Newsletter-Ausgabe Okober 2024
Liebe Leser:innen,
mit unserem Newsletter möchten wir Sie über die vielfältige Arbeit am Annelie-Wellensiek-Zentrum für Inklusive Bildung (AW-ZIB) informieren.
Wir werfen einen Blick zurück auf die Highlights und Neuigkeiten der vergangenen Monate:
Wen konnten wir im letzten halben Jahr im Team willkommen heißen? Welche Neuigkeiten gibt es aus dem partizipativen Forschungsplenum? Und welche Erfahrungen machten die Qualifizierungsteilnehmerinnen Susann Bensch und Louisa Kabbe bei ihren ersten Bildungsangeboten?
Wir blicken zurück auf das Projekt VieleDa (Vielfalt leben - Diskriminierung abbauen) und zeigen auf, wie die gewonnenen Erkenntnisse in eine Diversitätsstrategie einfließen sollen.
Die Professorinnen Marion Baldus und Kerstin Merz-Atalik, die seit mehreren Jahren Bildungsangebote der Bildungsfachkräfte in ihre Lehrveranstaltungen einbinden, berichten über Lernprozesse durch Begegnungen. Und Professorin Karin Terfloth und Bildungsfachkraft Hartmut Kabelitz reflektieren, was Partizipation für sie bedeutet und was es braucht, damit sie gut gelingt.
Dazu gibt es weitere Neuigkeiten aus dem AW-ZIB und der Hochschule. Wir berichten auch über spannende externe Initiativen.
Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen
die Newsletter-Redaktion des AW-ZIB
Florian Kollmann übernimmt AW-ZIB-Geschäftsführung
[velo, nr] Florian Kollmann ist seit dem 15. April 2024 der neue Geschäftsführer des AW-ZIB. In dieser Funktion ist er Teil des Leitungsteams, zu dem auch die Professorinnen Dr. Vera Heyl und Dr. Karin Terfloth gehören. Die Arbeitsschwerpunkte des neuen Geschäftsführers liegen in der Koordination der Prozesse innerhalb des Zentrums sowie in der wirtschaftlichen Budgetverwaltung. Ein weiteres Augenmerk seiner Stelle ist die Öffentlichkeitsarbeit.
Mit Florian Kollmann konnte ein erfahrener Netzwerker für das AW-ZIB gewonnen werden, der die Pädagogische Hochschule Heidelberg sowohl aus der Innen- als auch der Außensicht bestens kennt: So war der studierte Politikwissenschaftler zum Beispiel von 2012 bis 2014 als Referent der Hochschulleitung tätig. Später koordinierte er das Projekt „Vielfalt als Chance“, in dessen Rahmen ein Studienprogramm entwickelt wurde, das Berufstätige im gewinnbringenden Umgang mit Diversität schult. In dieser Funktion hat Kollmann unter anderem mit der Akademie für wissenschaftliche Weiterbildung zusammengearbeitet, die eng mit der Pädagogischen Hochschule Heidelberg assoziiert ist. Dort ist er bis heute als 2. Vorsitzender sowie als freiberuflicher Trainer und Berater aktiv. Mit der Gestaltung von Bildungsprozessen ist Kollmann insbesondere durch seine mehrjährige Arbeit als parlamentarischer Berater für Hochschulpolitik der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen im Landtag von Baden-Württemberg sowie als Fachreferent des Bildungsausschusses vertraut.
Das Annelie-Wellensiek-Zentrum für Inklusive Bildung kennt Florian Kollmann insbesondere durch seine langjährige Tätigkeit als Leiter des Abgeordnetenbüros von Theresia Bauer MdL, die als Wissenschaftsministerin die Gründung sowie den Aufbau des Zentrums gefördert hatte. „Mit den Bildungsfachkräften des AW-ZIB bin ich bereits während ihrer dreijährigen Vollzeitqualifizierung in Kontakt gekommen und es hat mich sehr gefreut, dass die Pädagogische Hochschule Heidelberg sie 2020 unbefristet angestellt hat. Seitdem ist das Zentrum zu einem Leuchtturm der Inklusion geworden“, freut sich Florian Kollmann. „Mit dem interdisziplinären und vielfältigen Team des AW-ZIB verbindet mich die Überzeugung, dass jeder Mensch anders ist, und dass genau diese Diversität – wie sie an der PH Heidelberg aktiv gelebt wird – ein großer Gewinn für alle ist. Ich bin außerdem wie die Namensgeberin, die verstorbene Rektorin Professorin Dr. Annelie Wellensiek, mit der meine Familie eng verbunden war, der folgenden Überzeugung: Bildung bedeutet, sich nicht voneinander abzugrenzen, sondern durch die Verschiedenheit voneinander zu lernen und gemeinsam Antworten zu finden. Ich freue mich sehr darauf, als Geschäftsführer des AW-ZIB meinen Beitrag dazu zu leisten, dass dies weiterhin so gut gelingt!“
Dr. Florian Schindler zum Juniorprofessor für Inklusive Bildung ernannt
[red] Die Pädagogische Hochschule Heidelberg hat Dr. Florian Schindler im September 2024 zum Juniorprofessor für Inklusive Bildung ernannt. Die ersten 6 Jahre ist er dem AW-ZIB zugeordnet, dann wird die Stelle – nach positiver Evaluation – zur Brückenprofessur, die dem AW-ZIB, dem Institut für Erziehungswissenschaften und dem Institut für Sonderpädagogik zugewiesen ist. Neben seiner Forschung wird Schindler in den lehramtsbezogenen Studiengängen der Hochschule lehren; als Juniorprofessor hat er zudem die Leitung der Nachwuchsgruppe des AW-ZIB inne.
