Inklusive Freizeit - Was brauchen Jugendliche mit geistiger Beeinträchtigung mit Blick auf eine inklusive Kinder- und Jugendarbeit? Ein modellhaftes, subjektorientiertes Praxis-Forschungsprojekt


Aktueller Stand der Dinge im Projekt:

- Erstellung einer systematischen Literaturübersicht
- Erstellung und Durchführung von leidfadengestützen ExpertInnen-Interviews mit den Fachkräften aus Kinder- und Jugendarbeit & Behindertenhilfe an den 3 Standorten
- Abgeschlossene Auswertung der ExpertInnen-Interviews 
- Planung & Durchführung einer Workshopreihe zum Thema "inklusive Jugendarbeit"
- Planung & Durchführung von bundesweiten Fachveranstaltungen zum Thema "Offen, aber nicht inklusiv? Kinder- und Jugendarbeit aus dem Blickwinkel der Behindertenpädagogik" 

Ausgangslage: Wieso dieses Forschungsprojekt?
Trotz der Ratifizierung der UN-BRK im Jahre 2009 und des „boomenden“ Freizeitsektors, finden Kinder- und Jugendliche mit geistiger Beeinträchtigung aktuell in der pädagogischen Freizeitforschung sowie im Feld der Kinder- und Jugendarbeit wenig Beachtung. Über Interessen, Bedürfnisse und Wünsche im Hinblick auf Angebote der Kinder- und Jugendarbeit gibt es kaum wissenschaftliche Erkenntnisse, der Lebensbereich Freizeit von Menschen im Kontext einer schweren und mehrfachen Behinderung wird kaum theoretisch, geschweige denn empirisch, bearbeitet. Das lässt darauf schließen, dass das in Art. 30 der UN-BRK geforderte Recht auf die gleichberechtigte, uneingeschränkte „Teilhabe am kulturellen Leben sowie an Erholung, Freizeit und Sport“ noch nicht gesichert und umgesetzt wird. Auch der im Jahr 2017 veröffentlichte 15. Kinder- und Jugendbericht benennt Inklusion und Teilhabe junger Menschen mit Behinderung als eine zentral zu bewältigende Aufgabe für die Kinder- und Jugendarbeit und weist auf die erhebliche Forschungslücken im Bereich der inklusiven Kinder- und Jugendarbeit hin (Deutscher Bundestag, 2017, S. 26, S. 444).

Ziel des Forschungsprojekts:
Das am 01.03.2020 gestartete kooperative Forschungsprojekt nimmt die Nutzer*innen – die Jugendlichen mit geistigen Beeinträchtigungen und ihre Interessen, Wünsche und Bedarfe – in den Blick und möchte modelhaft die Konzeptionsentwicklung passender inklusiver Freizeitangebote für Jugendliche im Sozialraum voranbringen. 

Vorgehen innerhalb des Projekts:
Dabei ist festzustellen, welche Freizeitangebote in der Kinder- und Jugendarbeit an den 3 Praxisstandorten Hamburg (Großstadt), Ostholstein (ländlicher Raum) und Heidelberg (Mittelstadt) bereits vorhanden sind (Erhebung der Ausgangslage im Sozialraum). Dazu werden insg. 6 ExpertInnen an den 3 Praxisstandorten aus der Kinder- und Jugendarbeit sowie aus der Behindertenhilfe zu kooperativen Angeboten und bisherigen Aktivitäten befragt.

Um festzustellen, ob „Angebot und Nachfrage“ passend sind oder welche Interessen, Wünsche und Bedürfnisse Jugendliche mit geistiger Behinderung (zusätzlich oder tatsächlich) haben, wird mit Hilfe eines multimethodischen Assessments Erkenntnisse über das subjektive Erleben von Freizeit, das subjektiven Erleben von Partizipationsmöglichkeiten, Interessen, Wünschen und Bedürfnissen bzgl. einer selbstbestimmten Freizeit von insg. 27 Jugendlichen mit geistiger Behinderung gesammelt.

Die HAW Hamburg unter Leitung von Prof. Dr. Voigts fokussiert 20 Jugendliche (12-18 Jahre) mit sog. leichter oder mittelgradiger geistiger Behinderung an den Praxisstandorten Hamburg und Ostholstein. 
Die PH Heidelberg widmet sich unter der Leitung von Prof. Dr. Zentel (LMU München) & Dr. Köb (PH Heidelberg) am Praxisstandort Heidelberg dem Personenkreis der Jugendlichen mit schwerer und mehrfacher Behinderung und erfasst mittels Befragungen, Wochenzeitplänen, teilnehmender Beobachtung und mit Hilfe des ambulatorischen Assessments die Wünsche, Bedürfnisse, Interessen und das Freizeiterleben von ca. 7 Jugendlichen.

Auf Grund der aktuellen Corona-Pandemie haben wir die Erhebung der subjektiven Interessen & Wünsche der Jugendlichen mit geistiger Behinderung in das 2. Forschungsjahr verschoben und führen stattdessen busdesweite Fachgespräche sowie eine Workshopreihe zum Thema "inklusive Jugendarbeit" durch. Gemeinsam mit Fachkräften aus der Kinder- und Jugendarbeit sowie aus der Behindertenhilfe werden innerhalb der Workshopreihe Rahmenbedingungen für inklusive Angebote erarbeitet. Im Austausch wird die konzeptionelle Entwicklung für inklusive Jugendarbeit vorangetrieben, welche in Abgleich mit den (später erhobenen) Bedürfnissen und Interessen der Jugendlichen in einen nachhaltigen Handlungsleitfaden einfließen sollen. 

Im 2. Forschungsjahr werden dann (endlich!) die Interessen und Bedürfnisse der Jugendlichen mit geistiger Behinderung erhoben. Im 3. Forschungsjahr scheidet die PH Heidelberg aus und die HAW Hamburg erstellt gemeinsam mit der BV Lebenshilfe e.V. einen Handlungsleitfaden und ein Schulungsprogramm für die Fachkräfte der Ortsvereine der Lebenshilfe.