4. Quartal 2021 - November
Liebe Leser:innen,
das Annelie-Wellensiek-Zentrum für Inklusive Bildung (AW-ZIB) wurde am 16. Oktober 2020 im Rahmen einer hybriden wissenschaftlichen Tagung eröffnet. Nun – ein Jahr später – feiern wir den ersten Geburtstag.
Aber wo hat das AW-ZIB seinen Ursprung? Was haben wir im letzten Jahr alles erreicht? Und was sind unsere Ziele für die Zukunft? In kurzen Videos geht unser Leitungsteam, die Professorinnen Dr. Vera Heyl und Dr. Karin Terfloth sowie Geschäftsführer Dr. Klemens Ketelhut, diesen Fragen nach.
Des Weiteren berichtet Thilo Krahnke, was er aus der Qualifizierung zur Bildungsfachkraft (2017-2020) für sich persönlich mitgenommen hat. Über Träume, Vorurteile und den Mut, an sich zu glauben, spricht die Bildungsfachkraft mit Koordinatorin Nina Rudolph.
Freuen Sie sich auf einen Beitrag von Stephan Friebe, Projektleiter von „Inklusive Bildung Baden-Württemberg“ über Hintergründe und Erfolgsfaktoren des Qualifizierungsprojekts. Und lernen Sie die Geschäftsstelle „Inklusive Bildung“ im Wissenschaftsministerium Baden-Württemberg kennen, die von Elke Berger geleitet wird.
Erfahren Sie darüber hinaus Neues aus unserem Zentrum, inklusive Nachrichten aus der Pädagogischen Hochschule Heidelberg sowie Hinweise zu spannenden externen Initiativen.
Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen
Die Newsletter-Redaktion des AW-ZIB
Das AW-ZIB: Gestern – Heute – Morgen
Was ist unsere Geschichte, was haben wir bislang erreicht - und was sind unsere Ziele für die Zukunft?
[red] Das Annelie-Wellensiek-Zentrum für Inklusive Bildung (AW-ZIB) wurde am 16. Oktober 2020 im Rahmen einer wissenschaftlichen Tagung eröffnet und feierte kürzlich den ersten Geburtstag.
Anlass genug, dass unsere professoralen Leiterinnen Dr. Vera Heyl und Dr. Karin Terfloth sowie unser Geschäftsführer Dr. Klemens Ketelhut einen Blick zurück auf die Zeit vor der Zentrumsgründung werfen, festhalten, was wir bislang erreicht haben, und deutlich machen, was wir uns für die Zukunft vornehmen.
Ihre Gedanken zum AW-ZIB: Gestern – Heute – Morgen teilen sie in kurzen Videos.
Der Glaube an sich selbst und der Mut, Bestehendes zu hinterfragen
Was sich durch die Qualifizierung und die Arbeit am AW-ZIB für Thilo Krahnke verändert hat
[tk/nr] Die Bildungsfachkraft erinnert sich an die letzten Wochen der Qualifizierung im Projekt “Inklusive Bildung Baden-Württemberg“. Und sie blickt zurück auf die letzte große Hürde, die es noch zu überwinden galt: die Abschlussprüfungen. Was hat Thilo Krahnke für sich persönlich aus der Qualifizierung mitgenommen? Warum ist die Bildungsarbeit der Bildungsfachkräfte so wichtig? Und gibt es etwas, das er anderen Personen mit Behinderungserfahrungen gerne sagen würde?
Koordinatorin Nina Rudolph im Gespräch mit Thilo Krahnke. Über Träume, Vorurteile und den Glauben an sich selbst.
Rudolph: Herr Krahnke, Sie haben eine dreijährige Vollzeitqualifizierung zur Bildungsfachkraft durchlaufen. Dabei haben Sie sich mit unterschiedlichen Lebenswelten (zum Beispiel Arbeit, Wohnen und Freizeit) auseinandergesetzt. Sie haben das Verständnis von Teilhabe und Partizipation diskutiert und gelernt, Bildungsveranstaltungen zu planen und durchzuführen.
Was haben Sie aus der Qualifizierung darüber hinaus für Ihre Arbeit am AW-ZIB – und auch für Sie persönlich – mitgenommen?
