Newsletter-Ausgabe April 2025
Liebe Leser:innen,
was gibt es Neues am Annelie-Wellensiek-Zentrum für Inklusive Bildung (AW-ZIB)? Woran arbeiten wir aktuell und was waren die Highlights der vergangenen Monate?
In unserem Newsletter erfahren Sie es.
So haben wir gemeinsam mit Dr. Christina Mechler die erste am AW-ZIB abgeschlossene Promotion gefeiert - weitere werden folgen. Kathrin Ludwig und Stephanie Schleer, die beide seit gut einem Jahr an das AW-ZIB abgeordnet sind, berichten über ihre Promotionsvorhaben und ihr Ankommen an unserem Zentrum.
Louisa Kabbe und Susann Bensch blicken auf ihr 5. Qualifizierungssemester zur Bildungsfachkraft zurück. Und wir haben spannende Neuigkeiten: Ab dem Wintersemester 2025 /26 starten wir einen neuen Qualifizierungsdurchgang zur Bildungsfachkraft!
In den letzten Monaten haben wir uns viel mit Fortbildungen beschäftigt: Wir haben Workshops gehalten (zum Beispiel im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg) – und uns selbst weitergebildet und eine Fortbildung zur Rolle als Lehrperson begonnen. Darüber hinaus haben sich die Bildungsfachkräfte in einer Lerneinheit zur politischen Bildung mit demokratischen Entscheidungsprozessen auseinandergesetzt.
Dazu gibt es in unserem Newsletter weitere Neuigkeiten aus dem AW-ZIB und der Pädagogischen Hochschule Heidelberg.
Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen
die Newsletter-Redaktion des AW-ZIB

Demokratie erleben – Eine spielerische Arbeitseinheit zur politischen Bildung am AW-ZIB
[fk, jm] Anlässlich der Bundestagswahl stand am AW-ZIB im Februar 2025 die Demokratie im Mittelpunkt. In einer besonderen Arbeitseinheit zur politischen Bildung beschäftigten sich die (angehenden) Bildungsfachkräfte mit demokratischen Entscheidungsprozessen. Unter der Anleitung der studentischen Hilfskraft Jan Metzger wurde das kooperative Demokratie- und Entscheidungsspiel "Quararo" gespielt, das den Teilnehmer*innen verschiedene Methoden der Entscheidungsfindung näherbrachte.
Das Planspiel „Quararo“ bietet eine interaktive Herangehensweise an demokratische Entscheidungsfindung. Die Bildungsfachkräfte erprobten vier Methoden: Konsens, Mehrheitsentscheidung, systemisches Konsensieren und Parlamentsbildung. In jeder Spielrunde mussten sie sich mit unterschiedlichen Szenarien auseinandersetzen, eigene Werte vertreten und gemeinsam Handlungsoptionen entwickeln. Dabei wurde besonders deutlich, dass Demokratie mehr ist als eine einfache Mehrheitsentscheidung – sie lebt vom Austausch und der aktiven Teilnahme. „Man muss miteinander reden, um Entscheidungen treffen zu können“, stellte die angehende Bildungsfachkraft Louisa Kabbe treffend fest.
Ziel des Spiels war es nicht nur, die Diskussionsbereitschaft und Kommunikationsfähigkeit im Team zu stärken, sondern auch ein tieferes Verständnis für demokratische Prozesse zu entwickeln. Eine zentrale Erkenntnis war, dass Demokratie alle Bedürfnisse berücksichtigen soll und dass Bestrebungen zu autokratischen Strukturen Einschnitte in die persönliche Entfaltung bedeuten könnten. „Demokratie ist sinnvoll und die beste Idee, die als Staatsform verwirklicht werden kann“, fasste Hartmut Kabelitz seine Einsichten zusammen.
Die Bildungsfachkräfte zeigten sich begeistert von der Erfahrung. Besonders das systemische Konsensieren – bei dem Zustimmung durch das Heben einer bestimmten Anzahl von Fingern visualisiert wird – wurde als mögliche Methode für künftige Entscheidungsprozesse im Forschungsplenum vorgeschlagen. Zudem wurde vielen Teilnehmenden bewusst, wie wertvoll die Freiheit ist, in der wir leben. „Mir ist klar geworden, wie gut wir es noch haben“, bemerkte Thilo Krahnke.
Die Arbeitseinheit am AW-ZIB hat eindrücklich gezeigt, dass Demokratie nicht nur ein politisches Konzept ist, sondern gelebt und erfahren werden muss. Solche praxisnahen Arbeitseinheiten sind essenziell, um das Bewusstsein für demokratische Prozesse zu stärken – gerade in Zeiten, in denen demokratische Werte zunehmend herausgefordert werden.
Stärkung der Lehrkompetenzen: Fortbildung für das inklusive Team
[fk] Das AW-ZIB bietet seinen Mitarbeiter:innen immer wieder die Möglichkeit, ihre Kompetenzen weiterzuentwickeln. Im November 2024 fand eine Fortbildung unter der Leitung von Katrin Jung-Braun (Systemische Beratung & Mediation) statt, die auf die Bedürfnisse des inklusiven Teams zugeschnitten war und den Teammitgliedern mit und ohne Beeinträchtigung Gelegenheit gab, ihre Rolle als Lehrende zu reflektieren und weiterzuentwickeln. Der Termin bildete den Auftakt für einen im Frühjahr 2025 laufenden Coachingprozess, in dem die angesprochenen Themen vertieft werden können.
Die dreistündige Auftaktveranstaltung bot den Teilnehmenden einen interaktiven Rahmen, um sich intensiv mit den Grundlagen guter Lehre auseinanderzusetzen. Die Veranstaltung begann mit einem Abgleich der unterschiedlichen Perspektiven auf den Begriff „Lehrperson“ und einer Einführung in die Gelingensbedingungen guten Lernens. Gemeinsam wurden Werte und mögliche Herausforderungen der Lehrtätigkeit erarbeitet und diskutiert.
