Der folgende
Artikel wurde von den Herausgebern (Michaela Greisbach, Udo Kullik, Elmar
Souvignier) des Lehrbuches „Von der Lernbehindertenpädagogik zur Praxis
der schulischen Lernförderung" als Buchbeitrag (1998
erschienen) angenommen.
Geschrieben zum Jahreswechsel 1997/1998
Internet-Version am 22.12.2000
„Das
Kind wird solange
mit dem Bade ausgeschüttet,
bis
es sich im Sande verläuft"
Carl L. Auer
Carl L. Auer
&
Ernst A. Dölle
Verständnisse und
Missverständnisse
über Grundannahmen sonderpädagogischer Theoriebildung
- Ein Briefwechsel
-1
rezensiert von
Karl-Ludwig Holtz und Hermann Schöler
Überblick. Im Briefwechsel zwischen Ernst-August
Dölle und Carl L. Auer,
der Ende der 20er Jahre begann, wird u. a. die sonderpädagogische
Fragen-Trias diskutiert: (1) Wie hältst Du's
mit den Gütekriterien, (2) Norm oder
Nicht-Norm, das ist hier die Frage! und (3)
Ganzheit, ich weiß nicht, was soll es bedeuten! Da sich zum einen die
damals diskutierten Fragen heute noch großer Beliebtheit erfreuen und zum
anderen die Reflexionen von Auer und Dölle
leider bis heute nicht ausreichend zur Kenntnis genommen und gewürdigt
worden sind, bietet der Rahmen dieses Lehrbuches die gute Gelegenheit,
dieses Versäumnis gebührend nachzuholen.
Vorbemerkungen - statt
eines Prologs
Der 1972 74jährig verstorbene große Psychologe Ernst
August Dölle2
und sein nicht minder bemittelter Kollege Carl
L. Auer3,
der hochbetagt immer wieder gern tiefgeistige Sentenzen in seinem
Heidelberger Domizil zum besten gibt und die wissenschaftliche Diskussion
durch Aphorismen4
auf den Punkt bringt, begannen Ende der 20er Jahre einen Briefwechsel, in
dem die beiden u. a. Fragen der psychologischen (empirisch-pädagogische
Forschung war schon damals nicht zu beobachten) Erforschung von Erziehung
und Sondererziehung - zum Teil sehr kontrovers - diskutierten. Dass viele
der damaligen Diskussionen auch heute - ein Dreivierteljahrhundert später
- immer noch besondere Aktualität genießen, liegt an einigen
Missverständnissen, denen eine Reihe von Sonderpädagoginnen und
Sonderpädagogen derzeit unterliegen, wenn sie sich empirischen Strategien
- allein die Beschäftigung mit dieser Thematik kann schon fast als
Ausnahme gelten - und der Theoriebildung zuwenden.
Die Rezensenten konnten den Briefwechsel zwischen Ernst
August Dölle und Carl Auer durch
Zufall auffinden. Sie hatten in den letzten Jahren mehrfach Gelegenheit,
bei und mit Carl Auer bei anregenden5
Gesprächen einen guten Tropfen Weins zu genießen. Bei der Suche nach
einigen verschollen geglaubten Jahrgängen im Keller des Auerschen
Wohnhauses fiel einem Rezensenten ein geschnürtes Bündel Briefe aus
einem der spinnwebenbedeckten Regale vor die Füße, das sich als ein
wertvoller Fund erwies: der auch von Carl Auer
verloren bzw. verbrannt geglaubte Briefwechsel mit seinem Kollegen Ernst
August Dölle. Das Bündel enthielt insgesamt 137 Briefe, die die
damaligen Diskussionen umfassend dokumentieren. Dieser gewaltige Umfang6erlaubt
daher keinen vollständigen Reprint, die Rezensenten sind jedoch bemüht,
so getreu wie notwendig die Themen, von denen einige aufgrund der damals
noch gründlichen methodischen Ausbildung eher am Rande, heute leider im
Zentrum der Diskussion stehen, nachzuzeichnen. Erinnerungslücken, die im
Alter auftreten und nach einer rheinhessischen Kleinstadt als Alzheimer
oder neuerdings nach der Nord-Süd-Verschiebung nach einem kurpfälzischen
Ort als Oggersheimer gekennzeichnet werden, versuchen die Rezensenten so
geschickt wie möglich durch ihre eigenen Positionen zu kaschieren.
Verschiedene Themen wurden von Dölle
und Auer diskutiert. Ein Thema des
Briefwechsels war das Rechts-Links-Problem7,
das sich - obwohl sich die Konturen der Ränder verwischen und das man
heute eher als Vorne-Hinten- oder noch genauer als Oben-Unten-Problem
reformulieren müsste - noch großer Aktualität erfreut. Des weiteren
wurde die wissenschaftstheoretische Frage nach einem anekdotischen8
oder nomothetischen Vorgehen kontrovers behandelt. Weitere Themen betrafen
neben anderen die Frage nach dem Menschsein schlechthin9,
die Fragen nach Konstrukten und radikalen Konstruktivisten, die Fragen der
Ganzheitlichkeit, der Subjektorientierung, der menschlichen oder besser
gesagt humanen Identität.
Wir können aufgrund des zur Verfügung gestellten
Platzes hier nur einige aus der Vielzahl der angesprochenen und
diskutierten Themen nachzeichnen.10
Aufgrund zahlreicher rezenter Veröffentlichungen im Kollegenkreis,
die sich an methodologische Themen heranwagen, möchten wir einige der
dort angesprochenen Themenbereiche im Lichte dieses Briefwechsels
spiegeln, um einigen der Kolleginnen und Kollegen in ihrem Ringen nach
wissenschaftstheoretischer Wahrheit (und dies scheint uns besonders in
Bezug auf die Diagnostik nötig zu sein) Orientierungshilfe anzubieten.
Und da wir bei Durchsicht neuerer Veröffentlichungen mit Freude
feststellen konnten, dass auch wieder die Bibel zitiert wird (siehe Jantzens
Verweis auf das Matthäus-Evangelium, 1995, S.
376), möchten wir allen Kollegen ein mutiges "Nimm
und lies!"11zurufen,
wobei wir neben dem Briefwechsel der genannten Autoren auch die
einschlägige wissenschaftstheoretische Literatur der letzten 100 Jahre
anempfehlen.
Wir wollen uns im wesentlichen auf die allseits
bekannte sonderpädagogische Trias ("Gretchen",
"Hamlet", "Loreley"12;
zur näheren Erläuterung s. u.) beschränken und in dieser Beschränkung
der Hoffnung Ausdruck geben, das uns dabei die Verknüpfung mit der
aktuellen Diskussion gelungen ist. Eine kontinuierlich aktuelle Diskussion
möchten wir allerdings vorweg noch aufgreifen: die Frage nach der sonder-
oder heilpädagogischen Krise, da sie uns zum Teil hausgemacht zu sein
scheint (s. o. "Nimm und lies!").
Eine Krise jagt seit
jeher die andere in der Heil- und Sonderpädagogik
Schlägt man die Zeitschrift für Heilpädagogik der
letzten Jahre auf, gewinnt man den Eindruck, dass eine Krise die andere
Krise ablöst und sich die Sonderpädagogik vor Rettungsversuchen kaum
noch retten kann (siehe dazu Holtz,
1997), so z. B.
Die Sonderpädagogik ist in einer Krise. Dies ist
schwer zu übersehen, [...] Folgen wir Speck
(1992), so hat sie mit Beginn der siebziger Jahre begonnen. Umstritten
ist jedoch, wie tief der Charakter der Krise ist, ja ob sie überhaupt
noch fortbesteht und ob nicht die gegenwärtig noch als krisenhaft
gedeuteten Erscheinungen lediglich Ausdruck des bereits vollzogenen
Paradigmenwechsels sind: vom Paradigma der Sonderpädagogik zum
Paradigma der Integrationspädagogik. (Jantzen,
1995, S. 368)
Ähnlich Eberwein:
Das traditionelle sonderpädagogische Paradigma mit
"Behinderung" als zentraler Begriffskategorie muss - wie auch BLEIDICK
bestätigt - einer bestimmten historischen Epoche zugerechnet werden.
Die Sonderpädagogik steht damit [wieder einmal; K.-L.H. & H.S.] an
einem geschichtlichen Wendepunkt. (Eberwein,
1995, S. 475)
"Fragen über
Fragen!" möchte man am liebsten in das Krisengeraune Jantzens
einstimmen, wäre da nicht dieser Briefwechsel13
zwischen Auer und Dölle
vom Ende der 20er Jahre aufgetaucht, der bei der Beantwortung der
aufgeworfenen Fragen hilfreich zu sein scheint. Auch damals ist schon viel
von Tiefe des Charakters die Rede, wenn auch auffällt, dass sie zu diesem
Zeitpunkt mehr auf Personen verweist als auf schicksalsträchtige
Ereignisse.