Krahnke: Ich habe in der Qualifizierung gelernt, dass es verschiedene Arten von Behinderung gibt und dass es nach der ICF (International Classification of Functioning, Disability and Health; Anm. d. Red.) nicht darum geht, dass man behindert ist, sondern dass man behindert wird. Wenn ein Formular zum Beispiel in schwerer Sprache ist, liegt es nicht an meiner Behinderung, dass ich es nicht ausfüllen kann. Sondern daran, weil das Formular nicht in einfacher Sprache ist.
Ich habe in der Qualifizierung erst gelernt, dass es noch zu oft zwei Welten gibt. Eine sogenannte „Sonderwelt“ mit Sonderschule und Werkstatt für behinderte Menschen. Und dann die „andere Welt“, mit dem allgemeinen Arbeitsmarkt, der allgemeinen Schule, Orte, an denen Menschen ohne eine Behinderung sind.
Durch das Projekt habe ich Inklusion erst richtig kennengelernt. Inklusion ist für mich, dass Menschen mit und ohne Behinderung zum Beispiel zusammenarbeiten oder etwas unternehmen. Dass es nicht mehr diese zwei getrennten Welten gibt.
Ich habe früher immer gedacht, es ist alles gut so, wie es ist. Und dass Menschen mit Behinderung keine anderen Möglichkeiten als die „Sonderwelt“ haben. Heute hinterfrage ich das mehr.
Rudolph: Im Herbst 2020, vor ungefähr einem Jahr, waren die Abschlussprüfungen der Qualifizierung zur Bildungsfachkraft. Können Sie sich erinnern, wie Sie sich vor einem Jahr gefühlt haben?
Krahnke: Die Zeit war sehr aufregend und auch spannend. In dieser Zeit waren unsere Abschlussprüfungen. Wir mussten ein Seminar planen und vorstellen, was wir im Seminar machen würden. Es gab auch noch einen Fragenblock, in dem Fragen aus den verschiedenen Bereichen der letzten drei Jahre der Qualifizierung gestellt wurden. Ich hatte zum Beispiel die Themen „Arbeit“ und „Bildung“. Und die UN-BRK (Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen; Anm. d. Red.). Dazu wurden uns noch Fragen gestellt.
Ich wusste, dass ich gelernt hatte, aber ich hatte Angst, dass ich durchfalle. Ich war sehr nervös vor der Prüfung.
Rudolph: Wie haben Sie sich auf die Abschlussprüfungen vorbereitet?
Krahnke: Ich habe die verschiedenen Themenbereiche auf Karteikarten geklebt. Auf der einen Seite stand zum Beispiel „UN-BRK“. Und auf der anderen Seite wichtige Artikel dazu. Das habe ich dann gelernt.
Die Planung des Seminars habe ich mit einem Kollegen zusammen vorbereitet. Ein wichtiger Punkt war, dass wir überlegt haben, welche Ziele wir mit dem Seminar erreichen wollen. Was sollen die Studierenden in unserer Sitzung lernen? Welche Methoden wollen wir anwenden? Wir haben auch einen Ablaufplan erstellt, in dem steht, was wann drankommt. Zum Beispiel: Was kommt nach der Begrüßung? Und wer übernimmt das?
Rudolph: Was hat sich für Sie durch die Qualifizierung und die Arbeit am AW-ZIB verändert?
Krahnke: Mein Denken hat sich geändert, ich schaue jetzt genauer hin. Früher habe ich zum Beispiel oft alle Rollstuhlfahrer in eine Schublade gesteckt. Bei Rollstuhlfahrern habe ich oft gedacht: Der braucht bestimmt Hilfe, zum Beispiel über die Straßenbahnschienen. Jetzt ist es so, dass wenn ich das Gefühl habe, es braucht jemand Hilfe, dass ich die Person erst anspreche, ob ich helfen kann.
Ich glaube, ich achte jetzt mehr auf Menschen und ihre Bedürfnisse. Und auch auf das, was sie können.
Ich engagiere mich auch. Ich will auf die Rechte von Menschen mit Behinderung aufmerksam machen. Ich habe mich für den Inklusionsbeirat des Rhein-Neckar-Kreis beworben und wurde angenommen. Der Inklusionsbeirat setzt sich für die Belange der Menschen mit Behinderungen ein. Wir haben verschiedene Arbeitsgruppen, zum Beispiel zu Bildung, Gesundheit und Wohnen. Die Arbeit im Beirat macht mir sehr viel Spaß, aber ich muss natürlich auch schauen, wie das mit meinen Arbeitszeiten so passt.