Ein zentrales Element war die Gruppenarbeit, in der die Teilnehmenden sich anhand konkreter Erfahrungen aus ihrer Lehrtätigkeit auf die Suche nach dem „Tschaka-Moment“ erfolgreicher Lernerlebnisse machten. Woran merken wir, dass eine Lehrveranstaltung gut funktioniert? Zu dieser Leitfrage wurde in Kleingruppen intensiv gearbeitet. Wenn Diskussionen und kritische Nachfragen auch nach der Lehrveranstaltung weitergehen, wenn möglichst alle Personen im Raum etwas beitragen, wenn Anknüpfungspunkte zu eigenen Erfahrungen hergestellt werden oder wenn im besten Fall sogar die Grenze zwischen Lehrenden und Lernenden verschwimmt und ein offenes, gemeinsames Arbeiten am Thema möglich wird – dann gelingt Lernen besonders gut. So lauteten einige der in den Teams gefundenen Antworten.
Klar wurde dabei auch, dass all dies nur bedingt durch aktives Handeln der Lehrenden herbeigeführt werden kann und vieles – zum Beispiel die Offenheit der Lernenden für den Prozess – außerhalb des eigenen Gestaltungsradius liegt. Dennoch wurden auch Faktoren herausgearbeitet, mit denen Lehrpersonen die Wahrscheinlichkeit für erfolgreiche Lernerlebnisse erhöhen können: natürlich eine gute Vorbereitung, geeignete Methoden und die Schaffung einer vertrauensvollen Atmosphäre.
Schließlich wurden auch die Herausforderungen thematisiert, die die Teilnehmenden in ihrer Lehrtätigkeit erleben – zum Beispiel Unsicherheit, Angst vor Fehlern oder auch zu eng gefasste eigene Erwartungen an den Lernprozess. Insbesondere mit der Formulierung dieser Herausforderungen wurde der Grundstein für die zweite Phase des Prozesses gelegt: Die individuellen Coachings starteten im Januar. Diese bieten den Teilnehmenden die Möglichkeit, ihre spezifischen Herausforderungen in der Lehrtätigkeit zu adressieren und vertieft zu bearbeiten. Im Sommer 2025 ist der Abschluss der Fortbildung wieder mit dem gesamten AW-ZIB-Team geplant.
Freiwilligendienst am AW-ZIB ab September 2025: Einsatz als FSJ oder BFD
[nr] Auch am AW-ZIB kann in Kooperation mit der Diakonie Baden ein Freiwilligendienst absolviert werden. Ehemalige FSJ’ler:innen berichten über ihre Suche nach einer geeigneten Stelle, ihre Aufgaben am AW-ZIB und was den Mehrwert eines Freiwilligendienstes für sie darstellt.
Die primäre Aufgabe eines:r Freiwilligen am AW-ZIB ist es, die (angehenden) Bildungsfachkräfte zu unterstützen (zum Beispiel Assistenz beim Lesen und Schreiben von Texten sowie beim Erfassen von theoretischen Inhalten) und sie bei ihren Lehrveranstaltungen an Hochschulen in Baden-Württemberg zu begleiten. Wir bieten zwei abwechslungsreiche Stellen, die sowohl einen tiefen fachlichen Einblick als auch eine enge Anbindung an das multiprofessionelle Team bereithalten.
Neben der praktischen Arbeit erfolgt in Zusammenarbeit mit dem Diakonischen Werk eine Basisqualifizierung, die Fortbildungen und Seminare umfasst. Der Freiwilligendienst wird mit einem Taschengeld von monatlich 325 Euro vergütet. Dazu kommt ein Essenszuschuss in Höhe von 100 Euro und die Übernahme der Kosten für eine regionale Monatsfahrkarte für Auszubildende oder alternativ eine Fahrtkostenpauschale.
Und was sagen die Freiwilligen? Wir haben unsere ehemaligen FSJ´ler gefragt, wie sie ihren Freiwilligendienst am AW-ZIB erlebt haben:
Pascal Bürgy berichtet über seine Suche nach einer FSJ-Stelle und seinen Aufgaben am AW-ZIB:
„Bei der Suche nach einer Stelle für einen Freiwilligendienst ist mir das AW-ZIB gleich aufgefallen, weil es eine sehr außergewöhnliche Einrichtung ist, von der ich bis dahin noch nie etwas gehört hatte. Ich habe dann lange überlegt und musste etwas über meinen eigenen Schatten springen, weil ich zuvor noch nicht mit Menschen mit Behinderungen gearbeitet hatte und ein paar Berührungsängste hatte. Die waren aber schnell abgebaut, denn ich wurde von Anfang an sehr gut in das Team aufgenommen und konnte langsam in meine neuen Aufgaben hineinwachsen.
Dazu gehört es vor allem, die Bildungsfachkräfte bei ihrer Vorbereitung auf die verschiedenen Bildungsangebote zu unterstützen. Ich helfe ihnen zum Beispiel dabei, die Vorbereitung zeitlich zu planen, wichtige Inhalte zu wiederholen, Texte zu schreiben und anzupassen, Präsentationen zu erstellen und die Seminare gemeinsam zu üben. Außerdem unterstütze ich beim Schreiben von E-Mails oder bei kleineren technischen Problemen. Ab und zu darf ich dann auch bei den Bildungsangeboten dabei sein und die Bildungsfachkräfte an andere Hochschulen begleiten, an denen sie Seminare halten.“
Lea Antoni beschreibt ihr FSJ mit folgenden Worten:
„Das ganz Besondere am FSJ am AW-ZIB ist, wie viel man, wenn man das möchte, selbstständig machen darf und wie viel einem zugetraut wird. Das Allerwichtigste und Schönste ist aber natürlich die Arbeit mit den Bildungsfachkräften selbst und gemeinsam im Team, die einem einfach unglaublich viel gibt und einen wachsen lässt. Man bekommt einen großen Einblick in das ‚Hochschulleben‘ der PH Heidelberg und natürlich auch in die Lehre und Forschung. Das ist wirklich spannend!“
Maria Ritter fasst zusammen:
„Für mich ist es sinnvoll, ein FSJ zu machen, um einen Einblick in die Arbeitswelt zu bekommen und um Erfahrungen zu sammeln, die mich auf meinem zukünftigen Lebensweg weiterbringen. Durch die Unterstützung der Bildungsfachkräfte habe ich auch die Möglichkeit, viel Neues für mich zu lernen und erhalte tiefere fachliche Einblicke in alles rund um das Thema Inklusion und gemeinsames Lernen mit Menschen mit Behinderungen. Meine Erwartungen an dieses FSJ haben sich mehr als positiv bestätigt.“
Haben Sie Interesse an einem Freiwilligendienst bei uns? Oder kennen jemanden, für den diese Stelle interessant sein könnte? Dann schauen Sie gerne auf unserer Website vorbei und melden sich bei uns.