"Aber immer, wenn die
Krise am größten, sind auch die Retter am nächsten"
(auch dies einer der gelungenen Aphorismen Auers
anlässlich des 25. Heilpädagogischen Kongresses in Leipzig, 1929), und
so nimmt es nicht Wunder, dass im Artikel von Jantzen
eine Rangfolge der "Persönlichkeiten, die entweder in der
Vergangenheit maßgeblich zur Theoriebildung der Sonderpädagogik
beigetragen haben oder dies in der Gegenwart tun oder aber in der näheren
Zukunft tun werden" (Jantzen, 1995, S.
369) aufgelistet wird, in dem er sich auf eine noch unpublizierte
Untersuchung von Hoyningen-Süess14
(1994, zitiert nach Jantzen,
1995) bezieht. Es fällt nicht nur auf, dass sowohl Dölle
als auch Auer unerwähnt bleiben, sondern
dass nicht erwähnt wird, dass bereits diese Autoren in den 20er und
Anfang 30er Jahren eine Rangfolge der beliebtesten und gefeiertsten
Sonderpädagogen vorgestellt haben, ja dass sie dieses Verfahren als
Methode zur Bestimmung der Bedeutung und Tragfähigkeiten von Theorien
einführten, das dann später auch in anderen Branchen aufgegriffen wurde,
wie z. B. bei der ARD-Sportschau zur Wahl des "Galoppers des
Jahres"15.
Von daher verwundert es nicht, wenn in der Rangfolge auch die Autoren
("Jantzen, Haeberlin,
Speck, Eberwein"16;
Jantzen, 1995, S. 369) auf den vorderen
Einlaufplätzen liegen, die sich dezidiert und "mit
Denkansätzen" bzw. "umfassenden eigenen Theorien" zu
Krisen und Paradigmenwechseln geäußert haben.17
Das besondere an den Theorien von Dölle
und auch Auer ist - und daher ist das
bisherige Ignorieren auch zutiefst bedauerlich für die
sonderpädagogische Theoriebildung -, dass beide Autoren nicht bei
"Denkansätzen" stehen geblieben sind, sondern auch weiter
gedacht haben, ja man kann beinahe im Vergleich zu rezenten
Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen schon sagen: durchdacht haben.
Auch hier antizipieren sie bereits Jantzen,
der offensichtlich nicht ohne eine Spur von Selbstkritik resümiert:
"Mit oberflächlichen Analysen ist der Krise der Sonderpädagogik
nicht beizukommen, die nach wie vor existiert" (Jantzen,
1995, S. 369).
"Es gibt keinen
Sonderpädagogen", wie Dölle
im 72. Brief schrieb, "der nicht, selbst
wenn er an 23. Stelle der Beliebtheitsrangfolge der Sonderpädagogen
steht, nicht irgendwo noch als ein Beispiel verwandt werden könnte."
"Und sei es als Beispiel, wieder
einmal eine Krise ausgemacht zu haben und die Rettungsversuche als eigene
Erfindung gleich mitzuliefern, wenn der geneigte Leser", wie
Auer wiederholt schrieb, "weiß,
was ich meine."
Zum
erkenntnistheoretischen Vorverständnis
in der Sonderpädagogik
Vergleicht man dieses mit demjenigen von Auer
und Dölle, so fällt auf, dass bei ersterem
Probleme in den Vordergrund rücken, von denen letztere noch nicht einmal
zu träumen gewagt hätten. Zentrale Fragen der Sonderpädagogik waren bei
Auer und Dölle:
Ist die Sonderpädagogik eigenständig oder nicht, existiert ein eigenes
Paradigma und wenn überhaupt welches? Heute dagegen sind - folgt man Eberwein
(1997, S. 227) - zunächst zwei Punkte
zentral für die (Sonder-)-Schulpädagogik, nämlich der "Hof-Effekt
und die self-fulfilling prophecy". Aber es kommt noch schlimmer:
Zu der Fehlerhaftigkeit von Beobachtungsergebnissen
kommt als weiteres Problem hinzu, dass wir alle dazu neigen, unsere
Mitmenschen, also auch die Schüler, sofort zu beurteilen, d. h. sie zu
bewerten, statt sie in ihrem Verhalten erst einmal neutral zu
beschreiben, was viel schwieriger ist, aber für eine
förderdiagnostische Schülerbeurteilung unabdingbar ist. Diese Form der
Verhaltensbeobachtung stützt sich im Sinne ganzheitlichen Verstehens
vor allem auf das Wie und Warum des Schülerverhaltens (vgl. Eberwein
1987). (Eberwein, 1997, S. 227)
Wenn Eberwein schreibt,
dass eine neutrale Beschreibung des Verhaltens für eine
förderdiagnostische Schülerbeurteilung "unabdingbar" ist,
stellt sich hier allerdings die Frage, ob damit "förderdiagnostische
Schülerbeurteilung" nicht von Anfang an ("ab
ovo" und "in nuce",
wie Dölle häufig zu sagen pflegte)
verunmöglicht ist. Hier sei auf das Zitat von Auer
verwiesen, das er bereits vor 50 Jahren am 30.2.1928 an Dölle
schrieb: "Es gibt keine unbefleckte
Erkenntnis, Ernst-August, wie dies Nietzsche so treffend formuliert
hat."
Wie allerdings durch "diese Form der
Verhaltensbeobachtung (...) vor allem (...) das Wie und Warum des
Schülerverhaltens" erfasst werden kann, bleibt uns [K.-L.H. &
H.S.] ein Rätsel wie so manches, was "im Sinne ganzheitlichen
Verstehens" der geneigten Leserschaft zugemutet wird. Wir werden
unter Verweis auf Auer und Dölle
darauf zurückkommen.
Ähnliche Probleme sieht sich Feuser:
"Es gibt keine Theorie, nicht einmal ein einzelnes Wort, das in sich
garantieren könnte, nicht gegen das, was es meint und bedeutet,
verwendet, d. h. missbraucht werden zu können und kein Wort wird sich so
sagen oder schreiben lassen, dass es nicht möglich wäre" (Feuser,
1992, S. 130). Der geneigte Leser, wirds - wie Feuser
in seiner Replik auf Holtz (1992)
antwortete - schon wissen. Zur Unterstreichung dieses Wissens sei folgende
Passage zitiert, in der nach Auffassung der Rezensenten von Tent,
einem Schüler von Kleine-Moritz, der
wiederum bei Auer und Dölle
gehört hat, alles klar (vgl. dagegen Feuser,
s. o.) formuliert ist:
Als heuristisch einsetzbare Hilfsmittel zur
dialektischen Lösung wissenschaftlicher Probleme
(Herrmann, 1979) müssen unsere Objekttheorien
begrifflich normiert, syntaktisch einwandfrei, logisch konsistent,
gegenüber dem "gesicherten" Theoriebestand nicht-redundant und
vor allem empirisch überprüfbar sein [...].
Wissenschaftliche Methoden sind konkrete
Handlungsanweisungen, d. h. von den Wissenschaftlern erfundene
Operationen, die der Erkenntnisgewinnung dienen. Es muss sich
selbstverständlich um jeweils eindeutig bestimmbare, replizierbare
Prozeduren handeln und nicht um irgendwelche diffusen Abläufe wie
Intuitionen oder Erleuchtung (so sehr uns diese mitunter auf die
Sprünge helfen). Abgesehen von festen, teils metadisziplinären
Grundbeständen, gibt es kein abgeschlossenes Methodenarsenal, dem
jeweils die von vornherein "richtige" oder die "am besten
passende" Methode entnommen werden könnte. (Tent,
1992, S. 220)
Doch nun zur angesprochenen "sonderpädagogischen Trias".
Wie hältst du's mit
den Gütekriterien?
Die Gretchen-Frage der (sonder-)pädagogischen
Diagnostik und Theoriebildung
Im Gegensatz zu Eberwein
sind wir der Auffassung, dass eine wesentliche Frage der Sonderpädagogik
bereits von Dölle an Auer
in seinem ersten Brief gestellt wurde: Die Gretchen-Frage der
sonderpädagogischen Trias, welche sich im Rahmen des von uns hier
dargestellten Briefwechsels entwickelte: "Wie hältst Du's mit den
Gütekriterien?". Zum besseren Verständnis für diese Frage und
wie es dazu kam, ist es allerdings erforderlich, dass wir die geneigte
Leserschaft ein Stück weit des Wegs dazu führen.
Wie die kundige Leserin, vielleicht sogar der kundige
Leser sicher weiß, war die Sonderpädagogik zum damaligen Zeitpunkt noch
sehr medizinischen Modellvorstellungen verhaftet, und es geisterten noch
einige phrenologische Theorien über den Zusammenhang zwischen Kopfform
und -größe einerseits und Lern- und Verhaltensstörungen andererseits
durch die sonderpädagogische Welt. Auch die damals heftig geführte
Diskussion statt von "Störungen" von
"Auffälligkeiten" zu sprechen, um damit die durch das
medizinische Modell (heute sagt man bisweilen auch gerne
"Paradigma" dazu) nahegelegte Defizit-Orientierung zu
überwinden, erwies sich - wie Dölle es in
seiner offenen Art ausdrückte - als "Schuss
in den Kanonenofen". Blieben doch die Methoden, worauf er
hinwies, Auffälligkeiten der genannten Art und Auffälligkeiten der
Kopfform zu messen, gleich. Allerdings wies er darauf hin, dass die
Versuche einiger dieser Vertreter (siehe dazu paradigmatisch Ynn,
Red & Orer, 1927, darunter übrigens
auch Auer18),
empirische Strategien an und für sich in Frage zu stellen und als
"Erbsenzählerei" zu diskriminieren, da es einige
widersprüchliche Befunde gäbe, nicht als Versagen der Methode, sondern
der unzureichenden Kenntnis über die Qualität und die
Einsatzmöglichkeiten von Messinstrumenten zu attribuieren.
