Biografie: Max Mayer
Nachname: | Mayer |
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Vorname: | Max |
Geburtsort: | Neustadt an der Weinstraße |
Geburtsdatum: | 05.12.1884 |
Ein „alteingesessener Neustadter“ Metzgermeister, der sich durch seine „Großherzigkeit“gegenüber seinen Mitmenschen auszeichnete und durch sein Familiengeschäft in der Innenstadt am Stadtleben beteiligte. (Zitierte Bezeichnungen nach Schmidt-Häbel, 2005a, S. 190 und S. 196)
Persönlicher Hintergrund und gesellschaftliches Umfeld
Maximilian Mayer wurde am 05. Dezember 1884 in Neustadt geboren. Aufgewachsen ist er in dem Haus in der Hauptstraße 56, wo sein Vater August eine Metzgerei betrieb. Er hatte sechs Geschwister, die drei Brüder Theodor, Isaak und Friedrich und die drei Schwestern Bertha, Franziska und Eugenie. Im August des Jahres 1911 kaufte sein Vater August Mayer ein Haus in der Kellereistraße 9 und übernahm die dort bereits vorhandene Metzgerei; sie wurde nach dem Tod des Vaters im Jahr 1912 von Maximilian weitergeführt. Sein jüngerer Bruder Isaak eröffnete in dem gleichen Gebäude eine Alteisen- und Metallwarenhandlung. Die deutsch-jüdische Familie Mayer war zu diesem Zeitpunkt bereits mehr als hundert Jahre ansässig in Neustadt.
Im Ersten Weltkrieg diente auch Maximilian gemeinsam mit seinen drei Brüdern dem Vaterland. Alle vier Brüder kehrten wieder aus dem Krieg zurück. Maximilian verlor jedoch im Kriegsgeschehen seinen rechten Unterschenkel und trug von nun an eine Prothese. Ihm wurden anschließend einige Ehrungen zuteil. Er erhielt das Eiserne Kreuz II, das Eiserne Kreuz I und das Goldene Verwundetenabzeichen. Die Kriegsauszeichnungen würdigten seine Dienste am Vaterland und deklarierten seine Zugehörigkeit als Bürger des Deutschen Reiches.
Insgesamt kann die Aussage getroffen werden, dass sich die Mayers wohl in Neustadt fühlten. Alle Söhne und eine der drei Töchter ließen sich in Neustadt nieder. Maximilian führte nach seiner Rückkehr die Metzgerei seines Vaters weiter und wohnte auch in dem Gebäude, in dem sich das Geschäft befand. Sein Bruder Theodor hatte eine eigene Metzgerei in der Hauptstraße 68 und die anderen beiden Brüder Isaak und Friedrich erwarben 1920 ein Haus in der Landauer Straße 43, in dem sie die Alteisen- und Metallwarenhandlung ausbauten sowie eine Produktenhandlung eröffneten. Alle sieben Geschwister verfügten in den 20er-Jahren über eine gesicherte Existenz. Seine beiden Schwestern Bertha und Franziska wohnten allerdings beide seit ihrer Heirat in Worms. Die jüngste Schwester Eugenie war mit Max Siegelwachs verheiratet, welcher in der Hauptstraße 86 ein Möbelgeschäft betrieb. Die gesamte Familie Mayer beteiligte sich durch ihre jeweiligen Berufe an der Gestaltung des Stadtlebens.
Auch Maximilian war mittlerweile verheiratet mit Hermine (geboren am 23. März 1890 in Hoppstätten). Aus der Ehe gingen drei gemeinsame Kinder hervor. Die Tochter Auguste wurde im Jahr 1921 geboren. Sie besuchte die Höhere Töchterschule in Neustadt. Sohn Erich wurde 1924 und sechs Jahre später im Jahr 1930 wurde das jüngste Kind Heinz geboren. Maximilian und seine Frau betrieben gemeinsam die Metzgerei. Sie beschäftigten darüber hinaus einen nicht-jüdischen Metzgergesellen und eine nicht-jüdische Hausgehilfin. Ihre Anstellung lässt vermuten, dass für die Mayers die Religion bei der Auswahl ihrer Angestellten keine Rolle spielte und dass dies wahrscheinlich auch für ihre Angestellten galt. In dem Bericht des ehemaligen Nachbars Karl Diehl wird das freundschaftliche Verhältnis der Mayers zu ihren Nachbarn betont. So wird von ihm geschildert, dass ihre nicht-jüdischen Nachbarn an Wochenenden und Feiertagen Arbeiten für das jüdische Ehepaar übernahmen. Die Hilfeleistungen ihrer Nachbarn und Rücksichtnahme auf die religiösen Gebote der deutsch-jüdischen Familie verweist wieder auf das gemeinsame Zusammenleben und die Integration Maximilian Mayers in das Stadtleben.
