Musizieren? Klasse!
Kreatives Klassenmusizieren für heterogene Gruppen.
Oder: Wie man mit einem Glas 50 verschiedene Klänge erzeugen kann.
Das zweite Musikatelier des Jahres war wieder ein voller Erfolg. Unter dem Motto "Musizieren? Klasse!" fanden sich auch diesmal Dozierende und Studierende der PH Heidelberg, sowie Lehrpersonen verschiedener Schularten zum Musikatelier der Professional School zusammen. Im Fokus der Veranstaltung standen die Beiträge der ReferentInnen Sophie Marest und Emmanuel Babbi von der Universität Strasbourg/Sélestat, die mit kleinen Schraubgläsern im Gepäck aus Frankreich angereist waren. Dr. Mathias Schillmöller, der auch als Übersetzer für die französischen Gäste tätig war, leitete durch das spannende Programm.
"Klassenmuszieren kann heute mehr sein, als das strikte Einüben von Spielsätzen mit Boomwhackers […]. Kreatives Klassenmusizieren als innovative Methode möchte das gemeinsame Abhören und kreative Übertragen auf Instrumente und andere Kunstformen fördern", so Schillmöller in seiner Einführung. Dies könne "durch das systematische Einüben kooperativer Lernmethoden mit thematischen Warming-Ups" gelingen, die "Musiziergrundlagen, Achtsamkeit und Offenheit" entwickeln. Ziel für die Lernenden sei es, "gemeinsam eine ganzheitliche Live-Darbietung auszuhandeln, und deren Aufführung, Aufnahme und Evaluation selbstbestimmt durchzuführen". In Anlehnung an das vorhergehende Musikatelier zum Thema "MusiKKunst" zeigte Schillmöller anhand praxisnaher Beispiele, wie kreatives Klassenmusizieren über Bilder, Filme, und Naturereignisse in bühnenreifen Performances organsiert werden kann. Institutsleiter Prof. Dr. Jürgen Oberschmidt schloss sich mit seinem Vortrag an: Er referierte, dass die Schulzeitverdichtung und die Ökonomisierung von Bildung Gefahr laufe, einen funktionalen Menschen zu fördern, der wie eine Maschine denken und arbeiten könne. Zur Bildung gehöre auch Kreativität - und Kreativität benötige vor allem Muße, Wiederholung und Zeit. Kreatives Klassenmuszieren meint also nicht unbedingt das Lesen und Schreiben von Notenschrift oder das Beherrschen von Instrumenten. Klassenmusizieren kann für heterogene Lerngruppen, unabhängig ihrer musikalischen Vorbildung, kreativ und vor allem leicht zugänglich gestaltet werden.
Niedrigschwellige Methoden und basale Werkzeuge zum kreativen Klassenmuszieren zeigten Sophie Marest und Emmanuel Babbi (CFMI, Centre de Formation des Musiciens Intervenants der Universität Straßburg). Mit einem Impulsreferat stellte Sophie Marest das Erasmus+-Projekt Musik kreativ+ vor, welches sich zum Ziel setzt Schülerinnen und Schüler durch Musik, Performance und kulturelle Zusammenarbeit in den Bereichen Kreativität, Entrepreneurship und Performance auszubilden. Weitere Informationen, sowie ausführliche Anleitungen zu den Lehr- und Lernmodulen finden Sie unter musik-kreativ-plus.eu.
Emmanuel Babbi erarbeitete im Anschluss mit der gesamten Gruppe eine sprachlich/gesangliche Darbietung, die er wie einen Chor anleitete. Im weiteren Verlauf der Veranstaltung wurde das Erstellen kreativer Partituralternativen vertieft. Nach der Mittagspause folgte ein Workshop zu "Bledi-Sounds" mit anschließender Musikperformance. Im Mittelpunkt des Workshops standen einfache Gläser mit Schraubdeckel. Rund 50 verschiedene Klänge können mit diesem Glas, das ehemals als Behältnis für Babynahrung diente, erzeugt werden. Angeleitet vom französischen Referenten konnte so von den Teilnehmenden mit den Gläsern ein Gruppen-Klangereignis dargeboten werden. Weiter ging es mit einer Geschichts-Vertonung. Einzelne Text-Zeilen wurden von Teilnehmenden gelesen, während mit den Gläsern, Stimme und Plastiktüten verschiedene Klänge den Erzähl-Verlauf klanglich unterstützten. Hier konnte Babbi eindrücklich zeigen, wie einfachste Werkzeuge für bewussten musikalischen Ausdruck im „künstlerischen Ernstfall“ genutzt werden können. Die Künste rücken so in polyästhetischen Zugängen enger zusammen und bieten ganzheitliche Ateliers als Bildungsnangebote für Schülerinnen und Schüler aller Niveau-Stufen. Die Teilnehmenden konnten beim "Kreativen Klassenmusizieren" neue Erfahrungswerte gewinnen und konkrete Ideen für den Schulunterricht sammeln. Darüber hinaus sorgten Reflektionsrunden und Diskussionen für regen Austausch.
Allen ReferentInnen und Teilnehmenden, sowie dem Organisations-Team gilt ein herzliches Dankeschön. Für exzellente Verpflegung sorgten wieder engagierte Studierende der Musik-Fachschaft. Die Teilnahme an den Musikateliers bleibt kostenfrei. Weitere Termine sollen zukünftig halbjährlich stattfinden. Das Musikatelier freut sich weiterhin über zahlreiche Teilnehmende.
Lisa Funkert
20.5.2018