So schrieb Dölle sehr
treffend in einem seiner ersten Briefe an Auer:
"Es ist die Fragestellung, lieber Carl, die
darüber entscheidet, welche Messinstrumente und welches methodische
Vorgehen angemessen ist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es - wie bei
Deiner Studie - angemessen ist, mit einem Gummiband den Kopfumfang zu
messen, wohingegen ich mir durchaus vorstellen kann, dass ein Gummiband an
anderen Körperpartien durchaus nützlich sein kann, wenn Du weißt, was
ich meine, lieber Carl". Diesen Brief kann man getrost als
einen Beginn der wissenschaftlichen Diskussion über Gütekriterien
kennzeichnen; die darin enthaltenen Grundgedanken wurden später im
angloamerikanischen Raum unter anderem von Cronbach
(1964), der - wie wir wissen - bei Dölle
zu promovieren versuchte, aufgegriffen. Der geneigte Leser, vielleicht
auch die geneigte Leserin werden sofort feststellen, dass es sich hierbei
um Fragen der Reliabilität handelte. Allerdings dauerte es einige Zeit,
bis man sich auf den Terminus Gütekriterien einigen konnte, weil es - wie
in dem Briefwechsel sehr schön dokumentiert ist - zunächst einige
Missverständnisse über den Begriff "Güte" gab. Dies mag daran
liegen, dass Auer doch noch mehr in der romantischen Tradition der Heil-
und Sonderpädagogik verhaftet war, und er durchaus, als er vorübergehend
den Begriff der Förderpädagogik (übrigens in der Nachfolge des
"Handelnden Unterrichts"19)
favorisierte, den Begriff der "Gütepädagogik" zur Diskussion
stellte, der vor allem bei den sog. Verstehenspädagogen auf lebhaftes
Interesse stieß. So verstand Auer zunächst
unter Güte die ebenso bezeichnete Persönlichkeitseigenschaft und meinte,
Dölle hätte nach der Güte bzw. Gutheit von
ihm und allen anderen guten Pädagogen gefragt. Dölles
spontaner Ausdruck: "Ach du meine
Güte!" "Güte ist der Feind des Besseren",
so Dölle, was einige eidgenössische
Heilpädagogen auf den Plan brachte und zu einer Umkehrung veranlasste: "Es
gibt nichts besseres als die Güte!"20.
Auer hatte darauf hin ein
Erlebnis, das Bühler (1907)
ein wenig früher mit "Aha" benannt hatte. Ihm ging auf, wie er
in seiner offenen und selbstkritischen Art bekannte, dass Güte ja etwas
mit Qualität zu tun haben müsse. "Jeder
verantwortungsbewusste Diagnostiker", so Dölle
an Auer, "muss
bestrebt sein, Aussagen über die Güte ableiten zu können, die es ihm
ermöglichen, sich über den Wert der angestrebten Beobachtung ein
reliables und valides Urteil zu bilden (ansonsten könnte man ja gleich
würfeln). Denn - wie wir uns ja einig sind, lieber Carl - hat jede
Beobachtung im pädagogischen oder sonderpädagogischen Feld Konsequenzen
für die beobachtete Person".21Auer
entschuldigte sich und bedauerte, dass er bei seinen
phrenologisch-diagnostischen Studien, wegen des
ganzheitlich-humanistischen und subjektorientierten Anspruches (siehe dazu
die Fülle rezenter Autorinnen und Autoren, die sich bei einem
ganzheitlich-systemisch-humanistisch-subjektorientierten Ansatz
verschrieben haben), Aristoteles, Normen und
Gütekriterien hintan gestellt habe. Auers
Einsicht gab nun Dölle wiederum die
Möglichkeit, sich mit Auer der zweiten
Trias-Frage zuzuwenden.
Norm oder Nicht-Norm
das ist hier die Frage!
Die Hamlet-Frage der (sonder-)pädagogischen
Diagnostik und Theoriebildung
"Lieber
Ernst-August", so - wie zumeist -
beginnt auch ein Brief, den wir als auslösend für die Hamlet-Frage
und deren Diskussion einschätzen. "Lieber Ernst-August",
so heißt es da im 54. Brief, "sollten
wir nicht aufhören, unsere heilpädagogisch zu betreuenden Kinder in
irgendwelche Schubladen zu stecken, und sollten wir nicht aufhören, ihre
Leistungen immer mit normalen Kindern zu vergleichen? Wer bestimmt
überhaupt, was `normal' ist? Ist es nicht normal, nicht der Norm zu
entsprechen, auch wenn Du mir damals entgegenhieltest, dass dies ja gerade
die Norm sei? Kann man nicht geradezu von einem Norm-Terror22sprechen,
der sich immer weiter ausbreitet, alles wird immer auf irgendeiner Leiste
gemessen, wozu eigentlich? Müssen wir uns nicht vehement gegen diese
aberwitzigen normorientierten Verfahren wenden, die neuerdings vom
Katheder aus die Schulstuben zu überschwemmen drohen? Wäre es nicht
weitaus besser, wir würden unsere Kinder einfach als das begreifen, was
sie sind: menschliche, oder besser ganzheitlich-humane Subjekte und sie
nicht mit inhumanen Methoden oder sonstigen normorientierten Aufgaben
belästigen [vgl. dazu aber das oben
angesprochene Neutralitätsverständnis Eberweins;
K.-L.H & H.S.]. Verzichten wir doch
auf jegliche Betrachtung einzelner Merkmale, wir können den Menschen ja
doch nur ganzheitlich erfassen als 'Subjekt in seiner
Unverfügbarkeit' [vgl. hierzu auch Fornefeld,
1995, S. 39]23.Wäre
es nicht endlich an der Zeit, Aristoteles zu überwinden und jegliches
Klassifizieren und Diagnostizieren24aufzugeben,
kann man denn einem anderen überhaupt gerecht werden, wenn man ihn
sozusagen immer nur in einzelnen Ausschnitten betrachtet. Das ist zutiefst
inhuman, lieber Ernst-August, ich wiederhole mich an diesem Punkte
gerne!" Und weiter heißt es: "Sollten
wir nicht unseren gesunden Menschenverstand einsetzen, uns auf unsere
Urteilskraft verlassen, die uns gegeben ist. Sollten wir uns nicht statt
auf überprüfbar seiende Urteile auf unser Gespür verlassen?"25
Dass Auer nicht völlig
daneben liegt, wie man eigentlich denken müsste, zeigt die
Weihnachtsbotschaft eines an zweiter Stelle der Beliebtheitsfolge
liegenden eidgenössischen Heilpädagogen von 1993, in der ebenfalls auf
den "gesunden Menschenverstand" Bezug genommen wird: Der
"gesunde Menschenverstand" soll dabei Selektions- und
Normierungs-Probleme lösen, die der methodischen Reflexion verwehrt
werden, so beispielsweise bei der "Selektionierung" von
Studierenden:26
Der 'gesunde Menschenverstand' erlaubt mir die
folgende Annahme: Ob ein Kandidat oder eine Kandidatin eine Anmeldung
für ein akademisches Studium gemäss Anleitung einreichen kann, testet
in einfacher und valabler Weise sowohl grundlegende Fähigkeiten zur
Lebens- und Studiumsbewährung als auch die Motivation zum ernsthaften
Studieren und zum geregelten zwischenmenschlichen Umgang. Damit muss
jemand nicht mehr gelernt haben, als ein Formular durchzulesen
und auszufüllen sowie eine Wegleitung bezüglich der erforderlichen
Beilagen und Voraussetzungen zu studieren und zu befolgen. Hat jemand,
der dies nicht auf Anhieb kann, wirklich die Reife, die das Wort 'maturus'
mitmeint? Wenn wir wieder bereit dazu werden, die einfachsten und
alltäglichsten Zeichen für `Reife' wahrzunehmen, kann der Schritt zu
wenig valablen und vielleicht für das Menschenbild der zukünftigen
'Elite' verhängnisvollen Selektions- und Eliminationsmethoden vermieden
werden. (Haeberlin, Weihnachtsbrief 1993)27
Die Antwort von Dölle auf
Auers bohrende Fragen zur Normorientierung
und deren Aufgabe bzw. Selektionierung ließ nicht lange auf sich warten: "Lieber
Carl", so beginnt Dölle den
55. Brief und er fährt fort: "unterliegst
Du nicht einer gefährlichen Illusion, wenn Du meinst, Du könntest ohne
irgendwelche Maßstäbe, ohne Bezugsnormen wissenschaftlich geschweige
denn helfend und heilpädagogisch tätig sein? Setzt nicht die Frage nach
der Normalität der Abweichung von der Norm, die Du ja so trefflich ins
Feld führst, auch ein tiefes Verständnis des Normbegriffs, oder sagen
wir doch besser der unterschiedlichen Normbegriffe
[Hervorhebung K.-L.H. & H.S.], voraus? Ist es
nicht viel eher so, dass Du überhaupt keine diagnostische, ja überhaupt
keine Aussage machen könntest, wolltest auf Normen oder
Vergleichsmaßstäbe verzichten oder verzichten können!? Lügst Du Dir
nicht in die Tasche", wie Dölle
in seiner unnachahmlich offenen Art formulierte, "wenn
Du meinst, Du würdest auf Normen verzichten? Gibt es überhaupt ein
Gegenteil von "normorientiert"? Denk mal darüber nach!"