Dr. Florian Schindler ist ein äußerst engagierter Wissenschaftler aus der Praxis: Im Anschluss an sein erstes und zweites Staatsexamen hat er seine wissenschaftliche Laufbahn parallel zur Tätigkeit als Sonderpädagoge in inklusiven Settings und Gesamtschulrektor verfolgt. Das Portfolio seiner Schwerpunktthemen überzeugt dabei insbesondere durch die Breite sowie die bildungs- und gesellschaftswissenschaftliche Relevanz: "Im Transformationsprozess zu einem inklusiven Bildungssystem sind nicht nur inklusive Praktiken von Bedeutung, sondern auch bildungswissenschaftliche Erkenntnisse zu wirksamen Lehr- und Lernstrategien, zur Beseitigung von Barrieren und zur Gestaltung eines chancengerechten Bildungswesens", meint Schindler. Seine Forschungsschwerpunkte liegen dementsprechend im Bereich der Professionsforschung in inklusiven Settings und bei inklusiven Lehr-Lern-Prozessen, insbesondere im Kontext des Mathematiklernens unter erschwerten Bedingungen. Schindler hat zudem Erfahrungen in der universitären Lehre sowie in der Fortbildung von Lehrkräften insbesondere in Bezug auf die Umsetzung des gemeinsamen Lernens, den Medieneinsatz in inklusiven Settings und dem Umgang mit herausforderndem Verhalten im Unterricht.
"Mit großer Freude trete ich meine Juniorprofessur an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg an. Ich freue mich sehr darauf, angehende Lehrkräfte auf eine Tätigkeit in der Schule vorzubereiten und gemeinsam mit dem Team des AW-ZIB zum Thema Inklusion im Bildungsbereich zu arbeiten sowie an der Erforschung und Weiterentwicklung der Arbeit von Bildungsfachkräften mitzuwirken“, so Schindler.
Zur Person
Florian Schindler hat an der Technischen Universität Dortmund ein sonderpädagogisches Lehramtsstudium mit den Schwerpunkten Lernen und Sprache absolviert. Nach dem 2. Staatsexamen war Schindler fünfzehn Jahre als Lehrer für Sonderpädagogik an einer Gesamtschule in Dorsten tätig. Hier hat er den Fachbereich Inklusion koordiniert und hatte zuletzt die Position eines Gesamtschulrektors inne. Daneben war er in der staatlichen Lehrerfortbildung aktiv. Zwischen 2015 und 2021 hat er berufsbegleitend an der TU Dortmund mit einer Arbeit zum Thema Schulassistenz und den hierin agierenden Akteur:innen promoviert. Ebenda hatte Schindler zwischen 2012 und 2022 mehrere Lehraufträge inne. Die Pädagogische Hochschule Heidelberg hat Schindler im September 2024 zum Juniorprofessor mit Tenure Track ernannt.
Wir begrüßen Cordula Weiner
[nr, cw] Cordula Weiner unterstützt seit Mai 2024 mit einer halben Stelle das Team des AW-ZIB im Sekretariat. Seit fast 20 Jahren arbeitet sie an der Akademie für wissenschaftliche Weiterbildung an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg im Projektmanagement/ Weiterbildungsmanagement und ist mit den Strukturen der Hochschule bestens vertraut.
Die Arbeit am AW-ZIB ist für Cordula Weiner dennoch etwas Neues: „Es ist spannend, in einem völlig anderen Bereich im Bildungswesen zu arbeiten, als ich es bisher getan habe. Ich habe auch noch nie in einem so großen Team mit so vielen unterschiedlichen Menschen aus verschiedenen Bereichen gearbeitet und bin gespannt auf die Herausforderungen, die ein inklusives Arbeitsumfeld eventuell mit sich bringt. Für mich ist das Sekretariat das „Eingangstor“ zum AW-ZIB - ich freue mich sehr, ein Teil des AW-ZIB-Teams zu sein.“
VieleDa – ein hochschulweiter partizipativer Organisationsentwicklungsprozess
[nr, vh, kt] Die Pädagogische Hochschule Heidelberg war bei der Ausschreibung „Vielfalt an deutschen Hochschulen“ erfolgreich: Zwischen Juni 2023 und April 2024 wurde sie vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) sowie der Hochschulrektorenkonferenz dabei unterstützt, einen Prozess zur Wahrnehmung und Wertschätzung von Vielfalt als Ressource in ihrer Einrichtung zu starten. Im Rahmen des Projektes „Vielfalt leben - Diskriminierung abbauen“ (VieleDa) wurde der Auftakt für eine inklusive Hochschulentwicklung gestartet, die in alle drei zentralen Aufgabenbereiche Lehre, Forschung und Transfer hineinreicht.
Die Projektleitung, die viel Expertise, Energie und Arbeitszeit in das Vorhaben eingebracht hat und weiter einbringen wird, besteht aus den professoralen Leiterinnen des AW-ZIB, Vera Heyl und Karin Terfloth, sowie Rektorin Karin Vach. Eine Steuergruppe aus Lehre, Forschung, Verwaltung und Studierendenschaft hatte sich für das operative Vorgehen formiert. Diese Steuergruppe wählte auch eine externe Prozessbegleitung durch die Evaluationsagentur EVALAG aus. Darüber hinaus wurde ein Begleitkreis für das Projekt ins Leben gerufen, in dem aus allen Statusgruppen Expert:innen für verschiedene Differenzlinien eingebunden wurden.
Ziel von VieleDa war es, einen partizipativen Entwicklungsprozess, in dem Teilhabechancen und -barrieren an der Hochschule erfasst und sichtbar gemacht werden, in Gang zu setzen. Da es im Kontext von Hochschule verschiedenste Personen- bzw. Statusgruppen gibt, die in unterschiedlichen Bereichen der Hochschule tätig sind, verschiedene Angebote nutzen und mit unterschiedlichen Strukturen in Kontakt kommen (Studierende, Lehrende, Promovierende, Mitarbeitende und Professor:innen), sollte diese Systemkenntnis aus verschiedenen Perspektiven zur Thematik der Vielfalt zusammengebracht werden.
So fand im November 2023 die „Woche der Vielfalt“ statt, in der sich alle Hochschulmitglieder in Lehrveranstaltungen, Workshops, Seminaren und an einem gemeinsamen Aktionstag, dem „Tag der Vielfalt“, zum Thema austauschen konnten. An diesem Tag fand keine reguläre Lehre statt. Stattdessen gab es Impuls-Sessions und einen hochschulweiten Open Space zur Bestandsaufnahme von Teilhabechancen und -barrieren innerhalb der Hochschule.
Über den Tag hinweg wurden zeitversetzt Kurzvorträge zu verschiedenen Differenzaspekten angeboten, beispielsweise „Rassismus in der Hochschule“, „Heterogenität Studierender an der PH: Wunsch trifft Wirklichkeit?“ oder auch „Zusammenarbeit im inklusiven Team – Hürden und mögliche Lösungen“. Die Vorschläge für Themen und Referent:innen wurden vorab in der Hochschulgemeinschaft gesammelt.