Auf Instagram durch die Woche mit Bildungsfachkraft Anna Neff
[nr, an] Das AW-ZIB ist auch auf Instagram und informiert Interessierte durch Stories, Posts oder auch Reels (kurze Videos) über Neuigkeiten und die Arbeit des Zentrums. Lehre, Forschung und Transfer, Infos zu spannenden Projekten oder Treffen sowie Porträts einzelner Kolleg:innen finden Sie auf unserem Social Media-Account.
So nimmt Sie beispielweise Anna Neff mit durch eine typische Woche und gibt Einblicke in einige ihrer Aufgaben als Bildungsfachkraft.
Neben der Arbeit im Forschungsplenum stehen bei Anna Neff die Bildungsangebote im Fokus. Sie berichtet in Veranstaltungen unter anderem darüber, welche Barrieren sie im Alltag erlebt. „Für mich ist zum Beispiel eine Barriere, wenn ich von einem Amt einen Brief in schwieriger Sprache bekomme. Ich berichte auch darüber, wo ich ausgeschlossen werden. Ich diskutiere mit den Studierenden darüber, dass jeder und jede dazu beitragen kann Barrieren abzubauen. Dabei ist es mir wichtig, mit den Studierenden auf Augenhöhe zu sprechen.“
Frau Neff führt fort: „Die Studierenden sollen von mir als Bildungsfachkraft für ihre spätere Arbeit mitnehmen, dass sie auf die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung eingehen und dass sie nicht über ihren Kopf hinweg entscheiden.“
Sie wollen Anna Neffs Video oder andere interessante Beiträge sehen? Dann schauen Sie gerne mal auf unserem Instagram-Account vorbei.

Barrieren und Barrierefreiheit – Workshop für Mitarbeitende des Wissenschaftsministeriums
[fk] Auch wenn die Kernaufgabe des AW-ZIB darin liegt, angehende Lehrer:innen für Fragen der inklusiven Bildung zu sensibilisieren – die fachliche Expertise und das Erfahrungswissen der Bildungsfachkräfte ist auch in anderen Kontexten bedeutsam. Zum Beispiel im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst (MWK). Dort führten die Bildungsfachkräfte Anna Neff und Thorsten Lihl auf Einladung von Ministerin Petra Olschowski im Herbst 2024 einen Workshop durch.
Die Idee dazu war entstanden, als die Ministerin im Herbst 2023 das AW-ZIB besucht hatte. Im Gespräch mit dem Team wurde deutlich, dass ein Bildungsangebot des AW-ZIB für die Mitarbeitenden des Wissenschaftsministeriums sehr interessant wäre. Als Thema des Workshops, an dem Mitarbeitende aus allen Referaten des MWK teilgenommen haben, wurde die Auseinandersetzung mit Barrieren und Barrierefreiheit ausgewählt.
Nachdem Ministerin Olschowski begrüßt hatte, waren zunächst die Teilnehmenden selbst gefragt, ihre eigenen Erfahrungen mit Barrieren in ihrem beruflichen und privaten Alltag zu reflektieren. Anschließend referierten Anna Neff und Thorsten Lihl rechtliche Rahmenbedingungen zum Thema Barrierefreiheit und berichteten davon, welchen Hindernissen sie als Menschen mit Beeinträchtigungen begegnen. Gemeinsam erarbeiteten die Teilnehmenden schließlich, welche Barrieren bestehen, wie sich diese kategorisieren lassen und welche unterschiedlichen Maßnahmen es braucht, um z.B. bauliche, soziale und digitale Barrieren zu überwinden.
Dabei bestand auch die Gelegenheit für die MWK-Mitarbeitenden, Fragen an die Bildungsfachkräfte zu richten und so nicht nur einen neuen Blick auf das Thema Barrierefreiheit zu erhalten, sondern auch ihre Perspektive auf Behinderung und ihr Bild von Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen neu zu justieren. Immer wieder thematisiert wurde die Frage nach dem richtigen Umgang zwischen Menschen mit und ohne Behinderung: Was wird als erwünschte Assistenz erlebt – was als paternalistische Übergriffigkeit, die die Autonomie der betroffenen Person durchbricht? Und wie lässt sich diese Grenze in konkreten Situationen benennen und erkennen?
Insgesamt wurde der Workshop als sehr bereichernd erlebt – das zeigten nicht nur die Rückmeldungen, die die Teilnehmenden im Anschluss gegeben haben. Sondern vor allem die vielen Anschlussgespräche über die angestoßenen Themen und Fragestellungen, die auch nach dem offiziellen Ende noch im ganzen Raum geführt wurden.

Rückblick auf das 5. Qualifizierungssemester
Louisa Kabbe: „Das 5. Semester war spannend. Wir hatten verschiedene Lerneinheiten, zum Beispiel ‚Emotionen‘ und ‚Arbeit‘. Bei der Lerneinheit ‚Emotionen‘ haben wir über Wut und Traurigkeit gesprochen. Wir haben uns überlegt, wie wir mit unserer Wut und Traurigkeit bei der Arbeit umgehen. Also, was kann ich tun, wenn ich wütend bin oder mich traurig fühle. Wenn ich mich traurig fühle, spreche ich mit jemandem drüber. Dann wird die Traurigkeit weniger. Wenn ich eine Wut habe, verlasse ich den Raum, so lange, bis die Wut weg ist.
