungsangeboten geeignet sind. Danach haben wir den Fragebogen überarbeitet und wollen ihn im Wintersemester 2021/2022 einem Praxistest unterziehen.

Wo wird über das AW-ZIB berichtet?
Im Pressespiegel stellen wir Artikel und andere Beiträge zusammen

[red] Auf unserer Website finden Sie im Pressespiegel Berichte, die über das AW-ZIB gedruckt oder online veröffentlicht wurden. Darüber hinaus sind Video-Beiträge und Podcast-Folgen abrufbar, an denen das Zentrum mitgewirkt hat.
Die aktuellsten Artikel sind:
- August 2021 "Menschen mit Behinderung: Raus aus der Isolation" (zeit.de)
- Juli 2021 "Mit uns und nicht über uns" (ruprecht.de)

Digitalen Schutz aufbauen
Projekt zum Schutz vor sexualisierter Gewalt im Internet gegen Jugendliche mit Hörbehinderung

[velo] Ein neues Forschungsprojekt der Pädagogischen Hochschule Heidelberg untersucht erstmals sexualisierte Gewalt im digitalen Raum gegen Kinder und Jugendliche mit Hörbehinderung. Im Anschluss sollen Präventions- und Fortbildungsangebote zum Schutz dieser Zielgruppe entwickelt werden. Die Leitung des Vorhabens "Digitaler Schutz vor sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche mit Hörbehinderung" (DigGaH) hat Junior-Professorin Dr. Laura Avemarie vom Institut für Sonderpädagogik inne. Gefördert wird das Projekt von 2021 bis 2025 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung.
Studien zeigen, dass junge Menschen das Internet nahezu täglich nutzen; bis zu 40 Prozent berichten dabei von ungewollten sexuellen Onlineerfahrungen. Überdurchschnittlich häufig im Internet aktiv sind - so lassen erste Studienergebnisse vermuten - Kinder und Jugendliche mit Hörbehinderung. Gleichwohl liegen bislang keine Erkenntnisse zu den Erfahrungen dieser Personengruppe mit sexualisierter Gewalt im digitalen Raum vor; vorhandene Studien zur Betroffenheit im real-physischen Raum belegen jedoch eine überdurchschnittlich hohe Betroffenheit von sexualisierter Gewalt.
Junior-Professorin Dr. Laura Avemarie will daher gemeinsam mit Dr. Katharina Urbann, Dr. Malte Schott und Simon Tenbrink erstmals sexualisierte Gewalt im digitalen Raum gegen Kinder und Jugendliche mit Hörbehinderung empirisch untersuchen. Hierzu sollen gebärdensprachlich bzw. lautsprachlich kommunizierende Schüler:innen zwischen 12 und 17 Jahren mit dem Förderschwerpunkt Hören und Kommunikation befragt werden. Die Wissenschaftler:innen erhoffen sich so Erkenntnisse zur Betroffenheit, zu den Erscheinungsformen und den Risikofaktoren von sexualisierter Gewalt in der digitalen Welt zu erlangen.
Auf Grundlage der Ergebnisse soll ein Präventionsangebot entwickelt und in Kooperation mit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung online angeboten werden. „Wir planen, die bestehende Website 'Trau dich', auf der junge Menschen Hilfe bei sexuellen Übergriffen finden, zu erweitern. Unser Angebot soll nicht nur dem Anspruch nach sprachlicher Barrierefreiheit, sondern auch auf inhaltlicher Ebene den spezifischen Bedarfen von Kindern und Jugendlichen mit Hörbehinderung gerecht werden“, sagt Avemarie.
Um Lehrkräfte darin zu professionalisieren, junge Menschen mit Hörbehinderung vor sexualisierter Gewalt zu schützen, wollen die Wissenschaftler:innen ferner ein evidenzbasiertes Fortbildungsprogramm konzipieren. „Hier arbeiten wir mit dem Zentrum für inklusive Bildung und Beratung in Dortmund zusammen. Ziel ist es, dass interessierten Fachkräften nach Abschluss des Forschungsprojektes ein spezifisches Fortbildungsprogramm deutschlandweit zur Verfügung steht“, berichtet Avemarie abschließend.
Weitere Informationen finden Sie unter www.ph-heidelberg.de/DigGaH.
Neuer Bachelorstudiengang Gebärdensprachdolmetschen
Die Verständigung von Hörenden und nicht Hörenden ist grundlegend für Inklusion und Teilhabe

