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Kriterienkatalog prüft Sprachsensibilität von Lehrwerken

Ein nationales Forscherteam hat unter der Federführung von Professorin Dr. Birgit Werner (Institut für Sonderpädagogik) einen Kriterienkatalog zur Prüfung von Sprachsensibilität von Lehrwerken entwickelt. Mit Hilfe des Katalogs werden derzeit Schulbücher für die Sekundarstufe I, die im Cornelsen Verlag erscheinen, überprüft und entsprechend zertifiziert. Der Verlag hat zudem einen Wettbewerb ausgeschrieben, bei dem Lehrkräfte ihre eigenen Best-Practice-Beispiele zum Thema einreichen können. Dieser wird von Professorin Werner unterstützt.

"Sprachsensibilität meint einen differenzierten, feinfühligen Umgang mit Sprache, um Missverständnisse zu vermeiden und problemlose Kommunikation zu ermöglichen", sagt Werner. "Grundlage dazu ist die Fähigkeit, sich von einer nur inhaltlichen Sichtweise auf Schrift und Sprache zu lösen und die Aufmerksamkeit auf sprachliche Erscheinungen (wie Flexionen, Synonyme, Metaphern) zu richten." Im Unterricht kommen den Schulbüchern dabei eine besondere Rolle zu: Sie enthalten einerseits das zu erlernende Wissen und gebrauchen hierzu eine Bildungs- und Fachsprache. Andererseits regen sie zu verschiedenen Sozial- und Arbeitsformen wie etwa Gruppenarbeiten an, bei denen die Schülerinnen und Schüler zusammenarbeiten und sich dabei verbal austauschen. "Das Unterrichtsmaterial gilt dann als sprachsensible, wenn es sprachlich angemessene Lernarrangements enthält, die sowohl fachbezogenes sprachliches Lernen sowie sprachbezogenes Fachhandeln unterstützt", erklärt die Erziehungswissenschaftlerin.

Für den Lernerfolg von Kindern und Jugendlichen, die Deutsch als Zweitsprache lernen und/oder Lern- und Sprachschwierigkeiten haben, sind solche sprachlich angemessenen, kompetenzfördernden Lernarrangements laut Werner entscheidend. Gemeinsam mit Forschenden aus Hochschulen und Universitäten sowie Lehrerbildungseinrichtungen in Hamburg, Heidelberg, Freiburg und Wuppertal entwickelte sie daher einen Kriterienkatalog zur Prüfung von Lehrwerken auf Sprachsensibilität. Dieser nimmt vor allem leistungsschwächere Lernende, Schülerinnen und Schüler mit dem sonderpädagogischen Förderbedarf "Lernen" und/oder "Sprache" sowie "Deutsch als Zweitsprache" in den Fokus. "Lehrwerke können nun erstmals - anhand von 56 Kriterien zum Beispiel zur Wort- und Satzproduktion und -rezeption aber auch zu Aspekten der Textgestaltung - auf ihr Potential zur Förderung kommunikativer Kompetenzen geprüft werden", berichtet Werner. Ergänzende Materialen geben Hinweise, wie Unterricht unter sprachlichen Gesichtspunkten effektiver gestaltet werden kann.

Der Kriterienkatalog wird derzeit vom Cornelsen-Verlags zur Zertifizierung von Lehrwerken der Sekundarstufe I aus diesem Verlag eingesetzt. Lehrwerke, die den Kriterien entsprechen, erhalten vom Cornelsen-Verlag ab sofort ein Siegel: "Das Gütesiegel macht uns stolz, ist aber auch Ansporn, weiterzumachen und noch mehr Titel - gerade auch aus der Mathematik oder den Naturwissenschaften - sprachsensibel zu gestalten", sagt Dr. Christiane Kallenbach.
Die Bereichsleiterin im Cornelsen Verlag hat daher mit der Unterstützung von Werner die Initiative "Gemeinsam stark" gestartet, die den sprachsensiblen Unterricht in den Klassenstufen 5 bis 10 stärken will. Den Auftakt macht ein Wettbewerb, der Unterrichtsentwürfe prämiert, die Schülerinnen und Schüler den Unterrichtsstoff besser verstehen sowie reflektieren helfen und sie aktiver mit Sprache umgehen lassen. Die drei besten Einsendungen werden von einer Jury ausgewählt, in der neben Professorin Werner auch Sule Ekemen (Gesamtschule Dellbrücker Mauspfad) und Gabriele Biela (Cornelsen Verlag) sitzen.

Weitere Informationen finden Sie unter www.cornelsen.de/gemeinsam-stark sowie unter www.ph-heidelberg.de/werner-birgit.