Forschung

Studie liefert Basislinie für die Messung der Auswirkungen von COVID-19

Das Symbolbild zeigt ein junges Mädchen, das im leeren Flur der Hochschule auf dem Boden sitzt und auf ihr Handy schaut. Copyright: Pädagogische Hochschule Heidelberg

Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat am 19. Mai 2020 ihren Bericht über die Studie zum Gesundheitsverhalten von Kindern im schulpflichtigen Alter (HBSC) veröffentlicht. Der Bericht enthält umfassende Daten über die körperliche Gesundheit, sozialen Beziehungen und das psychische Wohlbefinden von rund 227.500 Schulkindern aus 45 Ländern. Der Bericht dient damit zukünftigen Studien als Basislinie für die Messung der Auswirkungen von COVID-19 auf das Leben junger Menschen. Für den Zeitraum zwischen 2014 und 2018 deutet der Bericht insbesondere auf eine Verschlechterung des psychischen Wohlbefindens von Jugendlichen in vielen Ländern hin. Für Deutschland wurden die Daten von einem Studienverbund erhoben, dem auch Professor Dr. Jens Bucksch (Prävention und Gesundheitsförderung) angehört.

Das WHO-Regionalbüro für Europa hat heute einen neuen Bericht über die Studie zum Gesundheitsverhalten von Kindern im schulpflichtigen Alter (HBSC) veröffentlicht. Dieser befasst sich mit den gesundheitlichen und sozialen Verhaltensweisen von Schulkindern im Alter von 11, 13 und 15 Jahren aus 45 Ländern. Der Bericht deutet insbesondere auf eine Verschlechterung des psychischen Wohlbefindens von Jugendlichen in vielen Ländern im Zeitraum zwischen 2014 und 2018 hin. Er zeigt zudem, dass das psychische Wohlbefinden von Kindern sich verschlechtert, wenn sie älter werden. Dabei weisen Mädchen im Vergleich zu Jungen ein besonders großes Risiko auf, im Hinblick auf ihr psychisches Wohlbefinden schlecht abzuschneiden. Jeder vierte Jugendliche gibt an, mindestens einmal pro Woche mit Nervosität, Reizbarkeit oder Einschlafstörungen zu kämpfen zu haben. Der Bericht macht deutlich, dass in Bezug auf das psychische Wohlbefinden zwischen den Ländern erhebliche Unterschiede bestehen. Dies zeigt, dass kulturelle, politische und wirtschaftlichen Faktoren eine Rolle bei der Förderung des psychischen Wohlbefindens spielen können.

Dem Bericht zufolge werden Jugendliche in etwa einem Drittel der Länder im Vergleich zu 2014 zunehmend durch Schularbeiten belastet und immer weniger junge Menschen gehen gerne zur Schule. In den meisten Ländern verschlechtern sich die schulischen Erfahrungen mit dem Alter: die Schulzufriedenheit und die von den Jugendlichen wahrgenommene Unterstützung durch Lehrkräfte und Mitlernende sinkt mit der zunehmenden Belastung durch Schularbeiten.

Die Studie untersucht neben dem sich verändernden Bild des psychischen Wohlbefindens bei Jugendlichen in der Region auch die zunehmende Verwendung digitaler Technologien durch die Jugend. Diese Technologien können laut den Forscherinnen und Forschern positive Effekte haben, doch sie können auch zur Verschärfung von Anfälligkeiten beitragen und neue Bedrohungen verursachen. Hierzu zählt etwa Cyber-Mobbing, durch das insbesondere Mädchen unverhältnismäßig stark betroffen sind. Mehr als jeder zehnte Jugendliche gibt an, mindestens einmal in den vergangenen zwei Monaten Opfer von Cyber-Mobbing gewesen zu sein.

Zeitgleich mit der Veröffentlichung der jüngsten HBSC-Studie, die Ergebnisse aus den Jahren 2017/2018 enthält, kämpft die Welt mit der COVID-19-Pandemie. Die nächste Studie mit Ergebnissen aus den Jahren 2021/2022 wird somit die Auswirkungen der Pandemie auf das Leben junger Menschen widerspiegeln: "Die Vielzahl an Themen, die von der HBSC-Studie abgedeckt werden, geben wichtige Einblicke in das Leben von Jugendlichen heute und sollte uns zudem eine nützliche Basislinie für die Messung der Auswirkungen von COVID-19 auf Jugendliche liefern, wenn die Ergebnisse der nächsten Studie im Jahr 2022 veröffentlicht werden", erklärt Martin Weber, Leiter des Programms für die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen beim WHO-Regionalbüro für Europa. "Anhand eines Vergleichs der Daten werden wir messen können, in welchem Ausmaß und inwiefern sich längerfristige Schulschließungen und Ausgangssperren auf die sozialen Interaktionen junger Menschen sowie ihr körperliches und psychisches Wohlbefinden ausgewirkt haben."

Die vollständigen Ergebnisse finden Sie auf der WHO-Internetseite unter www.euro.who.int (Ergebnisse sowie Eckdaten); eine Zusammenfassung liefert die HBSC-Seite unter www.hbsc.org. Informationen zu der Abteilung Prävention und Gesundheitsförderung der Pädagogischen Hochschule Heidelberg finden Sie unter www.ph-heidelberg.de/gefoe.

Hintergrund
Die HBSC-Studie verfolgt seit über 35 Jahren die Erfahrungen junger Menschen und ist ein wichtiges Instrument, um die erzielten Fortschritte im Hinblick auf eine Vielzahl von gesundheitlichen und sozialen Indikatoren zu identifizieren und Problembereiche hervorzuheben, die möglicherweise aufeinander abgestimmte Handlungskonzepte und praktische Interventionen erforderlich machen.
Die HBSC-Daten werden genutzt, um neue Erkenntnisse über Gesundheit und Wohlbefinden von Jugendlichen zu gewinnen, die sozialen Determinanten von Gesundheit besser zu verstehen und die Gestaltung von Politik und Praxis zur Verbesserung des Lebens junger Menschen in allen Teilen der Europäischen Region und Kanada zu inspirieren.