Deutsche Sprachkompetenz steigt

Studie untersuchte Sprachpraxis von türkisch-sprachigen SchülerInnen.

Professorin Dr. Havva Engin vom Heidelberger Zentrum für Migrationsforschung und Transkulturelle Pädagogik (Hei-MaT) der Pädagogischen Hochschule Heidelberg führte im Rahmen des Projekts "Göçmen Türk Veliler İçin Veli Akademisi / Elternakademie für Eltern mit türkischem Migrationshintergrund" eine Untersuchung zur Sprachpraxis von türkisch-sprachigen Schülerinnen und Schülern im Bundesland Baden-Württemberg durch. Dazu wertete sie die die Antworten von über 6.100 junge Menschen aus, die den Muttersprachenunterricht besuchen, der von Lehrkräften aus der Türkei erteilt wird und dessen Inhalte von Seiten der konsularischen Vertretung der Türkei verantwortet wird. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass Türkisch als Migrationssprache mit fortschreitender Generationenfolge an Bedeutung verliert. Will sie in Deutschland als sprachliche Ressource weiterhin Bestand haben, so muss sie laut Professorin Engin neben den familiären Kontexten auch in das reguläre schulische Fremdsprachangebot aufgenommen und damit systematisch vermittelt werden.

Nach Angaben des Türkischen Generalkonsulats in Karlsruhe besuchten im untersuchen Schuljahr rund 10.942 Schülerinnen und Schüler den Türkischunterricht, der außerhalb der regulären Stundentafel angeboten wird. Die Untersuchung wurde mittels eines halbstandardisierten Fragebogens mit offenen und hybriden Fragen durchgeführt. In die Auswertung sind die Antworten von 6.125 Schülerinnen und Schüler eingeflossen; von diesen besuchten 60 Prozent die Grundschule, 15 Prozent die Werkrealschule, 15 Prozent die Realschule und 6 Prozent das Gymnasium.

Die Antworten der befragten Schülergruppe lassen erkennen, dass über 90 Prozent von ihnen in Deutschland geboren sind und einen Kindergarten besucht haben. Die Hälfte der Schüler gibt an, gerne in die Schule zu gehen. Den muttersprachlichen Türkischunterricht, dessen Besuch freiwillig ist, besuchen 67 Prozent gerne.
Aus den Antworten zu der lebensweltlichen Sprachpraxis wird laut Professorin Engin ebenfalls deutlich, dass die Hälfte der Befragten in der Familie sowohl Deutsch als auch Türkisch spricht, also ein Sprachwechsel alltäglich ist. Havva Engin: "Betrachtet man die einzelnen Familienmitglieder genauer, so zeigt sich, dass über die Hälfte der Befragten mit den Eltern nur Türkisch kommuniziert. Bei den Großeltern steigt dieser Wert auf über 80 Prozent an. Dagegen sprechen 51 Prozent der Befragten mit den Geschwistern ausschließlich Deutsch bzw. 21 Prozent Deutsch und Türkisch."

Bei der Einschätzung eigener Sprachkompetenzen zeigt sich für Professorin Engin, dass zwischen den einzelnen Sprachen signifikante Unterschiede bestehen: So nimmt die deutsche Sprachkompetenz mit fortschreitender Generationsfolge zu; dagegen schätzen die Befragten ihre Türkischkompetenz mit fortschreitender Generationsfolge als schwächer ein. "Dieses Teil-Ergebnis kann als stetige Abnahme der Relevanz von Türkisch für die Befragten - sowohl in schulischen Kontexten als auch in familiären Kontexten - interpretiert werden", sagt Engin. Mit dem Besuch höherqualifizierender Schulformen wie der Realschule und dem Gymnasium sinke die Motivation der Befragten, ausschließlich Türkisch zu sprechen; in der Familie werde Türkisch nur seitens der Eltern und der Großeltern praktiziert. In der Kommunikation mit den Geschwistern und den Schulfreunden spielt Türkisch - so ein Ergebnis der Studie - dagegen nur eine untergeordnete Rolle; die dominierende Sprache ist hier Deutsch.

Die vollständige Studie finden Sie unter veli-akademisi-heidelberg.blogspot.de.