[hop] Prof. Dr. Ludwig Schwinger ist am 13. Oktober 2024 gestorben. Er war Rektor der Pädagogischen Hochschule Heidelberg von April 1994 bis September 2002. Sein Engagement für die Hochschule war groß, seine emotionale Verbindung zu ihren Mitgliedern stark und seine Handschrift ist bis heute an vielen Stellen sichtbar.
Am 12. März 1940 in Wien geboren, hat er an der PH Weingarten das Lehramt an Volksschulen und an der PH Heidelberg Hör-, Sprach- und Sehgeschädigtenpädagogik studiert. Ab den 70er Jahren war er in Heidelberg zunächst als Forschungsassistent tätig, promovierte 1977 an der dortigen Universität und wurde anschließend von der Pädagogischen Hochschule zum Professor für Phonetik berufen. Schon früh engagierte er sich in den verschiedenen Gremien der Hochschule, davon überzeugt, dass positive Veränderungen nur durch persönlichen Einsatz zu erreichen sind.
In seine Amtszeit fielen einige gravierende Entwicklungen in der allgemeinen Bildungslandschaft, die er als Rektor geschickt zu moderieren wusste. So wurden die tradierten Gremien wie der Senat und die Fakultätsvorstände durch den Hochschulrat ergänzt, einem neuen Kontroll- und Beratungsorgan, für dessen bis heute hervorragende Zusammenarbeit mit der gesamten Hochschule Ludwig Schwinger den Grundstein gelegt hat. Von den vielen strukturellen Veränderungen in seiner Amtszeit seien hier nur einige herausgegriffen: So etwa die Reduktion der Fakultäten von sechs auf vier und deren Binnengliederung in Institute; die Verbesserung der Forschungsbedingungen; das Festhalten an einem wissenschaftlich fundierten Zweifächerstudium bei zusätzlicher Förderung interdisziplinärer Studieninhalte. Von den inhaltlichen Anstößen sei hier die Entwicklung des Themenschwerpunkts Straßenkinderpädagogik in Kolumbien exemplarisch hervorgehoben, die er in enger Zusammenarbeit mit dem Religionspädagogen und damaligen Prorektor Prof. Dr. Hartwig Weber entwickelte und voranbrachte. Bis heute bestehen enge Verbindungen in dieses mittelamerikanische Land.
Besonders wichtig waren Ludwig Schwinger Kommunikation und Transparenz nach innen und außen. Um die Kommunikation aller Mitglieder und der Gremien zu stärken, hat er mit viel Herzblut aus den eher amtlich anmutenden Rektoratsmitteilungen die wöchentlich erschienene, gedruckte Informationsschrift „PH-intern“ geschaffen. Ob wichtige Entscheidungen, Personalia, Auszeichnungen oder Entwicklungen in der Forschung: Hier hatten alle bedeutsamen Nachrichten ihren Platz, nicht selten durch Karikaturen von ihm bereichert. Bis heute erinnern die „Mittwochsmitteilungen“ und der Online-Newsletter news_on! an diese Anfänge. Insbesondere um die interessierte Öffentlichkeit zu informieren, ist unter seiner Ägide 1996 das bildungswissenschaftliche Magazin daktylos entstanden, das seither über Schwerpunktthemen der Hochschule berichtet.
Ludwig Schwingers Persönlichkeit ist unverbrüchlich mit seinem künstlerischen Schaffen und seinem ästhetischen Empfinden verbunden und hat seine Tätigkeit als Rektor mitgeprägt. Immer noch schmücken seine großformatigen, farbenfrohen, abstrakten Gemälde einige Büros und Flure. Gut besuchte Ausstellungen seiner Werke fanden mitunter in der Mehrzweckhalle statt. Dass er nach 30 Jahren Pause die Examensfeier mit feierlicher Zeugnisübergabe wiederbelebt hat, gehört ebenfalls in diesen Kontext: Sie wurde zu einem vorrangig von Musikstudierenden gestalteten Gesamterlebnis im Heidelberg Schloss und später in der Stadthalle weiterentwickelt, das die Leistung der Studierenden – damals mit dem Abschluss Staatsexamen – inhaltlich und visuell würdigte.
Auch eine „Ästhetik des Alltags“ war Ludwig Schwinger wichtig, wie Prof. Dr. Lissy Jäkel als Vorsitzende des Freundeskreises in ihrem Nachruf auf den Punkt bringt. Sie wird manifest in der Gestaltung der Gebäude der Hochschule: Schwinger hat viele Baumaßnahmen angeregt, die gleichermaßen deren Funktionalität verbesserten und vor allem im Altbau die bauliche Schönheit unterstrichen. So ging der Ausbau der Räume des Prorektorats genauso auf ihn zurück wie die Ausstattung der Flure mit freundlichen hellen Sitzmöbeln aus Holz. Denn „das Äußere einer Hochschule ist mehr als Fassade, [… ist auch] ein Spiegel des Wohlbefindens der darin tätigen Menschen“, beschreibt Jäkel.
Dass die Holzbänke bis heute Mitglieder der Hochschule zum Innehalten und zum Austausch von Gedanken einladen, auch dieser Effekt ist mit Ludwig Schwinger als Mensch und als Rektor eng verbunden: Kommunikation hieß für ihn, ehrlich teilzuhaben am anderen. Viele erinnern sich daran, dass der Umgang mit ihm von Freundlichkeit, Verbindlichkeit und Zugewandtheit geprägt waren. Regelmäßige Rektoratsempfänge zu Semesterbeginn und allerlei Feierlichkeiten waren Ausdruck dieser guten persönlichen Atmosphäre.
Seiner künstlerischen Leidenschaft im Unruhestand noch intensiver nachgehen könnend, ist er seiner Hochschule trotzdem noch lange Jahre treu geblieben. Immer wieder hat er die feierlichen Einführungen des Akademischen Jahres und andere Anlässe genutzt, um in Kontakt zu bleiben. Wir werden Ludwig Schwinger als unverbrüchlichen Teil der Geschichte unserer Hochschule in Erinnerung behalten und ihm ein ehrendes Andenken bewahren.