Bei der Lerneinheit zum Thema ‚Arbeit‘ haben wir uns damit beschäftigt, was Arbeit bedeutet. Wir haben darüber gesprochen, welchen Traumberuf wir haben. In der Lerneinheit ‚Lernstrategien‘ haben wir überlegt, wie wir gut lernen können und was wir dafür brauchen. Wenn ich meinen Text für die Bildungsangebote lerne, spreche ich mir den Text aufs Handy und höre ihn mir oft an. Das Hören ergänzt für mich das Lesen der Texte. Weil das Lesen für meine Augen ziemlich anstrengend ist.“
Susann Bensch ergänzt: „Ich fand das 5. Semester herausfordernd, weil die Vorbereitung auf einen Workshop, den wir durchführen wollten, viele Absprachen brauchte. Auch immer pünktlich zu kommen, war für mich herausfordernd. Die Lerneinheit Arbeit fand ich cool. Ich habe meine Familie interviewt. Ich habe erfahren, was meine Schwester studiert hat, welche Ausbildungen meine Eltern gemacht haben und was mein Bruder nach der Schule machen will.“
Die Qualifizierungsteilnehmerinnen kommen jetzt in das letzte Semester. Worauf freuen sie sich, wenn sie die Qualifizierung geschafft haben?
Louisa Kabbe: „Wir sind dann endlich fertige Bildungsfachkräfte. Ich kann mich dann für Menschen mit Behinderungen einsetzen, damit sie nicht in Schubladen gesteckt werden. Ich kann Vorurteile nicht leiden. Als Bildungsfachkraft kann ich sagen, dass Menschen mit Behinderung genauso wichtig sind wie Menschen ohne Behinderungen. Menschen mit Behinderungen haben auch die gleichen Rechte, das steht im Grundgesetz und in der UN-Behindertenrechtskonvention. Ich möchte mich auch für Inklusion einsetzen.“ Susann Bensch ergänzt: „Ich freue mich auch darauf, dann mehr Geld zu verdienen.“
Nächster Qualifizierungsdurchgang startet im Wintersemester 2025/26
Die neue Qualifizierung ist nicht nur Ausdruck des nachhaltigen Erfolgs des AW-ZIB - sie ist auch notwendig, um das Team der Bildungsfachkräfte zu erweitern. Die Nachfrage nach inklusiven Bildungsangeboten, insbesondere aus dem Hochschulbereich und von zivilgesellschaftlichen Organisationen, wächst kontinuierlich. Um dieser Entwicklung gerecht zu werden, braucht es weitere qualifizierte Bildungsfachkräfte, die das bestehende Team verstärken.
Drei Jahre Lernen, Wirken und Wachsen
Die Qualifizierung zur Bildungsfachkraft dauert drei Jahre. Die Teilnehmenden kommen an fünf Tagen pro Woche in das AW-ZIB und bleiben währenddessen aber in ihrer Werkstatt angestellt – der Werkstattlohn bleibt erhalten. Die Qualifizierung umfasst unter anderem Kommunikation und Präsentation, Reflexion der eigenen Lebensgeschichte, inklusionspädagogische Grundlagen und Teamarbeit.
Besonders angesprochen sind Menschen, die als kognitiv beeinträchtigt gelten, die sich für inklusive Bildungsarbeit interessieren und Lust haben, ihre Perspektiven aktiv in den Hochschulbereich einzubringen. Die Teilnehmenden werden individuell begleitet und erhalten Unterstützung durch ein multiprofessionelles Team am AW-ZIB.
Jetzt bewerben!
Voraussetzung für eine Bewerbung ist in der Regel die Tätigkeit in einer WfbM. Besonders ermutigt werden Frauen, sich zu bewerben. Interessierte senden einen ausgefüllten Bewerbungsbogen sowie ein kurzes Motivationsvideo (max. 3 Minuten), in dem sie ihre Beweggründe schildern, an das AW-ZIB.
Die Unterlagen können per E-Mail an aw-zib@ph-heidelberg.de oder postalisch eingereicht werden. Sie müssen spätestens am 30. Mai 2025 im AW-ZIB vorliegen.
Bei Fragen wenden Sie sich gerne an:
Cordula Weiner – aw-zib@ph-heidelberg.de | Tel. 06221-477-6180
Sarah Maier – sarah.maier@ph-heidelberg.de | Tel. 06221-477-6189
Weitere Informationen zur Qualifizierung, auch die Ausschreibung in einfacher Sprache, finden Sie auf unserer Website.
Carl Hoffmann unterstützt als FSJ‘ler die Qualifizierung
[nr] Nach seinem Schulabschluss entschied sich Carl Hoffmann für ein Freiwilliges Soziales Jahr, das er nun am AW-ZIB absolviert. Seit Oktober 2024 unterstützt der 18-Jährige die beiden angehenden Bildungsfachkräfte Louisa Kabbe und Susann Bensch in der Qualifizierung.
„Ich finde es hier recht schön, weil das Team so gut miteinander arbeitet und keiner ausgeschlossen wird. Ich hoffe auf eine gute Zusammenarbeit für das restliche Jahr.“
Carl Hoffmanns Freiwilligendienst endet im August 2025. Ab September sind zwei Stellen zu vergeben, entweder im Rahmen eines Freiwilliges Soziales Jahres (FSJ) oder im Bundesfreiwilligendienst (BFD).
Weitere Informationen finden Sie auf unserer Website oder in dem Bericht in diesem Newsletter, in dem ehemalige Freiwillige über ihre Arbeit am AW-ZIB berichten.

Erfolgreicher Abschluss der ersten Promotion am AW-ZIB
[nr] Für die Forschung ist am AW-ZIB für sechs Jahre eine Nachwuchsforschungsgruppe eingerichtet worden. Diese Gruppe besteht aus einer Juniorprofessur und aus insgesamt vier Doktorand:innen – zwei mal zwei abgeordneten Lehrkräfte.
Dr. Christina Mechler und David Dörrer waren von August 2020 bis Ende Januar 2024 an das AW-ZIB abgeordnet. Anschließend sind sie in den Schuldienst zurückgekehrt.
