Arbeitsberichte aus dem Forschungsprojekt „Differentialdiagnostik“

Sprachentwicklungsstörungen im Kontext gestörter Verarbeitungs- und Lernprozesse*

Hermann Schöler und Karin Schakib-Ekbatan

Bericht Nr. 9

Januar 2001

Pädagogische Hochschule Heidelberg
Fakultät I
Psychologie in der Fachrichtung Lernbehindertenpädagogik
Keplerstr. 87, D - 69120 Heidelberg
Tel. (06221) 477-426 [-428]

ISSN 1433-7193

* Der Bericht ist eine verkürzte Fassung des Beitrages „Sprachentwicklungsstörungen und Verarbeitungs- bzw. Lernstörungen“, der 2002 in Band 2 des von Manfred Grohnfeldt herausgegebenen „Lehrbuch der Sprachheilpädagogik und Logopädie“ in Stuttgart im Kohlhammer-Verlag erscheinen wird. Für finanzielle Unterstützung unserer Forschungsarbeiten danken wir der Pädagogischen Hochschule Heidelberg.

 

Inhalt

  Zusammenfassung
  Abstract
1 Nomen est omen? - Die Problematik einer Eingrenzung von Sprachentwicklungsstörungen auf Störungen sprachdomänenspezifischer Entwicklungen
2 Lern- und Verarbeitungsprozesse und ihre Störungen
2.1 Begrenzte Verarbeitungskapazität
2.2 Verbesserung von Behaltensleistungen und Effektivierung von Verarbeitungsprozessen
2.3 Informationsverarbeitung und Intelligenz
2.4 Das Erkennen und Bilden von Regularitäten und seine Störungen
2.5 Zusammenfassung: Ungestörter Spracherwerb setzt ungestörte Informationsverarbeitung voraus
3 Sprachunspezifische Störungen bei Sprachentwicklungsstörungen
3.1 Modalitäts- und Aufgabenabhängigkeit von Verarbeitungsdefiziten
3.1.1 Reduzierte Gedächtnisspanne für Zahlen: Kapazitätsdefizit der phonologischen Schleife?
3.1.2 Effektivierung der Verarbeitung und Erhöhung der Behaltensleistungen durch Strategien
3.1.3 Zusammenfassung: Die differentialdiagnostische Relevanz von phonologischer Schleife und visuell-räumlichem Notizblock
3.2 Kognitive Leistungen: Zur Problematik des Definitionsmerkmals „durchschnittliche Intelligenz“
4 Schlussbemerkung
  Literatur

Zusammenfassung

Die Eingrenzung von Sprachentwicklungsstörungen auf Störungen sprachdomänenspezifischer Entwicklungen wird aus der Perspektive eines Informationsverarbeitungsansatzes problematisiert. Die Vielfalt der verschiedenen betroffenen nichtsprachlichen Entwicklungs- und Leistungsbereiche verdeutlicht, dass dem Erscheinungsbild „Sprachentwicklungsstörungen“ sehr unterschiedliche Bedingungsgefüge zugrunde liegen können. Auch wenn noch keine eindeutigen ätiologischen Faktoren bestimmt werden konnten, so zeigt die Befundlage aber doch sehr deutlich, dass Sprachentwicklungsstörungen in aller Regel keine sprachspezifischen Störungen sondern Lern- und Verarbeitungsstörungen sind, die sich auch im sprachlichen Bereich manifestieren.

Abstract

Language Impairment as Impaired Learning and Information Processing It is argued that specific language impairment cannot be only defined as a pure language domain specific impairment of development. There is empirical evidence that auditory information processing, especially the capacity of the phonological loop as a slavery system of the working memory seems to be causally related to impairments in language development.

1 Nomen est omen? - Die Problematik einer Eingrenzung von Sprachentwicklungsstörungen auf Störungen sprachdomänenspezifischer Entwicklungen

Viele Entwicklungsbereiche müssen ineinandergreifen und aufeinander abgestimmt sein, damit die kindliche Entwicklung störungsfrei und unauffällig verlaufen kann. Ist die Entwicklung eines Bereiches gestört, so wird sich dies aufgrund des hohen Vernetztheitsgrades mit hoher Wahrscheinlichkeit auf andere Bereiche auswirken. Bei Störungen der Sprachentwicklung werden daher nicht nur eng umschriebene Sprachbereiche betroffen sein, auch wenn die Bezeichnung „Sprachentwicklungsstörungen“ nahelegt, dass es sich bei den so gekennzeichneten Phänomenen in erster Linie um Störungen der Sprachentwicklung handelt. Unter Sprachentwicklungsstörungen verstehen wir dabei expressive und rezeptive Sprachstörungen im Sinne von „umschriebenen Entwicklungsstörungen der Sprache“ unbekannter Genese (vgl. WHO-Klassifikationssystem ICD-10 Kapitel V, herausgegeben von Dilling, Mombour & Schmidt, 1991).
  
   In aller Regel ist davon auszugehen, dass Störungen der Sprachentwicklung zumeist mit anderen Störungen einhergehen oder sogar lediglich Ausdruck anderer zugrundeliegender Störungen sind, Sprachentwicklungsstörungen dementsprechend Begleitsymptome bzw. sekundäre Auswirkungen von basaleren Defiziten darstellen. Es besteht das Problem, „daß äußerlich ähnliche Sprachstörungen unterschiedliche Strukturen und Entstehungsmechanismen haben können“ (Shukowa, Mastjukowa & Filitschewa, 1978, S. 23).
        Wenn es nach allem schwierig sein wird, einzelne Bedingungsfaktoren für Sprachentwicklungsstörungen zu isolieren, erscheint uns dennoch eine rein deskriptive patholinguistische Sichtweise in Diagnostik und Therapie von Sprachentwicklungsstörungen, wie sie kürzlich von Kauschke und Siegmüller (2000) propagiert wurde, als zu verkürzt und wenig hilfreich für die Generierung von effektiven therapeutischen Maßnahmen.1 Sollten nämlich verschiedene Entwicklungsdomänen betroffen sein oder den Sprachentwicklungsstörungen sogar andere als spezifisch sprachliche Defizite zugrundeliegen, dann wird eine rein auf die sprachlichen Phänomene bezogene Therapie wenig effektiv sein können. Gemeint ist hiermit, dass eine Sprachtherapie, die quasi im Sinne einer Kopie unauffälligen Spracherwerbs mit dem Kind durchgeführt wird (wie dies einige Konzepte vorsehen, z. B. das ,Prinzip der Entwicklungsorientierung', Kauschke & Siegmüller, 2000; siehe auch die Diskussion um den entwicklungsproximalen Ansatz; Dannenbauer, 1992; 1999; Fromm & Schöler, 1999), bei gestörten bzw. andersverlaufenden Lernprozessen nicht greifen wird. Für die Entwicklung und Effektivierung von therapeutischen Maßnahmen ist die Suche nach differentialdiagnostischen Abgrenzungen, die auf unterschiedliche ätiologische Bedingungsgefüge verweisen, zwingend erforderlich (Schöler, 1999). Da in einem sich entwickelnden System einfache monokausale Beziehungen sich in aller Regel nicht auffinden lassen, wird eine solche Suche immer schwierig sein. Die alleinige Deskription gestörter Sprache könnte u. E. dann und nur dann ausreichend für die Entwicklung therapeutischer Maßnahmen sein, wenn eine eindeutige Abbildung der zu beobachtenden sprachlichen Defizite auf zugrundeliegende sprachliche Wissensstrukturen möglich wäre oder die Beschreibung eindeutige Hinweise auf zugrundeliegende gestörte sprachliche oder sprachunspezifische Prozesse und/oder Strukturen zuließe. Die vorliegenden Befunde lassen solche Schlüsse nicht zu.
        Viele Befunde sprechen eher dafür, dass die zu beobachtenden sprachlichen Auffälligkeiten Symptome von zugrundeliegenden Defiziten sind, die nicht notwendigerweise nur mit dem Lernen von Sprache, sondern allgemein mit der Verarbeitung von Informationen und dem Erwerb und Aufbau von Wissen zu tun haben. Bei einer Konzeptualisierung von Sprache als eingebunden in allgemeine informationsverarbeitende Prozesse und Strukturen (z. B. Herrmann & Grabowski, 1994) wird der Blick über den Entwicklungsbereich Sprache hinaus in seinen Wechselwirkungen zu anderen nichtsprachlichen und kognitiven Bereichen möglich. Damit sind Entwicklungsbereiche wie Wahrnehmung oder Kognition impliziert, die wir im Folgenden in Beziehung zur gestörten Sprachentwicklung setzen wollen. So betrachtet ist eine Sprachentwicklungsstörung immer auch eine Störung des Verarbeitens und Lernens von Informationen sowie des Aufbaus von Wissen.