Meine Arbeit als Bildungsfachkraft bereitet mir viel Freude. Ich erzähle heute öfter von meiner Arbeit, man merkt mir an, wie begeistert ich bin. Ich bekomme sehr viel Lob für die Arbeit, die ich mache. Das macht mich auch stolz.
Ich wollte schon immer Lehrer werden. Und habe nun meinen Traum, anderen etwas beizubringen, erreicht.
Rudolph: Warum ist die Qualifizierung zur Bildungsfachkraft wichtig?
Krahnke: Laut Artikel 24 der UN-BRK hat sich Deutschland dazu verpflichtet, ein inklusives Schulsystem aufzubauen. Angehende Lehrkräfte und andere Studierende sollen sich deswegen mit Erfahrungsberichten von Experten in eigener Sache auseinandersetzen. Das, was die Bildungsfachkräfte in ihren Seminaren und Vorlesungen weitergeben, steht in keinem Fachbuch. Aber es ist wichtig, damit die Studierenden für ihre spätere Arbeit inklusive Ideen entwickeln können.
Rudolph: Gibt es etwas, was Sie anderen Menschen mit Behinderung mit auf den Weg geben möchten?
Krahnke: Es ist wichtig, dass man die eigene Meinung zum Ausdruck bringt. Zum Beispiel im Inklusionsbeirat. Oder in der Politik, indem man zur Wahl geht.
Menschen mit Behinderungen sollten sich über ihre Rechte informieren. Zum Beispiel im Internet oder in Beratungsstellen wie der EUTB (Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung; Anm. d. Red.).
Und es ist völlig in Ordnung, wenn man sich Hilfe holt, zum Beispiel für den Umgang mit Ämtern. Davor muss man keine Angst haben.
Auch wenn man viel kämpfen muss und einem Steine in den Weg gelegt werden und man denkt, es geht nicht weiter, sollte man trotzdem an sich glauben und den Mut nicht verlieren.
Wie eine Idee zum Erfolg geführt hat
Expert:innen in eigener Sache werden Bildungsfachkräfte
[sf] Vor ihrer Anstellung am AW-ZIB haben die Bildungsfachkräfte im Projekt „Inklusive Bildung Baden-Württemberg“ eine dreijährige Vollzeitqualifizierung absolviert. Der ehemalige Projektleiter Stephan Friebe berichtet, wie an der Fachschule für Sozialwesen der Johannes-Diakonie die Idee entstand, Menschen, die als kognitiv beeinträchtigt gelten, zu Bildungsfachkräften zu qualifizieren. Wozu brauchte es das Projekt – und was hat den Erfolg ausgemacht?
„Nichts über uns ohne uns!“
An der Fachschule für Sozialwesen der Johannes-Diakonie versuchen wir seit vielen Jahren die Forderung „Nichts über uns ohne uns“ ernst zu nehmen und laden immer wieder Menschen mit Behinderungserfahrungen in unsere Seminare ein. Aus den dabei gemachten Erfahrungen haben wir gelernt. Die wichtigste Erkenntnis heißt kurz zusammengefasst: Die Personen, die wir einladen, sind zwar „Expertinnen und Experten in eigener Sache“, sie sind aber keine Expert:innen in Bildungsarbeit.
Die Idee einer Qualifizierung
Wir haben auch gespürt, dass die Rahmenbedingungen für die eingeladenen Personen sehr ungünstig sind. Ihr Einsatz ist ehrenamtlich. Die Vor- und Nachbereitung mit den Beteiligten findet in ihrer Freizeit statt und eine Vergütung kann aus verschiedenen Gründen nicht erfolgen.
Uns ist damals klar geworden, so kann und darf langfristig kein ernst gemeinter Einsatz von Menschen mit Behinderungserfahrungen in der Lehre aussehen. Daher haben wir beschlossen, ein Konzept für eine Qualifizierung und zum dauerhaften Einsatz von Erfahrungsexpert:innen an unserer Fachschule zu entwickeln.