[velo] Die Hochschule bietet ab dem Wintersemester 2021/2022 den neuen Bachelorstudiengang Gebärdensprachdolmetschen an. Sie ist die erste Hochschule in Baden-Württemberg und die achte in Deutschland, an der Studierende dazu qualifiziert werden, kompetent zwischen gehörlosen und hörenden Menschen zu dolmetschen und zu übersetzen. Die kommissarische Leitung des siebensemestrigen Studiengangs hat Prof. Dr. Johannes Hennies inne (Institut für Sonderpädagogik).
Studien zeigen, dass in Baden-Württemberg zurzeit auf etwa 10.000 gehörlose und hochgradig schwerhörige Menschen nur etwa rund 60 Gebärdensprachdolmetscher:innen kommen. Deutschlandweit sieht die Situation ähnlich aus. Dazu sagt die Prorektorin für Studium, Lehre und Weiterbildung der Pädagogischen Hochschule Heidelberg, Professorin Dr. Vera Heyl: „Die Zahlen stehen aus unserer Sicht im Widerspruch zu der gesellschaftlichen Bedeutung von Gebärdensprachdolmetscher:innen. Sie leisten einen entscheidenden Beitrag dazu, dass sich hörende und nicht-hörende Menschen verständigen können - sei es am Arbeitsplatz, in der Freizeit oder auf Ämtern. Das gegenseitige Verstehen ist wiederum grundlegend für Inklusion und Teilhabe. Es freut mich daher sehr, dass wir an der PH Heidelberg zukünftig Studierende dazu qualifizieren, Menschen mit und ohne Hörbehinderung ins Gespräch zu bringen. Damit verbunden ist auch das Ziel, dass insbesondere Baden-Württemberg langfristig noch inklusiver wird.“
Die Leitung des neuen Bachelorstudiengangs hat in der Einführungsphase Professor Dr. Johannes Hennies inne. Der ausgewiesene Experte für Pädagogik und Didaktik der Gehörlosen und Schwerhörigen sowie studierter Gebärdensprachlinguist erklärt: „Gebärdendolmetschen und -übersetzen ist eine komplexe und vielschichtige Tätigkeit, für die es Menschen braucht, die sowohl ihr Handwerk beherrschen als auch über Reflexions- bzw. Teamfähigkeit sowie Konfliktlösekompetenzen verfügen. Ein Schwerpunkt des neuen Studienangebots liegt daher auf der Deutschen Gebärdensprache (DGS): Unsere Absolvent:innen werden nicht nur die theoretischen Grundlagen kennen, sondern sie auch kompetent anwenden können. Dazu kommen eine fundierte wissenschaftliche Qualifizierung etwa in Psychologie, Pädagogik oder Kultur- und Sprachwissenschaften sowie zahlreiche Praxisprojekte.“
Das Bachelorstudium eröffnet laut Hennies Zugangsmöglichkeiten zu einem breiten Spektrum von Berufen: „Gebärdensprachdolmetscher:innen werden überall dort eingesetzt, wo gebärdensprachlich und lautsprachlich kommunizierende Menschen zusammentreffen - und zwar sowohl physisch als auch digital. Die Arbeit erfolgt dabei überwiegend freiberuflich.“ Nach dem erfolgreichen Bachelorabschluss besteht zudem die Möglichkeit, einen Masterstudiengang zu belegen und sich etwa auf das Dolmetschen und Übersetzen bei Gericht zu spezialisieren.
Von dem neuen Studiengang verspricht sich Hennies zudem wichtige Impulse insbesondere für das Lehramt Sonderpädagogik: „Schulen für Hörgeschädigte sollen laut Bildungsplan ein Sprachangebot zur DGS machen. Eine entsprechende Qualifizierung der Lehrkräfte ist bislang jedoch nicht im ausreichenden Maße curricular verankert. An der PH Heidelberg werden angehende Lehrer:innen mit dem Förderschwerpunkt Hören, Studierende aus dem besonderen Erweiterungsfach Taubblindenpädagogik und die zukünftigen Gebärdensprachdolmetscher:innen zum Teil gemeinsame Seminare belegen und sicherlich wechselseitig voneinander profitieren. Gleichzeitig wird natürlich immer vermittelt, dass Studierendengruppen unterschiedliche Qualifikationsziele haben.“
Weitere Informationen finden Sie unter www.ph-heidelberg.de/ba-gsd.
Verbundprojekt für digitale Barrierefreiheit in der Lehre
Kooperation mit Hochschulen in Stuttgart, Freiburg und Bielefeld

