Biografie: Johanna Geissmar
Nachname: | Geissmar |
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Vorname: | Johanna |
Geburtsort: | Mannheim |
Geburtsdatum: | 07.12.1877 |
Ein „Engel in der Hölle von Gurs“
Johanna Geissmar wurde am 07.12.1877 als Tochter des Rechtsanwalts Josef Geissmar (1828-1905) und der Mutter Anna, geb. Regensburger (1844-1911), in Mannheim geboren. Sie gehörte einer der vielen jüdischen Familien Mannheims an, die gesellschaftlich sehr angesehen waren.
Besonders bemerkenswert für die Zeit, in der sie lebte, ist, dass Johanna Geissmar von 1909 bis 1915 ein Medizinstudium in Heidelberg absolvierte und dort anschließend im Lazarettdienst arbeitete. Für Frauen war es damals ungewöhnlich zu studieren und sich selbstständig machen, weshalb Johanna Geissmar auch erst nach dem Tod ihres Vaters mit dem Studium anfing. Nach ihrem Studium arbeitete sie in Heidelberg als Kinderärztin.
Gesellschaftliches Umfeld der Familie
Mitglieder der Familie Geissmar lebten von 1866 bis 1938 in Mannheim. In dieser Zeit leisteten sie wichtige Beiträge zum kulturellen Leben Mannheims. Johanna Geissmar wuchs in einer großbürgerlichen jüdischen Familie in der Mannheimer Oststadt auf, ihr Vater war ein angesehener Rechtsanwalt in Mannheim. Sie gehörte zu einer der Familien, die im kulturellen, geistigen und politischen Leben der Stadt in der Zeit des 19. Jahrhunderts einflussreich waren.
Leben im Nationalsozialismus
Es gibt nur wenige Spuren, die zur Enteignung und Vertreibung der Familie Geissmar in Mannheim in der Zeit des Nationalsozialismus zu finden sind. Durch die Verordnung des „Staatskommissars für die Badische Ärztekammer“ vom 30.3.1933 wurden jüdische Ärzt*innen von ihrer Tätigkeit bei den Krankenkassen und Fürsorgeverbänden mit sofortiger Wirkung ausgeschlossen. Dies galt auch für Johanna Geissmar. Daraufhin zog sie nach dem 28. August 1933 in den Schwarzwald nach Bärental und 1935 zu ihrem Bruder, der ebenfalls Arzt war, nach Saig. Nach den Unruhen durch das Novemberpogrom wurde Johanna Geissmar täglich angegriffen. Ihre Freundin Erika Schwoerer nahm sie daraufhin auf und wollte ihr helfen, indem sie sich an den evangelischen Pfarrer Martin Huß wandte. Doch konnte dieser Johanna Geissmar nicht helfen. Johanna Geissmar gehörte zu den mehr als 6500 Jüd*innen aus Südwestdeutschland, die im Oktober 1940 in der Wagner-Bürckel-Aktion nach Gurs deportiert und später in Auschwitz ermordet wurden. Die Lebensbedingungen im Lager Gurs waren sehr schlecht und wurden durch die Kälte des Pyrenäenwinters und eine Ruhrepidemie erschwert. Es starben hunderte der Internierten und das Krankenhaus war unterbesetzt, so dass viele Internierte mit medizinischen Kenntnissen aushalfen. Eine Helferin war Johanna Geissmar. Sie arbeitete unter extremen Bedingungen im Frauenlager und half den Kranken, Verletzten und Sterbenden. Hilfsmittel wie Verbandsmaterialen oder Medikamente standen ihr hierfür nicht zur Verfügung.
Durch ihr Engagement und ihre Hilfe in der Krankenstation wurde sie als einer der „Engel in der Hölle von Gurs“ bekannt. Johanna Geissmar wurde am 12. August 1942 ins Vernichtungslager Auschwitz transportiert. Sie meldete sich freiwillig zum Transport, da sie ihre Patient*innen begleiten und nach ihrem Bruder Jakob suchen wollte. Der 14. August 1942, der Ankunftstag in Auschwitz-Birkenau, gilt als ihr Todestag.
Literatur:
Zahlten, Richard: Dr. Johanna Geissmar - Von Mannheim nach Heidelberg und über den Schwarzwald durch Gurs nach Auschwitz-Birkenau 1877-1942. Einer jüdischen Ärztin 60 Jahre danach zum Gedenken. Konstanz 2019.
Internetangaben:
Leo-bw.de: Geißmar, Johanna. Online verfügbar unter https://www.leo-bw.de/web/guest/detail/-/Detail/details/PERSON/kgl_biographien/1012561631/Gei%C3%9Fmar+Johanna (zuletzt abgerufen am 20.12.2020).
Johanna Geissmar Gymnasium Mannheim: Johanna Geissmar. Online verfügbar unter https://www.jgg-mannheim.de/johanna-geissmar (zuletzt abgerufen am 20.12.2020)
Thewalt, Irene: „Engel in der Hölle“. Pressemitteilung 8.1.2009. Online verfügbar unter https://www.uni-heidelberg.de/presse/news09/pm290108-4gei.html (zuletzt abgerufen am 20.12.2020).
Abbildungsverzeichnis:
Yad Vashems Photo Collections: photos.yadvashem.org/photo-details.html (überprüft am 25.2.2021)
Abrufbar auch unter Yad Vashem, Central Database of Shoah Victims‘ Names: yvng.yadvashem.org/index.html (überprüft am 25.2.2021)