Im Rahmen der Arbeit an diesem Konzept sind wir auf das Modellprojekt „Inklusive Bildung“ der Stiftung Drachensee in Kiel gestoßen. Sechs Menschen mit so genannten geistigen Behinderungen hatten dort 2013 mit einer dreijährigen Vollzeitqualifizierung zur Bildungsfachkraft begonnen. Wir haben Kontakt nach Kiel aufgenommen und sehr schnell wurde daraus eine sehr fruchtbare Zusammenarbeit.
„Inklusive Bildung Baden-Württemberg“
Im Dezember 2016 konnten wir das Projekt „Inklusive Bildung Baden-Württemberg“ im Rahmen einer Pressekonferenz der Öffentlichkeit vorstellen. Aus der ursprünglichen Idee, Menschen mit Behinderungserfahrungen für unsere Fachschule zu qualifizieren, ist schließlich ein landesweites Projekt geworden. Dies ist gelungen durch die Kooperation mit dem Institut für Inklusive Bildung, das aus dem Projekt in Schleswig-Holstein hervorgegangenen ist und mit der großartigen Unterstützung der Dieter Schwarz Stiftung. Außerdem hatten wir die Pädagogische Hochschule Heidelberg und die Evangelische Hochschule Ludwigsburg als Kooperationspartner gewinnen können.
Akteure begeistern und Netzwerke aufbauen
Durch Öffentlichkeitsarbeit und viele persönliche Gespräche kamen weitere Akteure aus den Bereichen Politik, Verwaltung und Selbstvertretung als Projektpartner hinzu. Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) und Leistungsträger (zum Beispiel: Bundesagentur für Arbeit, Rentenversicherung, Sozialhilfe; Anm. d. Red.) signalisierten ihre Unterstützung und die Bereitschaft, Mitarbeitenden aus den Werkstätten für behinderte Menschen eine Teilnahme an einer Vollzeitqualifizierung zu ermöglichen. So entstand ein breitgefächertes Netzwerk, welches das Projektvorhaben kontinuierlich begleitet und unterstützt hat.
Die Bildungsfachkräfte
Parallel lief das Bewerbungsverfahren für die Teilnahme an der Qualifizierung. Aus über 40 Bewerber:innen wurden schließlich sechs Personen für die Qualifizierung zur Bildungsfachkraft ausgewählt:
Michael Gänßmantel, Hartmut Kabelitz, Thilo Krahnke, Thorsten Lihl, Anna Neff und Helmuth Pflantzer.
Diese sechs, die nun als Bildungsfachkräfte an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg angestellt sind, haben sich im Herbst 2017 auf ein Abenteuer mit ungewissem Ausgang eingelassen. Sie haben ihre Arbeitsplätze in der WfbM verlassen, haben wieder die Schulbank gedrückt, sie haben gebüffelt, sich immer neuen Herausforderungen gestellt und haben bereits nach einem halben Jahr begonnen, erste Seminare an Hochschulen zu halten. Sie haben gelernt, ihre Geschichte und Geschichten mit anderen zu teilen und sie haben alle, die als Lehrende, Studierende oder als Netzwerkpartner mit ihnen zu tun hatten, überzeugt.
Die „Erfolgsfaktoren“
Aus einer Idee wurde ein Projekt und aus dem Projekt heraus entstand ein wissenschaftliches Zentrum, das als AW-ZIB im Herbst 2020 feierlich eröffnet wurde. Wie war das in so kurzer Zeit möglich? Es waren die Menschen. Menschen, die von einer Idee begeistert waren - und sind, die eingetretene Pfade verlassen haben, ganz Neues gewagt und die sich nach allen ihren Möglichkeiten eingesetzt haben: sei es im ganz persönlichen Bereich, in der Verwaltung und Wissenschaft oder auf der großen Bühne der Politik.
Über die Geschäftsstelle Inklusive Bildung
Beratung zur Inklusion an der Hochschule unter besonderer Berücksichtigung der Lehrer:innenbildung
[eb] Die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens kann nur gelingen, wenn Barrieren in den Köpfen abgebaut werden und bereits bei Kindern und Jugendlichen eine stärkere Sensibilisierung für das Thema Inklusion erreicht wird. Lehrer:innen kommt dabei eine entscheidende Rolle zu. Seit November 2019 gibt es die Geschäftsstelle Inklusive Bildung im Wissenschaftsministerium Baden-Württemberg. Referentin Dipl. Päd. Elke Berger berät zum Thema Inklusive Bildung und begleitet dabei auch das Annelie-Wellensiek-Zentrum für Inklusive Bildung.
