Im Gespräch

Professorin Kuhn erzählt, wie sie im Coaching einen neuen Blick auf eingeschliffene Routinen erhalten hat

Personalführung ist anspruchsvoll und herausfordernd. Um ihre Führungskräfte zu unterstützen, bietet die Pädagogische Hochschule Heidelberg die Möglichkeit, Führungskompetenzen in persönlichen Coachinggesprächen weiterzuentwickeln.

Wie das Coaching helfen kann, die vielfältigen Aufgaben einer Führungskraft unter einen Hut zu kriegen, erzählt Professorin Dr. Melanie Kuhn im Interview mit Antje Karbe. Kuhn ist Professorin für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Bildung und Ungleichheit an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg. Sie leitet die Arbeitsstelle Antiziganismusprävention, ist Co-Leiterin der Servicestelle Forschungsmethoden, stellvertretende Leiterin des Masterstudiengangs Bildungswissenschaften und war vier Jahre Studiendekanin der Fakultät I.

Frau Kuhn, warum haben Sie sich entschieden, ein Coaching zu machen?
Ich habe das Coaching genutzt, um meine eigene Rolle als Führungskraft zu reflektieren: Wir werden vor dem Hintergrund unserer Lehr- und Forschungserfahrung auf Professuren berufen – doch man bringt keine Führungserfahrung mit, wenn man aus dem wissenschaftlichen Mittelbau kommt. Deshalb finde ich solche Angebote gerade in der Wissenschaft wichtig. Zudem ging es darum, die Teamkonstellation in meinem Arbeitsbereich zu klären.

Und haben die Gespräche Klarheit gebracht?
Ja, zum einen haben sie mir sehr geholfen, unsere Teamarbeit systematischer in den Blick zu nehmen. Wir haben danach selbstorganisiert einen Tag für das ganze Team durchgeführt, moderiert von einer Coachin. Wir konnten gemeinsam Rollen und gegenseitige Erwartungen besprechen und auch, wo wir stehen, was wir geleistet haben und wo wir vielleicht mehr hätten tun können. Das war total produktiv und es war gut, dass eine Moderatorin für Ablauf und Gruppendynamik verantwortlich war – so war ich von der Moderationsverantwortung entlastet und konnte mich anders einbringen. Für mich persönlich ging es unter anderem um klassische Fragen von Arbeitsorganisation und Zeitmanagement sowie um mein Führungsverständnis: Wo sehe ich mich als Ermöglicherin, wie direktiv möchte ich eigentlich sein? Will ich Aufgaben delegieren oder Verantwortung? Es gibt gute Gründe für beides, doch so konnte ich das nochmal für mich klären und später auch im Team besprechen.

Wie muss ich mir den Weg dorthin, also den Ablauf eines Coachings, vorstellen?
In einem Vorgespräch lernt man sich kennen, klärt den Bedarf und gegenseitige Erwartungen. Dann folgen drei Einzelgespräche von je ein bis zwei Stunden, in jeder Sitzung wird einzeln vereinbart, um was es aktuell gehen soll. Der Beratungsprozess wird auf Flipcharts visualisiert und auch dokumentiert. Diese Visualisierung, sozusagen ein „sich vor Augen führen“, ist extrem hilfreich und klärt vieles.

Verraten Sie uns, bei welchen Themen Ihnen das konkret weitergeholfen hat?
Wissenschaft ist der privilegierteste und schönste Beruf, den es für mich gibt, und es ist toll, zu den Themen forschen, lehren und schreiben zu können, die ich gesellschaftlich relevant und zentral für die Lehrer:innenbildung finde. Aber er ist auch „entgrenzt“ und passt nicht so recht in eine 40-Stunden-Woche. Manchmal ist es schwer, ein Ende zu finden: Wann ist die Lehre ausreichend vorbereitet, wann der Drittmittelantrag oder Artikel gut genug? Da muss man schauen, wie man seine Ressourcen verteilt und welche Grenzen man ziehen möchte. Dies in einem vertrauensvollen Kontext besprechen zu können, habe ich als unglaublich fruchtbar erlebt. Ich konnte einen neuen Blick auf eingeschliffene Routinen werfen.

Und was hat sich danach für Sie geändert?
Ich strukturiere meinen Arbeitsalltag anders, beispielsweise bearbeite ich E-Mails nicht mehr sofort, sondern gebündelt zu bestimmten Zeiten. Vorher habe ich mich wochentags um die Lehre, Gremienarbeit und Begutachtungen gekümmert und mir die eher kreative Schreibarbeit für Drittmittelanträge und eigene Publikationen am Wochenende vorgenommen. Doch da war ich eigentlich oft erschöpft und erholungsbedürftig. Das habe ich umgestellt und erledige jetzt mehr kreative Schreibarbeit in der regulären Arbeitszeit und bevorzugt vormittags. Artikel, die für meine Forschung oder Lehre interessant sind oder auch Abschlussarbeiten kann ich hingegen gut samstags Zuhause lesen. Diese Strategie funktioniert für mich sehr gut.

Würden Sie wieder ein Coaching machen?
Ich habe sehr davon profitiert und hätte nichts dagegen, so etwas regelmäßig in Anspruch zu nehmen. Ich finde großartig, dass die PHHD dieses tolle Angebot für eine gesunde Produktivität ermöglicht, das ist nicht selbstverständlich. Es würde mich freuen, wenn noch mehr Kolleg:innen in den Genuss kommen.

Hinweis: Das kostenlose Angebot steht Führungskräften aus Wissenschaft und Verwaltung offen. Derzeit sind wieder freie Plätze zu vergeben, Informationen und Anmeldung bei Sebastian Stumpf unter www.ph-heidelberg.de/weiterbildung.

Interview: Antje Karbe
Foto: Dr. Birgitta Hohenester