Der Boykott am 1. April 1933
Ab dem Jahr 1933 änderte sich das Leben des Metzgereiinhabers und seiner Familienangehörigen in Neustadt. Sein Geschäft war umgehend vom Boykott am 1. April betroffen. Ein SA-Mann hatte sich vor Maximilian Mayers Laden positioniert mit einem Schild „Deutsche kaufen nicht bei Juden“ (Schmidt-Häbel (2005a) S. 194). Als Antwort hierauf dekorierte Maximilian seine alte Prothese und seine Kriegsauszeichnungen vor seiner Ladentür. Der SA-Mann wurde abgezogen und Maximilian Mayer musste die Prothese einziehen, um angeblich den Unwillen der Bevölkerung nicht zu steigern. In den Darlegungen Karl Diehls findet dieser Boykottversuch besondere Berücksichtigung, vor allem eine daran erfolgende Interaktion zwischen Maximilian Mayer und dem kurz zuvor vor seinem Geschäft postierten SA-Mann. Dieser kam am gleichen Nachmittag zur jüdischen Metzgerei zurück, zu deren Boykott er noch morgens aufgerufen hatte, und bettelte um Nahrung bei dem Metzgermeister. Maximilian händigte dem SA-Mann kostenlos einige seiner Fleischprodukte aus. Obwohl er am Morgen von dem SA-Mann bloßgestellt wurde, zeigte sich Maximilian großzügig und half ihm und seiner Familie gegen den Hunger.
Im gleichen Zeitraum wurden sein Bruder Theodor und sein Schwager Max Siegelwachs verhaftet. Nach kritischen Äußerungen der beiden Männer zum politischen Wechsel wurden sie im sogenannten Schutzhaftlager Neustadt inhaftiert. Anders gesinnte Meinungen wurden unterdrückt. Dies betraf auch direkt Maximilians Familie.
Es erfolgte schließlich nach geraumer Zeit die erzwungene Entlassung seiner Angestellten aus seinem Metzgereibetrieb. Jüd*innen und Nicht-Jüd*innen wurde der Kontakt und das gemeinsame Arbeitsverhältnis nunmehr untersagt. Im Jahr 1935 entschloss sich Maximilian dann, seine beiden älteren Kinder Auguste und Erich im Rahmen einer Hilfsaktion nach Nordamerika zu bringen. Von nun an war die Familie getrennt.
Die Lage spitzte sich für Maximilian, seine Frau und seinen jüngsten Sohn bis 1938 zu. Er musste im Juni sein Anwesen zwangsweise an einen „arischen“ Metzgermeister verkaufen. Maximilian Mayer wurde auf diesem Wege enteignet, verlor sein Geschäft und sein Haus. Die kleine Familie bezog im ehemals eigenen Haus die Dachgeschosswohnung. Daraufhin erfolgte der Umzug nach Mannheim. In der Großstadt wurde ihnen von offizieller Seite eine kleine Wohnung zugewiesen. Maximilian erlebte die Reichspogromnacht am 9. November 1938 in Mannheim. Näheres über direkte Auswirkungen der Geschehnisse ist nicht bekannt. Als Konsequenz der Geschehnisse brachen er und seine Familie den bisher noch spärlichen Kontakt zu nicht-jüdischen Bekannten aus Neustadt ab, vermutlich auf offizielles Geheiß hin.
Die Deportation
Ende 1940 war keines der Mitglieder der deutsch-jüdischen Familie Mayer mehr in Neustadt beziehungsweise in Deutschland. Maximilian, mitsamt seiner Frau und seinem jüngsten Sohn, gelang als Einzigem das Vorhaben der Emigration nicht mehr. Der Versuch, sich vor den nationalsozialistischen Verfolgungen zu schützen und seine Familie wieder zu vereinen, war Maximilian nicht mehr möglich. Alle drei wurden schließlich am 22.10.1940 im Rahmen der „Wagner-Bürckel-Aktion“ von Mannheim aus nach Gurs deportiert. Während seines dortigen Aufenthalts nahm Maximilian Kontakt mit einer Untergrundorganisation auf und verhalf auf diesem Wege zu der Flucht seines jüngsten Sohnes Heinz aus dem Lager. Um welche Organisation es sich handelte, ist nicht bekannt. Am 28. Oktober 1942 wurde Maximilian dann mit seiner Frau Hermine mit dem Transport 25 nach Auschwitz gebracht. Über diesen Transport ist bekannt, dass niemand der 1000 Menschen überlebte. Diese Deportation endete also auch für das Ehepaar Mayer mit ihrem Tod.
Die Familie Mayer nach 1945
Abschließend sollen noch ein paar knappe Anführungen zu der Geschichte der Familie Mayer nach 1945 folgen. Maximilian Mayers drei Kinder lebten seither in Amerika. Sein Sohn Erich kehrte kurz als Angehöriger der amerikanischen Streitkräfte nach Neustadt zurück. Allerdings lehnte er es ab, sein Elternhaus zu besuchen, genauso wie seine Schwester Auguste, die mehrfach Einladungen zu einem Besuch ihrer einstigen Heimat erhielt. Die Erfahrungen in Neustadt während der NS-Diktatur und der Tod der Eltern begründen die Ablehnung der Kinder von Maximilian Mayer, das einstige Familienanwesen zu besuchen.
Gedenken
Heute erinnert ein Stolperstein vor seiner einstigen Metzgerei in der Kellereistraße 9 an Maximilian Mayer und die ihm widerfahrenen Ungerechtigkeiten durch das NS-Regime.
Literatur: