Experten in eigener Sache

Menschen mit Behinderungen sollen an der PH Heidelberg lehren.

Männer und Frauen, die bislang in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderungen tätig sind, lehren künftig hauptberuflich an Fach- und Hochschulen zum Thema Behinderungen - und können von ihrer Bildungsarbeit leben. Dieses ehrgeizige Ziel verfolgt das Anfang Dezember vorgestellte Projekt "Inklusive Bildung Baden-Württemberg" der Fachschule für Sozialwesen der Johannes-Diakonie Mosbach. Als Kooperationspartner unterstützt die Pädagogische Hochschule Heidelberg das Vorhaben: Die Teilnehmenden sollen ab dem Sommersemester 2018 in Heidelberg Lehrveranstaltungen halten und den Studierenden die Lebenswelt und Bedarfe von Menschen mit Behinderung direkt und persönlich vermitteln.

Die Initiative baut auf einem erfolgreichen Projekt der Stiftung Drachensee (Kiel/Schleswig-Holstein) auf und will ab Herbst 2017 sechs Menschen mit Behinderungen zu Bildungsfachkräften ausbilden: Durch eine dreijährige Vollzeit-Qualifizierung an der Fachschule für Sozialwesen in Neckarbischofsheim lernen sie, wie gute Bildungsarbeit geplant, durchgeführt, reflektiert und ausgewertet wird. Die Qualifizierung, die durch die Unterstützung der Dieter Schwarz Stiftung (Neckarsulm/Baden-Württemberg) möglich wird, befähigt sie, anderen ihre Lebenswelten, Bedarfe und spezifischen Sichtweisen als Menschen mit Behinderungen kompetent zu vermitteln.

Das Rektorat der Pädagogischen Hochschule Heidelberg unterstützt das Projekt ausdrücklich, knüpft es doch nahtlos an die bestehende Zielperspektive der inklusiven Hochschule an, erfolgreiche Bildungsverläufe für alle zu ermöglichen: "Wir erhoffen uns durch die Kooperation und das gemeinsamen Lernen von Studierenden und Menschen mit geistiger Behinderung eine wechselseitige Bereicherung und eine Erweiterung der Perspektiven in der Lehre", so Professorin Dr. Vera Heyl (Prorektorin für Studium, Lehre und Weiterbildung). Dabei kann sich der Einsatz der Teilnehmenden aus der Qualifizierungsmaßnahme laut der Prorektorin auf einzelne Sitzungen oder auch auf ein Seminar über ein ganzes Semester erstrecken. "Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden dabei selbstverständlich von ihren Ausbilderinnen und Ausbildern begleitet", so Heyl.

Professorin Dr. Karin Terfloth, Institut für Sonderpädagogik: "Studierende erfahren zwar in den Lehrveranstaltungen viel über inklusive Teilhabe, in den direkten Kontakt mit Menschen mit Behinderung kommen sie aber meist erst durch die obligatorischen Praktika oder sogar erst in der Arbeitswelt." Die Studierenden seien dann häufig verunsichert und wüssten nicht, wie sie reagieren sollen. "Dass Menschen mit Behinderungserfahrung den Studierenden selbst aufzeigen, was Inklusion in der Praxis heißt, ist daher ein folgerichtiger Schritt hin zu einer Hochschule, deren Lehrangebot unterschiedliche Erfahrungen und Lernvoraussetzungen berücksichtigt."

Weitere Informationen finden Sie unter www.ph-heidelberg.de/bildungsfachkraefte.