Kinder entdecken Gesundheit


Science im Kontext von Gesundheits- und Verbraucherbildung

L. Jäkel, U. Queisser (in Kooperation mit B. Methfessel)

Projektbericht "Projekt "Kinder entdecken Gesundheit" - Science im Kontext von Gesundheits- und Verbraucherbildung" (PDF, ca. 10 KB)

Moderne Ernährungs– und Verbraucherbildung auf der Grundlage salutogenetischer
Orientierung darf sich nicht auf die Vermittlung naturwissenschaftlichen Wissens beschränken. Naturwissenschaftliche Grundbildung (im Sinne von Scientific literacy) sollte zugleich mit der Entwicklung und Förderung naturwissenschaftlicher Erkenntnisweisen zur Herausbildung sinnvoller und alltagsgerechter Handlungskompetenzen führen. Dabei erfordert beispielsweise das Experimentieren mit Lebensmitteln und Nährstoffen sinnvolle Lernarrangements, um altersgerecht, alltagsbezogen und zugleich wissenschaftlich fundiert eingesetzt zu werden. Naturwissenschaftliche Erkenntnisweisen werden im Kontext von Ernährung und Bewegung mit kultur- und sozialwissenschaftlichen Zusammenhängen unseres Handelns verbunden. Der Umgang mit handlungsbezogenen Lernarrangements für Grundschulkinder im Rahmen lebendiger Ernährungs- und Bewegungserziehung ist Gegenstand des Projektes „Kinder entdecken Gesundheit“.

Schülerinnen und Schüler erforschten in Projekten naturwissenschaftliche Grundlagen für gesundheitsförderliche Ernährung und Bewegung und erhielten Gelegenheiten, alltagsgerechte Handlungskompetenzen zu entwickeln. Während der Erprobung der Lernarrangements durch 48 Kinder (Kl. 4) im Summer Science Camp 2006 der AOK Baden-Württemberg nutzten die Kinder alternierend mehrere Lernstationen und gestalteten gemeinsam ihren Alltag. Im Vorfeld wurden wesentliche Module mit jeweils mehreren Schulklassen an Schulvormittagen (Schulpraktika, Explore Science Mannheim 2006, Projekttag im Ökogarten der PH) erprobt.

Beispiele der Durchführung

In dem einstündigen Modul: „Macht Milch starke Knochen?“ gingen die jungen Forscher in logischer Folge qualitativen und halbquantitativen Zusammenhängen zwischen dem Calciumstoffwechsel, der Ernährung und der Stabilität des Stütz- und Bewegungssystems nach:

  •  Auslösung der Gerinnung von Casein durch Säuren
  • Calciumionennachweis bei Molke und Mineralwasser
  • Verfestigung von Gips (Modellversuch für Stoffumwandlung)
  • Analyse frischer, säurebehandelter und veraschter Knochen
  • Quantifizierung von Calciumverbindungen in Nahrungsmitteln im Zusammenhang mit dem Energiegehalt von Speisen oder Fertiggerichten
  • Verkostung von Bananen - Milchshakes

Die Kinder begründeten danach einsichtig, dass die häufig beworbene „Extraportion Milch“ auch in einem Becher Milch selbst bestehen kann.

Materialeigenschaften des Stütz- und Bewegungssystems wurden auch in einem Modul zu Gelatine und Bindegewebe aufgegriffen. Hier umfasste die Palette der Lernaktivitäten

  • Untersuchung der Struktur eines Trampolins (Modell für elastisches Bindegewebe)
  • Betrachtung von Sehnen u. a. Bindegeweben an Schweinefüßen
  • Analyse und Verkostung von Proteinen in Gummibären, sensorische Schulung
  • Vergleich mit Gummibären, in denen Stärke nachweisbar war
  • Zubereitungen von Lebensmitteln mit Geliereigenschaften

Weitere naturwissenschaftliche Module (Energiewandel, Achterbahn im Bauch, rostiger Apfel und Vitamine, Joghurt lebt, Obst und Gemüse…) waren verzahnt mit Modulen zur Bewegung und Körperanalyse, die von Sportpädagoginnen und Sportwissenschaftlern kooperierender Universitäten betreut wurden.
 

Bisherige Ergebnisse und Diskussion

Eine problemorientierte Betreuung der Kinder an den Stationen, bei der einführende oder reflektierende Gespräche zwischen Betreuern und Kindern mit Phasen selbständigen Arbeitens wechselten, gestalteten die Lernatmosphäre und Forschungsintensität positiv. Hier erlebten sich insbesondere die aktiv beteiligten Lehramtsstudierenden in Abweichung von in manchen Praktika tradierten Formen so genannter Stationenarbeit als kompetente Akteure und Teil der Lerngruppen. Die umsichtige organisatorisch-technische Vorbereitung schuf die Grundlage für eine intensive schülerbezogene Kommunikation in Kleingruppen.

Nach dem bisherigen Stand der Auswertung bewährten sich die Ansätze der Strukturierung von Lernumgebungen (vgl. Möller u. a. 2001). Die Selbstbestimmungstheorie der Motivation (Deci und Ryan 1991, Deci 1997) spielt bei der Deutung der positiv erlebten Lernsituationen eine zentrale Rolle. In der Schulung der Lehrkräfte für offene Gespräche und Impulsgebung, für das Eingehen auf spontane Kinderfragen oder experimentelle Vorschläge in Kleingruppen sehen wir einen Handlungsbedarf in der Ausbildung für die Schulpraxis. Derzeit werden die Lernsituationen über Videodokumentationen weiter ausgewertet.