2 Lern- und Verarbeitungsprozesse und ihre Störungen

Wenn zwischen Lern- und Verarbeitungsprozessen unterschieden wird, sind damit zwei in der Entwicklung zumeist nur analytisch zu trennende Prozesse gemeint: Lernen und der Erwerb bzw. Aufbau von Wissen müssen sich in aktueller Verarbeitung vollziehen und sind somit mit aktuellen Verarbeitungsprozessen konfundiert. Eine aktuelle Verarbeitungsstörung wird sich daher notwendig auf den Erwerb und Aufbau von Wissen auswirken. Die Beschreibung von Lern- und Verarbeitungsprozessen erfolgt hier im Rahmen eines Informationsverarbeitungsansatzes, wie er auch im Rahmen moderner Intelligenzkonzeptionen anzutreffen ist (Kail & Pellegrino, 1989). Im Mittelpunkt der Betrachtung stehen jene Strukturen und Prozesse, die sich zwischen der Reizaufnahme (Input) und der Reaktion (Output) vollziehen. Physikalische Reize wie Licht- oder Schallwellen von Objekten, Geräuschen, Sprache stimulieren die Sinnesorgane und führen zu einer Aktivierung entsprechender Nervenzellen. Muster dieser neuronalen Aktivität müssen im Gehirn analysiert werden, daraus entstandene Repräsentationen werden mit Bedeutung verknüpft. Neu einkommende Information bzw. entsprechende neuronale Muster werden mit bereits gespeicherten Repräsentationen verglichen und bei Übereinstimmung erkannt. Dieser Prozess ist allerdings nicht als einbahniger bottom-up-Prozess zu verstehen, sondern als aktiv und interaktiv, da Erkennens- und Verstehensprozesse nur nach Maßgabe schon vorhandener Strukturen (top-down-Prozesse) und in Abhängigkeit von Antizipationen ablaufen können (siehe u. a. Anderson, 1980; Spitzer, 1996). Zentrale Fragen im Rahmen des Informationsverarbeitungsansatzes sind dabei unter anderen, wie diese Prozesse bzw. Operationen organisiert sind, aus welchen Teilprozessen (Komponenten) sie bestehen, in welcher Weise diese verbunden sind, in welcher Form Wissen strukturiert ist und wie es aktiviert und abgerufen werden kann. Wissen wird dabei in sogenanntes deklaratives und prozedurales Wissen untergliedert.

