„Auf der Taststraße zur Punktschrift“ - Neuauflage eines bewährten Lehrmaterials zur Hinführung blinder Kinder an die Brailleschrift.

Autor und Projektleitung

Prof. Dr. Markus Lang
Pädagogische Hochschule Heidelberg
Blinden- und Sehbehindertenpädagogik
Keplerstraße 87
69120 Heidelberg

In Kooperation mit der

Stiftung St. Franziskus Heiligenbronn      
Kloster 2
78713 Schramberg-Heiligenbronn

Endfertigung und Vertrieb

Werkstätte für Menschen mit Behinderung St. Franziskus Heiligenbronn
Gernot Pfau (Bereichsleiter)
Kloster 2
78713 Schramberg-Heiligenbronn
Anfragen und Bestellungen: gernot.pfau☞ Bitte fügen Sie an dieser Stelle ein @ ein ☜stiftung-st-franziskus☞ Bitte fügen Sie an dieser Stelle einen Punkt ein ☜de

Ausgangslage

„Auf der Taststraße zur Punktschrift“ – Ein notwendiger Weg zu Teilhabe und Bildung für blinde Kinder

Das Lesen- und Schreibenlernen der taktilen Brailleschrift ist mit besonderen Herausforderungen verbunden. Schrift ist für sehende Kinder in ihrer Umgebung ständig zugänglich und verfügbar: Zuhause, beim Einkaufen, in Bilderbüchern – überall begegnen sie Schrift bzw. können sie Schrift selbst entdecken. Blinde und auf die Brailleschrift angewiesene hochgradig sehbehinderte Kinder benötigen für diese grundlegenden Lernzugänge eine entsprechend vorbereitete und ausgestaltete Umgebung. Brailleschrift ist keineswegs natürlicherweise vorhanden und jederzeit zugänglich. Es bedarf spezifischer Lernmaterialien, die auf vielfältige, spielerische, handlungsorientierte und motivierende Weise das Erlernen der Brailleschrift vorbereiten und begleiten und die für das haptische Lesen notwendigen Tastfähigkeiten fördern. Das Materialpaket „Auf der Taststraße zur Punktschrift“ erfüllt diese Kriterien in umfassender Weise.

Das Fördermaterial „Auf der Taststraße zur Punktschrift“

Das Fördermaterial „Auf der Taststraße zur Punktschrift“ wurde im Rahmen eines Promotionsprojekts entwickelt und erprobt (Lang 2003). Die hierbei durchgeführte Evaluation mit blinden Vorschulkindern, konnte das Erreichen der beabsichtigten Förderziele (s.u.) eindeutig belegen. 2005 wurde das Material erstmals professionell produziert und vertrieben. Die äußerst aufwändige Produktion der kleinen Auflage von ca. 50 Exemplaren konnte durch eine Anschubfinanzierung der „Aktion Mensch“ ermöglicht werden. Innerhalb weniger Wochen war das Material ausverkauft. 2007 erfolgte die Produktion einer weiteren Kleinauflage (50 Exemplare), die ebenfalls nach kurzer Zeit ausverkauft war. Eine dritte, unveränderte Auflage wurde 2013 hergestellt. Seit Jahren ist das Material jedoch nicht mehr verfügbar.

Das Fördermaterial „Auf der Taststraße zur Punktschrift“ umfasst folgende Zielstellungen:

  • haptische Diskrimination und Differenzierung: gezielte Hinführung zur Unterscheidungsfähigkeit von Braillezeichen
  • Lesebewegungen: Hinführung zu beidhändigem Lesen, Automatisierung entsprechender Taststrategien, Einführung der Leserichtung
  • Aufbau eines differenzierten Schriftkonzeptes
  • Entwicklung von Lesemotivation

Alle Einzelmaterialien lassen sich je nach Entwicklungsstand der Kinder variabel und flexibel hinsichtlich Schwierigkeitsgrad, Umfang und Komplexität anpassen.

