Forschung

Weltweite Studie zeigt Bewegungsmangel bei Kindern und Jugendlichen

Das Foto zeigt zwei Beinpaare die eine Treppe der Ph hochlaufen.

Deutsche Kinder und Jugendliche bewegen sich deutlich weniger als Gleichaltrige in vielen anderen Staaten. Dies zeigt die weltweite Untersuchung der Active Healthy Kids Global Alliance, die Anfang Dezember rund 50 Staaten ein "Bewegungszeugnis" ausgestellt hat. Deutschland nimmt 2018 zum ersten Mal an der Initiative teil, die 2014 von kanadischen Wissenschaftlern gegründet wurde. Koordiniert wurde der deutsche Teil von der Technischen Universität München, die hierzu mit der Pädagogischen Hochschule Heidelberg zusammengearbeitet hat. Unterstützt wurde Active Healthy Kids Germany zudem von der Schwenninger Krankenkasse und der Stiftung "Die Gesundarbeiter".

Unter der Leitung von Dr. Yolanda Demetriou, Professorin für Sport- und Gesundheitspädagogik in München, und unter Beteiligung von Dr. Jens Bucksch, Professor für Prävention und Gesundheitsförderung in Heidelberg, haben die deutschen Forscherinnen und Forscher wissenschaftliche Studien und weitere Quellen wie etwa Berichte von Ministerien ausgewertet. Im Anschluss hat die Gruppe für acht Bereiche - nach den Kriterien der internationalen Initiative - Noten vergeben.

Lediglich eine 4- bekommt Deutschland demnach bei der "Körperlichen Aktivität insgesamt", dem "Sitzenden Verhalten" und beim "Aktiven Spielen". Nur rund 20 Prozent der Kinder und Jugendlichen erreichen mindestens eine Stunde moderate oder intensive körperliche Aktivität pro Tag, wie es die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt. 80 Prozent sitzen mehr als zwei Stunden vor dem Fernseher, Computer oder Handy. Und weniger als ein Viertel spielt aktiv mehrere Stunden lang. Den Schulweg legen nur etwa 40 Prozent zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurück - dafür gibt es die Note 3-.
Kinder und Jugendliche in anderen Staaten sind deutlich aktiver. Besonders gut sind die Ergebnisse in afrikanischen Staaten wie Simbabwe, Ghana und Südafrika. Aber auch viele europäische Länder wie die Niederlande und England schneiden besser ab, den besten Wert weltweit hat Slowenien.

Gute Noten bekommt Deutschland dagegen bei den Rahmenbedingungen, die der organisierte Sport, Schule, Familie und Kommunen bieten: 70 Prozent der Kinder und Jugendlichen sind Mitglied in einem Sportverein, in der Schule steht zweimal wöchentlich Sport auf dem Stundenplan. Zwei Drittel der Eltern sind regelmäßig körperlich aktiv und damit ein Vorbild, die meisten Städte und Gemeinden legen ausreichend Spielplätze, Parks und Radwege an.
Allerdings sind auch in diesen Bereichen andere Ländern noch besser. Beispielsweise sind in Dänemark, Kanada und Schweden die meisten Kinder und Jugendlichen in Sportvereinen. In Nepal und Slowenien bewegen sich die Erwachsenen am häufigsten. In Schweden und Australien ist die Ausstattung der Kommunen am besten.

"Dreimal nur knapp besser als mangelhaft - Deutschland ist versetzungsgefährdet", sagt die Studienleiterin Demetriou. "Gerade für Kinder ist Bewegung unheimlich wichtig. Wer sich als Kind zu wenig bewegt, bei dem besteht ein hohes Risiko, dass er dies auch als Erwachsener tut. Das wiederum begünstigt die Entstehung von Zivilisationskrankheiten wie Adipositas, Herzinfarkt oder Schlaganfall. In Deutschland ist körperliche Inaktivität die fünfthäufigste Todesursache."

Warum Kinder und Jugendliche trotz guter Rahmenbedingungen in Deutschland so wenig aktiv sind, sollte in weitergehenden Forschungs- und Transferprojekten untersucht werden. "Insbesondere das Zusammenspiel von einerseits motivationalen Aspekten und andererseits Auswirkungen von verhältnisbezogenen Veränderungen auf das Bewegungsverhalten muss dabei noch stärker in den Blick genommen und verstanden werden", sieht Bucksch als ein prioritäres Handlungsfeld, um bei zukünftigen Vergleichen besser abzuschneiden.

Wie junge Menschen in Kindertagesstätten und Schulen nachhaltig zu einem aktiven Lebensstil motiviert werden können, darauf geben die Forschenden in einer nun ebenfalls erschienenen Broschüre Antwort. Unterstützt durch das Bundesministerium für Gesundheit und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung finden Interessierte dort Tipps für Bewegungsspiele und körperliche Aktivität im Tagesablauf.

Weitere Informationen finden Sie unter www.stiftung-gesundarbeiter.de sowie unter www.ph-heidelberg.de/gefoe.