2.1 Begrenzte Verarbeitungskapazität

Deklaratives und prozedurales Wissen bilden unser gesamtes Wissen. Unser Wissen ist allerdings immer nur begrenzt aktivier- bzw. nur begrenzt bearbeitbar. „Es gehört zu den Paradoxien menschlicher Kognition, daß wir einerseits eine fast unbegrenzte Menge an deklarativem Wissen und prozeduralem Wissen ansammeln, andererseits aber zu einem bestimmten Zeitpunkt nur an eine eng begrenzte Menge von Informationen denken können“ (Kail & Pellegrino, 1989, S. 76). In Modellen des Gedächtnisses wird daher zwischen Kurzzeit- und Langzeitgedächtnissystemen unterschieden.2 Die aktuelle Verarbeitung von Informationen geschieht dabei in Gedächtnissystemen, wie dem Arbeitsgedächtnis, die in ihrer Kapazität begrenzt sind. Solche Gedächtnissysteme sind allerdings nicht zwingend als räumlich getrennte Speicher zu modellieren, wie dies die Metapher vom Kraken sehr schön verdeutlicht, der sich an seinen sieben Tentakeln über ein Netz bewegt (Dörner, 1976). Der Krake symbolisiert ein Kurzzeitgedächtnissystem, das nur die mit den Tentakeln abgegriffenen Netzwerkbereiche bearbeiten kann. Da Erwerb und Aufbau von Wissen immer in aktueller Verarbeitung geschehen, ist es bei Entwicklungsstörungen einzelner Wissensbereiche durchaus angebracht, die aktuellen Verarbeitungssysteme ebenfalls im diagnostischen Blick zu haben und ihre Funktionalität zu überprüfen.
        Nach dem Modell von Baddeley (1986) umfasst das Arbeitsgedächtnis drei Einheiten: eine zentrale Exekutive und zwei Hilfssysteme. Die beiden Hilfssysteme unterscheiden sich dabei in der Art ihrer Verarbeitung von Informationen: Der sogenannte visuelle Notizblock (visuo-spatial sketch pad) dient dem Behalten und Verarbeiten von simultan angebotenen räumlich-visuellen Informationen, die phonologische Schleife (phonological loop) dient dem Behalten und Verarbeiten sukzessiv angebotener phonetisch-phonologischer Informationen, die durch ihre rasche zeitliche Abfolge nicht lange zur Verfügung stehen.
Als valider Indikator für die Kapazität dieses begrenzten Arbeitsgedächtnisses gilt die Gedächtnisspanne, die meist mit sogenannten Seriationsaufgaben untersucht wird. Die Aufgabe besteht darin, eine Reihe vorgegebener Elemente (wie Wörter, Zahlen, Symbole) unmittelbar nach Vorgabe in der gleichen Reihenfolge zu reproduzieren. Die so ermittelten Gedächtnisspannen variieren jedoch u. a. in Abhängigkeit von der Modalität (z. B. visuell oder auditiv) und vom vorgegebenen Material (z. B. Wörter, Zahlen oder unterschiedliche Arten von Wörtern). So ist die Behaltens- bzw. Wiedergabeleistung seriell vorgegebener Wörter abhängig von deren Wortlänge bzw. Silbenzahl. Die gleichen Zahlenfolgen benötigen daher in verschiedenen Sprachen (beispielsweise durch höhere Silbenzahlen bei der Zahl 11 im Deutschen und Englischen: elf vs. eleven) unterschiedlich lange Vorgabezeiten. Kinder, in deren Muttersprache die Zahlwörter kürzer sind, können daher eine größere Anzahl von Zahlenreihen reproduzieren. Da solche Kurzzeitgedächtnisaufgaben häufig integraler Bestandteil von Intelligenztests sind, können kulturvergleichende Intelligenz-Untersuchungen zu Leistungsunterschieden führen. So ergaben sich beim Vergleich walisischer mit amerikanischen Kindern IQ-Differenzen zuungunsten der walisischen Kinder, weil die Zahlwörter im Walisischen länger als im Englischen sind. Dies sollte allerdings nicht zu solch irriger Interpretation verführen, dass walisische Kinder weniger intelligent als amerikanische Kinder sind (Goswami, 1998, p. 190).3
        Die Verarbeitungskapazität ist nicht nur abhängig von der Modalität und die Behaltensleistung variiert nicht nur in Abhängigkeit von den vorgegebenen Materialien, sondern beide verändern sich auch mit dem Entwicklungsalter (Kail, 1992; zu einem Überblick siehe Schneider & Büttner, 1995). Bei einer erwachsenen Person liegt die Verarbeitungskapazität durchschnittlich bei etwa sieben Einheiten, bei siebenjährigen Kindern durchschnittlich bei etwa fünf Einheiten.4
Zahlreiche Untersuchungen haben einen engen Zusammenhang zwischen dem Arbeitsgedächtnis und Sprachentwicklungsstörungen belegt (Gathercole & Baddeley, 1993; Shelton, Martin & Yaffee, 1992; zsf. Hasselhorn & Werner, 2001). Nach Romani (1994) funktioniert der phonologische Speicher wie ein „look-ahead-window“: Je kleiner zu verarbeitende bzw. verarbeitbare Wortketten im Speicher sind, desto größer ist die Schwierigkeit für das Kind, Bildungsregeln von Sätzen zu erkennen. „Betroffen sind vor allem Bildungsregeln, die bei der Verarbeitung besonders viel Aufmerksamkeit und Kapazität beanspruchen und/oder an den Schaltstellen der Satzeinheiten fungieren” (Schöler, Fromm & Kany, 1998b, S. 289). So unvollständig eingelagerte Einheiten führen zu einem defizitären Aufbau sprachlichen Könnens. Schlechtere sprachliche Leistungen resultieren so aus einer defizitären Speicher- und Verarbeitungskapazität und zielunangemessenem sprachlichen Können.

2.2 Verbesserung von Behaltensleistungen und Effektivierung von Verarbeitungsprozessen

Bei begrenzter Kapazität bestehen allerdings eine Reihe von Möglichkeiten, die Behaltensleistung trotz dieser Begrenzungen zu erhöhen. So stellt das Gruppieren oder Zusammenfassen (Clustern, Chunking) einzelner Informationen zu größeren Einheiten eine effektive Möglichkeit zur Steigerung der Behaltensleistung dar. Mittels solcher und anderer Strategien lässt sich die Anzahl zu reproduzierender Elemente wie Wörter oder Zahlen erhöhen, vereinzelt sogar dramatisch wie „Memorierkünstler“ eindrucksvoll demonstrieren. Eine Steigerung der kurzfristigen Behaltensleistung ist auch durch das ständige Wiederholen (Rehearsal) von Elementen möglich, beispielsweise kann man eine längere Telefonnummer durch ständiges Repetieren im Gedächtnis halten, um sie nicht zwischen dem Ablesen aus dem Telefonbuch und dem Wählen wieder zu vergessen. Eine andere Möglichkeit, trotz der begrenzten Kapazität zu einer Erhöhung der Zahl simultan ablaufender Verarbeitungsprozesse zu kommen, besteht in der Automatisierung von Verarbeitungsprozessen. Ein Erwachsener wird solche und andere Strategien teilweise unbewusst, teilweise sehr gezielt zur Erhöhung der Verarbeitungs- und Behaltensleistung einsetzen. Bei Vorschulkindern finden sich dagegen solche Strategien in der Regel noch nicht, erst zum Zeitpunkt des frühen Schulalters sind Kinder in der Lage, solche Strategien zu entwickeln und einzusetzen.
        Eine Erweiterung der grundsätzlich begrenzten Verarbeitungskapazität und eine Steigerung der Effizienz erfolgt nach Case (1999) in der kindlichen Entwicklung über die Automatisierung von Abläufen, die in der Folge „sehr rasch und ohne psychische Anstrengung ablaufen und zudem so gut wie keinen Speicherplatz benötigen“ (Oerter & Dreher, 1998, S. 563). Ein gutes Beispiel hierfür stellt der Übergang vom analytischen zum sinnerfassenden Lesen dar. Einen anderen Mechanismus sieht Case in der biologischen Reifung, die die Effizienz des Arbeitsgedächtnisses und somit auch die Verarbeitungsgeschwindigkeit entscheidend mitprägt. Als weiteren Mechanismus betrachten Case und Griffin (1990) die Bildung von Begriffsstrukturen, also das oben angesprochene assoziative Netzwerk von Begriffen und Begriffsbeziehungen, „die es dem Kind ermöglichen, über eine Vielzahl von Situationen zu generalisieren und dadurch neue Erkenntnisse zu gewinnen“ (Oerter & Dreher, 1998, S. 564). Durch größere Vernetztheit wird zudem der Wissensabruf effektiver: „Je enger das Geflecht, desto größer wird auch die Wahrscheinlichkeit, daß die Aktivierung eines spezifischen Knotens benachbarte Bereiche zugänglich macht“ (Oerter & Dreher, 1998, S. 680). Wissen steuert die aktuelle Informationsverarbeitung, und es gilt das sogenannte „Matthäus-Prinzip“5: „Wer zu einem gegebenen Zeitpunkt mehr weiß, hat größere Chancen, noch mehr Wissen zu erwerben, denn jede neue Information kann in eine bereits vorhandene und gut entwickelte Wissensbasis integriert werden“ (Kail & Pellegrino, 1989, S. 68).