Ende November hat Dr. Christina Mechler ihre Dissertation mit dem Titel: "Inklusive Bildungsangebote im Lehramtsstudium. Eine Mixed-Methods-Studie zu den Wirkungen der Lehre von Bildungsfachkräften auf Lehramtsstudierende" erfolgreich verteidigt. Dies ist die erste abgeschlossene Promotion am AW-ZIB, weitere werden folgen.
Weitere Informationen zur Forschung und Promotion von Dr. Christina Mechler finden Sie auf unserer Website.
Von der Grundschule zurück an die Pädagogische Hochschule
[kl] Nach Jahren in der inklusiven Schulpraxis führte die Promotionsstelle Kathrin Ludwig zurück an ihre frühere Ausbildungsstätte. Seit gut einem Jahr ist sie nun bereits am AW-ZIB tätig. Neben Lehre, Forschungsplenum und Nachwuchsforschungsgruppe steht das Promotionsvorhaben im Mittelpunkt ihrer Arbeit.
Im Folgenden gibt Kathrin Ludwig einen Einblick in ihr abwechslungsreiches erstes Arbeitsjahr als Doktorandin am AW-ZIB.
Das Ankommen am AW-ZIB
Zusammen mit Stephanie Schleer, ebenfalls Doktorandin am AW-ZIB, startete ich am 1. Februar 2024 in meinen ersten Arbeitstag an der PH Heidelberg, die ich persönlich bis dahin nur aus der Rolle als Studentin kannte. Wir wurden von unseren neuen Kolleg:innen herzlich willkommen geheißen. Nachdem ich meine wichtigsten Arbeitsutensilien - Schlüssel, Laptop und Bibliotheksausweis - beisammenhatte, folgten die üblichen Einarbeitungsprozesse, wie das Einrichten meines Arbeitsplatzes. Da sich mein neuer Arbeitsalltag komplett von einem bisherigen Schulalltag unterscheidet, musste ich mich erst an das lange Arbeiten am Schreibtisch gewöhnen - also Sitzfleisch entwickeln - und meine Augen an die Bildschirmarbeit anpassen. Doch das ging zum Glück schneller als gedacht.
Über das Einarbeiten in das Forschungsfeld
In den ersten Monaten stand eine umfassende Einarbeitung in mein Forschungsfeld an. Dazu gehörte die thematische Auseinandersetzung durch Literaturrecherchen, z.B. zu Bildungsfachkräften sowie bisherigen Studien zu deren Einbezug in die Hochschullehre.
Ein weiterer wichtiger Schwerpunkt des Forschungsfeldes sind Interaktionstheorien. Darüber hinaus setzte ich mich auch mit qualitativen Auswertungsmethoden auseinander. Regelmäßige Treffen mit meiner Doktormutter Karin Terfloth halfen mir dabei, ein theoretisches Gerüst für mein Forschungsvorhaben aufzubauen und die Forschungsfragen zu schärfen.
Ein besonders wichtiger Teil meiner Einarbeitung stellte auch das Kennenlernen der Abläufe im AW-ZIB dar, insbesondere die routinierten Abläufe der Bildungsangebote, von der Koordination bis zur abschließenden Reflexion. Aus diesem Grund begleitete ich im Sommersemester 2024 mehrere Bildungsangebote der Bildungsfachkräfte und nahm an Vorgesprächen, Vorbereitungen, Durchführungen sowie Reflexionsgesprächen teil. Dadurch erhielt ich wertvolle Einblicke in die Dynamik, die im Austausch zwischen Bildungsfachkräften und Studierenden entstehen kann.
Als Vorbereitung für das Wintersemester 2024/2025 plante ich eine kleine Lerneinheit für die Bildungsfachkräfte, bei der wir uns intensiv mit dem Thema Interaktion auseinandersetzten. Besonders spannend war für mich das Verfassen und Vortragen eines eigenen persönlichen Erfahrungsberichts – ähnlich, wie es die Bildungsfachkräfte auch in ihren Bildungsangeboten tun. Dadurch wurde mir die Herausforderung und Tragweite dieser Tätigkeit noch bewusster.
Vorbereitungen der Datenerhebung
Im Wintersemester führte ich dann eine Vorstudie durch, bei der vor allem die technische Erprobung sowie die Klärung über Formalia wie Codierlisten, Einverständniserklärungen etc. im Vordergrund stand. Mit Unterstützung des Medienzentrums der PH Heidelberg organisierte ich Kameras, Stative und Audioaufnahmegeräte. Während der Vorstudie halfen mir viele fleißige Hände, die Technik richtig zu platzieren, Aufkleber zu verteilen, Listen auszuteilen etc. – hier noch einmal ein herzliches Dankeschön an alle Beteiligten und an die Teilnehmenden!
Gegen Ende des Jahres lag ein weiterer Meilenstein vor mir: das Exposé. Es beschreibt mein Promotionsvorhaben, enthält die theoretischen Überlegungen, die Ableitung meiner Forschungsfragen, die methodische Umsetzung, einen Zeitplan sowie Literaturangaben. Im Januar 2025 habe ich mein fertiges Exposé eingereicht – und bin nun offiziell Doktorandin an der PH Heidelberg!
Weitere Aufgaben am AW-ZIB
Neben meinem Promotionsvorhaben bin ich in der Lehre, dem Forschungsplenum und in der Nachwuchsforschungsgruppe tätig.
Die Lehre findet in Kooperation mit dem Fachbereich Mathematik statt, die ich von meiner Vorgängerin Christina Mechler übernehmen konnte. Hier profitiere ich sehr von meiner Berufserfahrung und gehe gerne in den Austausch mit den Studierenden. Im Forschungsplenum stand letztes Jahr die Veröffentlichung des E-books „Zusammenarbeit in inklusiven Teams“ im Vordergrund. Als inklusives Team bringen wir auch ein Bildungsangebot zur Partizipativen Forschung aus. Aktuell entwickeln wir ein weiteres Bildungsangebot zum Thema: „Partizipative Evaluation“. In der Nachwuchsforschungsgruppe, gemeinsam mit Stephanie Schleer und Florian Schindler, treffen wir uns wöchentlich und entwickeln derzeit einen Fragebogen für Bildungsfachkräfte an Hochschulen in Deutschland.