Diese Aufforderung kann jedoch sofort als rhetorisch entlarvt werden, denn
Dölle - so war er halt - fuhr noch in der
gleichen Zeile fort: "Mit Sicherheit nicht,
lieber Carl! Soziale Bezüge musst Du bei jedem Urteil, bei jeder Wertung
herstellen. Wie solltest Du wissen, daß Du eine Schülerin nach
ihrer eigenen Leistungsentwicklung (individuelle Bezugsnorm), einen
anderen Schüler danach zu beurteilen hast, ob er die von Dir geforderte
Leistung erbracht hat oder nicht?"
Diese Fragen über Fragen lösten einen lebhaft
geführten Briefwechsel (über 20 Briefe widmeten sich allein diesem
Thema, nicht hinzugerechnet die zahlreichen Passagen in anderen Briefen,
in denen immer wieder die Normproblematik und die Problematik von
Diagnostik28schlechthin
angesprochen wurden). Dölle sprach dann auch
einmal direkt an, was ihm wohl schon länger unter der Feder gebrannt
hatte. Im 73. Brief heißt es: "Lieber Carl,
ich will hier keine Diskussion über die Gestaltung diagnostischer
Situationen und die Kompetenzen der von uns doch ausgebildeten
Diagnostikerinnen und Diagnostiker führen. Es muss aber einmal klar
ausgedrückt werden, dass eine angemessene und verantwortliche Diagnostik
fundierte inhaltliche und methodische Kenntnisse auf Seiten des
Diagnostikers und auch der Diagnostikerin erfordert, ich betone Kenntnisse
[Unterstreichung E.A.D.]. Dem Diagnostiker und
der Diagnostikerin bleibt es dabei unbenommen, Situationen für das Kind
zu gestalten, in denen sich das Kind als "gleichwertiger
Kommunikationspartner" in "symmetrischer
Interaktion" erlebt (einmal abgesehen davon, wie dies in
diagnostischen Situationen realisiert werden kann, bei denen bestimmte
Fragestellungen vorliegen, und das Kind in der Regel auch weiß, dass es
um ihm bekannte Probleme geht). Ich will das mal an einem Beispiel aus der
Diagnostik bei sprachentwicklungsauffälligen Kindern verdeutlichen: So
erfordert die Aufgabe "Nachsprechen von Sätzen" Kompetenzen
seitens des Diagnostikers und der Diagnostikerin, die eine qualitative
Analyse der Reproduktionen bzw. Rekonstruktionen der Kinder erlauben. Sehr
häufig scheint mir eine Korrespondenz zwischen methodologischer,
methodischer und inhaltlicher Inkompetenz der Diagnostikerin oder des
Diagnostikers und der Präferierung solcher Ansätze
"ganzheitlich-humanistischer" und "verstehender"
Diagnostik zu bestehen.29Wenn
diese "ganzheitlich-humanistischen" Ansätze nicht jeder
Beliebigkeit Tür und Tor öffnen oder eine Geheimwissenschaft bleiben
wollen, dann genügt es meiner Ansicht nach nicht, nur die 'richtige
Einstellung' (allzuoft mit einem unseligen Wahrheitsanspruch einhergehend;
ist überhaupt durch den Anspruch auf Wahrheit nicht alles Übel in die
Welt gekommen, lieber Carl?) zu besitzen (ein 'guter Lehrer' zu sein),
sondern die Diagnostikerin muss genauso wie der Diagnostiker auch konkrete
Hinweise erhalten, wie er im Sinne der Fragestellung angemessen vorgehen
muss, wie er zu einem `Verstehen' kommt.30
Appelle an die Mitmenschlichkeit, das Menschsein,
den 'gesunden Menschenverstand' usf. reichen bei weitem nicht aus, um
verantwortungsvoll und verantwortbare Diagnosen zu stellen."
Die geneigte Leserschaft, zumindest wenn sie bis
hierher den Aussagen der beiden Geistesgrößen folgen konnte, wird schon
ahnen, dass sich Auer und Dölle
mit den letztzitierten Äußerungen nun dem Gipfel sonderpädagogischer
Argumentation nähern: der Frage nach einer ganzheitlich (systemisch-human-etc.)
ausgerichteten Sichtweise.
Ganzheit, ich weiß
nicht, was soll es bedeuten?
Die Loreley-Frage der
(sonder-)pädagogischen
Diagnostik und Theoriebildung
Der Loreley-Frage näherten sich die beiden Vordenker
zeitgenössischen sonderpädagogischen Wirkens durch einen Hinweis Auers,
der in der Quellensuche zu seiner Abhandlung über den 'Ganzheitsbegriff
in Geschichte und Gegenwart' auf ein Zitat der Liselotte
von der Pfalz stieß, mit dem diese die Zustände am Hofe des
Sonnenkönigs charakterisierte. „Ach",
schrieb sie an ihre Schwester in der Heimat, „der
ganzheytsbegriff kömmt bey uns hier so in mode, dasz er, vor allem von
den feynen damen, zuvörderst, und dann noch in der Verbindung mit
humanistisch, als totschlaginstrument gegen alle aufkommende rationalität
verwendet wird. Faszt möchte man meynen, dasz hierbey jedwed
eygenständig denken hintangestellt werden soll." Hier sei
ihm aufgefallen, so Auer an Dölle,
dass Forderungen nach Ganzheit („Du weißt,
lieber Ernst August, dass Ganzheit im lateinischen als 'totum' bezeichnet
wird, welcher Begriff ja auch den Wurzeln nach im Totalitarismus
wiederzufinden ist") in der bildungspolitischen Diskussion
(„und nicht nur hier, wie Du sicher weißt,
lieber Ernst August") vor allem dann auftaucht, wenn die
gesellschaftlichen Verhältnisse es den Individuen nicht mehr erlauben, im
Sinne eines Gesamtzusammenhangs (eines Ganzen) erkennend und handelnd
tätig zu sein. "Und so haben wir, meines
Erachtens, die beiden Strömungen in Pädagogik und Psychologie, die auf
der einen Seite mit dem Begriff des 'ganzheitlich-humanistischen' als
hinreichender Erklärung für eine zunehmend komplexere und
unbestimmbarere Welt Volksverdummung betreiben und all ihre Schäfchen
wieder in den Schoß totalitärer Ideologien, wie den Absolutismus am Hofe
des Sonnenkönigs zurückdrehen möchten. Wir haben aber auch die andere
Seite, die gerade in den Zeiten der Verunsicherung, wie wir sie jetzt
wieder erleben, Ganzheit als eine Perspektive (um nicht zu sagen, ein
Strukturelement) versteht. Als eine Perspektive, Erkennen und Handeln in
allen Lebensbereichen (im Unterricht, in der Erziehung, in der Bildung, ja
in der gesamten politischen Diskussion) unter dem Kriterium der
Rationalität so zu gestalten, dass fortgesetzt unter Beibringung von
Gründen 'ideologische' Behauptungen entschleiert werden können und ihr
tatsächlicher Belang für die Humanisierung menschlichen Zusammenlebens
von den Einzelnen ermessen werden kann. Kommt es Dir, lieber Ernst August,
nicht sonderbar vor, dass gerade die Vertreter dieser
ganzheitlich-humanistischen Auffassung in der ersteren Tradition so
häufig den `gesunden Menschenverstand' als Mittel ihrer
Erkenntnisgewinnung bemühen? Ich fürchte, es wird nicht lange dauern,
bis an das gesunde Volksempfinden appelliert wird" (Brief
vom 30.2.1930). Und auf den Einwand Dölles,
er würde hier doch ein wenig zu braun für die Zukunft sehen, antwortet
er in der ihm eigenen feinsinnigen Art: "Warten
wir doch einmal ab, wer der Ganzheitsverfechter unseres Standes sich in
den kommenden Jahren totalitären Ideologien anschließen wird. Wir werden
uns wieder sprechen, lieber Ernst-August."