2.3 Informationsverarbeitung und Intelligenz

Im Rahmen des Informationsverarbeitungsansatzes sind Verarbeitungskapazität und Verarbeitungsgeschwindigkeit integrale Bestandteile der Definition intelligenten Verhaltens. In welcher Weise können solche Merkmale der Informationsverarbeitung zur Erklärung und Bestimmung individueller Unterschiede beitragen? Am Beispiel eines Sprachverständnistests zeigten sich folgende Unterschiede (siehe dazu Kail & Pellegrino, 1989): Personen mit hohem Sprachverständnis zeigten tendenziell sehr gute Leistungen bei Aufgaben, die das Abrufen von Informationen und das Bearbeiten im aktivierten Gedächtnis erforderten. Zum Einen war die Fähigkeit gefordert, physikalisch angebotene Reize schnell auf ein höheres Abstraktionsniveau umzukodieren, zum Anderen verfügten die Personen mit sehr gutem Sprachverständnis über eine höhere Geschwindigkeit, Informationen im aktivierten Gedächtnis zu bearbeiten, nach Hunt (zitiert nach Kail & Pellegrino, 1989) ein wohl stabiles individuelles Merkmal.
Die Frage nach dem Zusammenhang von Intelligenz und Entwicklungsstörungen erhält im Rahmen eines Informationsverarbeitungsansatzes eine andere Bedeutung. Die Beantwortung dieser Frage nach dem Zusammenhang zwischen der Störung des betreffenden Bereiches, beispielsweise Sprache, und der Intelligenz besitzt ja differentialdiagnostische Relevanz: Bei der Spezifischen Sprachentwicklungsstörung und bei legasthenen Störungen ist eine erwartungswidrige Diskrepanz zwischen allgemeiner kognitiver Leistungsfähigkeit und den Sprach- bzw. Schriftsprachleistungen Bestandteil der Definition: Solche Störungen werden nur dann diagnostiziert, wenn die Intelligenz durchschnittlich ausgeprägt ist. Auf die Problematik dieses Definitionsmerkmales werden wir später noch einmal ausführlicher eingehen.
        Die Fähigkeit, allgemeine Regeln auf der Basis vieler Einzelinformationen ableiten zu können (induktives Denken), ist ebenfalls integraler Bestandteil einer Definition intelligenten Verhaltens. Eine solche Fähigkeit, Regularitäten erkennen und abstrahieren zu können, ist auch beim Sprachlernen von hervorragender Bedeutung.6 Eine notwendige Voraussetzung, solche Regularitäten entdecken und ableiten zu können, ist eine intakte Verarbeitung der auditiven Informationen, die nur flüchtig zur Verfügung stehen und somit hohe Anforderungen an die Verarbeitungsmechanismen stellen. Sukzessive auditive Informationen müssen im phonologischen Speicher des Arbeitsgedächtnisses gehalten und im Sekunden- bzw. Millisekundenbereich verarbeitet werden.7

2.4 Das Erkennen und Bilden von Regularitäten und seine Störungen

Der Mensch verfügt über mächtige Unterscheidungs-, Vergleichs- und Abstraktionsprozesse, die auch für die Sprachentwicklung sehr bedeutsam sind und unseres Erachtens die Annahme angeborener sprachstruktureller modularer Strukturen erübrigt, wie sie in Theorien in der Tradition nativistischer Ansätze postuliert werden (z. B. Chomsky, 1996)8. Bereits pränatal werden lautliche Aspekte der „Mutter“-Sprache analysiert, diskriminiert und gespeichert (zu einem Überblick vgl. Jusczyk, 1997). Eine in diesem Kontext interessante Spracherwerbstheorie wurde von John Locke (1994; 1995; 1997) vor einigen Jahren entwickelt.9

Die neurolinguistische Spracherwerbstheorie von John Locke

Locke modelliert die Entwicklung der neurolinguistischen Kapazität - wie er sie selbst kennzeichnet („neurolinguistic capacity“) - in vier Phasen, die in einer festen, aber sich überlappenden, interagierenden Abfolge und zeitlich begrenzt im Sinne von „sensiblen Phasen“ auftreten. In jeder Phase wird eine einzige Funktion entwickelt und beherrscht, die jeweils eine eigene neuronale Spezialisierung aufweist. Locke spricht daher auch von einer gemeinsamen Entwicklung von Gehirn und Sprache.
Die Funktion der 1. Phase ist primär „indexical and affective“. Der Säugling ist in dieser Phase sehr stark orientiert an der menschlichen Stimme und dem menschlichen Gesicht - vielleicht als Folge der bereits pränatal vertrauten mütterlichen Stimme. Die oberflächlichen stimmlichen Charakteristika der Betreuungspersonen und der entsprechenden Sprache werden gelernt. Die ‚Mutter'sprache wird zur Muttersprache.
     Die Funktion der 2. Phase ist die Sammlung und Speicherung von Äußerungen. Diese Aufgaben werden im Wesentlichen durch Mechanismen der sozialen Kognition unterstützt, die grundsätzlich rechtshemisphärisch angesiedelt sind und als lexikalisches Verstehen, als Wortschatz zu kennzeichnen sind.
     Die Funktion der 3. Phase ist analytisch und kalkulierend/berechnend. Ein sogenanntes Struktur-Analyse System lokalisiert Elemente innerhalb und zwischen den gespeicherten Äußerungen und lernt dadurch die Regeln, durch die Äußerungen zusammengesetzt und zergliedert werden. Dieses System erzeugt die Einheiten, die das Kind für alle sprachlich-strukturellen Bereiche benötigt: Morphologie, Syntax, Phonologie und Lexikon. Evidenz für solch ein System liefern zum Beispiel die übergeneralisierten Formen von Kindern, wenn sie unregelmäßige Plural- oder Verbformen regularisieren. Diese 3. Phase der Entwicklung der linguistischen Kapazität hängt jedoch eng mit der Entwicklung der 2. Phase zusammen. Die 3. Phase ist zeitlich sehr begrenzt, die Funktion ist nur für eine bestimmte Zeit aktiv. Mechanismen der linken Hemisphäre üben weitestgehend diese Funktionen aus, die den Erwerb von Phonologie, Morphologie und Syntax ermöglichen.
     Die 4. Phase ist integrativ und elaborativ. Sie dauert bis zum Erwachsenenalter, in ihr finden die Erweiterung erlernter Strukturen und der extensive Ausbau des Wortschatzes statt.
     Nach Locke ist die 2. Phase im wesentlichen durch externe Faktoren, erfahrungsabhängig, bestimmt, die 3. Phase wird dagegen primär durch interne Faktoren gesteuert. Die Entwicklung des Äußerungsanalyse-Systems ist nur indirekt durch externe Faktoren beeinflußt, nämlich nur durch den Prozess der Übertragung der äußeren Stimulationen; wurden die Äußerungen korrekt in die entsprechenden Subsysteme übertragen? Demnach ist es nicht ausreichend, wenn man den Prozess des Spracherwerbs verstehen will, alles über den „Input“ zu wissen, man muss auch wissen, welche der Äußerungen korrekt wahrgenommen, gespeichert und dem Analyse-Mechanismus zugeführt wurden.
     Was geschieht, wenn Kinder in der 2. Phase verzögert sind, sie zu wenig Äußerungen gespeichert haben, um den Analyse-Prozess zum optimalen biologischen Zeitpunkt zu aktivieren? Wenn nicht genügend Wörter, Äußerungen gelernt worden sind, dann wird der Analyse-Mechanismus nicht aktiviert. Oder er ist - bei einer entsprechenden zeitlichen Verzögerung beim Erwerb von Wörtern und Äußerungen - bereits wieder im Verschwinden begriffen.
     Die Auswirkungen einer solchen Entwicklungsverzögerung wären: Die Nicht-Aktivierung des Analyse-Systems hat den gleichen Effekt wie eine Schädigung dieses Systems. Der kompensatorische Gebrauch homologer rechtshemisphärischer Strukturen, der durch die lexikalische Verzögerung einsetzt, führt zu funktionalen und anatomischen Symmetrien zwischen den Hemisphären. Die resultierenden neurolinguistischen Ressourcen, die nicht für die phonologischen Prozesse spezialisiert/prädisponiert sind, sind suboptimal für die Entwicklung der gesprochenen Sprache und können ebenfalls das Verstehen und Produzieren phonologischer Strukturen beim Schriftspracherwerbsprozess beeinträchtigen.