Ausblick
Im Sommersemester 2025 steht nun meine Datenerhebung an. Geplant ist die audiovisuelle Aufzeichnung von drei Bildungsangeboten der Bildungsfachkräfte. Jetzt bleibt nur zu hoffen, dass die Studierenden und die Bildungsfachkräfte aktiv mitmachen, spannende Interaktionen entstehen und vor allen Dingen die Technik reibungslos funktioniert – ich werde berichten.
Weitere Informationen zur Forschung finden Sie auf unserer Website.
Bildungsfachkräfte im Fokus: Einblick in das Promotionsvorhaben von Stephanie Schleer
[ss] Bildungsfachkräfte, Menschen mit Behinderungen, die eine dreijährige Qualifizierung absolviert haben, bringen ihre Erfahrungen in die Hochschullehre ein und leisten Pionierarbeit für mehr Inklusion an Hochschulen. Doch was macht diese Arbeit mit ihnen selbst? Stephanie Schleer geht dieser Frage in ihrem Promotionsvorhaben nach und möchte dazu beitragen, Wohlbefinden und Empowerment der Bildungsfachkräfte weiter zu stärken.
Stephanie Schleer gibt im Folgenden Einblicke in ihre bisherigen Erfahrungen und teilt erste spannende Erkenntnisse sowie ihre nächsten Schritte.
Erste Infos zu meiner Forschungsarbeit
Seit einem Jahr erforsche ich am AW-ZIB die Auswirkungen der Qualifizierung zur und der Arbeit als Bildungsfachkraft auf die Bildungsfachkräfte selbst. In der dreijährigen Qualifizierung haben sie gelernt, kompetent über ihre Erfahrungen zu berichten, Bildungsangebote, Workshops und Tagungsbeiträge in einem inklusiven Team zu gestalten und mit den Studierenden und anderen Teilnehmer:innen in den Austausch zu gehen. Dadurch leisten die Bildungsfachkräfte einen wichtigen Beitrag, das Thema „Inklusion an der Hochschule“ in die Gesellschaft zu tragen.
Warum ist das wichtig?
Bisherige Forschung zeigt, dass diese Bildungsarbeit Studierende sensibilisiert. Doch wie wirkt sich die Tätigkeit auf die Bildungsfachkräfte selbst aus? Fördert sie ihr Wohlbefinden und Empowerment? Haben die Bildungsfachkräfte das Gefühl, dass Inklusion und Partizipation hier an der Hochschule funktioniert? Stellt die Arbeit als Bildungsfachkraft sie vor besondere Herausforderungen? Was hat sich für die Bildungsfachkräfte durch die Qualifizierung und ihre Arbeit an der Hochschule verändert und woran kann das liegen? Auf all diese Fragen versuche ich Antworten zu finden. Das mache ich mithilfe leitfadengestützter Interviews mit den Beteiligten selbst. Denn nur sie können mir zu diesen Themen Auskunft geben.
Wer ist bei dem Forschungsprojekt alles dabei?
Natürlich habe ich zuerst die fünf Bildungsfachkräfte sowie die beiden angehenden Bildungsfachkräfte aus dem AW-ZIB gefragt, ob sie bereit wären, bei meiner Forschungsarbeit mitzumachen. Alle sieben stimmten zu! Um auch Erkenntnisse über mögliche Veränderungen im Laufe der Qualifizierung und Professionalisierung der Bildungsfachkräfte zu gewinnen, habe ich auch bei „Access – Inklusion im Arbeitsleben“ in Erlangen angefragt. Hier haben sechs Menschen mit einer kognitiven Beeinträchtigung im April 2024 ihre Qualifizierung in Kooperation mit der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg begonnen. Sie stehen also noch ganz am Anfang ihrer Ausbildung. Auch die sechs angehenden Bildungsfachkräfte aus Erlangen machen bei meiner Forschungsarbeit mit, so dass ich (angehende) Bildungsfachkräfte in den verschiedenen Phasen ihrer Qualifizierung und Professionalisierung befragen kann. Ich bin gespannt, ob sich Unterschiede in den Wirkungen und dem Veränderungserleben zeigen werden.
Erste Eindrücke und nächste Schritte
Ich habe bereits erste Interviews mit den angehenden Bildungsfachkräften in Erlangen geführt und durfte vor Ort auch einen Einblick in ihre Qualifizierung nehmen. Es war spannend zu sehen, wie die sechs Qualifizierungsteilnehmer:innen gemeinsam mit ihren Qualifizierungstrainer:innen arbeiten. Für mich war es eine tolle Erfahrung, dass ich gleich in die Gruppe integriert wurde und mitgestalten und mitdiskutieren durfte. Auch mit den (angehenden) Bildungsfachkräften aus Heidelberg konnte ich interessante Gespräche führen. Spannend war für mich, dass es, obwohl wir bereits an verschiedenen Stellen zusammengearbeitet haben, viele neue Aspekte gab, die mir die Bildungsfachkräfte berichtet haben.
Jetzt steht die Auswertung der Interviews mit der qualitativen Inhaltsanalyse an. Dazu müssen zunächst alle Interviews transkribiert sowie kategorisiert werden. Dafür schaue ich, welche Aussage zu einem bestimmten Thema, zum Beispiel Wohlbefinden oder Empowerment, passt. Ziel ist es, Erkenntnisse zu gewinnen, die zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen und des Wohlbefindens der Bildungsfachkräfte beitragen können.
Ich freue mich schon darauf, in einem nächsten Newsletter von ersten Ergebnissen meiner Forschungsarbeit zu berichten.
Weitere Informationen zur Forschung finden Sie auf unserer Website.