Da in der ersteren Perspektive Ganzheit selten als
einigende 'Perspektive' zwischen Erkenntnis und Handeln aufgefasst wird,
gelingt unter einer solchen Sichtweise auch selten die dialektische
Einheit von Theorie und Praxis, wie es noch bis in unsere Zeit bei Autoren
des Ganzheitsgedankens feststellbar ist. So stellt etwa Dreher in seiner
unnachahmlich aphoristischen Darstellungsweise, die ihn bei einigen
Wissenschaftstheoretikern in die Nachfolge Auers
aufsteigen lässt ("we do it auer way"),
fest: "Auch diese Pädagogen ('die in gestaltpsychologischer
Orientierung, also unter Betonung der Leib-Seele-Geist-Einheit, 'die
Dimension des Körperlichen' (Dreher 1991,
63) in das Zentrum ihrer Überlegungen rücken, [...] Sie fassen den
Körper als 'Basis der Kontaktaufnahme, des Zugangs zur Welt bzw. dessen
Vermeidung' (ebd.) auf" (Fornefeld,
1995, S. 29). Also [K.-L.H. & H.S.] "auch diese Pädagogen nehmen
ihren Ausgang von der gestörten Erziehungs- und Beziehungssituation mit
schwerstbehinderten Menschen, es sind Praktiker, die in die
Lebenssituation hinein und aus der Lebenssituation heraus fragen"31(Dreher
1991, 63; all das und das folgende zitiert nach
Fornefeld, 1995, S. 29ff.). Es verwundert von
daher nicht, dass anderen Wissenschaftlern, die andere Ausgänge nehmen
und auch woanders hinein und hinaus fragen, eine "ungenügende
theoretische bzw. metatheoretische Reflexion der verwendeten Ansätze
selbst" unterstellt wird, "oder, um es noch einmal mit den
Worten Dienelts zu sagen, in der
'gegenwärtigen Tendenz (eine) zu überstürzte und vereinfachende
pädagogische Theoriebildung' (1989, 1)" (ebd., S. 32). Oder aber es
"führte bei vielen Pädagogen zur Abkehr von der Theorie, zu einer
gewissen Theoriemüdigkeit" (ebd., S. 33).
Ähnlich theoretische Auseinandersetzungen, zumindest,
was ihre Differenziertheit und Gedankentiefe betraf, deuteten sich, folgt
man dem Briefwechsel Auers und Dölles,
auch zwischen den beiden Geistesgrößen an, und es ist das Verdienst Dölles,
seinen kongenialen Briefpartner zur Klärung ähnlich weltbewegender
Fragen und zur Glättung der sich abzeichnenden Wogen, zu einem
Waldspaziergang eingeladen zu haben.
"Wollen wir nicht, mein
lieber Carl, um den sich abzeichnenden Streit unter Männern in aller Form
auszutragen", so schreibt Dölle
im 111. Brief an Auer, "im
Walde den Fragen nachgehen, ob die einen den Wald vor lauter Bäumen nicht
mehr sehen und die anderen die Bäume nicht mehr vor lauter Wald?"
Auch hier können wir Dölle und Auer
wieder einmal als Pioniere eines Diskussionsforums ansehen, das zwar in
den antiken Ritualen der Peripathetiker gründete, aber erst später von
Politikern zur Befriedigung wachsender Spannungen eingesetzt wurde
(Kohl/Strauß, Schmidt/Honecker, Kohl/Gorbatschow, Kohl/Jelzin,
Schröder/Lafontaine; siehe dazu zusammenfassend Weia,
1998).
Die Ergebnisse dieses Waldspazierganges sind, wie wir
den Gedächtnisprotokollen der Briefwechsel entnehmen können, für die
uns interessierenden Fragen von weitreichender Bedeutung. "Wenn
auch nicht alles hinkt, was ein Vergleich ist", beginnt Carl
Auer in seiner unnachahmlichen Art (vgl. jedoch oben Dreher), "so
möchte ich doch betonen, dass mir der Wald, um es einmal ganzheitlich
auszudrücken, die Sinne geöffnet hat für die Dialektik zwischen Ganzem
und Teilen bzw. Teilganzen. Gerade als wir über die Bedeutung einzelner
Gehölzgruppen in ihrer (verzeih mir) Funktion für die Ökologie des
Waldes sprachen, wurde mir deutlich, dass es neben den spezifischen
Eigenschaften vom Ganzen (das mehr oder anders sein kann als die Summe
seiner Teile) auch spezifische Eigenschaften von Teilen geben kann, die
einen Sachverhalt als 'Teil' eines Ganzen von seiner Gegebenheitsweise als
'Einzelinhalt' unterscheiden: die Funktion oder 'Rolle' des Teils im
Ganzen. Darauf haben ja bereits Köhler 1918
und jüngst Wertheimer hingewiesen
und für unsere Fragestellung möchte ich feststellen, dass es mir nun
plausibel und legitim zu sein scheint, Teilfunktionen in ihrer Beziehung
zum Ganzen oder in ihrer Beziehung untereinander oder gar nur in ihrer
jeweiligen Ausprägung zu erfassen, wenn Du weißt, was ich meine, mein
lieber Ernst August." Und Dölle
antwortete: "Ich weiß schon, was Du meinst,
aber ich habe den Eindruck, dass die Heilpädagogen, die diesen
ganzheitlichen Ansatz zur Richtschnur ihres Handelns machen,
unterschiedliche Bezugsebenen miteinander vermischen. Die ganzheitliche
Förderung (durch eine Bezugsperson), der ganzheitliche Unterricht (unter
Einbezug aller Sinne), die ganzheitliche Betrachtungsweise als molarer
Ansatz gegenüber molekularen Zugängen, der psychologische
Ganzheitsaspekt, wie wir ihn gerade für die Diagnostik herausgearbeitet
haben, all dies sind unterschiedliche Ebenen, die für die genannte
Personengruppe jedoch den einen gemeinsamen Schluss zulassen: Je mehr
jemand auf dem Ganzheitsgedanken beharrt, desto molekular-chaotischer
argumentiert er. Mehr noch: der Ganzheitsgedanke wird oft als Vorwand
benutzt, die Unkenntnis über Zusammenhänge und Wechselwirkungen zu
kaschieren. (Und hierbei lasse ich, mein lieber Carl, die Intentionen
"totalitärer" Rattenfänger noch außen vor.) Wie wichtig wäre
es, wie wir ja auf unserem letzten Waldspaziergang nach unserem Gespräch
mit dem Förster über Prävention und Schadensbegrenzung feststellten,
wenn diese ganzheitliche Betrachtungsweise, die das mystische Raunen des
Waldes zum Erkenntnisgewinn hochstilisiert, einer strukturellen, besser
noch ökosystemischen Sichtweise Platz machen würde."
Man wird dieser Analyse unschwer zustimmen können und
man kann ohne Übertreibung sagen, dass ohne diesen Waldspaziergang der
Ganzheitsgedanke heute noch auf dem Niveau geführt würde, welches ihm
einige (Sonder-)Pädagoginnen und Pädagogen zubilligen (an dieser Stelle
kann die geneigte Leserschaft all die Autorinnen und Autoren einsetzen,
die den Begriff "ganzheitlich-humanistisch" gerne und häufig
verwenden). Würde Maturana und Varela
(1987; siehe auch Maturana,
1990) hinreichend genau gelesen, würde man
feststellen, dass die von Auer und Dölle
im Walde entwickelte strukturelle Sichtweise als Kennzeichen von Systemen,
in denen die Teilganzen (bei der menschlichen Ganzheit etwa Denken und
Fühlen) in ihrer reziproken Koppelung das gesamte System modifizieren,
Hinweise darauf gibt, wie notwendig die Analyse der Wechselwirkungen der
Teile ist (vgl. hierzu die für die Pädagogik relevante Analyse von Huschke-Rhein,
1997, der sich auf Ciompi,
1993, und Maturana &
Varela, 1987, bezieht). Es bleibt erneut einem Sonderpädagogen
überlassen, möglicherweise auf der Suche nach (schon wieder) einem neuen
Paradigma, mit seiner Konzeption einer "systemisch-ganzheitlichen
Diagnostik" (Eberwein,
1996b, 1997), die Fachwelt wiederum in
Erstaunen zu versetzen, bringt er doch inhaltlich unter diesem Begriff
nichts, was sich nicht schon mit dem Auer-Dölleschen
Waldspaziergang erledigt hätte.
Kehren wir lieber zu dem von Dölle
angeregten Waldspaziergang zurück: Er zeitigte noch andere Folgen, wie
dem weiteren Briefwechsel zu entnehmen ist. Auer
schreibt: "Eindrucksvoll blieb mir, lieber
Ernst August, wie wir mit dem Förster die Frage diskutierten, ob ein
fallender Baum auch ein Geräusch macht, wenn keiner anwesend ist, der es
hören kann. Du erinnerst Dich, wie der junge Förster, sich voller
Tatendrang vornahm, dieser Frage nachzugehen. Ich glaube ohne
Übertreibung vorhersagen zu können, dass dieses Zusammentreffen die
Geburtsstunde des Konstruktivismus war und dass der junge Förster, durch
unser Zusammentreffen geadelt, in den 70er Jahren als von
Foerster [siehe u. a. von
Foerster, 1997; K.-L.H & H.S.; siehe
aber auch von Foerster, 1990]
dieser Denkrichtung zur Popularität verhelfen
wird. Hoffen wir nur, dass diese Diskussion bei Sonderpädagogen32
nicht zu einem weiteren Chaos führen
wird."
