Forschung

Neue WHO-Studie: Übergewichtsprävention bei europäischen Jugendlichen

Professor Dr. Jens Bucksch (Prävention und Gesundheitsförderung) hat gemeinsam mit einem internationalen Forscherteam erstmals Daten der länderübergreifenden "Health Behaviour in School-aged Children"-Studie zu zeitlichen Verläufen der Adipositas und übergewichtsrelevanten Verhaltensweisen analysiert. Ziel war es, die Veränderung zwischen 2002 und 2014 im Übergewicht und der Adipositas sowie Essverhalten, körperlicher Bewegung und Sitzverhalten von Jugendlichen im europäischen Vergleich aufzuzeigen. Das Forschungsprojekt wurde in Zusammenarbeit mit der World Health Organization Europe (WHO) durchgeführt.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler kommen zum einen zu dem Ergebnis, dass die Zahl der adipösen Jugendlichen in zahlreichen europäischen Ländern und insbesondere in Osteuropa stetig steigt. Zudem steht laut der Studie das Risiko, dass Jugendliche adipös werden, in einem direkten Zusammenhang mit ihrem Geschlecht und ihrer sozioökonomischen Herkunft. Die Forscherinnen und Forscher fordern die Regierungen daher auf, ihre gesundheitsförderlichen Aktivitäten deutlich auszubauen und insbesondere Umwelten zu schaffen, die Zugang zu einer ausgewogenen Ernährungsweise ermöglichen sowie zu mehr Bewegung und zu häufigen Sitzunterbrechungen anregen.

Adipositas gilt als eine der größten Herausforderungen für das öffentliche Gesundheitswesen des 21. Jahrhunderts: So erkranken insbesondere übergewichtige und adipöse Kinder und Jugendliche häufiger an Diabetes Typ2, Asthma und Schlafstörungen, sie leiden öfter an Erkrankungen des Bewegungsapparats bzw. des Herz-Kreislaufsystems und sie fehlen häufiger in der Schule, haben eher psychische Probleme und erfahren oftmals soziale Isolationen. "Besonders besorgniserregend ist, dass etwa vier von fünf adipösen Jugendlichen auch als Erwachsene unter Gewichtsproblemen leiden und damit einem höheren Risiko für viele chronische Krankheitsbilder, Stigmata und Diskriminierung gegenüber stehen", sagt Bucksch. Für den Professor für Prävention und Gesundheitsförderung besteht somit die Gefahr eines generationenübergreifenden Kreislaufes aus Armut und Krankheit.

Die am 17. Mai 2017 veröffentlichte Studie betont zudem die anhaltenden Unterschiede bezüglich der Adipositas von jungen Menschen: So sind insbesondere Jungen und Kinder, die in sozialschwachen Familien aufwachsen, davon bedroht, adipös zu werden. Für das Forscherteam wird außerdem deutlich, dass die bisherigen Projekte der Gesundheitsförderung bzw. der Krankheitsprävention zur Reduzierung von Adipositas diese Personengruppen nicht adäquat erreichen: "Zukünftige Präventionsmaßnahmen und politische Initiativen müssen ein besonderes Augenmerk auf diese hochgefährdeten Jugendlichen legen, sei es im Rahmen ihrer Familien oder der Schule, und ihnen Zugang und Möglichkeiten einer ausgewogenen Ernährungsweise bieten", so der Gesundheitswissenschaftler.

In den letzten zwölf Jahren hat laut der Studie überdies die Zeit, die Jugendliche sitzend vor dem Bildschirm verbringen, sehr deutlich zugenommen, während die Zeit für allgemeine Bewegungsanlässe und das Sporttreiben relativ unverändert verblieben ist. Die Forscherinnen und Forscher fordern daher die Schaffung einer Umgebung, die die Jugendlichen dazu anregt, mehr körperliche Bewegung in ihren Alltag zu integrieren. Bucksch abschließend: "Denkbar ist hier neben der Schaffung bewegungsanregender Infrastrukturen im städtebaulichen Kontext zum Beispiel auch die Ausstattung von Schulen mit Sitz-Steh-Pulten, da sich auch kurze Sitzunterbrechungen positiv auf die Gesundheit auswirken und sich so als eine neue Norm bereits frühzeitig etablieren können."

Weitere Informationen zu der Studie "Adolscent obesity and related behaviours: trends and inequalities in the WHO European Region, 2002-2014" finden Sie unter www.euro.who.int.