Charakteristika der Neuauflage

Durch neuartige Produktionstechniken ist es möglich, einige Materialkomponenten  im Lackdruckverfahrens herzustellen. Dadurch lassen sich neue Gestaltungsmöglichkeiten umsetzen, die die Attraktivität und die Einsatzmöglichkeiten des Materials optimieren, ohne die bisherigen Potenziale einzuschränken.

Konkret bedeutet dies,

  • dass Punktschrift in prägnanter Druckhöhe durchgängig farbig dargestellt wird, wodurch die visuelle Attraktivität des Schriftsystems erhöht werden kann;
  • dass sämtliche punktierte Taststraßen (z.B. „Fingerwettrennen“ und „Straßen reparieren“) und viele Muster farbig und wo immer pädagogisch sinnvoll hochkontrastierend hergestellt werden können, was speziell für hochgradig sehbehinderte Kinder eine zusätzliche Motivation und Erkennungshilfe darstellt.

Alle Materialien werden auf strapazierfähiger Kunststofffolie produziert. Hierdurch sind ein hygienischer Einsatz und eine Langlebigkeit der Materialien garantiert. Schwarzschrift und Brailleschrift sind in den Tastbüchern so angeordnet, dass Wörter einander zugeordnet werden können. Selbst Braille-unkundige Vorlesende können den Kindern exakt zeigen, wo welches Wort steht.

Das Materialpaket „Auf der Taststraße zur Punktschrift“

Nachfolgend werden die einzelnen Materialkomponenten aufgeführt und beispielhaft veranschaulicht.

Band 1: Formenbuch (mit Reliefformen und interaktivem Würfelspiel)

Tastbuch (10 Seiten) mit runden und eckigen Reliefformen und integriertem Würfelspiel mit magnetischen Formenplättchen

Band 2: Fingerwettrennen

10 Arbeitsblätter mit unterschiedlichen, punktierten Spuren                     

Band 3: Treffpunkte finden

6 Arbeitsblätter mit verschiedenen punktierten Spuren                            

Band 4: Die Suche nach dem Ausgang

5 Arbeitsblätter mit verschiedenen punktierten „Rahmen“ mit jeweils einer Lücke

Band 5: Der Weg zum Käse

8 Arbeitsblätter mit punktierten Wegen von der Reliefmaus zum „Futternapf“

Band 6: Straßen reparieren 1 und Straßen reparieren 2

Zwei Ordner mit jeweils 10 Seiten (links „Straße“ mit Schlaglöchern oder fehlerhaftem „Belag“, rechts „Straßenauswahl“ zur Reparatur)

Band 7: Die Schatzsuche

Vorlese-Tastbilderbuch (9 Seiten) in Braille- und Schwarzschrift; verschiedene Tastwege; Piratenfigur; Schatzkiste; verschiedene taktile Musterplättchen

Band 8: Die Busfahrt

Vorlese-Tastbilderbuch (10 Seiten) in Braille- und Schwarzschrift; verschiedene taktile Wegstrecken; Busfahrerfigur; ausklappbares Raster mit 10 Sitzplätzen; verschiedene taktile Musterplättchen (Braillebuchstaben) zur Kennzeichnung der „Haltestellen“ und „Fahrkarten“

Zum Materialpaket gehören ein Ordner mit Anleitungen und Erläuterungen zum Einsatz und zu den Zielstellungen der Materialien und darüber hinaus eine Vielzahl von Variationsmaterial (Musterplättchen, „Musterstraßen“), so dass der Schwierigkeitsgrad der Übungen individuell angepasst und Aufgaben flexibilisiert werden können.

Literatur

Lang, M. (2022): Lesen und Schreiben. In: Lang, M., Hofer, U. & Beyer, F. (Hrsg.): Didaktik des Unterrichts mit blinden und hochgradig sehbehinderten Schülerinnen und Schülern. Band 2: Fachdidaktiken. 2., überarb. und erw. Aufl., Stuttgart: Kohlhammer, 19-76.

Lang, M. (2003): Haptische Wahrnehmungsförderung mit blinden Kindern. Möglichkeiten der Hinführung zur Brailleschrift. Regensburg: Roderer.