Fachtag Gebärdensprachdolmetschen im schulischen Kontext
Am 6. Dezember 2024 fand an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg der Fachtag „Gebärdensprachdolmetschen im schulischen Kontext“ statt. Ziel des mit rund 130 Teilnehmenden sehr gut besuchten Fachtags war, die Herausforderungen und Chancen des Einsatzes von Gebärdensprachdolmetscher:innen (GSD) im Schulunterricht zu diskutieren und praxisorientierte Lösungen zu entwickeln. Im Rahmen der Veranstaltung hielt Prof. Dr. Uta Benner ihre Antrittsvorlesung zum Thema „GSD Macht Schule“.
Organisiert wurde die Veranstaltung durch die Abteilungen Gebärdensprachdolmetschen sowie Hören & Kommunikation mit Unterstützung des Landesarbeitskreises des Berufsverbands Deutscher Hörgeschädigtenpädagogen (BDH) Hessen sowie der Stiftung Pro Kommunikation in Baden-Württemberg.
Auf die Eröffnung durch die Organisator:innen Markus Fertig, Prof. Dr. Uta Benner und Prof. Dr. Johannes Hennies folgten Grußworte von Ralph Raule (Präsident des Deutschen Gehörlosenbundes e.V.), Christiane Stöppler (Bundesvorsitzende des Berufs- und Fachverbands Hören und Kommunikation) und Ulla Klinkhart (Berufsfachverband der GebärdensprachdolmetscherInnen Baden-Württemberg e.V.). Sie betonten die Relevanz der Diskussion über den Zugang zu Bildung für taube Schüler:innen mittels GSD. Dies betreffe nicht nur die Zugänglichkeit von Bildungsinhalten, sondern auch die soziale Teilhabe und den Austausch mit Gleichaltrigen – ein Aspekt, der an Regelschulen für taube Schüler:innen oft schwer umzusetzen ist. Im Laufe des Fachtags wurden die verschiedenen Perspektiven der Akteur:innen im Bildungsprozess beleuchtet, angefangen bei den GSD über die Lehrkräfte bis hin zu den Eltern und den Schüler:innen selbst. Diese Interessensgruppen fanden sich sowohl auf dem Podium als auch unter den Gästen wieder.
Antrittsvorlesung von Prof. Dr. Uta Benner: „GSD Macht Schule“
Ein Höhepunkt des Fachtages war die Antrittsvorlesung „GSD Macht Schule“ von Prof. Dr. Uta Benner. In ihrer gemäß dem Titel dreiteiligen Präsentation beleuchtete sie die vielschichtigen Herausforderungen und die Machtaspekte des Gebärdensprachdolmetschens im schulischen Kontext. Dabei machte sie gleich zu Beginn auf einen wichtigen Aspekt des Dolmetschens aufmerksam: den inhärenten Nachteil für Anspruchnehmer:innen eines Dolmetschprozesses. Sie wechselte mitten im Vortrag von Deutscher Gebärdensprache (DGS) zur Deutschen Lautsprache und erläuterte, dass dieser Wechsel immer einen kleinen Nachteil für die jeweilige Zielgruppe der Verdolmetschung mit sich bringe – sei es die Gruppe, die in DGS rezipiert, oder die Gruppe, die in Lautsprache teilnimmt.
Was bedeutet es, Gebärdensprachdolmetscher:in zu sein? Prof. Benner stellte humorvoll verschiedene Interpretationen des KI-Tools ChatGPT zum Akronym GSD zur Diskussion, wie „Getting Stuff Done“, „Großes Sächsisches Wörterbuch“ und „German Shepherd Dog“ und öffnete so die Frage nach der Selbstbezeichnung eines Berufsstandes, eines Fachbereichs, und dem zugrundeliegenden Selbstverständnis, das sich im Wandel befindet. Prof. Benner sprach über die großen Herausforderungen, die das Simultandolmetschen an GSD stellt: Äquivalenz, Zielgruppenangemessenheit, Zeitverzögerungen sowie die Anpassung von Sprache und Sprachmodalität. Das Dolmetschen im schulischen Kontext sei von zusätzlichen Anforderungen geprägt, wie der sozialen Teilhabe von tauben Schüler:innen, gerade in Situationen außerhalb des Klassenzimmers, oder unscharfen Aufgaben- und Rollenvorstellungen von GSD in diesem Setting.
Im zweiten Teil ihrer Vorlesung widmete sich Prof. Benner dem Thema „Macht“. Sie erklärte, dass Dolmetschende gegenüber tauben Anspruchnehmer:innen über mehr Macht verfügten, obwohl ihre Tätigkeit in der Sicherung kommunikativer Teilhabe bestehe: „GSD sind für taube Menschen sowohl autonomieförderlich als auch abhängigkeitsstiftend“, so Benner. Dieses Spannungsfeld zwischen Autonomie und Abhängigkeit sei ein zentrales Thema im Berufsfeld der GSD. Sie führte weiter aus, dass die Beziehung zwischen Dolmetschenden und tauben Menschen eine wechselseitige Abhängigkeitsbeziehung darstelle. Dabei gehe es darum, diese Abhängigkeiten nicht kleinzureden, sondern verantwortungsbewusst und reflektiert mit den Machtverhältnissen umzugehen.
Abschließend diskutierte Prof. Benner die Herausforderungen des Dolmetschens im schulischen Kontext. Sie betonte, dass nicht jedes Problem dadurch gelöst werden könne, dass „die Dolmetschenden besser werden“. Es gebe zwar durchaus Bedarf an Weiterentwicklung und Ausbildung, doch genauso wichtig seien strukturelle Veränderungen in der Versorgungssituation für taube Schüler:innen. „Kommunikation ist der Schlüssel“, zitierte sie ihren Kollegen Markus Fertig und forderte einen kontinuierlichen Austausch und eine Vereinbarung von Rollen und Verantwortlichkeiten zwischen GSD, Lehrkräften und Schüler:innen.