Die Teilnehmer:innen der Impuls-Sessions waren eingeladen, die Erkenntnisse und Ideen direkt im Anschluss an moderierten Thementischen einzubringen und zu diskutieren. Ziel war es, Ideen und Maßnahmen zu identifizieren und zu entwickeln, wie Vielfalt an der PH Heidelberg gemeinsam gelebt und Diskriminierung abgebaut werden kann. Es wurden folgende Thementische angeboten: Hochschulleben; Forschung, Nachwuchsförderung & Abschlussarbeiten; Lehre, Studium, Prüfung & Weiterbildung; Verwaltung sowie offene Punkte.
Als weiteres Format wurden bestehende Projekte, Initiativen und Einrichtungen, die verschiedene Aspekte von Vielfalt thematisieren, sichtbar gemacht – beispielsweise die Vorstellung einer Roger-Übertragungsanlage oder ein Parcours zur Selbsterfahrung von Barrieren, bei dem das AW-ZIB Studierende und Mitarbeitende für Barrieren innerhalb des Hochschulgebäudes sensibilisierte.
Die während des Tags der Vielfalt gesammelten Informationen in Form von Problemanzeigen und Maßnahmenvorschlägen wurden später gemeinsam mit den Moderator:innen der Thementische für eine Online-Umfrage aufbereitet. Ziel der Umfrage war es, die gesammelten Barrieren zu konkretisieren und Maßnahmen zum Abbau dieser zu sammeln. Zahlreiche Hochschulmitglieder beteiligten sich im März/ April 2024 daran. Das anschließende Clustern der Ergebnisse ergab sechs inhaltliche Kategorien: Dimensionen von Vielfalt; Kommunikation; Infrastruktur; Forschung, Nachwuchsförderung & Abschlussarbeiten; Lehre, Studium, Prüfung & Weiterbildung; Verwaltung, Studierendenmarketing & Personalgewinnung.
Im April 2024 endete die BMBF-Förderung von VieleDa, auch die Prozessbegleitung durch EVALAG ist nun beendet – das Projekt geht aber weiter: Die Arbeitsergebnisse der Online-Umfrage sollen im Wintersemester 2024/2025 an die Gremien der Hochschule auf Abteilungs-, Fakultäts- und Hochschulebene übergeben werden. Um eine gute Übergabestrategie an die Gremien zu entwickeln, ist die Projektleitung mit einer Agentur im Gespräch. Sie soll unterstützen, aus den Ergebnissen des Projektes – vor allem des Online-Meinungsbildes, welches viele konkrete Ansatzpunkte enthält, Diskriminierung in der Hochschule abzubauen – Zentrales zu extrahieren und dies wirksam zu kommunizieren. Im Laufe des Oktobers 2024 wird die Agentur entsprechende Vorschläge vorlegen, die anschließend mit der Steuergruppe von VieleDa besprochen werden.
Die inhaltlichen sowie prozessbezogenen Erkenntnisse sollen im weiteren Verlauf in eine Diversitätsstrategie einfließen. Vielen Dank an alle, die ihre Erfahrungen, Systemkenntnisse und Perspektiven geteilt haben, um ein Bewusstsein für eine diversitätssensible und diskriminierungskritische Hochschulkultur zu schaffen, um Lösungen und Wege zur Überwindung von Barrieren und Diskriminierung zu aufzuzeigen. Auch das AW-ZIB trägt gerne die individuellen Sichtweisen, das Erfahrungswissen und die Expertise der diversen Teammitglieder mit bei.
Ein steiniger Weg, der sich lohnt
[red] „Es muss normal sein, dass wir hier mittendrin sind“, sagt Helmuth Pflantzer. Die Bildungsfachkraft erzählt von ihrem Weg an die Hochschule, von Hürden und von einer besonderen Reise nach Schweden. Das spannende Interview, dass Max Wetterauer, Geschäftsführer des Transferzentrums, mit Bildungsfachkraft Helmuth Pflantzer geführt hat, befindet sich auf dem campusblog der Pädagogischen Hochschule Heidelberg unter folgendem Link.
Eine Hochschule als Vorbild der Inklusion
[red] Das Netzwerk Ethik heute hat mit Bildungsfachkraft Helmuth Pflantzer und Professorin Karin Terfloth über ihre Arbeit am AW-ZIB gesprochen.
„Die Bildungsfachkräfte wie Helmuth Pflantzer berichten reflektiert, kritisch und hochschuldidaktisch sehr gut umgesetzt von ihren Inklusions- und Exklusionserfahrungen, um Studierende zu sensibilisieren. Hochschulen sind nämlich nicht von Natur aus inklusiv. Wir merken Tag für Tag, was es bedeutet, daran zu arbeiten, Barrieren zu reduzieren“, macht Karin Terfloth deutlich.
„Ich erzähle zum Beispiel über meine Lernerfahrung“, schildert Pflantzer, „die ist eine ganz andere als die der Studierenden. Ich bringe einen anderen Blickwinkel ein. Viele sind erstaunt darüber, welche Schwierigkeiten man beim Lernen in der Schule überhaupt haben kann und wie wenig sich daran in den letzten Jahrzehnten verändert hat“. Gerne fragt er dann die Studierenden, auf welche Hindernisse sie selbst in ihren Lernkarrieren gestoßen sind und was für Formen es gibt. Im Austausch entstehen dann Aha-Momente und die Frage: Wie kommt das? Und wie könnte es besser gehen? „Ich will die Bilder in den Köpfen verändern“, formuliert Pflantzer seinen Anspruch.
Unter folgendem Link können Sie den kompletten Bericht im Online Magazin für Ethik und Achtsamkeit lesen.
Über Lernprozesse durch Begegnungen mit Expert:innen in eigener Sache
[mb, kma, nr] Seit der Eröffnung des AW-ZIB im Oktober 2020 haben die Bildungsfachkräfte in über 180 Bildungsangeboten an 19 Hochschulen, Universitäten und anderen Einrichtungen über 7.000 Studierende erreicht. Aber was ist das Besondere an den Veranstaltungen? Welchen Mehrwert bietet das Erfahrungswissen? Die Professorinnen Marion Baldus (Hochschule Mannheim) und Kerstin Merz-Atalik (Pädagogische Hochschule Ludwigsburg), die beide Bildungsangebote der Bildungsfachkräfte in die eigene Lehre einbinden, berichten.