[velo] Die Stiftung Innovation in der Hochschullehre hat das Kooperationsprojekt "Hochschul-Initiative Digitale Barrierefreiheit für Alle" (SHUFFLE) als förderwürdig eingestuft. Unter der Federführung der Hochschule der Medien (HdM) Stuttgart sollen ab August 2021 Maßnahmen zur Verbesserung der digitalen Barrierefreiheit in der Lehre an deutschen Hochschulen entwickelt werden. Neben der HdM Stuttgart sind die Universität Bielefeld sowie die Pädagogischen Hochschulen Freiburg und Heidelberg an dem Vorhaben beteiligt. In Heidelberg hat Professor Dr. Johannes Hennies (Institut für Sonderpädagogik) die Projektleitung inne.
Rund 11 Prozent der Studierenden in Deutschland haben eine Behinderung oder chronische Krankheit. In einer repräsentativen Studie gaben rund zwei Drittel davon an, dass sich ihre Beeinträchtigung stark auf ihr Studium auswirkt. Um dennoch erfolgreich am Studium teilnehmen zu können, werden digitale Lerninhalte von den betroffenen Studierenden als besonders hilfreich empfunden. Ähnlich äußern sich auch Studierende etwa mit Pflegeverantwortung oder Migrationshintergrund.
Bislang fehlt es in der deutschen Hochschullandschaft jedoch an einem systematischen und forschungsbasierten Rahmenwerk zum adäquaten Umsatz digitaler Barrierefreiheit in der Lehre. Dieses wollen die Hochschule der Medien Stuttgart (Projektleitung), die Universität Bielefeld und die Pädagogischen Hochschulen Freiburg und Heidelberg nun gemeinsam entwickeln und evaluieren. Ziel ist die Entwicklung eines sogenannten Reifegradmodells, das es sämtlichen deutschen Hochschulen ermöglicht, den Zustand ihrer digitalen Barrierefreiheit zu messen, zu bewerten und bei Bedarf systematisch zu verbessern.
Die Heidelberger Wissenschaftler:innen Professor Dr. Johannes Hennies, Professor Dr. Markus Lang, Dr. Barbara Bogner und Frank Laemers (Institut für Sonderpädagogik) bringen ihre Expertise insbesondere in zwei Arbeitspakete ein. Das erste beschäftigt sich mit multimodalen Lernskripten: Entwickelt werden soll eine Software, die etwa die Anzeige von Untertiteln, eine Übersetzung in Gebärdensprache oder die Zuschaltung von Audiodeskriptionen in Lehrmaterialien automatisch ermöglicht. Das zweite Arbeitspaket will das Bewusstsein der Lehrenden für die Belange von Studierenden mit individuellen Bedarfen (SmiB) stärken. Hierzu soll eine digitale Plattform entwickelt werden, die über verschiedene Einschränkungen und Barrieren informiert, virtuelle Begegnungen mit SmiB als Expert:innen ermöglicht und so Lösungen aufzeigt.
Weitere Informationen finden Sie unter digitalisierung.hdm-stuttgart.de/barrierefreiheit sowie unter www.ph-heidelberg.de/ifs.

Andere machen auch spannende Sachen
Wir zeigen Ihnen ausgewählte Beispiele
Spazierengehen gilt spätestens seit März 2020 als Freizeitbeschäftigung Nummer eins in Deutschland. Zahlreiche Menschen treibt es seitdem an die frische Luft, um einen Ausgleich zum Arbeits- und Corona-Alltag zu finden. Auch Sportarten wie Radfahren oder Joggen erfreuen sich großer Beliebtheit. Doch nicht für alle Menschen ist es einfach, solche gesundheitsfördernden Aktivitäten in ihren Alltag zu integrieren. Im Projekt „Förderung von Bewegungsfähigkeiten und körperlicher Aktivität von Menschen mit geistiger Behinderung“ (förges3) untersuchten Forschende des Fachbereichs Gesundheit der Fachhochschule Bielefeld, wie man diese Bevölkerungsgruppe darin unterstützen kann, auf selbstbestimmte Art und Weise gesundheitsfördernde Maßnahmen in ihr Leben zu integrieren. Die Perspektive der Betroffenen wurde gezielt in die Entwicklung des Interventionskonzepts eingebunden.
Digitalisierung verändert Hochschulbildung grundlegend. Das Hochschulforum Digitalisierung ist ein Think Tank, der den Diskurs zur Hochschulbildung im digitalen Zeitalter orchestriert, denn um die nützlichen Potenziale der Digitalisierung zu entfalten, sind alle Beteiligten gefragt. Das Hochschulforum bietet dafür einen Rahmen: Als zentraler Impulsgeber informiert, berät und vernetzt es Akteur:innen aus Hochschulen, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Das Themendossier Diversität & Barrierefreiheit bietet dabei eine Orientierungshilfe für die Gestaltung von inklusiver und diversitätsbewusster digitaler Lehre.

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