Dem Wissenschaftsministerium Baden-Württemberg sind die Aufgaben, eine stärkere Sensibilisierung für das Thema Inklusion sowie der Abbau von Barrieren in den Köpfen, ein wichtiges Anliegen. So wurden bei der Reform der Lehrerbildung ab dem Wintersemester 2015/2016 Inhalte zu Grundfragen der Inklusion im Studium für alle allgemeinbildenden Lehrämter (Bachelorstudiengang und Masterstudiengang) in den Bildungswissenschaften mit mindestens sechs ECTS-Punkten und zusätzlich Fragen der Inklusion in den einzelnen Fachwissenschaften verankert, um die künftigen Lehrkräfte bereits im Lehramtsstudium noch besser auf das Thema Inklusion vorzubereiten.
Um das gesamtgesellschaftlich so bedeutsame Thema der Inklusiven Bildung zu unterstützen und weiter voranzubringen, hat das Wissenschaftsministerium im Jahr 2019 die Geschäftsstelle Inklusive Bildung eingerichtet.
Eine wesentliche Aufgabe der Geschäftsstelle ist es, das Annelie-Wellensiek- Zentrum für Inklusive Bildung (AW-ZIB) an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg zu beraten und zu begleiten.
Vor der Gründung des Zentrums wirkte die Geschäftsstelle insbesondere an der Weiterentwicklung des Qualifizierungs-Projekts „Inklusive Bildung Baden-Württemberg“ mit und beriet die Projektpartner im Entwicklungsprozess hin zur Verstetigung im AW-ZIB.
Die Geschäftsstelle betreut darüber hinaus hochschulübergreifend den Themenschwerpunkt Inklusion in Forschung und Lehre unter besonderer Berücksichtigung der Lehrer:innenbildung. Für die Hochschulen ist die Geschäftsstelle eine Unterstützung, wenn es darum geht, Konzepte für die Einbindung der Bildungsfachkräfte in das hochschulische Umfeld, insbesondere in die erste Phase der Lehrer:innenbildung, zu entwickeln.
Sie berät außerdem die Beauftragten für Studierende mit Behinderungen und chronischen Krankheiten.
Persönliches
Die Geschäftsstelle für Inklusive Bildung im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst wird von Diplom-Pädagogin Elke Berger geleitet. Als ehemalige Lehrkraft bringt sie vielseitige Erfahrungen in diesem Bereich mit. Davor verantwortete sie vier Jahre lang an der ehemaligen Landesakademie für Fortbildung und Personalentwicklung an Schulen am Standort Comburg unter anderem die Fortbildung zur Inklusiven Bildung in der Lehrer:innenbildung der dritten Phase (Weiterbildung). Hier werden jedes Jahr fast 1.000 Lehrkräfte und Schulleiter:innen aller Schularten zu Themen der Inklusiven Bildung in mehrtägigen Fortbildungsveranstaltungen erfolgreich fortgebildet.
Zusammen erreichen wir mehr
Neue Mitgliedschaften für eine inklusivere Gesellschaft
[red] Das Annelie-Wellensiek-Zentrum für Inklusive Bildung setzt sich für Inklusion in der Gesellschaft ein. Da man zusammen meist mehr erreicht als alleine, arbeiten wir eng mit anderen Partner:innen aus Wissenschaft, Politik und Verwaltung zusammen. Vor kurzem sind wir dem Aktionsbündnis Teilhabeforschung sowie dem SUI (Service User Involvement)-Netzwerk beigetreten.
Aktionsbündnis Teilhabeforschung
Das Aktionsbündnis will zu einer stärkeren Vernetzung und Förderung von Teilhabeforschung beitragen. Dabei stehen Selbstbestimmung, Teilhabe und Partizipation von Menschen mit Behinderungen im Fokus. Rund 140 Organisationen und Einzelmitglieder, darunter Menschen mit und ohne Behinderungen, Wissenschaftler:innen sowie Vertreter:innen von Fach- und Wohlfahrtsverbänden, tauschen sich aus und profitieren von den gegenseitigen Erfahrungen.