Kerstin Merz-Atalik, Professorin an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg mit dem Schwerpunkt „Pädagogik bei Behinderung und Benachteiligung/ Inklusion“: „Seit ca. 5 Jahren kommen die Bildungsfachkräfte des AW-ZIB als Gastreferent:innen an unsere Hochschule in Vorlesungen und Seminare.“ In ihren Bildungsangeboten ergänzen die Bildungsfachkräfte die fachwissenschaftliche Lehre mit ihren Inklusions- und Exklusionserfahrungen und geben Einblicke in die Lebenswelt von Menschen mit Behinderungen.
„Den Bildungsfachkräften gelingt es, ihre persönlichen biografischen Erfahrungen in theoretische Zusammenhänge einzuordnen und diese Bezüge mit den Studierenden dialogisch zu reflektieren“, so Merz-Atalik. Und weiter: „Die Bachelor- und Masterstudierenden im Lehramt Sonderpädagogik, als auch die vereinzelt dazu kommenden Studierenden der anderen Lehrämter, bewerten die Möglichkeit, sich mit den Bildungsfachkräften zu ihren persönlichen Erfahrungen auszutauschen, als wichtig für ihre Profession. Sie profitieren aus ihrer eigenen Sicht ungemein davon, dass die Lebenssituationen und Behinderungserfahrungen aus der authentischen Perspektive der Menschen reflektiert werden. Viele haben bisher nur wenig bis keinen Kontakt zu Menschen mit kognitiven Lernbeeinträchtigungen gehabt.“
Auch Marion Baldus, Professorin für Allgemeine Pädagogik und Heilpädagogik / Inclusive Education an der Hochschule Mannheim, überzeugt und begeistert die Idee und deren Umsetzung: „Erfahrungen aus „erster Hand“ können nur Expert:innen in eigener Sache vermitteln und weitergeben. Dies ist mir als Dozentin ohne Behinderungserfahrung schlichtweg nicht möglich. Lernprozesse durch Begegnungen mit Expert:innen in eigener Sache sind wertvoll und nachhaltig.“
„Wenn es gelingt, die Studierenden zur Mitwirkung zu gewinnen, mit einer unterstützenden und Mitverantwortung übernehmenden Haltung, sind die Seminare mit den Bildungsfachkräften ein „ko-konstruktiver“ Prozess – bei dem es nicht darum geht, dass Bildungsfachkräfte etwas „abliefern“, das konsumiert wird, sondern es entsteht etwas neues „Drittes“. Das „Dritte“ ist ein Erfahrungs-, Begegnungs- und Interaktionsraum, der indirekt immer auch eigene Voreinstellungen, Annahmen und Konzepte auf den Prüfstand stellt. Wenn letztere irritiert und korrigiert werden, entsteht ein Mehrwert innerhalb der akademischen Welt und des akademischen Sozialraums, der sonst nur außerhalb des Hochschulkontextes (in Praktika, ehrenamtlichen Tätigkeiten, Praxistätigkeiten) möglich wäre“, legt Baldus dar.
Darüber hinaus, „zeigen die sehr unterschiedlichen lebensweltlichen Erfahrungen der Bildungsfachkräfte und die ebenfalls sehr unterschiedlichen Bewertungen derselben auch auf, dass es nicht generalisierbare Modelle, Konzepte oder Interventionen in unserem Fach geben kann. So sind die Gastvorträge eine Vertiefung der grundlegenden wissenschaftlichen Inhalte der Lehrangebote und dienen der Wahrnehmung von Menschen mit Behinderungen als Individuen jenseits von Förderschwerpunkten. Sie zeigen auf, welche vielfältigen Optionen in der inklusiven Gestaltung von Lebenswelten für das Lernen aller stecken, die bislang insbesondere im Bildungssystem in Deutschland noch ungenügend gefördert werden“, führt Merz-Atalik aus.
Die Professorinnen Marion Baldus und Kerstin Merz-Atalik haben die Bildungsfachkräfte schon während ihrer Qualifizierung, die von 2017 bis 2020 im Projekt „Inklusive Bildung Baden-Württemberg“ stattgefunden hat, in „ihre“ Hochschulen eingeladen, um Bildungsangebote auszubringen. Baldus blickt zurück: „Insgesamt finde ich es sehr bemerkenswert, welche Wege die Bildungsfachkräfte aus den Werkstätten heraus in die akademische Welt gegangen sind und wie engagiert sie über ihre eigenen Erfahrungen, aber auch über Konstrukte und Begriffe Lernprozesse auslösen und begleiten. Ich habe sie während des gesamten Prozesses – von der Qualifizierung, den ersten Einsätzen in Präsenz, der Weiterentwicklung in Richtung Online-Format und der didaktischen Verfeinerung von Präsenzseminaren – erlebt. Die didaktischen Elemente nehme ich heute als zunehmend differenzierter in Richtung mehr Mitwirkungs- und Interaktionsmöglichkeiten für Studierende wahr.“
Und was sagen die Studierenden? Baldus hat diese im Sommer 2024 nach einem Bildungsangebot befragt: „Zu Beginn sei Nervosität und Aufregung bei den Referenten spürbar gewesen, teilweise daher waren diese auch sprachlich nicht leicht zu verstehen. Durch die gute Atmosphäre in der Gruppe und auch den Humor der Referenten habe sich dies aber zunehmend gelegt und auch für die Studierenden sei die Anspannung zurückgegangen. Das Teilen von biographischen Erfahrungen wurde als sehr wertvoll empfunden, dies habe eigene Reflexionen ausgelöst, wie fragil auch das eigene Leben sei und durch ein unvorhersehbares Ereignis komplette Wendepunkte stattfinden können, die einen selbst zum Betroffenen machten.“
Partizipation partizipativ zum Thema machen
[hk, kt] Am AW-ZIB bieten sich viele Möglichkeiten, das Thema Partizipation aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten. In diesem vielfältigen Team gestalten und entscheiden Bildungsfachkräfte, akademisch Lehrende und Forschende sowie Assistent:innen gemeinsam … eben partizipativ. Dadurch reden wir nicht nur über Partizipation, sondern setzen diese um und reflektieren dies. Bildungsfachkraft Hartmut Kabelitz und Professorin Karin Terfloth berichten und reflektieren, was Partizipation für sie bedeutet und was es braucht, damit sie gut gelingt.
