3D-Druck und Zooprojekt

Im Frühjahr 2016 wurden im Zooprojekt erstmals auch Lehrmittel aus dem 3D-Drucker erprobt. Erstellt wurden mehrere Modelle eines Längsschnitts einer Schildkröte. Diese sollten dazu dienen, den blinden und sehbehinderten Schülerinnen und Schülern konkrete Vorstellungen über den Körperbau der Schildkröte zu vermitteln.

Bereits in der Vergangenheit wurden stets spezifische Lehrmittel für das Zooprojekt entwickelt. Bisher kamen dabei vor allem traditionelle Herstellungsverfahren aus der Blindenpädagogik wie eigens erstellte Modelle, Tiefziehkopien oder Thermokopien zum Einsatz.

Die Verwendung spezifischer Lehrmittel im Vorfeld einer Realbegegnung mit dem lebenden Tier dient der Vermittlung grundlegender Einsichten und Erkenntnisse über deren Lebensweise, Herkunft, Körperbau, Ernährung etc.  Hierbei ist zu beachten, dass je  weiter sich ein Lehrmittel von der Realität entfernt, d.h. je höher sich das Abstraktionsniveau darstellt desto schwieriger wird es für die sehgeschädigten Schülerinnen und Schüler, aus dem Lehrmittel direkte und unmittelbare Erkenntnisse zu gewinnen. Viele Materialien aus den traditionellen Herstellungsverfahren abstrahieren die vorhandenen Informationen sehr stark und erfordern deshalb große kognitive Transferleistungen. 

Genau an dieser Schnittstelle setzt der 3D-Druck an. Durch die Nähe zur Realität und der Möglichkeit der individuellen Anpassung gewinnen die Materialien an didaktischer Qualität.

Der Längsschnitt durch die Schildkröte ist dafür ein gutes Beispiel. Das komplette Modell besteht aus zwei zusammengesetzten Hälften einer Schildkröte. Durch das Auseinanderziehen beider Hälften entsteht praktisch in der Hand der Schülerinnen und Schüler der Längsschnitt. Anhand des Lehrmittels lassen sich anschließend die anatomischen Besonderheiten der Schildkröte thematisieren. 

Herstellungsverfahren

Das Modell der Schildkröte wurde mit der Open Source Software „Blender“ erstellt. Das CAD-Programm (Computer aided design) stammt eigentlich aus der Animationsbranche bietet aber sehr viele Möglichkeiten für das „modelling“ von komplexen 3D-Körpern.

Nach der Fertigstellung des dreidimensionalen Modells am Computer wurde dieses für den Druck mittels FDM (Fused Deposition Modelling) optimiert und überarbeitet. Dieser Arbeitsschritt ist dem Druckverfahren geschuldet. Bei sogenannten FDM Druckverfahren entsteht das Modell über einen dünnen Faden, ähnlich wie bei einer Heißklebepistole. Die Summe der zweidimensionalen Schichten ergibt dann das fertige Modell. Das Druckverfahren ist momentan sowohl in der Anschaffung als auch in der Unterhaltung am kostengünstigsten. Für ein perfektes Druckergebnis mittels FDM-Verfahren empfiehlt es sich aber, das gesamte Schildkrötenmodell in mehrere Bauteile zu zerlegen. Insgesamt besteht das Modell deshalb aus 11 Teilen, die in 4-5 Druckaufträgen hergestellt werden konnten. Die Teile sind alle einfarbig und wurden für das Zooprojekt aus PLA (Polylactide) einem milchsäurebasierten, biothermischen Kunststoff hergestellt. Für ein Modell benötigt man ca. 300 Gramm. Die Materialkosten schwanken je nach Hersteller des gelieferten Kunststoffs. In unserem Fall beliefen sich die reinen Materialkosten auf ca. 8€. Zusätzlich lässt sich das Modell mit wasserfesten Farben einfärben, so dass für sehbehinderte Schülerinnen und Schüler der visuelle Informationszugang optimiert wird.