Gemeinsam wird so Wissen bereitgestellt, das für Inklusion in der Gesellschaft notwendig ist, sowie Erkenntnisse für den Umgang mit Verschiedenheit und für die umfassende und gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen erarbeitet.
Neben Kongressen zur Teilhabeforschung koordiniert das Aktionsbündnis auch unterschiedliche Arbeitsgruppen, zum Beispiel zu den Themen Digitalisierung, Teilhabe am Arbeitsleben oder sozialraumorientiertes Wohnen. In diesen werden konkrete Fragen aus der Praxis aufgegriffen und Forschungsergebnisse in die Praxis vermittelt. In der Arbeitsgruppe „Partizipative Forschung & Forschungsmethoden“ haben beispielsweise akademisch Forschende des AW-ZIB gemeinsam mit Bildungsfachkräften ihr Vorgehen vorgestellt. Dabei haben sie auch darüber berichtet, welche Herausforderungen sie in der Partizipativen Forschung sehen und wie sie damit umgehen.
SUI Germany
SUI steht für den englischen Begriff „Service User Involvement“. Auf Deutsch bedeutet er „Beteiligung oder Einbezug von Nutzer:innen sozialer Dienste“.
Der Begriff „Service User“ kommt aus der Sozialen Arbeit. Damit sind Personen gemeint, die (als Adressat:innen) persönlich Erfahrungen mit dem sozialen Hilfesystem gemacht haben oder machen. Dazu zählen beispielsweise obdachlose Menschen, Menschen mit Depressionserfahrungen oder suchtkranke Menschen.
Durch die Einbindung von Service User in Ausbildungsprozesse und in die Hochschullehre bekommen zukünftige Fachkräfte Sozialer Arbeit im Studium direkten Zugang zum erfahrungsbasierten Wissen der Service User. Studierende erfahren, was Nutzer:innen von der Sozialen Arbeit erwarten, wie sie Soziale Arbeit und das soziale Hilfesystem erleben und welche Unterstützung sie benötigen.
Somit können Impulse für die Weiterentwicklung des Studiums sowie für die Profession Sozialer Arbeit gesetzt werden. Studierende werden darüber hinaus noch besser auf ihre spätere Arbeit vorbereitet und gleichzeitig werden die Selbstbestimmungsmöglichkeiten der Service User gestärkt.
Auch die Bildungsfachkräfte des AW-ZIB werden als (ehemalige) Service User in die Ausbildung von zukünftigen Lehrkräften einbezogen und sprechen über ihre Inklusions- und Exklusionserfahrungen im Bildungsbereich sowie in anderen Lebensbereichen. Als qualifizierte Expert:innen in eigener Sache geben sie Studierenden Einblicke in die Lebenswelten von Menschen mit Behinderungen.
Das verbindet uns mit dem SUI-Ansatz und macht den Austausch so wertvoll: So können wir zum einen an die bestehende Expertise im SUI-Bereich anknüpfen, und zum anderen durch unsere Erfahrungen wertvolle Impulse setzen.
Herzlich Willkommen im Team - Wir bekommen Unterstützung
Weitere Assistenz für die Bildungsfachkräfte und das erste FSJ Inklusiv an der Hochschule
[red] Marlon Colbert assistiert seit Sommer 2021 in erster Linie der Bildungsfachkraft Hartmut Kabelitz bei Arbeiten am PC und beim Verfassen von Texten. Herr Colbert wirkt zudem bei der Einhaltung von Arbeitsabläufen und Terminen mit.
Im September durften wir Maria Ritter im Team begrüßen. Sie absolviert ihr Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) am AW-ZIB und unterstützt ebenfalls die Bildungsfachkräfte. Frau Ritter begleitet sie unter anderem bei der Vorbereitung und Durchführung ihrer Bildungsangebote - zunächst digital, aber hoffentlich bald auch in Präsenz.
Nach ihrem Freiwilligendienst im Ökogarten ist Friederike Höhnle seit dem 1. November im Rahmen eines FSJ Inklusiv in verschiedenen Bereichen der Hochschule tätig. Koordiniert und organisiert wird der sechs Monate dauernde Einsatz durch das AW-ZIB. Frau Höhnle wird unterschiedliche Bereiche der PH Heidelberg kennenlernen: neben der Lernwerkstatt Inklusion und der Professional School wird sie auch die Kolleg:innen im Fachbereich Alltagskultur und Gesundheit, in der Abteilung Gebäudemanagement und Arbeitssicherheit und natürlich im AW-ZIB tatkräftig unterstützen.