Partizipation am AW-ZIB
„Für uns bedeutet beispielsweise partizipative Forschung: Nichts über uns ohne uns. Das heißt, wir Bildungsfachkräfte forschen selbst mit und bringen unsere Expertise mit ein. Wir forschen gemeinsam an verschiedenen Fragestellungen und sind dadurch Moderator:innen, Zeitwächter:innen, Entscheidungswächter:innen usw.“, konkretisiert Kabelitz.
Dabei machen wir unterschiedliche Erfahrungen. Vor allen Dingen die, dass Partizipationschancen immer wieder ausgehandelt werden müssen. „Teilhabe setzt voraus, dass jede:r gehört wird“, so Kabelitz. Alle Personen, die an der Entscheidung teilhaben, brauchen die notwendigen Informationen in einer verständlichen Sprache. „Erst wenn die mitbeteiligten Menschen ausreichend sensibilisiert sind und Menschen mit Behinderungserfahrungen in Entscheidungsprozesse miteinbezogen sind, besteht die Möglichkeit, Einrichtungen inklusiv zu gestalten“, stellt Kabelitz klar.
Gemeinsame Vorträge
Wenn das Team des AW-ZIB für einen Fachvortrag zum Thema „Partizipation“ angefragt wird, ist es nur konsequent, wenn wir diese Anfrage als gemischtes Team annehmen. So haben zum Beispiel Bildungsfachkraft Hartmut Kabelitz und Prof. Dr. Karin Terfloth gemeinsame Vorträge zur Partizipation vor größerem Publikum gehalten. Verschiedene Sichtweisen können so zur Sprache kommen. Dennoch fordert uns ein gemeinsamer Vortrag auch heraus. Zum Beispiel:
Verknüpfung von Theorie und Erfahrungswissen
Hartmut Kabelitz spricht in seinen Vorträgen über seine Erfahrungen. Er ist es gewohnt, dies im Team mit einer anderen Bildungsfachkraft zu tun. Karin Terfloth spricht in ihrer Lehre über theoretische Zusammenhänge in Fachsprache. Beide Formen des Wissens sind wichtig und sollten miteinander verknüpft werden. „Beim letzten Vortrag haben wir uns beispielsweise die Darstellung der Partizipationspyramide von Gaby Straßburger und Judith Rieger aufgeteilt und dann jeweils eigene Erfahrungen mit der Umsetzung der Schritte zur Partizipation erläutert. Ich musste mich erst einarbeiten. Dafür konnte ich viele eigene Erfahrungen dazu beisteuern“, so Kabelitz. Das verlangt von beiden, sich gut über das gemeinsame Thema zu verständigen und dies in verständlicher Sprache vorzutragen.
Gleichberechtigte Präsentation
„Zuerst überlegen wir, welches Ziel wir mit unserem Vortrag verfolgen und überlegen, welches Interesse die Zuhörer:innen haben könnten und schreiben uns Stichpunkte auf, die zur Sprache kommen sollen. Danach teilen wir die Stichpunkte untereinander auf“, beschreibt Kabelitz den Prozess und führt an: „Ich erarbeite meine Texte gemeinsam mit meiner Arbeitsassistenz und bespreche sie dann mit meiner Kollegin, Karin Terfloth. Wir erstellen dann zusammen die Folien. Bei mehreren Treffen üben wir den gemeinschaftlichen Vortrag. Zum Schluss machen wir die Generalprobe.“ So ein gemeinsamer Planungsprozess nimmt viel Zeit in Anspruch. „Manchmal dreimal so lange wie eine Vortragsvorbereitung allein. Partizipative Prozesse sind oft entschleunigte Prozesse“, sagt Karin Terfloth. „Das kann ich nur bestätigen“, so Kabelitz „zumal bei mir infolge meiner Hirnverletzung alle Denkprozesse mehr Zeit in Anspruch nehmen.“
Der Vortrag selbst ist gut durchgeplant. Bei den Nachfragen der Zuhörer:innen muss abgestimmt werden, wer antwortet. „Abzuwarten und dem Kollegen Raum zu lassen, ist nicht immer einfach!“, sagt Terfloth. Viele Fragen betreffen dann direkt die partizipative Zusammenarbeit am AW-ZIB. „Wenn wir darüber sprechen, sind wir ehrlich und berichten auch von Schwierigkeiten der Partizipation“, so Kabelitz.
Fazit
Ein:e Zuhörer:in gab kürzlich die Rückmeldung: „Die vielen konkreten Beispiele aus ihrer gemeinsamen partizipativen Lehre und Forschung sowie ihren gemeinsamen Live-Austausch bei den offenen Fragen haben das Thema mit seinen Chancen und Herausforderungen sehr anschaulich präsentiert.“
So wollen wir auch in Zukunft Partizipation weiterhin partizipativ in Vortragstandems zum Thema machen.
Erste Bildungsangebote: Über Entwicklungen, Herausforderungen und Zusammenarbeit
[sb, lk, nh, nr] Seit Herbst 2022 werden Susann Bensch und Louisa Kabbe am AW-ZIB zu Bildungsfachkräften qualifiziert. Das zurückliegende 4. Semester war ein Praxissemester, in dem sie sich weniger mit theoretischen Lerneinheiten beschäftigten, sondern mehr mit der Vorbereitung, Durchführung und Reflexion von Bildungsangeboten.
Die Qualifizierungsteilnehmerinnen haben die Bildungsangebote in der Regel gemeinsam mit zwei Bildungsfachkräften ausgebracht. Schwerpunktthemen waren die eigenen Lernerfahrungen sowie Dekonstruktion von Behinderung.