        Wir gehen davon aus, dass das Kind mit Informationsverarbeitungssystemen ausgestattet ist, die einen impliziten Regelerwerb ermöglichen und als modulare Strukturen Ergebnisse von Lern- und Reifungsprozessen darstellen (vgl. dazu auch Elman et al., 1996). Allerdings unterliegt die Verarbeitung sprachlicher Äußerungen funktionierenden oder eben auch nicht funktionierenden Verarbeitungssystemen. Sprachlich-strukturelle Defizite könnten danach - zumindest bei einem Teil sprachentwicklungsgestörter Kinder - als eine Störung basaler und zwar auditiver Informationsverarbeitungsprozesse erklärt werden.
        Weitere Ansätze, bei denen Defizite in der auditiven Verarbeitung als verursachend für gestörte Sprachenwicklung postuliert werden, betreffen u. a. mangelhafte diskriminative Wahrnehmung, z. B. für unbetonte, inhaltlich eher unbestimmte morphologische Formen, die in der Folge zu partiell rudimentären Repräsentationen von Sprache führen (Leonard, 1994) oder die mangelnde Nutzung von Rhythmus und Intonation (Weinert, 1991; 1996; 2000; siehe auch den Kommentar dazu von Schöler, 2000). Ein weiterer, viel diskutierter Ansatz geht von einer Störung der Bildung von zeitlichen Sequenzen aus. In Untersuchungen von Tallal und Piercy (u. a. 1978) zeigte eine Gruppe sprachentwicklungsgestörter Kinder eine deutlich verlangsamte Verarbeitung für sprachliche Reize. Kegel und Mitarbeiterinnen (Kegel, 1991; Kegel, Dames & Veit, 1988; Veit, 1994) haben in Anlehnung an Pöppels Taxonomie der Zeitverarbeitung (1978; 1997) Untersuchungen u. a. zur Ordnungsschwelle durchgeführt und stellen für eine Gruppe sprachentwicklungsgestörter Kinder eine erhöhte Ordnungsschwelle fest. Die Ordnungsschwelle bestimmt die Zeitspanne, die erforderlich ist, um zwei Sinnesreize als Einzelreize in einer zeitlichen Reihenfolge wahrnehmen zu können. Pöppel (1997) nimmt für Erwachsene eine mittlere Ordnungsschwelle zwischen 20 und 40 Millisekunden an. Bei Kindern ist von höheren Werten und einer größeren Varianz auszugehen (siehe hier auch Maier & Keilmann, 1999). Von Steinbüchel, Wittmann und Landauer (1997) gehen ebenfalls von einer im Vergleich zu sprachunauffälligen Kindern erhöhten Ordnungsschwelle aus, die sie sogar als verursachend für eine Sprachentwicklungsstörung annehmen (zu einem diagnostischen Verfahren siehe Moser, 1995). Wie Nikisch (1999) zu Recht hinweist, ist von einem unkritischen Einsatz von Ordnungsschwellentrainingsgeräten aber zur Zeit noch abzusehen, so lange ein Nachweis der therapeutischen Wirksamkeit dieser Geräte fehlt (siehe auch Kühn-Inacker & Weinmann, 2000; Meister, Klüser, Ernst, Foerst, Walger & von Wedel, 2000).

2.5 Zusammenfassung: Ungestörter Spracherwerb setzt ungestörte Informationsverarbeitung voraus

Die kurze Einführung in die Beschreibung des mentalen Systems im Rahmen eines Informationsverarbeitungsansatzes erscheint uns zum Verständnis von Lern- und Verarbeitungsstörungen sprachentwicklungsgestörter Kinder grundlegend und sinnvoll. Die allgemeine Entwicklung und eben auch die Sprachentwicklung basieren danach u. a. auf Strukturen und Prozessen, die von zur Verfügung stehenden Kapazitäten und Verarbeitungsgeschwindigkeiten abhängig sind. Über Merkmals- und Mustererkennungsprozesse wird Wissen aufgebaut und erweitert, das weiteres Lernen beeinflusst und über Induktion Abstraktionen ermöglicht. Nur bei intakten Informationsverarbeitungssystemen kann auch die Sprachentwicklung ungestört verlaufen.

3 Sprachunspezifische Störungen bei Sprachentwicklungsstörungen

Zahlreiche Untersuchungen mit sprachentwicklungsgestörten Kindern belegen Auffälligkeiten oder Störungen in unterschiedlichsten Entwicklungsbereichen wie beispielsweise der Lateralisierung (zu einem Überblick siehe Olàh, 1998), der Händigkeit (Bishop, 1990), der Motorik (Amorosa & Ploog, 1988), der Artikulation (zsf. Dannenbauer, 1989), dem Sprechablauf (Johannsen, Schulze, Rommel, Häge, Brosch & Kalehne, 1997) sowie Defiziten in Wahrnehmung und Kognition.10 Die vielfältigen Befunde zeigen darüber hinaus, dass es sich keineswegs um ein einheitliches Störungsbild handelt; die Kinder, die als sprachentwicklungsgestört diagnostiziert werden, stellen eine höchst heterogene Gruppe dar (Schöler, Fromm & Schakib-Ekbatan, 1998). Im Folgenden werden wir einige Ergebnisse sprachentwicklungsgestörter Kinder bei allgemeinen Lern- und Verarbeitungsprozessen darstellen.11