Wie recht Dölle mit
dieser Vermutung behalten sollte, wird in der neueren sonderpädagogischen
Literatur deutlich, wenn etwa Jantzen nicht
nur auf seine herausragende Beliebtheit unter ausgesuchten Kollegen zu
sprechen kommt, sondern auch auf den Sachverhalt, dass er ja schon als
einer der ersten, und - man kann vermuten - heimlich, da er ja noch dem
dialektischen Materialismus verhaftet war, ein - nicht unbedingt
radikaler, aber doch "strikter" - Konstruktivist33gewesen
sei. Und als solcher legt er dann (weil ein Konstruktivist weiß, was
richtig ist und was falsch; vgl. hierzu die Aussage Carl
Auer anlässlich des Kongresses 'die wirklichkeit des
konstruktivismus' in Heidelberg 1992: "So
isses!") z. B. fest, wie viele Paradigmen existieren (!)34
und er zieht die Bilanz seines wissenschaftlichen Wirkens,
indem er resümiert, wer ihn und einen anderen berühmten Kollegen
missverstanden hat. Dies muss um so schmerzhafter sein, als Maturana
und Varelas Postulat der Strukturkoppelung
als Voraussetzung für Entwicklung und Intelligenz, Missverständnisse als
hinderlich, wenn nicht gar unmöglich für die (gemeinsam verantwortete)
Weiterentwicklung (hier: wissenschaftlicher) Systeme erscheinen lassen (d.
h. auch der ist verantwortlich, der sich unverständlich ausdrückt).
Also: So hat einer der Rezensenten Feusers
Position 1991 "völlig" missverstanden, auch "in der
marxistischen Diskussion, der wir uns verpflichtet fühlten und
fühlen" wurde "unser Ansatz ... meist gänzlich
missverstanden". Aber es kommt auch von irgendwo ein Lichtlein her:
"Kanter hat uns zumindest in dieser
Beziehung niemals missverstanden" (Jantzen,
1995, S. 371).
Nun könnte man der Beweihräucherung, wer denn nun der
erste Konstruktivist der Sonderpädagogik gewesen ist, mit einer
nachsichtigen Distanz gegenübertreten, wenn nicht die selbsternannten
Konstruktivisten sich auch der wissenschaftlichen
"Konstruktbildung" annehmen würden, indem nun der
Scheingegensatz zwischen Konstrukt und Realität (so z. B. Eberweins
nicht zu überbietende Artikelüberschrift:
"Lernbehinderung - Faktum oder Konstrukt?", 1996a) auf die Ebene
einer ernsthaften wissenschaftlichen Auseinandersetzung transportiert
werden, bzw. die Begriffe der Sonderpädagogik (die ja allesamt Konstrukte
sind) nun noch einmal durch den Fleischwolf des radikalen Konstruktivismus
gedreht werden (z. B. Palmowski, 1997).
"Wie viele Behinderungsbegriffe35
und damit, wie einige vorschnell
meinen, Paradigmen es gibt, ist ja wohl", wie Auer
an Dölle schrieb, "dem
Einvernehmen des Teilganzen des wissenschaftlichen Systems
[heute würde man ,scientific community` sagen; K.-L.H. & H.S.] überlassen,
jedes Mitglied kann Vorschläge aus seinem theoretischen Verständnis
heraus entwickeln, und das System kann sich je nach Fragestellung und
Nützlichkeit auf Begriffe (Konstrukte) einigen."
Und Dölle antwortete, wie
es so seine Art war, postwendend: "Auch wenn
es meinem Wissenschaftsverständnis zunächst nicht entspricht, muss ich
Dir doch wieder einmal sagen, wie recht du hast. Wann wird sich denn die
Einsicht unter Fachkollegen durchsetzen, dass unsere Wissenschaften in
ihrer Orientierungsfunktion weder einer unmittelbaren Handlungsanleitung
noch einer umfassenden theoretischen Wirklichkeitserklärung dienen
können. Wissenschaftliches Verstehen ist nur ein mittelbarer Prozess. So
wie testdiagnostische Daten (nur) brauchbare Indikatoren für
zugrundeliegende Prozesse sind (welche Autofahrerin würde wohl den
Tachoausschlag für die Geschwindigkeit halten, lieber Carl), so lassen
sich theoretische Modelle mit der Leistung von Landkarten vergleichen:
Jede Wissenschaft, jede Theorie, bedeutet einen Blick auf die Welt, eine
'Landkarte', die sich beispielsweise nach Maßstab, Ausschnitt,
Fragestellung von anderen unterscheidet. Wer möchte denn eigentlich eine
'Einheitslandkarte' haben, und welchen Sinn sollte es haben, eine zu
erstellen, so frage ich. Und so wird es auch immer konkurrierende
wissenschaftliche Perspektiven geben, mag dies auch dem sogenannten
gesunden Menschenverstand einiger widersprechen. Und um den Briefwechsel
über diese Selbstverständlichkeiten endlich abzuschließen, möchte ich
noch zwei Anregungen geben: Hören wir doch auf, uns mit immer neuen
Paradigmen wichtig zu tun. Neue Landkarten sind bestenfalls
quasi-paradigmatische Forschungsprogramme36,
den Paradigmenbegriff möchte ich auf revolutionäre Erkenntnisse - um im
Bilde zu bleiben, die Erkenntnis etwa, dass die Erde keine Scheibe ist -
beschränkt wissen. Und noch etwas anderes muss in aller Deutlichkeit
gesagt werden: Die Landkarte ist nicht die Landschaft, und ich wiederhole
dies gerne für unsere anglo-amerikanischen Kollegen, um ihnen
Diskussionsstoff bis weit ins nächste Jahrtausend anzubieten: 'The map is
not the territory!'."
Diesem von Dölle in
wissenschaftlichem Engagement vorgetragenen Schlusswort mochte Auer
nun nichts mehr hinzufügen. Da er jedoch, auch hier seine Herkunft als
Pädagoge nicht verleugnend, gerne das letzte Wort gehabt hätte, bedachte
er Dölle noch mit einer Postkarte, die
nichts weiter als das letzte Wort dieses Briefwechsels enthielt: "So
isses".37
Epilog - anstelle
eines Schlusswortes
So schließt also dieser bedeutende Briefwechsel, der
in die Wissenschaftsgeschichte Eingang finden sollte. Wir - K.-L.H. und
H.S. - hoffen, mit den genannten Beispielen und Wertungen die Bedeutung
des von uns rezensierten Briefwechsels deutlich gemacht zu haben. Nahezu
alle Fragen, die heutzutage als Grundfragen einer Sonderpädagogik
apostrophiert werden, sind von den genannten Geistesgrößen nicht nur im
Ansatz einer Beantwortung zugeführt worden. Von daher können wir nur
empfehlen, diesen Briefwechsel in den Bestand jeden sonderpädagogischen
Haushaltes einzustellen. Wieviel unschuldiges Papier bliebe dann
ungeschrieben, wie wohltuend prägnant stellten sich die Artikel in den
Fachzeitschriften dar und nicht zuletzt wieviele unschuldige Bäume
würden nicht der Papierverarbeitung zugeführt, sondern könnten - wie
dies Dölle und Auer
vorgelebt haben - an fruchtbaren und erkenntnisbringenden
Waldspaziergängen noch ihren Teil haben. Den Herausgebern und dem Verlag
ist auch an dieser Stelle für diese Tat zu danken.
"Scheue Dich ja nicht davor,
Unsinn zu reden!
Nur musst Du
auf Deinen Unsinn lauschen."
Ludwig Wittgenstein
  
Anmerkungen
1
Wir möchten an dieser Stelle nicht versäumen, dem Institut für
Angewandte Zweckforschung in Bad Soltro zu danken, das uns als
Drittideengeber tatkräftig unterstützte und die vorliegende Rezension
ermöglichen half.
Eine schärfere Fassung dieser Rezension kann unter Angabe des Alters und
der Ausbildungsstätte bei den Rezensenten angefordert werden. Denn wie
sagt es der Volksmund so treffend: Anus Anum Lavat (zu dieser und anderen
Latein-Übersetzungen siehe auch Holtz &
Schöler, 19
94).
2 Zur
Würdigung seines wissenschaftlichen Werkes siehe den von Theo
Herrmann (19
74) herausgegebenen Band "Dichotomie und Duplizität".
3 Wenn
wir im folgenden nur von Carl Auer sprechen,
dann muss auf den bekannten Sachverhalt hingewiesen werden, dass dieser
mit Erfindung des Konstrukts der "Multiplen Persönlichkeit"
die Konsequenz zog, einen Teil seiner Identität (als Pädagoge) dem Ludwig
Auer-, den anderen Teil (als Systemiker und Konstruktivist) dem Carl Auer-Verlag
zur Mitarbeit anzubieten.