Qualifizierungsleiterin Noemi Heister: „Das Praxis-Semester legt den Fokus auf organisatorische und didaktisch-methodische Kompetenzen. Es geht darum, in die Rolle als Lehrperson zu finden und sich darin zu erproben.“
Louisa Kabbe fand das Praxissemester sehr lehrreich, „weil wir viele Bildungsangebote gemacht haben und viel gelernt haben. Die Bildungsangebote haben mächtig viel Spaß gemacht.“ Kollegin Susann Bensch ergänzt: „Ich fand die Proben vor den Bildungsangeboten spannend, wo wir vor der Mensa im Team waren und das Bildungsangebot durchgesprochen haben. Das hat Spaß gemacht. Da konnte man sagen, was man persönlich braucht. Den Erfahrungsbericht habe ich da durchgesprochen, dann haben die Bildungsfachkräfte was dazu gesagt, mir Mut zugesprochen: ‚Du kannst das!‘“
Kabbe: „Ich fand die Zusammenarbeit mit den Bildungsfachkräften gut, weil man sich gut unterstützt hat und sich austauschen konnte und sie einen an die Hand genommen haben, wenn wir ein Bildungsangebot gemacht haben.“ „Die Kolleg:innen können nachvollziehen, wenn etwas schwierig ist“, so Bensch.
Insgesamt haben die Qualifizierungsteilnehmerinnen im Sommersemester 2024 an sieben Bildungsangeboten mitgewirkt. Welchen Herausforderungen sind sie dabei begegnet? Bei Louisa Kabbe standen didaktische Themen im Vordergrund: „Mich auf die Themen einzulassen und neue Methoden anzueignen. Zum Beispiel, dass ich kein Mind-Map mehr für das Seminar nutze, sondern meinen Computer. Da war es herausfordernd zu überlegen, was für meinen Text wichtige Begriffe sind und was alles auf die Power Point kommt.“ Für Susann Bensch war die Interaktion mit den Studierenden noch schwierig: „Ich konnte den Studierenden beim Bildungsangebot nicht in die Augen gucken. Ich habe danach darüber gesprochen und Tipps bekommen, was man besser machen kann anstatt direkt in die Augen zu schauen. Zum Beispiel über die Köpfe der Studierenden zu schauen oder links und rechts auf den Kopf zu schauen.“
Welches Fazit zieht Noemi Heister aus den vergangenen Monaten? „Das Praxis-Semester war ein großer Gewinn für beide Qualifizierungsteilnehmerinnen: sowohl Louisa als auch Susann konnten ihre Kompetenzen ausbauen und Sicherheit in ihrer Lehrrolle entwickeln. Sie haben einen Überblick darüber bekommen, welche Abläufe für das Planen und Halten eines Bildungsangebots notwendig sind. Durch das Praxis-Semester sind beide auch tiefer in das Thema Bildung eingestiegen und haben sich nochmal intensiv mit ihren schulischen Lernerfahrungen auseinandergesetzt.“ Louisa Kabbe ergänzt: „Ich nehme aus dem Praxissemester mit, dass ich mich weiterentwickelt habe, mit den Methoden, wie ich mein Bildungsangebot halte. Frei sprechen und vortragen kann ich jetzt besser. Ich kann mich den Bildungsfachkräften jetzt anvertrauen, wenn mir etwas schwerfällt und wenn ich Hilfe brauche. Ich kann meine Kompetenzen jetzt besser einbringen, weil ich diese besser einschätzen kann.“
Und wie geht es im nächsten Semester weiter? In der aktuellen Lehreinheit beschäftigen sich die Qualifizierungsteilnehmerinnen gemeinsam mit den Bildungsfachkräften mit den Themen Intersektionalität und Diskriminierung – dabei geht es auch um Vorurteile und die Auswirkungen von Kategorisierung. Darüber hinaus diskutiert die Gruppe Normalisierung, Dekonstruktion und Empowerment als Trilemma der Inklusion. Kabbe: „Ich finde es gut, dass wir gemeinsam dazu eine Lerneinheit machen. Ich finde es interessant, dass wir sowohl ähnliche als auch unterschiedliche Erfahrungen mit Diskriminierung gemacht haben. Vorurteile müssen abgebaut werden“ Kollegin Bensch fügt hinzu: „Ich finde es gut, dass wir im Team darüber sprechen. Wir unterstützen uns gegenseitig. Mir hilft es, damit ich besser mit meinen Behinderungserfahrungen umgehen kann.“
Mitwirkung im Forschungsplenum des AW-ZIB
[nr, eh] Am AW-ZIB wird partizipativ geforscht. Bildungsfachkräfte, akademisch Forschende und Studierende planen gemeinsam Forschungsprojekte und führen diese durch. So können alle gleichberechtigt ihre Perspektive, ihre Erfahrungen und ihre jeweilige Expertise einbringen. Die Mitglieder des Forschungsplenums treffen sich einmal in der Woche – und suchen wieder Verstärkung aus der Studierendenschaft.
Ellen Horrix, angehende Sonderpädagogin, war von Sommersemester 2023 bis Ende des Sommersemesters 2024 fester Teil des Forschungsplenums:
„Einen Einblick in einen partizipativen Forschungsprozess zu bekommen, war eine interessante und neue Erfahrung. Es war besonders spannend zu sehen, wie bereichernd es für das Forschungsvorhaben war, sich Zeit zu nehmen, um wirklich alle Stimmen zu einem Thema zu hören, da dies im Alltag häufig untergeht. Im Forschungsplenum sind viele unterschiedliche Erfahrungen und Zugänge zum Thema Zusammenarbeit in inklusiven Teams vertreten, was dazu führte, dass für die Zusammenarbeit zentrale Aspekte im Forschungsprozess aus unterschiedlichen Perspektiven angeschaut, diskutiert, beschrieben und nachvollzogen werden konnten. Daraus entstand dann eine vielschichtige und multiperspektivische Darstellung einzelner Themen.
Im Studium erfährt man viel über Partizipation und inklusive Zusammenarbeit, im Forschungsplenum bot sich die Gelegenheit, diese Konzepte tatsächlich auch in der Praxis zu erfahren. Dies füllte die theoretischen Inhalte mit Leben und machte verständlicher, worum es dabei wirklich geht. Besonders motivierend war es auch deshalb, weil man im Studium nur selten die Chance hat, selbst partizipativ zu forschen und sich in inklusiven Teams auszuprobieren.
