Was ist „Soziologie“?

Auch wenn „soziologische“ Gedanken, Ideen und Fragestellungen schon immer die Menschen bewegt haben und von namhaften Wissenschaftlern behandelt wurden, ist die Soziologie selbst als eigenständige Disziplin eine relativ (im Vergleich zu anderen Wissenschaften) junge Wissenschaft, d.h. sie ist erst ca. 150 bis 200 Jahre alt. Wir wollen jetzt aber nicht ein Schlaglicht auf die Geschichte der Soziologie werfen, sondern vielmehr erklären, was „Soziologie“ denn eigentlich heißt.

Zum Begriff

Der Begriff „Soziologie“ ist ein Kunstwort, das einer der „Gründerväter“  des Faches, der Franzose Auguste Comte, aus dem lateinischen Wort „socius“ (gemeinsam, Gefährte) und dem griechischen Wort „logos“ (Rede, Wort, Sinn) geprägt hat. Soziologie bedeutet also soviel wie „Der Sinn des Gemeinsamen“ oder freier und moderner übersetzt: "Die Lehre von dem Sozialen".

Damit umreißt der Begriff bereits, worauf er abzielt: Die wissenschaftliche Erforschung aller „sozialen“ Begebenheiten, also all jener Phänomene, die mit dem Zusammenwirken von mindestens zwei Menschen zu tun haben. Hieraus abgeleitet gibt es eine Vielzahl teils unterschiedlicher Definitionen von dem, was Soziologie eigentlich ist. Eine der prägnantesten und eine der am weitesten akzeptierten ist jene von Max Weber (aus: „Wirtschaft und Gesellschaft", 1920):

„Soziologie soll heißen: eine Wissenschaft, welche soziales Handeln deutend verstehen und dadurch in seinem Ablauf und seinen Wirkungen ursächlich erklären will.“ [Hervorhebungen von uns].

Demnach beschäftigt sich die Soziologie mit dem Ursprung und der Entwicklung von menschlichem Zusammenleben zu und in einer Gesellschaft. Einbezogen werden dabei sämtliche Formen, in denen Individuen interaktiv, d.h. auf einander bezogen, handeln: Gesamtgesellschaften, Staaten, Organisationen, Schulen, Gruppen, Familien, Wirtschaftskreisläufe, Partnerschaften und vieles mehr.

Und was heißt das jetzt?

Die Soziologie bewegt sich einfach gesagt zwischen der Beobachtung, Beschreibung, Interpretation und Analyse menschlichen Zusammenlebens. Dabei steht immer zwingend die Forderung der Soziologie im Raum, dass theoretische Erkenntnisse auch mit empirischen Methoden überprüft, bestätigt oder verworfen werden können. Die Soziologie zielt auf das Erkennen empirisch nachweisbarer Regelmäßig- und Gesetzmäßigkeiten ab.

Eine Disziplin - viele Teilbereiche

Da die Soziologie sich auf ganz unterschiedliche und sehr komplexe Phänomene bezieht, gibt es auch unterschiedliche Möglichkeiten, die Soziologie zu kategorisieren. So kann man einerseits unterscheiden, ob ein soziales Phänomen untersucht wird, bei welchem  - vereinfacht gesagt - die einzelnen Menschen theoretisch noch identifizierbar wären, es sind also eher wenige Individuen beteiligt. Diese Perspektive wird auch "Mikrosoziologie" genannt. Der Fokus der Untersuchung liegt dabei auf sozialen Beziehungen zwischen einzelnen Individuen oder Gruppen, beispielsweise auf der Familie, der Schulklasse oder den Sozialisationsprozessen. Es stellen sich Fragen nach spezifischen Handlungen von einzelnen Individuen sowie danach, wie Interaktion in bestimmten „Settings“ funktioniert.

Andererseits kann der Fokus in der Soziologie auf „dem großen Ganzen“ liegen und sich beispielsweise auf die Gesamtgesellschaft der BRD oder das gesamte Bildungssystem richten. Während die Mikrosoziologie  auf das Verhältnis von Individuum und Gesellschaft ansetzt und dabei die Akteursebene betont, zielt diese "Makrosoziologie" eher auf allgemeine Gemeinsamkeiten und Unterschiede in großen sozialen Gebilden ab. Es handelt sich also um gewisse Gesetzmäßigkeiten, nach welchen Teile der Gesellschaft insgesamt funktionieren, beispielsweise kulturelle Besonderheiten.

Sozusagen als Bindeglied lässt sich zuletzt noch die sogenannte „Mesosoziologie“ abgrenzen, in welcher mittlere Ebenen zwischen dem einzelnen Individuum und der Gesamtgesellschaft im Vordergrund stehen, beispielsweise Organisationen und Verbände.

Darüber hinaus existieren in der soziologischen Forschung sogenannte „Bindestrich-" oder „Spezielle Soziologien“. Dabei wird betont, dass bei der jeweiligen soziologischen Untersuchung bestimmte Bereiche oder Themen im Vordergrund stehen, beispielsweise "Jugendsoziologie", "Bildungssoziologie", "Stadtsoziologie", "Wirtschaftssoziologie", "Politische Soziologie", "Wissenssoziologie", "Familiensoziologie" und viele mehr.

Soziologie vs. „benachbarte“ Wissenschaften

Als typische Sozialwissenschaft teilt sich die Soziologie mit einigen anderen wissenschaftlichen Disziplinen dieselben oder mindestens ähnliche Themen. Während jedoch diese benachbarten Wissenschaften jeweils nur einen spezifischen Fokus setzen, versucht die Soziologie, all diese Perspektiven zu berücksichtigen und die entsprechenden Wechselwirkungen zu erfassen.

 

(Brey)