4
Hier einige Beispiele seiner Denk-Kunst (als Kartengrüße publiziert
im Carl-Auer-Systeme Verlag, Heidelberg): "Ein
reines Gewissen bewahrt man am leichtesten, wenn man es nicht benutzt"
(C.A. im Gespräch mit Kardinal Ratzinger zum Thema "Ökologisches
Waschen", Rom 1990), "Wer nicht vergessen
kann, aus dem wird auch nicht viel werden!" (C.A. im Gespräch
mit Georg W. Alßheimer, Saigon 1967), "Nur
wer radikal denkt, kann gemäßigt handeln!" (C.A. zur Ethik
des Konstruktivismus, Salzburg 1953), "Wer
nur einen Schraubenschlüssel hat, sucht überall nach Muttern"
(Abstract zu C.A.s Arbeit "Der psychische Apparat und das Phänomen
der Übertragung", Wien 1951). Zu einem Überblick über das wissenschaftliche
Werk siehe auch Auer (19
90).
5 Da es Wissenschaftlerinnen in
der Sonderpädagogik gibt - auch wenn es nach der Lektüre von Jantzen
(1995) nicht so ausschaut -, bemühen wir uns aus Gründen des besseren
Verständnisses und aus "masen-macho-dorfschen" Gründen immer
die weibliche und die männliche Form, wenn es denn unumgänglich ist, auch
zu differenzieren und entsprechend dieser Differenzierung zu gewichten
(siehe dazu auch Peterfrau & Peterfrau,
20
00).
6 Die Briefe waren zum Teil viele
Seiten lang, obschon die Schreiber genügend Zeit für deren Abfassung gehabt
hatten. Die Themenvielfalt erlaubte aber keine stärkere Verdichtung.
7 Siehe
dazu auch die ausgezeichnete Abhandlung von Gottlob Kleine-Moritz
(19
85).
8 Siehe
dazu die vergnügliche Schrift "Friedrich der Große und die Bahnwärters-Tochter"
von Gottlob Kleine-Moritz (19
92).
9 Neuerdings
wurde dies wieder aufgegriffen durch die Feststellung von Bühler
und Allen (1974, zitiert nach Fornefeld,
1995), dass Humanistische Psychologen zuallererst einmal Menschen sind:
"Das Revolutionäre der Humanistischen Psychologie besteht darin,
daß sie erstens ein positives Modell vom Menschen aufstellt, und dass
zweitens ihre Vertreter, eingedenk ihrer eigenen Seinshaftigkeit, glauben,
daß man sein Leben subjektiv leben muss, so wie es sich gibt. Humanistische
Psychologen sind in erster Linie Menschen und erst in zweiter Linie Wissenschaftler"
(1974, 28), was letztlich das Theorie-Defizit erklärt. In der Humanistischen
Psychologie sind Begriffe wie 'Person', 'Selbstverwirklichung', 'Sinnhaftigkeit'
oder 'Selbsttransparenz' von zentraler Bedeutung; Begriffe, die wegen
ihrer geringen Fundierung und unterschiedlichen Interpretation nur schwer
zu fassen sind und deshalb eher Schlagwortcharakter haben. Begriffe, von
denen aber eine faszinierende Wirkung auch auf Nichtpsychologen auszugehen
scheint. "Das Wort 'Selbstverwirklichung', sagt BRAUN,
"ist wie ein Zauberwort, das gerade die Menschen unserer Zeit fasziniert
..." (Fornefeld, 1995; S. 112).
10 Das "Null-Problem"
können wir hier leider auch nicht streifen, obwohl es zwischenzeitlich
einer Lösung zugeführt wurde, denn durch Haferfrau
(19
99) kann das Problem der Null nunmehr als anspruchsvoll
gelungen und gelöst betrachtet werden: Tausend mal Null = 419. Das Gesetz
der großen Zahl verändert - wie der geneigte Leser und die geneigte Leserin
sowieso unschwer aus der Gleichung ablesen können - auch bei der Null
einiges (siehe aber dagegen Peterfrau et al.,
19
99): So können viele anekdotische Arbeiten (siehe auch
Kleine-Moritz, 1992), die - vor allem bei
Gutachten im Fach Diagnostik die Perspektive des prüfenden Gutachters
vor Augen - jeweils treffend und trefflich formuliert wurden, unerwartet
zu einem neuen Ganzen, zu "valablen" (s. u.) Belegen für die
Perspektive des Gutachters werden.
11 Siehe
dazu auch Auer auf dem Weltkongress der Analphabeten
1994 in Reading, Massachusetts: "There is
always a right Auer for reading!"
12
Um Missverständnissen vorzubeugen: Gretchen, Hamlet und
Loreley sind keine Sonderpädagogen oder Sonderpädagoginnen, geschweige
denn Pseudonyme, sondern Gestalten der Weltliteratur.
13 Briefwechsel sind in der Sonderpädagogik
übrigens nicht ungewöhnlich, sondern ein probates Mittel, aktuelle Probleme
zu sehen, zu diskutieren und einer Lösung zuzuführen. Dass solche Briefwechsel
nicht immer symmetrisch erfolgen (siehe Watzlawick,
19
90), liegt zum Teil daran, welche Intention mit den
Sendungen verfolgt werden soll. So kann man seit einigen Jahren einen
in der aktuellen Beliebtheitsrangfolge weit vorne zu findenden eidgenössischen
Sonderpädagogen (siehe Jantzen, 1995, S.
369) in der Vorweihnachtszeit in asymmetrischer Form segensreich wirken
sehen. Hier wird von Jahr zu Jahr der sonderpädagogischen Welt ihr Bild
wieder zurechtgerückt.
14 In
Klammern: (Im übrigen darf die Untersuchung von Hoyningen-Suess
als ein für viele empirische sonderpädagogische Arbeiten typisches Beispiel
für gute Kenntnisse in Methodik, wie hier Stichprobentechnik und Repräsentativität
gelten.) Siehe dazu auch Bleidick (19
96, S. 274).
15 In
Anlehnung an die ARD-Sportschau wäre auch überlegenswert, ob nicht allmonatlich
ein "Tor des Monats" in der Sonderpädagogik gewählt werden sollte.
16 Was
ist übrigens mit Frauen in der Sonderpädagogik: gab es, gibt es und wird
es sie nicht geben? Wir wagen die Prognose, dass wir schon jetzt "Denkansätze"
zukünftig großer Sonderpädagoginnen wahrzunehmen glauben. Das nachfolgende
Zitat von Hollenweger, die einen Sprachentwicklungstest
kritisch würdigt, belegt dies eindrucksvoll: "Kann der Heidelberger
Sprachentwicklungstest etwa Aussagen darüber geben, ob Kinder fähig sind,
am Gespräch teilzunehmen oder eine kritische Haltung gegenüber dem Gehörten
einzunehmen? Nein, viel eher misst er gerade das Gegenteil!" (Hollenweger,
199
4, S. 159).
17 Alle
zwei Monate wird ein neues sogenanntes Paradigma durch das wissenschaftliche
Dorf getrieben. Dabei vergessen die Treiber nur allzu gern, dass sie kein
neues Paradigma, sondern mit der gleichen Methodik allenfalls ein altes,
verkleidetes Paradigma, zumeist aber - wie weiland der Rattenfänger von
Hameln - stolz des Kaisers neue Kleider präsentieren. Man glaubt sich
in die Lage eines Profilbildners versetzt, der vergeblich versucht, durch
Aufblasen und das Einblasen von heißer Luft in den Reifen ein neues Profil
zu gewinnen. Zur Definition und Diskussion von wissenschaftlichen Paradigmen
und Paradigmenwechseln siehe u. a. Aristoteles;
Bischof, 19
81; Dölle, 19
29; Dölle & Herrmann,
19
71; Galilei; Kopernikus;
Kuhn, 19
67).
18 Auer
war an allen intelligenten Fragen interessiert und bearbeitete in Abhängigkeit
von phrenologischen Perspektiven - heute würde man vom phrenologischen
Paradigma sprechen - die Frage, ob der Kopfumfang in unmittelbarer Beziehung
zur Intelligenz oder zu anderen Persönlichkeitsmerkmalen stehen würde
(
sieh
e u.
a. Auer, 1927,
1928, 1929).
19
Beim Konzept des "Handelnden Unterrichtes" wird
sich allerdings die Lehrerarbeitslosigkeit dramatisch erhöhen. Insofern
haben die Rezensenten einige Zweifel an der berufspolitischen Tauglichkeit
eines Konzeptes, das den Lehrer überflüssig macht.
20 Siehe
aber au
ch R.K.
Haferfr
au (1996a,
1996b, 1996c),
der wiederholt Kriterien für gute und gütige Lehrerinnen und Lehrer herauszuarbeiten
suchte, das vor allem nicht immer, aber immer häufiger in dem Ausspruch
gipfelte: "Ein guter Lehrer weiß das!".
21
Siehe dazu Wieczerkowski und Quintanilla (19
82, S. 288f.); ähnlich auch Langfeldt
(19
88).
22
Sie dazu auch die heute immer noch/wieder heute/schon heute wieder
warnende Stimme des an zweiter Stelle der Beliebtheitsfolge liegenden
eidgenössischen Heilpädagogen in seiner Weihnachtsbotschaft 1993: "Auch
in den Köpfen von uns Hochschullehrern nisten sich unmerklich Gedanken
von Selektionierung, Eliminierung und Normierung ein."