Der Forschungsprozess an sich war somit selbst ein wesentlicher Baustein des Forschungsvorhabens: Wir mussten fortlaufend Machtverhältnisse, unterschiedliche Rollen und Rahmenbedingungen wie Zeit oder Verlässlichkeit aushandeln und reflektieren. Die kontinuierliche Auseinandersetzung mit diesen Themen und die offene Kommunikation in der Forschungsgruppe darüber hat maßgeblich das Forschungsvorhaben beeinflusst und dazu beigetragen, dass wir die Haltung, die wir in der Forschungsgruppe etabliert haben und für andere inklusive Teams für wichtig und lohnend erachten, selbst auch vertreten konnten.“
Nachdem die Forschung zum Thema „Zusammenarbeit in inklusiven Teams“ abgeschlossen wurde, erarbeitet das partizipative Forschungsplenum des AW-ZIB nun eine neue Forschungsfrage. Auch das bevorstehende Forschungsvorhaben wird partizipativ gestaltet sein. Dafür lädt das Forschungsplenum herzlich interessierte Studierende aller Studiengänge zur Teilnahme ein.
Im Wintersemester 2024/25 trifft sich die Gruppe ab dem 14.10.2024 montags von 8.30 – 10.00 Uhr im Senatssaal (Raum 211, Altbau). Interessierte sollten wöchentlich mindestens über ein Semester am Forschungsplenum teilnehmen. Bei Fragen oder Interesse können die Mitglieder des Forschungsplenums unter l-aw-zib-forschungsgruppe@list.ph-heidelberg.de erreicht werden.
Weitere Informationen zur partizipativen Forschung am AW-ZIB finden Sie unter: https://www.ph-heidelberg.de/aw-zib/forschung/partizipative-forschung/
E-Book-Veröffentlichung zur Zusammenarbeit in inklusiven Teams
[nr] Am AW-ZIB wird nicht nur zur Inklusion, sondern auch partizipativ geforscht. Im Rahmen des Forschungsplenums untersuchen akademisch Forschende, Bildungsfachkräfte und Studierende gemeinsam Fragestellungen zu den Themen Vielfalt und Inklusion. Im Sommersemester 2024 haben sie ihr erstes partizipatives Forschungsprojekt zur "Zusammenarbeit in inklusiven Teams" beendet und veröffentlicht.
Am AW-ZIB arbeiten Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam, forschen und lehren partizipativ. Was bedeutet aber eine Zusammenarbeit in inklusiven Teams? Welche Barrieren in der Zusammenarbeit gibt es – zum Beispiel bezogen auf Entscheidungen, Digitalisierung, Kommunikation oder Mobilität – und wie kann man diese überwinden?
Diesen Fragen sind die Mitglieder des Forschungsplenums, zu dem sich wöchentlich Bildungsfachkräfte, hauptberuflich Forschende und Studierende treffen, nachgegangen. Im Sommersemester 2024 haben sie ihr erstes partizipatives Forschungsprojekt zum Thema "Zusammenarbeit in inklusiven Teams" abgeschlossen. Die zentrale Datengrundlage bildeten die Ergebnisse eines World-Cafés, an dem alle AW-ZIB-Team-Mitglieder teilnahmen.
Die Forschungsergebnisse wurden vor Kurzem als E-Book veröffentlicht.
Stephanie Schleer, die zur Promotion an das AW-ZIB abgeordnet ist, berichtet über die Entstehung des E-Books: „Wir haben gemeinsam die Vor- und Nachteile dieser Art der Veröffentlichung besprochen, uns überlegt, wie wir das E-Book für alle zugänglich machen können und wie wir es gestalten wollen. Natürlich dauert so ein Prozess, den man gemeinsam bestreitet, eine ganze Weile. Es gab immer wieder Phasen, in denen wir das Gefühl hatten, gar nicht voranzukommen. Aber ich finde das Ergebnis kann sich jetzt wirklich sehen lassen.“
Die Mitglieder des Forschungsplenums haben das Buch in einfacher Sprache verfasst und selbst eingelesen, so dass zum Beispiel eine einzelne Seite in kurze Leseabschnitte aufgeteilt werden konnte, die einen barrierefreien Zugang gewährleisten. „Die Aufnahmen verdeutlichen auch die Vielfalt im Forschungsplenum, das empfinde ich als sehr gelungen“, so Kathrin Ludwig, die ebenfalls am AW-ZIB promoviert.
„Wir sind stolz, dass wir das erste Projekt abgeschlossen haben. Es richtet sich vor allem an andere inklusive Teams und solche, die es werden wollen“, berichtet Prof. Dr. Karin Terfloth, die gemeinsam mit Prof. Dr. Vera Heyl das AW-ZIB leitet.
Für Schleer sind die Ergebnisse gewinnbringend: „Es werden ganz viele Bereiche der Zusammenarbeit angesprochen, in denen es zu Schwierigkeiten kommen kann. Oft wurden gut umsetzbare Lösungsvorschläge gefunden, die auch anderen inklusiven Teams helfen können, ihre Zusammenarbeit zu verbessern.“
Bildungsfachkraft Thilo Krahnke fasst zusammen: „Wir haben alle gemeinsam das World Café geplant, durchgeführt und die gesammelten Informationen ausgewertet. Auch an der Veröffentlichung der Ergebnisse haben alle mitgearbeitet. Vieles hat ziemlich lange gedauert, bis wir uns entschieden haben, wie wir es machen wollen. Das Aufnehmen der Texte hat auch länger gedauert, weil man sich manchmal versprochen hat und dann wieder von vorne angefangen musste. Aber es hat sich gelohnt!“
Die Veröffentlichung der Ergebnisse finden Sie hier:
https://read.bookcreator.com/HpGMitP9r1hU9qpsqRMDwPBkacB3/atPCfarrQ9O8M6lU_sKNgA
PH-Alumna Prof. Dr. Leven erhält Bundesverdienstkreuz
[red] Prof. Dr. Regina Leven hat von Bundespräsident Dr. Frank-Walter Steinmeier das Verdienstkreuz am Bande verliehen bekommen. Die Alumna der Hochschule erhielt die höchste Anerkennung, die es in Deutschland für Verdienste um das Gemeinwohl gibt, für ihre herausragende Arbeit auf dem Gebiet des Gebärdensprachdolmetschens und für ihr Engagement zum Wohle tauber Menschen. Überreicht wurde der Verdienstorden von Dr. Reiner Haseloff, Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt.