Die Freiwilligendienste von Frau Ritter und Frau Höhnle erfolgen beide in Zusammenarbeit mit der Diakonie Baden.
Berichte über das AW-ZIB und öffentliche Vorträge
Auf unserer Website stellen wir Beiträge zusammen und informieren über Vorträge
[red] Auf unserer Website finden Sie im Pressespiegel Berichte, die über das AW-ZIB gedruckt oder online veröffentlicht wurden. Darüber hinaus sind Video-Beiträge und Podcast-Folgen abrufbar, an denen das Zentrum mitgewirkt hat.
Die aktuellen Artikel sind:
- Oktober 2021 „Sie gehen ganz neue Wege in der Inklusion“ (RNZ)
- Sommer 2021 „Inklusion – ein Haus für alle Menschen“ (jo!-Magazin)
Sie können uns bei folgendem öffentlichen Vortrag erleben:
"'Lehren hier jetzt Behinderte?' Wege zum respektvollen Umgang mit der Diversität von Lehrenden und Lernenden" Donnerstag, 10. Februar 2022 / 19.00 bis 20.00 Uhr mit anschließender Diskussion
Online, Zugang unter www.denkeffekt.org
Sinnesbehinderungen und gesellschaftliche Teilhabe
Kooperationsprojekt der PH Heidelberg, der Universität Hamburg und der LMU München
[red] Wie steht es um das Seh- und Hörvermögen von Menschen mit geistigen und komplexen Beeinträchtigungen, die in bayerischen Einrichtungen der Behindertenhilfe leben? Ein Forschungsteam, an dem auch Wissenschaftler:innen der Pädagogischen Hochschule Heidelberg beteiligt sind, geht von vielen unerkannten Sinnesbehinderungen und negativen Auswirkungen auf die gesellschaftliche Teilhabe der Betroffenen aus.
In einer Studie sollen nun erstmals konkrete Fallzahlen für Bayern erhoben werden. Das Team will zudem Vorschläge entwickeln, wie Hör- und Sehbehinderungen zukünftig besser erkannt und die betroffenen Menschen in den Einrichtungen unterstützt werden können.
Die Federführung des im Oktober 2021 gestarteten Projekts "Sehen und Hören: Studie zur Verbesserung der Diagnose und Förderung von Auffälligkeiten im Sehen und Hören bei Menschen mit geistiger bzw. komplexer Behinderung in Bayern (SuHB)" hat die Blindeninstitutsstiftung inne; neben der Pädagogischen Hochschule Heidelberg sind die Universität Hamburg sowie die LMU München beteiligt. Das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege fördert das Vorhaben mit rund 420.000 Euro.
Rund zwei Drittel der Menschen, die in der Blindeninstitutsstiftung leben, können sich nicht oder nur sehr eingeschränkt ausdrücken. Aufgrund ihrer komplexen Behinderung können sie zum Beispiel nicht einfach sagen, wie gut sie noch sehen oder hören. In Einrichtungen für Erwachsene mit geistiger und komplexer Behinderung, die keinen Schwerpunkt auf Sinnesbehinderungen haben, bleiben daher - so vermuten die Wissenschaftler:innen - viele Sinnesbehinderungen unerkannt. Daraus ergeben sich große Auswirkungen auf die Selbstbestimmung im Alltag und die Teilhabe in allen Lebensbereichen, da eine zusätzliche Sinnesbehinderung ein anderes, barrierefreies Setting erfordert und vor allem entsprechende Kenntnisse der begleitenden Fachkräfte.