3.1 Modalitäts- und Aufgabenabhängigkeit von Verarbeitungsdefiziten

Sprachauffällige Kinder haben in der Regel keine Schwierigkeiten bei der Wahrnehmung und Verarbeitung von visuellen Informationen, wie dies die Mehrzahl der Untersuchungen belegt (zsf. Fromm et al., 1998). Die Verarbeitung und das kurzzeitige Behalten simultan vorgegebener räumlicher Informationen bereitet den Kindern keine Probleme, so dass ein intakter visuell-räumlicher Notizblock im Sinne des Arbeitsgedächtnismodells von Baddeley (1986; 1997) angenommen werden kann.
Allerdings kommt der Wahrnehmung und Verarbeitung von visuellen Informationen für die Differentialdiagnostik und Prognose bei Sprachentwicklungsstörungen eine nicht unbedeutende Rolle zu: In vielen Untersuchungen zeigen sprachentwicklungsauffällige Kinder zumindest vergleichbare, teilweise sogar bessere Leistungen bei Aufgaben zur visuellen Verarbeitung als altersgleiche sprachunauffällige Kinder (Schöler & Spohn, 1998). Die visuelle Verarbeitung scheint als eine Kompensationsmöglichkeit genutzt werden zu können. Weisen sprachentwicklungsgestörte Kinder dagegen geringe Leistungen bei Aufgaben zur Prüfung der visuellen Verarbeitung auf, so scheint den Kindern dann eine wichtige Möglichkeit zur Kompensation auch ihrer sprachlichen Probleme zu fehlen. Zusätzliche Evidenz für diese Annahme der Kompensation via visuelle Modalität liefern auch jene sprachentwicklungsgestörten Kinder, die von dem in der Schule einsetzenden Schriftspracherwerb profitieren und keine legasthenen Probleme bekommen, wie dies aber bei einem anderen großen Teil der sprachentwicklungsgestörten Kinder zu beobachten ist (siehe hierzu auch Hasselhorn & Marx, 2000; Schöler, Häring, Schakib-Ekbatan, Spohn & Spohn, 1998; Schakib-Ekbatan & Schöler, 1998).
        Anders als beim visuell-räumlichen Notizblock sieht es beim zweiten Hilfssystem des Arbeitsgedächtnisses aus: Die Funktionstüchtigkeit der phonologischen Schleife scheint nicht in angemessener Form gewährleistet, denn zahlreiche Befunde deuten auf eine defizitäre auditive Verarbeitung hin. Viele sprachentwicklungsgestörte Kinder schneiden bei allen Leistungen, die eine intakte auditive Verarbeitung erfordern, schlechter ab als sprachunauffällige Kinder. Dies gilt für die Diskrimination von Lauten wie für Rhythmen, für das Behalten und Wiedergeben von Zahlen wie von Wörtern und Sätzen.

3.1.1 Reduzierte Gedächtnisspanne für Zahlen: Kapazitätsdefizit der phonologischen Schleife?

Als valider Indikator für die Kapazität des Arbeitsgedächtnisses speziell der phonologischen Schleife gilt die Gedächtnisspanne für Zahlen. Im Vergleich zu sprachunauffälligen Kindern ist diese Spanne im Vorschulalter bei sprachentwicklungsgestörten Kindern durchschnittlich um etwa eine Einheit geringer und ab einem Alter von sieben bis acht Jahren scheint diese Gedächtnisspanne zu stagnieren, wie wir bei einer Längsschnittstudie über fast zehn Jahre beobachten konnten (Schakib-Ekbatan & Schöler, 1998): Die im Vorschulalter als dysgrammatisch sprechend diagnostizierten 15-16jährigen Jugendlichen konnten ihre Behaltensleistung kaum verbessern und erreichten zumeist nicht das Niveau sprachunauffälliger Viertklässler. Die Probleme im Halten und Verarbeiten solcher auditiver Informationen persistieren. Sie lassen sich am ehesten als ein Kapazitätsdefizit erklären (Spohn, Spohn & Schöler, 1998), denn die Unterschiede bei der Gedächtnisspanne zwischen sprachentwicklungsgestörten und sprachunauffälligen Kindern bleiben selbst dann bestehen, wenn man die Gruppen nach Sprachleistungen parallelisiert (Schöler et al., 1998c). Gemäß der „strengen Prüflogik“ im Sinne von Hasselhorn und Hille (1997; vgl. auch Bishop, 1992) ist es demnach sehr wahrscheinlich, dass ein solches Kapazitätsdefizit ein Verursachungsfaktor für Sprachentwicklungsstörungen ist (siehe auch Gathercole & Baddeley, 1990).
        Auch bei der Verarbeitung nichtsprachlicher auditiver Informationen, wie dem Imitieren und Diskriminieren von Rhythmen weisen die sprachentwicklungsgestörten Kinder deutliche Minderleistungen gegenüber altersgleichen sprachunauffälligen Kindern auf (Breuer & Weuffen, 1977; 1978; 1999; Schöler, 1999; Schöler & Spohn, 1998; Weuffen, 1975).

3.1.2 Effektivierung der Verarbeitung und Erhöhung der Behaltensleistungen durch Strategien

Evidenzen für die Annahme eines Kapazitätsdefizits liefern auch die Befunde zu Entwicklungsveränderungen bei solchen Behaltensleistungen, bei denen Gedächtnisstrategien oder Wissen zur Leistungsverbesserung eingesetzt werden können: Bei den sprachauffälligen Kindern ist die Leistungsdiskrepanz zwischen der Gedächtnisspanne für Zahlen (als genaue Wiedergabe einer vorgegebenen Zahlenfolge wie sie üblicherweise erhoben wird) und dem Wiedergeben von Zahlenfolgen in der umgekehrten Reihenfolge (wie dies auch im Untertest Zahlennachsprechen des HAWIK-R, Tewes, 1983, gefordert wird) geringer als bei den sprachunauffälligen Kindern.12 Im Gegensatz zur Behaltensleistung bei der genauen Wiedergabe der Zahlenfolge zeigt sich beim Zahlennachsprechen in umgekehrter Abfolge bei den sprachentwicklungsauffälligen Kindern auch ein Entwicklungseffekt: Mit zunehmendem Alter steigt die Behaltensleistung an, auch wenn aufgrund der geringeren Kapazität das Niveau der sprachunauffälligen Kinder nicht erreicht werden kann. Die Zunahme der Behaltensleistung kann aber als deutlicher Hinweis auf eine Effektivierung durch Gedächtnisstrategien gewertet werden.
        Werden Folgen von sinnvollen Wörtern vorgegeben, die von den Kindern in beliebiger Folge reproduziert werden sollen, zeigen sich ebenfalls Veränderungen mit zunehmendem Alter, die mit einer vermehrten Nutzung von Gedächtnisstrategien erklärbar sind: Größeres Wissen bzw. höhere Vernetztheit des Wissens über die Listenwörter und damit einhergehend zahlreichere Assoziationsmöglichkeiten können solche Entwicklungsveränderung bedingen. Auch die Unterschiede in der Behaltensleistung von zwei verschiedenen Wortlisten lassen sich in ähnlicher Weise interpretieren: Die erste Liste enthält Nomen aus drei semantischen Kategorien bzw. Wortfeldern (Gemüse, Möbel, Kleidung) und wurde deutlich besser wiedergegeben als die zweite Liste, die Wörter aus drei Wortklassen (Adjektive, Verben, Nomen) enthält. Eine Organisation der zweiten Liste ist in der Regel erheblich schwieriger als bei der ersten Liste, die einen schnelleren Zugriff auf die üblicheren Oberbegriffe erlaubt.

