Theoretische Sätze, Episteme oder Wissenseinheiten von Wissenschaftler:innen im Allgemeinen und Geschichtsdidaktiker:innen im Besonderen können als soziohistorische Produkte interpretiert werden. Damit solche Einheiten zu Wissenseinheiten Anderer und zur Realität Vieler werden können, reicht die Genialität des Singulus in den allerwenigsten Fällen aus. Für die Lizenz zum Forschen und Lehren benötigen Wissenschaftler:innen trivialerweise Räume und Orte, an denen sie diese soziohistorischen Produkte und ihr Umfeld gestalten.
Die Räume des Forschens und Lehrens können als soziale Einheiten für individuelle Entwicklungen und die Wissenschaftssozialisation von Individualitäten oder auch als Basiscamps für die Auftritte der Geschichtsdidaktiker:innen, für die Inklusion und Exklusion von Wissen, Wissensordnungen, Denkstilen und Personen aufgefasst werden.
Das Arbeitszimmer oder den Produktionsort von Historiker:innen oder Geschichtsdidaktiker:innen kann man sich als eine Kommunikationszentrale vorstellen, in dem gelesen, angestrichen, exzerpiert, getippt, gespeichert, korrigiert oder geprüft wird, in dem wissenschaftliche Karrieren in Angriff genommen, in dem in unterschiedlichen sozialen Konstellationen und Abhängigkeiten wissenschaftliche Produkte oder wissenschaftliche Auftritte vorbereitet und performt werden. Die Wissenschaftler:innen füllen diese Raumeinheiten mit Materiellem und Immateriellem, mit Zukunftserwartungen, Visionen, aber auch mit vorhandenen Beständen und Traditionen. Was übernehmen Geschichtsdidaktiker:innen von ihren Vorgänger:innen und welche Objekte, Episteme oder Sammlungen gelangen auf den Müll oder werden für den Übergang übernommen? Diese vita activa von Geistesarbeit ergänzt bzw. konterkariert das in den Geisteswissenschaften „gepflegte Leitbild der einsamen Schreibtischarbeit“, des „epistemischen Singles“ (Martus/Spoerhase), des „souveränen Beobachters“, der deshalb groß und frei denken kann, weil er „nie in der Gefahr steht, von den sozialen Spielen kontaminiert zu werden“ (Rieger-Ladich).
Die Beiträge beziehen sich einerseits auf Arbeitszimmer mit den darin gepflegten Objekten, Artefakten oder Ordnungen, auf Übergänge, auf alternative Zugänge disziplingeschichtlichen Forschens (Konstellation) und aktuelle disziplingeschichtliche Forschungen.
Programm
24. September 2025
12:30 Ankommen
13:00 Christian Heuer (Gießen), Manfred Seidenfuß (Heidelberg)
Geschichten der Geschichtsdidaktik: Räume – Orte – Personen – Übergänge
13:15 Andreas Sommer (Weingarten)
Alles im Kasten? Die Geschichtsdidaktik an der PH Weingarten zieht um
14:00 Christoph Kühberger (Salzburg)
Geordnete Reste – Disziplingeschichtliche Fundstücke aus dem Nachlass des Geschichtsdidaktikers Reinhard Krammer
15:00 Frank Britsche (Leipzig) Der historische Klassenraum – museale Imagination von Unterricht
15:45 Dieter Friedrichs (Münster)
Das Haus und seine Räume. Münsteraner Reformen und die Geschichtsdidaktik
16:45 Weltgeist, Geister und Ungeister in Heidelberg
19:30 Abendessen
25. September
9:30 Melina Schuster (Göttingen)
Wer lehrt in der Geschichtsdidaktik? – Eine disziplinkritische Betrachtung der Professuren innerhalb der geschichtsdidaktischen Hochschullandschaft
10:15 Philipp Pauli (Köln)
Konstellationsforschung. Konstellative Disziplingeschichten der Geschichtsdidaktik?
11:00 Wolfgang Hasberg (Köln)
Konstellative Übergänge zwischen Neckar und Rhein. Bio-bibliographische Aspekte einer Konstellation
11:45 Disziplingeschichtlicher Pausenplausch
12:15 Christian Heuer (Gießen), Manfred Seidenfuß (Heidelberg)
Unde venis – quo vadis? Perspektiven für Disziplingeschichte(n)
Ort: Transferzentrum der Pädagogischen Hochschule Heidelberg, Bergheimer Straße 104, 1. Etage
Kontakt
- Prof. Dr. Manfred Seidenfuß, Pädagogische Hochschule Heidelberg, Geschichte und ihre Didaktik; manfred.seidenfuss@ph-heidelberg.de
- Prof. Dr. Christian Heuer, Universität Gießen, Didaktik der Geschichte; christian.heuer☞ Bitte fügen Sie an dieser Stelle ein @ ein ☜uni-giessen☞ Bitte fügen Sie an dieser Stelle einen Punkt ein ☜de