Regina Leven studierte zunächst an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg und ging dann an die Gallaudet University in Washington / USA. Zurück in Deutschland beteiligte sich Leven an den Anfängen der Gebärdensprachbewegung an der Universität Hamburg. Nach einer Therapieausbildung in den 1990er Jahren war sie zunächst die einzige Person in Deutschland, die tauben Menschen Zugang zu psychotherapeutischen Angeboten in Gebärdensprache ermöglichte. Von 1997 bis 2015 war die Gebärdendolmetscherin und Verhaltenstherapeutin an der Hochschule Magdeburg-Stendal tätig und hat ebenda maßgeblich dazu beigetragen, den Studiengang Gebärdensprachdolmetschen und die Gebärdensprache sowohl an der Hochschule als auch gesellschaftlich zu etablieren.
Die Pädagogische Hochschule Heidelberg gratuliert ihrer Alumna herzlich zu der Auszeichnung mit dem Bundesverdienstorden.
Weitere Informationen finden Sie unter https://www.sachsen-anhalt.de.
Exkursion zum Landesförderzentrum Sehen in Schleswig
[Katharina Heil] Vom 3. bis 6. März unternahmen Masterstudierende des sonderpädagogischen Schwerpunktes Blindheit und Sehbeeinträchtigung mit Dozent Frank Laemers eine Reise in den hohen Norden. Ziel war, das Landesförderzentrum Sehen (LFS) Schleswig kennenzulernen und der Frage nachzugehen, wie Inklusion in der Fachrichtung Lernen bei Blindheit / Sehbehinderung gelingen kann.
Schleswig-Holstein und das LFS Schleswig stellen in dieser Frage ein deutschlandweit einzigartiges Beispiel dar: In Schleswig-Holstein besuchen alle Schüler:innen mit Blindheit oder Sehbeeinträchtigung Regelschulen. Haben die Schüler:innen weitere Förderschwerpunkte, z.B. Geistige Entwicklung, besuchen sie Förderschulen mit diesem Schwerpunkt.
Als „Schule ohne Schüler:innen“ im Sinne eines sonderpädagogischen Zentrums, das keinen eigenen Schulbetrieb hat, begleitet, unterstützt und berät das LFS Schleswig die Schüler:innen mit Blindheit oder Sehbehinderung sowie ihre Lehrkräfte in Hinblick auf diese besondere Lern- und Lebensbedingung. Und zwar über die gesamte Schullaufbahn hinweg, von der vorschulischen Erziehung und Bildung bis zum Übergang in den Beruf. Darüber hinaus bietet es spezifische Kurse für die Kinder und Jugendlichen, ihre Angehörigen, ihre Lehrkräfte und weiteres pädagogisches Personal vor Ort im Kurshaus des LFS Schleswig an. Außerdem hält es ein breit aufgestelltes Medienzentrum sowie spezifische Angebote wie Diagnostik des Funktionalen Sehens und Beratung zu Hilfsmitteln vor.
Interessante Einblicke in die Arbeit vor Ort
Von Heidelberg und teilweise anderen Orten reisten die Studierenden mit dem Zug nach Hamburg und von dort aus weiter nach Schleswig, wo Frank Laemers und Schulleiter Klaus Wißmann und der blaue LFS-Bulli sie empfingen. Sie übernachteten in Gästezimmern des LFS und zuhause bei Lehrkräften des LFS. Von dort aus ging es zu den Hospitationen, die am Montag und Mittwoch stattfanden. Am sogenannten „Schleswig-Dienstag“ konnten sie Teamsitzungen vor Ort am LFS miterleben.
Die Studierenden bekamen sehr interessante Einblicke in die Arbeit des LFS:
- vielfältige Hospitationen bei sonderpädagogischen Lehrkräften des LFS an den verschiedensten Einsatzorten, z.B. Gymnasium, Gemeinschaftsschule, Waldorfschule, Grundschule, Förderzentren GENT und KME, Waldkindergarten, dänische Kita und Schülerpraktikum;
- Austausch mit den Lehrkräften über ihren Arbeitsalltag, über Vor- und Nachteile dieser Arbeitsweise;
- Teamzeit in Schwerpunktteams zu Blindheit, Sehbehinderung, Geistige Entwicklung, Übergang Schule – Beruf;
- Angebote des LFS
- Medienzentrum
- Kurshaus/ Schüler:innenkurse
- Seminare für kooperierende Fach- und Lehrkräfte
- psychologische Begleitung
- Funktionales Sehen
Außerdem erhielten die Studierenden vom Seminarleiter Klaus Wißmann Informationen über das Referendariat in der Fachrichtung Blindheit/ Sehbehinderung in Schleswig-Holstein.
Der Besuch des LSF war die lange Anreise wert! Die Studierenden haben Kontakte zu Kommiliton:innen und potenziellen zukünftigen Kolleg:innen geknüpft, sich über die Möglichkeiten inklusiver Beschulung von Schüler:innen mit Blindheit/ Sehbehinderung ausgetauscht und nebenbei Schleswig-Holstein und sogar Hamburg erkundet.
Andere machen auch spannende Sachen - Wir zeigen Ihnen ausgewählte Beispiele
Diskriminierung von Menschen mit Behinderungserfahrung durch ChatGPT und Co.: Große Sprachmodelle wie ChatGPT verwenden herabwürdigende Sprache in Bezug auf Menschen mit Behinderung. Dabei grenzen die verschiedenen KI-gesteuerten Modelle auf unterschiedliche Weise aus, zeigen sich aber auch lernfähig. Das ist ein Ergebnis eines interdisziplinären Workshops, der jüngst mit externen Expert:innen, u.a. von der „Aktion Mensch“, in der Hochschule Bielefeld stattfand.
Bildungs-Tandem inklusiv - Der Bundesverband für körper- und mehrfachbehinderte Menschen e.V. hat eine 4-jährige Erwachsenenbildungs-Offensive gestartet. Ziel ist es, erwachsenen Menschen mit Behinderung einen besseren Zugang zu Bildung zu eröffnen. Es sollen Entwicklungsprozesse vor Ort angestoßen werden, die insbesondere auch Menschen mit erhöhtem Assistenz- und Unterstützungsbedarf einbeziehen. Bundesweit wird an 12 Modellstandorten erprobt und ausgewertet, wie Menschen auf vielfältige Weise an Bildung teilhaben können. Das Projekt läuft von Januar 2024 bis Dezember 2027.
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