"Nicht die Gehörlosigkeit behindert, sondern das Umgehen der Gesellschaft mit diesem Thema." Dieses Fazit zog SPD-Politikerin Heike Heubach in ihrem Grußwort auf der Bodenseeländertagung 2025 (BOTA) in Friedrichshafen. Die erste gehörlose Abgeordnete im Deutschen Bundestag war Schirmherrin der Fachtagung, die von der Pädagogischen Hochschule Heidelberg mit ausgerichtet wurde. Unter dem Motto "Segel setzen – Professionell handeln" tauschten sich vom 23. bis 25. April rund 200 Menschen mit und ohne Hörbehinderung zu aktuellen Entwicklungen im Bereich "Hören und Kommunikation" aus. Sie kamen aus den Bereichen Schule, Beruf, Hochschule, Seminarausbildung, Hörtechnik, Politik und Gesellschaft.
PHHD richtet Fachtagung mit aus und beteiligt sich aktiv
Forscher:innen des Instituts für Sonderpädagogik der PHHD waren mit Vorträgen und Workshops an der Programmgestaltung beteiligt. So skizzierte Professor Dr. Johannes Hennies im Eröffnungsvortrag fachliche Perspektiven "über sich wandelnde Zeiten". Professor Dr. Florian Kramer sprach in seiner Keynote über herausforderndes Verhalten von Schüler:innen mit Hörbehinderung und Dr. Anja Gutjahr, Dr. Barbara Bogner sowie Ann-Kathrin Böhm gestalteten einen Workshop zu digitaler, barrierefreier Lehre.
Der Wandel zugunsten tauber Menschen hat erst seit etwa einem Jahrzehnt richtig Fahrt aufgenommen, wie Hennies sagte. Seitdem würden Mehrsprachlichkeit und die Verwendung von Gebärdensprache als Ziele ernst genommen. „Hier tragen auch Schulen und Hochschulen eine historische Verantwortung, die sich lange wenig bis gar nicht für die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit einer Hörbehinderung eingesetzt haben“, meinte Hennies. „Heute haben Kinder mit einer Hörbehinderung deutlich bessere Bildungschancen und damit auch die Chance auf Teilhabe an der Gesellschaft.“
Bodenseeländertagung als Forum zu Hörbehinderung
Die BOTA findet seit 1956 alle drei Jahre in einem der an den Bodensee grenzenden Staaten bzw. Bundesländer statt. Sie bietet ein länderübergreifendes Forum für Themen aus den Bereichen Bildung, Förderung und Erziehung von Kindern und Jugendlichen mit einer Hörbehinderung. Ziel ist es, die Interessen von Menschen mit Hörbehinderung zu wahren und ihnen bestmögliche Entwicklungs- und Teilhabechancen bereitzustellen.
"Segel setzen – Professionell handeln", mit diesem Anspruch setze sich der BDH-Berufs- und Fachverband Hören und Kommunikation für die Teilhabe junger Menschen mit Hörbehinderung ein, so Christiane Stöppler, Vorsitzende des ausrichtenden BDH-Landesverbandes Baden-Württemberg. Wie alle Vorträge wurde ihre Eröffnung von Dolmetscherinnen in die Deutsche Gebärdensprache (DGS) übersetzt. Bei Schirmherrin MdB Heike Heubach lief die Übersetzung selbstverständlich umgekehrt, von DGS in Lautsprache. Inklusion sei nicht teuer, wenn sie von Anfang an mitgedacht würde, konstatierte die SPD-Politikerin. "Auch das Bildungswesen muss so ausgestattet sein, dass jeder seinen Platz findet und eine echte Chance hat, seine Talente und sein Können in die Gesellschaft einzubringen."
Gelebte Teilhabe auf dem Podium
Dass bei der Podiumsdiskussion erstmals die Vertreter:innen der Gemeinschaft tauber Menschen auf dem Podium in der Überzahl waren, sei ein gutes Zeichen und habe ihn gefreut, sagte Hennies. "Das zeigt, wie gut sich die Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure entwickelt hat."
Quelle: BDH-Landesverband Baden-Württemberg
Redaktion: Antje Karbe
Foto: Rolf Schultes