Interaktive Interviewrunden und Impulsvorträge
Nach der Antrittsvorlesung fanden drei Interviewrunden statt, die verschiedene Perspektiven aus der Praxis beleuchteten. Das erste Interview widmete sich der Perspektive von Eltern und Schüler:innen. Besonders beeindruckend war die Offenheit der Schüler:innen, die ihre Erfahrungen und Herausforderungen in der Schule teilten. Die Eltern berichteten von großen Hürden bei der Beantragung und langfristigen Sicherstellung der Kostenübernahme von GSD in der Schule. Im zweiten Interview wurde die Perspektive der Dolmetscher:innen thematisiert, gefolgt von der dritten Runde, in der Lehrer:innen zu Wort kamen. Diese Gespräche gaben wertvolle Einblicke in die praktischen Herausforderungen und die Bedürfnisse der verschiedenen Akteur:innen im schulischen Alltag.
Der Nachmittag wurde mit zwei Impulsvorträgen eingeläutet. Dr. Vera Kolbe, Geschäftsführerin des Instituts für Sonderpädagogik an der PH Freiburg, stellte in ihrem Vortrag „Interpreter mediated deaf education in primary schools – Inklusionserleben und Partizipation?“ das Erasmus+-Forschungsprojekt IDE vor, das sich mit den Herausforderungen der Inklusion und Partizipation von tauben Schüler:innen an Grundschulen beschäftigt. Sie betonte die Notwendigkeit einer besseren Vorbereitung von GSD und Lehrkräften auf die Bedarfe tauber Schüler:innen im Unterricht und berichtete von der Entwicklung geeigneter Lehr- und Lernmaterialien, um die visuelle Zugänglichkeit zu verbessern und soziale Partizipation zu fördern. Kolbe identifizierte zudem verschiedene Herausforderungen wie die fehlende direkte Kommunikation zwischen Lehrkräften und tauben Schüler:innen. Sie sprach sich für „Gruppeninklusion“ aus, bei der nicht ein einzelnes Kind, sondern mehrere taube Schüler:innen in einer Klasse gemeinsam an Regelschulen unterrichtet werden.
Juliane Rode beschäftigte sich in ihrem Vortrag mit den Herausforderungen und Handlungsstrategien von GSD im Schulalltag. Sie erläuterte, wie Dolmetscher:innen den Dolmetschprozess an die spezifischen Anforderungen des Unterrichts anpassen müssen, um den Schüler:innen einen effektiven Zugang zu den Unterrichtsinhalten zu ermöglichen, ohne die sozialen und interaktiven Barrieren zu verstärken. Rode stellte erste Ergebnisse ihrer Dissertation vor, in der sie mithilfe von Konversationsanalyse und detaillierten Sequenzanalysen von Videodaten die sprachlich-kommunikativen Praktiken von GSD im Schulsetting untersucht.
Plenumsdiskussion und Arbeitsgruppen
Nach einer Kaffeepause wurden die in der Mentimeter-Abfrage gesammelten Fragen im Plenum diskutiert, etwa zu Themen wie die Grenzen inklusiver Beschulung oder den Umgang mit unterschiedlichen Sprachlevels von Schüler:innen mit Hörbehinderung. Im Anschluss vertieften die Teilnehmenden die folgenden Themen in fünf interdisziplinären Arbeitsgruppen: Organisation, pädagogische und didaktische Fragestellungen, Herausforderungen im Dolmetschprozess sowie Dolmetschen an sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren.
Nach den Berichten aus den Arbeitsgruppen endete der Fachtag mit einer Zusammenfassung mittels eines Graphic Recordings durch Sven Bleckmann. Markus Fertig schloss den Fachtag mit einer Feedbackrunde und bedankte sich bei den Beteiligten, insbesondere auch bei der Fachschaft für das Engagement. Insgesamt wurde der Fachtag mit 130 Teilnehmer:innen als voller Erfolg gewertet. Es war ein wichtiger Schritt, verschiedene Interessensgruppen zusammenzubringen und gemeinsam zu diskutieren. Dennoch blieb stellenweise nicht genug Zeit für einen umfassenden Austausch, weshalb bereits Folgeveranstaltungen zu diesem Thema geplant sind.
Text: Anika Loidl-Wunder

Andere machen auch spannende Sachen - Wir zeigen Ihnen ausgewählte Beispiele
Der Autismusverlag, ein inklusiver Verein aus der Schweiz, der Bücher, Unterrichtsmaterialien, Hilfsmittel und mehr für den Themenbereich Autismus und Unterstützte Kommunikation über seinen Online-Shop an Betroffene, Angehörige und Fachpersonen im gesamten deutschsprachigen Raum liefert, hat in Zusammenarbeit mit ‚win - wortlos integriert‘ eine inklusive Spielplatztafel entwickelt. Als Kommunikationstafel mit 66 zum Spielplatz passenden METACOM Symbolen ermöglicht sie auch Kindern mit eingeschränkter Lautsprache oder nur geringen Deutschkenntnissen, ins Gespräch zu kommen, Wünsche auszudrücken, Ereignisse zu kommentieren und Fragen zu stellen.
Das Projekt will das Recht auf Kommunikation, Selbstbestimmung und Partizipation fördern und gleichzeitig Inklusion sowie Barrierefreiheit auf Spielplätzen und Schulhöfen stärken. Bereits über 500 Kommunikationstafeln stehen auf öffentlichen Spielplätzen und Pausenhöfen von Schulen in Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Wir hoffen, dass der Newsletter Ihnen gefallen hat.
Unterstützen Sie uns, (noch) besser zu werden - wir freuen uns über eine Rückmeldung.
Haben Sie Themenwünsche? Oder möchten Sie auf einen spannenden Beitrag hinweisen?
Dann schreiben Sie uns gerne per aw-zib☞ Bitte fügen Sie an dieser Stelle ein @ ein ☜ph-heidelberg☞ Bitte fügen Sie an dieser Stelle einen Punkt ein ☜de
Sie wollen den AW-ZIB Newsletter in Ihr E-Mail-Postfach erhalten? Schreiben Sie uns dazu eine aw-zib☞ Bitte fügen Sie an dieser Stelle ein @ ein ☜ph-heidelberg☞ Bitte fügen Sie an dieser Stelle einen Punkt ein ☜de mit dem Betreff "subscribe".
Weitere Informationen dazu finden Sie unter "Datenverarbeitung".