In flexiblen Lehrformaten können Studierende sich ihre Lernzeiten frei einteilen – sie brauchen aber umso mehr Selbstdisziplin und eine besonders hohe Bereitschaft, mit anderen Teilnehmer:innen zusammenzuarbeiten. In dem neuen Forschungsprojekt "Freiraum 2025 – HyFlexMath" will Dr. Christian Spannagel, Professor für Mathematikdidaktik an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg, eine innovative Lernumgebung für diese Anforderungen entwickeln. Sie soll Lehramtsstudierenden eine flexible und erfolgreiche Teilnahme erleichtern und sie motivieren, gemeinsam mit Kommiliton:innen und externen Teilnehmer:innen mathematische Probleme zu lösen. Das Projekt wird von der Stiftung Innovation in der Hochschullehre mit rund 369.000 Euro gefördert.
Spannagel und sein Team haben sich für die zweijährige Laufzeit einiges vorgenommen: Sie wollen das neue Lehrkonzept und entsprechende Lernmaterialien didaktisch konzipieren, eine technische Plattform dafür realisieren und diese im Einsatz mit Studierenden evaluieren. Dafür planen sie, Elemente aus den Lehrformaten Inverted Classroom Model, HyFlex-Modell und Massive Open Online Courses zu kombinieren.
Asynchron lernen – gemeinsam denken
Grundlage ist der Inverted Classroom, bei dem aufgezeichnete Vorlesungen als Material zur Verfügung gestellt werden. Bei diesem "asynchronen Lernen" beschäftigen sich die Lernenden zeitlich und örtlich unabhängig voneinander mit dem Stoff, im Gegensatz zum gemeinsamen, "synchronen Lernen" vor Ort. Ergänzt wird das Angebot durch Präsenztreffen im Hörsaal, bei dem der Kurs im Plenum Aspekte der Vorlesung diskutiert und Aufgaben bespricht. Studierende haben hier die Möglichkeit, in der Gruppe Probleme zu lösen und gemeinsam Denkprozesse durchzuführen.
HyFlex-Modell schafft mehr Freiheit – und neue Herausforderungen
Noch flexibler wird dieses Format als HyFlex-Modell, in dem Präsenztreffen hybrid angeboten und auch aufgezeichnet werden: Wer nicht vor Ort teilnehmen kann (beispielsweise wegen Krankheit oder Care-Aufgaben), kann sich online zuschalten oder hinterher die Aufnahme ansehen. Allerdings gestalte sich die mathematische Zusammenarbeit hierbei und generell in Online-Umgebungen schwieriger als bei der Interaktion vor Ort, sagt Mathematikdidaktiker Spannagel: "Darum wollen wir in unserem Projekt Studierende auf verschiedenen Wegen motivieren, (a)synchron zu kollaborieren. Wir wissen aus der Forschung, dass Lernende dann selbstbestimmt motiviert sind, wenn sie sich als autonom, kompetent und sozial eingebunden erleben."
MOOCs als digitale Lernräume mit Vorbildfunktion
Der geplante Kurs soll deshalb in einem Massive Open Online Course (MOOC) zusätzlich für die interessierte Öffentlichkeit geöffnet werden - MOOCs sind offene Online-Kurse mit Lernaufgaben, Videos und virtuellen Lerngruppen. In dieser (a)synchronen Online-Umgebung treffen Studierende auf hochmotivierte Interessierte, die sich in ihrer Freizeit mit Mathematik beschäftigen und eine intensive Nutzung der Lernplattform vorleben. Die Einbindung in eine größere Community soll dann wiederum Studierende anregen, sich an Online-Aktivitäten zu beteiligen und didaktisch tätig zu werden, indem sie Teilnehmer:innen fachlich unterstützen.
Studierende gestalten mit
Die neue Lernplattform will der Wissenschaftler im Einsatz bei einer Mathematik-Lehrveranstaltung für das Grundschullehramt mit rund 150 Studierenden testen – moderiert und begleitet von Tutor:innen. Die Studierenden sind hier direkt an der Evaluation und Weiterentwicklung beteiligt. Die Ergebnisse werden dokumentiert und stehen der Öffentlichkeit anschließend im Internet zur Verfügung.
Text: Antje Karbe
Foto: Sabine Felber