3.1.3 Zusammenfassung: Die differentialdiagnostische Relevanz von phonologischer Schleife und visuell-räumlichem Notizblock

Im Vergleich zu sprachunauffälligen zeigen viele sprachentwicklungsauffällige Kinder und Jugendliche Minderleistungen bei all den Aufgaben, die das unmittelbare Verarbeiten und/oder Wiedergeben auditiver Informationen fordern, wohingegen sie vergleichbare oder sogar bessere Leistungen bei Aufgaben zeigen, bei denen visuelle Informationen zu verarbeiten sind. Diese Befunde stützen zum einen die Annahme zweier unabhängiger Hilfssysteme im Arbeitsgedächtnis, wie sie mit der phonologischen Schleife und dem visuell-räumlichen Notizblock im Modell von Baddeley (1997) postuliert werden. Zum anderen wird deutlich, dass viele sprachauffällige Kinder nur bei einem dieser beiden Systeme, nämlich der phonologischen Schleife, Defizite aufweisen, die auf eine verminderte Kapazität dieses Arbeitsgedächtnissystems schließen lassen.
        Darüber hinaus gibt es deutliche Hinweise dafür, dass eine verminderte Kapazität der phonologischen Schleife ein Verursachungsfaktor für Sprachentwicklungsstörungen ist. Trotz dieser Evidenz zeigen die bisherigen Befunde aber auch, dass eine Diagnostik bei Sprachentwicklungsstörungen sich nicht auf eine Überprüfung der Funktionalität der phonologischen Schleife beschränken darf, aufgrund der differentialdiagnostischen Relevanz ist es ebenso angebracht, die Funktionalität des visuell-räumlichen Notizblockes zu prüfen.

3.2 Kognitive Leistungen: Zur Problematik des Definitionsmerkmals „durchschnittliche Intelligenz“

Durchschnittliche Intelligenz ist ein Definitionsmerkmal von Sprachentwicklungsstörungen unbekannter Genese. Wenn aber - wie dies bei einer Konzeptualisierung von Intelligenz im Rahmen eines Informationsverarbeitungsansatzes geschieht - auch Informationsverarbeitungskapazitäten und -geschwindigkeiten intelligentes Verhalten definieren, wird die Problematik dieses Definitionsmerkmales deutlich. Denn alle Befunde deuten darauf hin, dass zumindest die für die Informationsverarbeitung sehr wesentliche Verarbeitungskapazität - wie wir oben ausgeführt haben - bei vielen sprachentwicklungsgestörten Kindern defizitär ist. Folglich werden diese Kinder auch bei Intelligenztests, bei denen Informationsverarbeitungskapazitäten, -geschwindigkeiten und -strategien wesentliche Bestimmungstücke sind, geringere Leistungen zeigen müssen. Dies ist beispielsweise bei der K-ABC (Melchers & Preuss, 1994) der Fall, da bei diesem Intelligenztest eine ganzheitliche (SGD) und eine sukzessive (SED) Informationsverarbeitung differenziert werden. Bei den Aufgaben der Skala einzelheitlichen Denkens (SED), bei denen im Wesentlichen Überprüfungen des Arbeitsgedächtnisses stattfinden, zeigen sprachentwicklungsgestörte Kinder dementsprechend auch unterdurchschnittliche Leistungen (vgl. Preis, Schittler, Richter-Werkle, Sterzel & Lenard, 1997). Dieses Definitions- bzw. Ausschlusskriterium ist daher zu Recht in die Diskussion geraten. Johnston verwies bereits 1993 darauf, dass die intellektuellen Leistungen von sprachentwicklungsgestörten Kindern überschätzt werden: „In spite of their normal-range nonverbal IQ, children with SLI have performed less well than their age peers on a wide range of nonverbal cognitive tasks“ (1993, p. 582). Die Ergebnisse unserer Untersuchungen bestätigen diese Überschätzung (vgl. Schöler, 1992; Schöler & Spohn, 1998): Auch die nonverbalen Intelligenztest-Leistungen der sprachentwicklungsgestörten Kinder sind niedriger als die altersgleicher sprachunauffälliger Kinder.
        Bezüglich des Definitionsmerkmals Intelligenz möchten wir aber auf eine weitere Problematik unbedingt aufmerksam machen, denn nicht nur die Leistungshöhe sondern auch die Leistungsentwicklung sollte betrachtet werden. Im Längsschnitt konnten wir Abnahmen des IQ mit zunehmendem Alter beobachten (Schöler, 1992): Eineinhalb Jahre später war der IQ bei den sprachentwicklungsgestörten Kindern gesunken, wie auch andere Untersuchungen zeigen (z. B. Aram, Ekelman & Nation, 1984; Bishop & Adams, 1990; Paul & Cohen, 1984; Tallal, Townsend, Curtiss & Wulfeck, 1991; Tomblin, Freese & Records, 1992). Zwar können auch die sprachentwicklungsgestörten Kinder mehr Aufgaben lösen als bei der ersten Testung eineinhalb Jahre zuvor, „da die durchschnittliche Leistung der korrespondierenden Altersgruppe aber deutlich ansteigt, ist bei der altersnormbezogenen Leistungsbewertung der bekannte ‚Schereneffekt' zu beobachten“ (Schöler & Spohn, 1998, S. 199). Legen wir hier die Annahme interagierender Entwicklung von Kognition und Sprache zugrunde, kann man folgern, dass eine Sprachentwicklungsstörung zunehmend auch die allgemeine Leistungsfähigkeit beeinträchtigt. Ein Indiz dafür ist die Beobachtung, dass sprachliche Fertigkeiten die Lösung auch nonverbal angelegter Problemlösungsaufgaben erleichtert (Leonard, 1998). Umgekehrt liegt der Schluss nahe, dass eine Verbesserung der sprachlichen Leistungen eine Stabilisierung des IQ bewirken könnte.
        Ein gravierendes methodologisches Problem ist daher mit dem Merkmal „durchschnittliche Intelligenz“ verbunden: Die Abnahme des IQ mit zunehmendem Alter schränkt die Vergleichbarkeit sprachentwicklungsgestörter mit sprachunauffälligen Kindern deutlich ein oder macht sie möglicherweise sogar unmöglich bei Beibehaltung des Merkmals „durchschnittliche Intelligenz“: Denn je älter die Kinder sind, desto höhere Intelligenztestwerte müssen sie zu früheren Entwicklungszeitpunkten gehabt haben, um das Kriterium „durchschnittliche Intelligenz“ zu erfüllen.
        In jüngster Zeit haben auch Kamhi (1998) und Leonard (1998) das Diskrepanzkriterium (d. h. der Sprachentwicklungsstand weicht von der intellektuellen Leistungsfähigkeit in einem definierten Rahmen ab) problematisiert und verweisen auf Untersuchungsergebnisse bei Teilgruppen sprachauffälliger Kinder mit durchschnittlichem nonverbalen IQ verglichen mit sprachauffälligen Kindern mit unterdurchschnittlichem IQ, bei denen sich keine Unterschiede hinsichtlich sprachlicher Defizite oder bezüglich des Erfolges von Fördermaßnahmen zeigten.
        Die hohe Vernetztheit der verschiedenen Entwicklungsbereiche bewirkt, dass bei sprachentwicklungsgestörten Kindern eine Reihe von kognitiven Leistungsbereichen beeinträchtigt sein werden, wie dies viele Untersuchungen bestätigen (zsf. u. a. Dannenbauer, 1983; Leonard, 1998; Fromm et al., 1998; Johnston, 1994). Bei aller Problematik des definierenden Merkmals „durchschnittliche Intelligenz“ für Sprachentwicklungsstörungen bleibt aber auch festzuhalten, dass sprachentwicklungsgestörte Kinder in einer Reihe von kognitiven Leistungsbereichen unauffällig sind. So konnten in unseren Untersuchungen keine Unterschiede zwischen den sprachentwicklungsgestörten und den sprachunauffälligen Kindern in der Fähigkeit zur hierarchischen Planung und zur Seriation festgestellt werden (Schöler & Spohn, 1998).

