Klimawandel

Internationales Forscherteam will Nebel für Wassergewinnung nutzen.

In einem breit angelegten internationalen Verbundvorhaben unter der Gesamtkoordination von Professor Dr. Alexander Siegmund (Fachbereich Geographie) untersuchen Geographen der Pädagogischen Hochschule Heidelberg zusammen mit Kollegen der Universität Heidelberg, der Pontificia Universidad Católica de Chile, der National University of San Agustín (Peru) und der Universidad de La Laguna (Spanien) die Nebel-Geoökosysteme der Atacama-Wüste in Chile und Peru. Das Forschungsvorhaben will zum einen das Verständnis der spezifischen Umweltbedingungen und entsprechenden Biosphären-Atmosphären-Wechselwirkungen verbessern; darüber hinaus wollen die Wissenschaftler aus ihrer Arbeit unter anderem Aussagen über die Nutzungspotenziale der Nebelvorkommen für die lokale Wassergewinnung ableiten. Das Projekt wird im Rahmen der europäisch-lateinamerikanischen/karibischen Initiative mit Mitteln des 7. EU-Forschungsrahmenprogramms für die Laufzeit von 2017 bis 2020 gefördert.

Die Küstenregion der Atacama-Wüste im Norden von Chile und im Süden von Peru zählt mit einem mittleren Jahresniederschlag von weniger als einem Millimeter zu den niederschlagsärmsten Gebieten der Erde. Zugleich kann es so Professor Siegmund auf den Hochebenen im Inneren der Atacama-Wüste mit Temperaturen um den Gefrierpunkt empfindlich kalt werden. Starke Winde und die intensive Sonneneinstrahlung tragen ihr Übriges zu den extremen Lebens- und Wachstumsbedingungen bei: "Kaum vorstellbar, dass angesichts solch einer ausgeprägten, als Hyperaridität bezeichneten, Trockenheit überhaupt Pflanzen wachsen können", sagt Siegmund. "Und doch, sie tun es: Tillandsien stellen eine Pflanzengattung dar, die in diesen unwirklichen Verhältnissen überleben kann, indem sie den regelmäßig aufkommenden Nebel als Wasserquelle nutzt."

Die in der Atacama-Wüste wachsende Tillandsia-Vegetation sei im Hinblick zum Beispiel auf ihre markanten, inselartigen Verbreitungsmuster bzw. die artenspezifische Zusammensetzung und Variabilität ein idealer Bioindikator für Klimaveränderungen erklärt der Geograph. Seit den 1970er Jahren werde jedoch ein drastischer Rückgang der im Untersuchungsgebiet heimischen Vegetation verzeichnet, der mit einem Wandel der klimatischen Bedingungen und einer allgemein zunehmenden Aridität in Verbindung steht. "Die tatsächlichen Dimensionen und Ursachen des Rückgangs der gefährdeten Nebel-Ökosysteme sowie die spezifische geoökologische Nische der Tillandsia sind jedoch noch weitestgehend unbekannt und daher ein Gegenstand unserer Untersuchungen", sagt Siegmund. Angesichts der Einzigartigkeit und Gefährdung der chilenisch-peruanischen Nebel-Geoökosysteme sowie ihrer Bedeutung als Bioindikator für den Klimawandel soll das Forschungsvorhaben überdies zu einem besseren Verständnis der spezifischen Umweltbedingungen und entsprechenden Biosphären-Atmosphären-Wechselwirkungen beitragen. Die Wissenschaftler versprechen sich von ihrer Arbeit zudem Erkenntnisse über die Nutzungspotenziale der Nebelvorkommen für die lokale Wassergewinnung durch Nebelnetze, über Klimaveränderungen sowie über mögliche Maßnahmen zum Schutz dieser endemischen Pflanzenarten und Ökosysteme.