Menschen mit Behinderung stoßen beim Erkunden der Heidelberger Altstadt häufig auf architektonische Hindernisse und sprachliche Barrieren. Dem möchte die Projektgruppe "Heidelberg in leichter Sprache" (dazu gehören Studierende und Lehrende der Pädagogischen Hochschule, SchülerInnen der Graf von Galen-Schule sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Heidelberger Werkstätten) Abhilfe schaffen: Der Stadtführer "Heidelberg in leichter Sprache" macht die kulturellen Angebote der Stadt für alle Interessierten, mit und ohne körperliche bzw. geistige Beeinträchtigung, zugänglich. Auch Altstadtführungen in leichter Sprache durch Beschäftige der Heidelberger Werkstätten werden angeboten. Unterstützt wird das Projekt von der Sparkasse Heidelberg und der Lebenshilfe Heidelberg; die wissenschaftliche Begleitung obliegt der Fachrichtung Geistig- und Mehrfachbehindertenpädagogik / Inklusionspädagogik an der PH Heidelberg.
"Zwei Jahre lang haben Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam an diesem Projekt gearbeitet", berichten Professorin Dr. Karin Terfloth und Professor Dr. Theo Klauß (PH Heidelberg). Herausgekommen ist ein Stadtführer der besonderen Art: Die Texte verzichten auf Fremdwörter, sind bewusst kurz gehalten und werden durch zahlreiche Fotos bzw. Piktogramme ergänzt. Die fünf ausgewählten Touren sind somit für alle Altersgruppen und Menschen mit unterschiedlicher Lesekompetenz geeignet.
Die Rundgänge führen zum Beispiel durch die Altstadt, beinhalten Wanderungen zum Kloster Stift Neuburg oder empfehlen Freizeitaktivitäten wie einen Besuch im Heidelberger Zoo. "Wir haben dabei auch unterschiedliche körperliche Voraussetzungen beachtet. So bieten wir eine Tour mit dem Linienbus an: An den Haltestellen wird dann auf die nahe gelegenen Sehenswürdigkeiten verwiesen", erklärt Terfloth.
Interessierte können zudem eine Altstadtführung in leichter Sprache buchen. "Die Gästeführer sind Beschäftigte aus den Heidelberger Werkstätten für Menschen mit Behinderungen", so Klauß. Deren Schulung wurde von der Projektgruppe entwickelt und wird von PH-Studierenden geleitet. Die Anerkennung, die die Stadtführer durch ihre Arbeit erhalten, sei äußerst wertvoll für ihr Selbstbewusstsein: "Es geht dabei nicht nur um die Weitergabe von Fakten. Die Stadtführer können darüber hinaus ihre zwischenmenschlichen Fähigkeiten üben, was ihnen wiederum im Alltag hilft", ist sich der Sonderpädagoge sicher.
Sowohl Terfloth als auch Klauß lehren und forschen an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg im Bereich der Geistig- und Mehrfachbehindertenpädagogik: "Unsere Studierenden wollen wir insbesondere auf die individuelle Förderung aller Menschen in hoher Achtsamkeit für ihre jeweiligen Lebens- und Lernvoraussetzungen sensibilisieren." Gerade integrative Projekte wie der nun herausgebrachte Stadtführer seien für die angehenden Lehrkräfte eine gute Gelegenheit, sich auf ihren zukünftigen Wirkungsbereich und ihre gesellschaftliche Aufgabe vorzubereiten. "Der Stadtführer ist ein weiterer Schritt zur gesellschaftlichen Teilhabe - ein gelungenes Beispiel für gelebte Inklusion."