Farbe bekennen, Zivilcourage zeigen, sich engagieren

An der PH Heidelberg fand am 27. Januar 2012 in Gedenken an die Befreiung von Auschwitz ein "Tag gegen Rechts" statt.

Angesichts der aktuellen politischen Umstände erschien es Studierenden und Dozenten der Hochschule unumgänglich, Farbe zu bekennen, Zivilcourage zu zeigen und sich für Toleranz, Menschenrechte und Demokratie zu engagieren. Dr. Helmut Wehr aus dem Institut für Erziehungswissenschaft: "Das Gedenken und Nachdenken über die Vergangenheit schafft Orientierung und Bürgermut für die Zukunft". Gerade dies sei an einem bildungswissenschaftlichen Kompetenzzentrum wie der PH Heidelberg eine herausragende Aufgabe, um Bildung couragiert in Mündigkeit und Demokratie verwirklichen zu können.

Der Aktionstag begann daher mit dem einstimmenden Gedicht: "Das Phänomen" von Hanns Dieter Hüsch, vorgetragen von Moritz König. Anschließend machte die Rektorin der Hochschule, Frau Prof. Dr. Wellensiek, deutlich, dass "da etwas schiefgelaufen" sei, wenn 21 Prozent der 18- bis 21-Jährigen mit Auschwitz nichts anfangen können. Hier müsse die Pädagogik politischer werden, so ihre Forderung.
Den Gedenktag szenisch nachvollziehbar werden ließ Dr. Hettinger mit den Studierenden ihres Seminars, indem sie die Verfolgung und Vernichtung der jüdischen Mitbürger Heidelbergs in zeitgenössischen Szenen, Bildern und den entsprechenden Tagebuch- und Briefdokumenten persönlich erfahrbar machte. Bild- und Tonrezitation ließen das alltäglich gewordene Grauen im persönlichen Alltag konkret und lebendig werden. Das ehemals bunte und vielfältige jüdische Sport- und Kulturleben in Heidelberg begann nach 1933 immer mehr durch die nationalsozialistischen Repressionen zu erkalten. Eindrückliche biographische Szenen erhellten und verdeutlichten das Ausmaß entindividualisierender und demütigender menschlicher Tragödien. Vor allem Heidelberg als Stadt der Wissenschaft zeigte sich seinen jüdischen Wissenschaftlern gegenüber als wenig tolerant und diskursiv.
Peter Wirkner und Helmut Wehr zeigten die persönlichen Konfrontationen mit Rechtsradikalen auf, beschrieben die Aktualität rechtsradikalen Denkens in der Mitte der Gesellschaft auf und verwiesen auf Heinemann und seine Forderung, sich im Sinne demokratischer Humanität ein zu mischen.
Im Anschluss zeigten Mitglieder der "Courage" in einem Workshop, wie nicht-rassistische "Bildungsarbeit an Schulen" in der Praxis gelingen kann. Frau Kirsch stellte dann durch einen Workshop und der Dokumentation von authentischen Materialien dar, wie "Rechte Musik, rechte Symbolik" auf Jugendliche wirken kann und wie dem entgegen zu wirken sei. Die Antifaschistische Initiative Heidelberg klärte überdies auf, indem sie "Das rechte Netz: Einblicke in Neonazistrukturen in der Rhein-Neckar-Region" dokumentierte.

In einem aufrüttelnden Vortrag zeigte Prof. Weisskirchen Möglichkeiten auf, warum und wie es möglich sei "Dem Rechtsradikalismus keine Chance!" zu ermöglichen. Dem menschenfeindlichen "purifizierenden Denken" der Rechten entspricht ein Denken in "vom Fremden gesäuberten", homogenen Gruppen, was der bunten Realität Europas in keinem Sinne entspräche. In einer globalisierten Welt könne der "Kampf der Kulturen" nur in eine Sackgasse führen. Die demokratische Forderung der Menschenwürde bestünde hingegen auf der Gleichheit der Menschen, nicht auf "gereinigter Exklusivität". Diese Herausforderung muss die demokratische Gesellschaft lernend annehmen und mit Kopf, Herz und Hand, also mit kognitiven Wissensbeständen, Empathie, Vertrauen und solidarischen Handlungsimpulsen und Zivilcourage beantworten. Hierzu ist für Weisskirchen erforderlich, das normative Vakuum, in das sich rechtsextreme Ideologiesplitter einnisten könnten, durch eine demokratische, konkrete Utopie aus zu füllen. Ein gesellschaftlicher Diskurs um Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität sei hierzu eine unumgängliche Voraussetzung. Bunte Inklusion als Vision entspräche Hanna Arendts These, dass demokratische Politik "Liebe zum Leben" realisiere.

Im Rahmen dieses "Aktionstages gegen Rechts" wird übrigens die Ausstellung "Demokratie stärken – Rechtsextremismus bekämpfen" im Erdgeschoß der Alten PH gezeigt. Die Ausstellung des Julius-Leber-Forums der Friedrich Ebert Stiftung zeigt die Gefahren auf, die vom Rechtsextremismus für Demokratie und Menschenwürde ausgehen. Sie stellt die Grundlagen für rechtsextremes Verhalten und Einstellungen dar und zeigt, welche Formen rechtsextreme Weltbilder und Argumentationsweisen annehmen können. 13 Tafeln zeigen die Grundlagen unserer Demokratie, die Abgründe des Rechtsextremismus und die Übergänge dazwischen. Klaus Staeck, der gesellschaftskritische Heidelberger Grafiker, beteiligt sich mit mehreren kritischen, durchaus provokativen Plakaten an der Ausstellung.

Hören Sie hier den Beitrag von radioaktiv, dem Campusradio Rhein-Neckar, über den Aktionstag: Die PH Heidelberg gegen Rechts