Ziel der auf drei Jahre angelegten SuHB-Studie ist es daher, erstmals für Bayern verlässliche Zahlen zu ermitteln: Wie viele Menschen mit geistiger oder komplexer Beeinträchtigung, die in Einrichtungen der Behindertenhilfe leben, zeigen Auffälligkeiten beim Sehen und Hören? Dafür untersucht ein Team um Professorin Dr. Andrea Wanka (Pädagogische Hochschule Heidelberg) bis zu 500 Probanden unter anderem am Medizinischen Zentrum für erwachsene Menschen mit Behinderung in Würzburg. Zum Einsatz kommt dabei ein neues Diagnostik-Verfahren, mit dem taubblinde und hörsehbehinderte Menschen identifiziert und das funktionale Hör- und Sehvermögen überprüft werden. Um sich mit Probanden zu verständigen, die sich nur sehr eingeschränkt ausdrücken können, sollen ganz unterschiedliche Methoden angewandt werden: von Leichter Sprache und Piktogrammen über taktiles Gebärden bis hin zu elektronischen Hilfsmitteln.
Parallel dazu nimmt ein Forschungsteam der Ludwig-Maximilians-Universität München und der Universität Hamburg die Rahmenbedingungen in den Wohnangeboten der Behindertenhilfe unter die Lupe. Abschließend will das gesamte Forschungsteam mit Expert:innen aus der Behindertenhilfe und der Politik konkrete Vorschläge erarbeiten, wie sich die Situation für Erwachsene mit geistiger und komplexer Behinderung in bayerischen Einrichtungen nachhaltig verbessern lässt.
Weitere Informationen finden Sie unter www.ph-heidelberg.de/taubblind sowie unter www.blindeninstitut.de.
Quelle: Blindeninstitutsstiftung
Andere machen auch spannende Sachen
Wir zeigen Ihnen ausgewählte Beispiele
Welche Effekte haben Apps und Augmented Realities, Medien und Musik, Design und Kunst, Fotografien oder Werbestrategien auf Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft? Im Podcast SPILLOVER der Stabsstelle Kultur- und Kreativwirtschaft der Stadt Heidelberg geht es um die Übertragungseffekte - Spillover-Effekte - von kreativen Ideen auf andere Branchen oder Bereiche. Im Oktober waren „Erdmännchen und Bär“ zu Gast: Sebastian Jähnke und Felix Bastam, ehemalige Studierende der Pädagogischen Hochschule Heidelberg, sind die beiden Köpfe hinter dem "Education"-Start-Up, das versucht, Inklusion mit E-Learning zu verbinden, um so den Weg in die Digitalisierung möglichst barrierearm zu gestalten. Im Gespräch mit Moderatorin Susan Weckauf sprechen die beiden über die Barrieren, die eine digitale Inklusion für Menschen mit Einschränkungen erschweren, und wie man Lerneffekte mit Spaß verbindet.
In Kooperation mit dem Institut für Inklusive Bildung Kiel finden an verschiedenen Standorten in Deutschland Qualifizierungen zur Bildungsfachkraft statt. Auch das Institut für Inklusive Bildung NRW suchte im Frühjahr 2019 gemeinsam mit der Technischen Hochschule Köln Personen, die als kognitiv beeinträchtigt gelten und lernen möchten, Studierenden ihre Lebenswelten kompetent zu vermitteln. Bislang hatten sie in Werkstätten für behinderte Menschen gearbeitet – und fühlten sich unterfordert und hatten große Lust, sich weiter zu entwickeln. Die Regisseurin Tabea Hosche hat die angehenden Bildungsfachkräfte mit ihrem Filmteam begleitet. Herausgekommen ist eine spannende und berührende Web-Serie in vier Teilen: „Von der Behindertenwerkstatt in den Hörsaal“.
Bibliotheken bieten kommerzfreien und niederschwelligen Zugang zu Information, Bildung, Kultur und Unterhaltung. Ihre Räumlichkeiten und Angebote sind jedoch teilweise (noch) nicht für alle Bürger:innen ohne Hürden zugänglich. Um das Bewusstsein für vorhandene Barrieren in öffentlichen Bibliotheken zu verstärken und allgemein für das wichtige Thema Barrierefreiheit im öffentlichen Raum zu sensibilisieren, hat die Fachstelle für das öffentliche Bibliothekswesen im Regierungspräsidium Karlsruhe in Zusammenarbeit mit den Inklusionsbeauftragten der Stadt- und Landkreise die Fortbildungsreihe „Barrierefreiheit in Bibliotheken“ konzipiert. In thematisch strukturierten Online-Seminaren und Workshops werden Grundlagen, Informationen und Hilfsangebote zu sprachlicher, digitaler und baulicher Barrierefreiheit vermittelt.
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