23 Siehe
dazu rezent auch Eberwein: "Eine
ganzheitliche Sicht des Menschen verbietet Kategorisierungen, Einstufungen
und Ausgrenzung" (1996b, S. 70).
Empfehlenswert ist hierzu auch die Abhandlung von Rodenwaldt,
wie die nachfolgenden Passagen belegen: "In diesem theoretischen
Zusammenhang sind die naturwissenschaftlichen Bemühungen zu kritisieren,
von außen her die Genese der Sprache und ihre Unzulänglichkeiten zu erklären.
Die Erkenntnisse müssen an der Oberfläche bzw. an der Außenseite bleiben,
weil es die Sprache im Menschen als eigenständiges Funktionssystem nicht
gibt. Die sprachlichen Unzulänglichkeiten von Kindern sind weder Defekte
eines eigenen Funktionssystems noch Krankheitsbilder der Sprache und bedürfen
daher auch keiner Sprachbehandlung. Folglich darf das sprachbeeinträchtigte
Kind nicht auf die Funktion eines Symptomträgers reduziert werden, denn
"der besondere Gegenstand in einer besonderen Sicht, der behinderte
Mensch in seiner Lebenswelt" (IBEN 1985,
S.55f) hat im Mittelpunkt einer sich vom positivistischen Dogma losgesagten
und phänomenologischen Gedanken zugewendeten umfassenderen Sichtweise
zu stehen" (Roden
waldt, 1990, S. 68). Und
an anderer Stelle: "Ein Interesse an den sprachlichen Unzulänglichkeiten
erfordert das Überschreiten der naturwissenschaftlichen Prämissen, um
dem teilnehmenden Erkennen zum Verständnis des Menschlichen und seiner
Auffälligkeiten mehr Platz einzuräumen und mittels einer hermeneutischen
Analyse die sinnkonstitutiven Entwürfe menschlicher Subjektivität zu erschließen"
(Rodenwaldt, 1990, S. 70). Ob dies sprachentwicklungsgestörten
Kindern wohl helfen kann?
24 Diese
Frage wurde kürzlich erneut im Rahmen einer Ringvorlesung "Das Ende
der Erziehung?" (Pädagogische Hochschule Heidelberg, WS 96/97) als
Vortragsthema von einem bekannten Förderdiagnostiker gestellt: "Ist
die pädagogische Diagnostik noch mit modernene Konzepten von Erziehung
vereinbar?" Der Fairness halber sei erwähnt, dass nicht zuletzt aufgrund
der Irritationen der Rezensenten [K.-L.H & H.S.] das Thema nach erfolgter
erster Drucklegung nochmals abgewandelt wurde: "Aktuelle Konzeptionen
von Erziehung und Bildung und ihre Implikationen für die pädagogische
Diagnostik".
25 Zur
Unterstützung dieser Auerschen Position siehe
u. a. Baumgartner und Füssenich,
die die Entwicklungsangemessenheit "erspüren":
"Wir registrieren in einem kontinuierlichen Erkenntnisprozess, was
das Kind schon kann und erspüren prospektiv die nächsten Entwicklungsschritte"
(1992, S. 6).
26 Auch
wir [K.L.-H. & H.S.] stellen fest, dass beispielsweise an der Pädagogischen
Hochschule Heidelberg Studierende wie Lehrende, die ansonsten ähnliche
Positionen vertreten wie einige Förderdiagnostiker und -diagnostikerinnen,
sich für Zugangskriterien zum Studium (hier kann im übrigen einmal korrekt
von "Selektion" und "Selektionsdiagnostik" gesprochen
werden) stark machen.
27 Mit
diesen weihnachtlichen Überlegungen hat Haeberlin
im übrigen einen valablen Beitrag in Richtung auf das nun von den Hochschulen
geforderte Eignungsfeststellungsverfahren (EFV) für künftige Lehrerstudentinnen
geliefert. Nirgendwo sonst ist Selektion im Gegensatz zur Plazierung im
sonderpädagogischen Bereich so offenkundig, und es ist interessant, wie
viele sonderpädagogische Diagnostikerinnen und Diagnostiker, ansonsten
jedweden Festschreibungen abhold, schon mit durchdachten Selektionskriterien
bereitstehen.
28 "Diagnostik ist ein
theoretisch begründetes System von Regeln und Verfahren zur Gewinnung und
Analyse von Kennwerten für inter- und intraindividuelle
Merkmalsunterschiede, ..." (Tent, 1985,
S. 146) und der Klarheit halber fügen die Rezensenten wie Langfeldt
(1988) noch hinzu: "und sonst nichts".
Pädagogische Diagnostik ist auch nicht, wie dies von Förderdiagnostikerinnen
und Förderdiagnostikern versucht wird, auf Förder(ungs)diagnostik zu reduzieren.
"Mit der Förderdiagnostik betreten wir ausgesprochen heilpädagogisches
Gebiet. Ihre Aufgabe besteht darin, im Anschluss und in Ergänzung
[Hervorhebung K.-L.H. & H.S.] zu den vorgenannten Diagnoseverfahren,
sich Klarheit zu verschaffen über die Bildungsmöglichkeiten und die damit
korrespondierenden erzieherischen und unterrichtlichen Notwendigkeiten
und Zielsetzungen" (Kobi, 19
83, S. 13).
29 Schlee
hat dies in
der Diskussion um die Förderdiagnostik wie folgt umschrieben:
"Letztlich handelt es sich auch bei der Förder(ungs)diagnostik nur
um magische Rituale, mit deren Hilfe sich Personen, die nicht über ausreichendes
Handlungswissen verfügen, über ihre Kränkung helfen, in dem sie sich mit
der Welt wieder arrangieren und versöhnen" (1983, S. 49).
30 „Auch
die Förder(ungs)diagnostik gewinnt ihre Daten dadurch, dass sie gleichzeitig
andere Daten selegiert und unterdrückt. Wie soll dieser Prozeß kontrolliert
und legitimiert werden? Die so gewonnenen Daten können dann nur vor dem
Hintergrund einer nicht mehr kontrollierbaren Vergangenheit gewichtet
und interpretiert werden" (Schlee, 1983,
S. 49).
31 Meint
Dreher (1991, S. 61) damit etwa auch
Fröhlich, den er wie folgt zitiert: "Die erste Hinwendung zum
Problem des anthropologischen Fragens angesichts schwerster Behinderung
erfolgte durch Fröhlich bereits 1972 in
theoretischer Absicht. (...) Damals verwies er auf zwei, seine zukünftige
Forschungstätigkeit entscheidend bestimmenden Feststellungen (wenngleich
noch konjunktivisch gefasst):
1. "Es könnte notwendig sein, den Menschen ... zu begreifen ... 'von
unten her, von dem, was allen gemeinsam ist" (1978, 148).
2. Jede Differenzierung müsste von Pädagogik nicht als ein Schritt zum
Mensch sein, sondern als Schritt auf dem Weg durch (Verf.) humane
Existenz begriffen werden (1978, 148)."
32 "Ich
möchte im folgenden in unserem Briefwechsel - auch aus Gründen der Lesbarkeit
- nicht mehr jeweils weibliche und männliche Formen aufführen. Um es in
meiner verschmitzt humanistischen Art zu sagen: Genus ist nicht gleich
Sexus, jedenfalls nicht in dem Sinne, wenn Du weißt, was ich meine, lieber
Ernst-August."
33
Auer und Dölle
beschreiben Ende der 20er Jahre ähnliche Probleme. So Auer
im 77. Brief: "Erinnerst Du Dich noch, lieber
Ernst-August, als wir mit einigen Vertretern der kulturhistorischen Schule
in Auerbachs Keller saßen. Sie argumentierten gleichzeitig streng ganzheitlich,
strikt konstruktivistisch und radikal dialektisch-materialistisch. Ein
Phänomen, wie wir fanden."
34
"Dies ebenso wie die ständige Rede Bleidicks
(ab 1976 in immer neuen Auflagen) von vier Paradigmen, die in dieser Form
nie existiert haben [...]" (Jantzen,
1995, S. 371).
35 So hat die WHO ("World
Health Organization"; der in der Beliebtheitsrangfolge führende Sonderpädagoge
spricht interessanterweise von "Weltgesundheitsamt"- !! -) nach
langen Diskussionen unter Fachleuten die drei Konstrukte impairment
(Schädigung/Störung), disability (Beeinträchtigung) und handicap
(Behinderung) vorgeschlagen, um die unterschiedlichen Aspekte und berufsbezogenen
Fragestellungen des Behinderungsbegriffs deutlich zu machen. Jedes dieser
Konstrukte ist bei unterschiedlichen Fragestellungen nützlich, aber nicht
beliebig austauschbar und schon gar nicht nach richtig oder falsch zu
bewerten.
36 Empfehlenswert
hierzu Herrmann (19
79).
37 Diese
Postkarte wird heute noch als Meilenstein konstruktivistischen Denkens
im Carl-Auer-Verlag ehrfürchtig staunenden Besuchern vorgeführt und kann,
neben anderen Aussagen des Autors (s. o.), als Reprint im Postkartenformat
angefordert werden.
  
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