4 Schlussbemerkung

Die Vielfalt der verschiedenen betroffenen nichtsprachlichen Entwicklungs- und Leistungsbereiche verdeutlicht unseres Erachtens, dass dem Erscheinungsbild „Sprachentwicklungsstörungen“ sehr unterschiedliche Bedingungsgefüge zugrundeliegen können. Auch wenn noch keine eindeutigen ätiologischen Faktoren bestimmt werden konnten, so zeigt die Befundlage aber doch sehr deutlich, dass Sprachentwicklungsstörungen in aller Regel keine sprachspezifischen Störungen sondern Lern- und Verarbeitungsstörungen sind, die sich auch im sprachlichen Bereich manifestieren.

Anmerkungen

1
Interessanterweise werden aber auch bei Kauschke und Siegmüller (2000) nichtsprachliche Bereiche in die Diagnostik einbezogen. Allerdings vermisst man dafür eine theoretische Einbettung und Begründung.p
2
Zu einem Überblick siehe beispielsweise Bredenkamp (1998), Bredenkamp und Wippich (1977) und Engelkamp (1990).p
3
Bei vergleichenden Studien ist daher sorgfältig bei der Konstruktion solcher Gedächtnisaufgaben auf die Auswahl der Elemente zu achten. Auch die Vorgabe muss aus Objektivitäts-, Reliabilitäts- und Validitätsgründen standardisiert erfolgen, d. h. bei auditiver Vorgabe sollte in aller Regel ein Tonträger die mündliche Vorgabe ersetzen, da schon geringe Vorgabevariationen (wie Rhythmisierung oder Veränderung der Zeitstruktur) große Auswirkungen auf die Wiedergabeleistungen haben.p
4
Die Durchschnittswerte signalisieren, dass die Verarbeitungskapazität - wie übrigens auch die Verarbeitungsgeschwindigkeit - interindividuell variieren.p
5
„Wer hat, dem wird gegeben.“ Dieses Prinzip liegt auch dem sogenannten Schereneffekt zugrunde: Verfügt eine Person A zu einem bestimmten Zeitpunkt t1 über größeres Wissen als Person B, so wird sich der Abstand zwischen dem Wissen von Person A und dem Wissen von Person B bei gleicher Lernzeit zum Zeitpunkt t2 vergrößern.
p
6
Dies gilt allerdings nicht bei der Annahme von angeborenen modularen Strukturen, die solche Regularitäten bereits qua Erbe enthalten.
p
7
Hierbei spielt die Artikulationsgeschwindigkeit eine wichtige Rolle. Kinder, die langsam artikulieren, tendieren im Vergleich zu Kindern mit höherer Sprechgeschwindigkeit zu geringeren Gedächtnisspannen. Vermutlich brauchen sie länger, um die auditive Information über diese subvokalen Wiederholungsprozesse zu halten. Ein enger Zusammenhang von Sprach- und Zeitverarbeitung liegt nahe. Dieser Zusammenhang wird uns später noch einmal im Kontext gestörter Sprachentwicklung beschäftigen.
p
8
Ein sehr empfehlenswerter und spannender Beitrag zur Diskussion um die Problematik von angeborenen oder erworbenen Strukturen wurde aus konnektionistischer Perspektive 1996 von Elman, Bates, Johnson, Karmiloff-Smith, Parisi und Plunkett vorgelegt.
p
9
Nach unserer Einschätzung hat die Theorie von Locke noch nicht allzu große Beachtung gefunden, bietet aber eine Reihe von plausiblen Annahmen und bedenkenswerten Erklärungen nicht nur für den normalen Spracherwerb, sondern auch für die gestörte Sprachentwicklung. Sie scheint es Wert zu sein, auf den empirischen Prüfstand gestellt zu werden. Die Attraktivität dieser Theorie liegt auch darin, dass mit relativ sparsamen Annahmen eine Erklärung für die sehr heterogenen Erscheinungsbilder spezifisch sprachentwicklungsgestörter Kinder angeboten wird. Die anderen vorliegenden Erklärungsansätze zentrieren zumeist auf eine oder wenige der beobachtbaren Auffälligkeiten und können somit der Heterogenität und Vielfalt nur unzureichend gerecht werden.
p
10
Zu Überblicken über die Befunde bis Anfang der 80er Jahre siehe Dannenbauer (1983), rezente Überblicke liegen von Leonard (1998) und Fromm et al. (1998) vor; zu neurobiologischen Befunden siehe von Suchodoletz (1997).
p
11
Wir beziehen uns im Wesentlichen auf eigene Forschungsergebnisse, die wir im Rahmen von Längs- und Querschnittstudien mit Vorschulkindern (Schöler, 1999) und mit Schulkindern (zsf. Schöler et al., 1998a) gewonnen haben.
p
12
Dieses Ergebnis wurde im übrigen nicht nur bei verschiedenen Altersgruppen (Schöler & Spohn, 1998) gefunden, sondern konnte auch bei kroatischsprechenden Kindern bestätigt werden (Schöler, Ljubeši
c & Kovacevic, 1998).p


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