Buchempfehlung im Juli: „Kurz vor dem Rand“

Ari, die 17-jährige Ich-Erzählerin, macht eine Ausbildung zur Malerin, lebt mit ihrem alleinerziehenden Vater in einer Hochhaussiedlung und ihre Leidenschaft ist das Skaten. Mit gebrochenem Herzen beginnt sie Tagebuch zu schreiben und erzählt rückblickend von den zwei Wochen ihrer ersten Liebe und lernt, dass es Mut zum Leben braucht. Mut, um sich seiner Gefühle bewusst zu werden, Mut, um den „Feuersteig“ herunterzuskaten und Mut, um wieder aufzustehen, wenn man gefallen ist. Jeden Tag trifft sie sich im Skatepark mit ihren Freunden, die sie als „eine von den Jungs“ betrachten, da sie lieber lockere Kleidung trägt und keinen Wert auf Schminken und Styling legt. Am Ostermontag wird Aris Leben plötzlich auf den Kopf gestellt, als Tom, der neu in der Stadt ist, auf der Skatebahn aufkreuzt. Tom ist ein unglaublich guter Skater und das weiß er auch. Alle bewundern ihn für seine krassen Stunts, doch Ari ist nur genervt von seiner charmanten und arroganten Art. Trotz seiner Beliebtheit bemerkt Ari rasch, dass irgendetwas mit Tom nicht stimmt. Die beiden kommen sich näher und schließlich öffnet Tom sich. Vor zwei Jahren hat er etwas Schreckliches erlebt und leidet seitdem unter einem Trauma. In ihm steckt viel „Basishass“, den Antrieb, den es zum Skaten braucht und Ari kennt das ziemlich gut, doch auf einmal ist Tom wie vom Erdboden verschluckt. Dann taucht Aris Mutter, die ein Alkoholproblem hat und auf die nie wirklich Verlass war, wieder in der Stadt auf. Sollte sie eine zweite Chance bekommen, nach all den Jahren, in denen sie sich nie blicken lassen hat? Bis jetzt war Ari doch immer glücklich mit ihrem Leben, bei ihrem Vater Bob, der ihr das Skaten gezeigt hat und ihren Freunden, die sie seit dem Kindergarten kennt und die immer zusammenhalten, doch jetzt erscheint das Leben so viel komplizierter. Ein authentischer und etwas anderer Coming of Age Roman über Freundschaft, Geschlecht, komplizierte Familien und die erste Liebe.

Eva Rottmann hat ein aufwühlendes Buch über wichtige und teils schwere Themen des jugendlichen Erlebens geschrieben: verwirrende Gefühle, Suizid, Geschlechtsstereotype, Sucht, Trauma,… Die Erzählweise ist nah an der Alltagssprache von Jugendlichen und die Dialoge sind temporeich, geradeheraus und gleichzeitig einfühlsam. Zudem taucht man in die Welt des Skatens ein und trotz einiger Fachbegriffe sind die Beschreibungen so lebendig, dass man sich schnell in die Sprache einfindet. Ari wirkt durch den Wechsel von unverfälschten Gesprächen und reflektierten Gedankengängen sehr authentisch, dadurch fällt es leicht, das Buch in einem Rutsch durchzulesen. Die Geschichte zeigt, dass das Teenagerleben kompliziert sein kann und jederzeit vom metaphorischen „Rand“ zu kippen droht. Aktuelle und gesellschaftliche Probleme wirken nicht moralisch, sondern wurden sensibel in die Handlung eingebunden, da sie genau Aris Lebenswelt abbilden. Besonders die klischeehaften Rollen von Geschlechtern und die damit einhergehenden Erwartungen werden aufgebrochen, denn letztendlich braucht es kein „Label“, um jemanden ins Herz zuschließen. Auf einer emotionalen Achterbahnfahrt begleitet man Ari auf der Suche nach ihrer Identität und wird dabei selbst zum Nachdenken angeregt. Ein mehrfach ausgezeichnetes Buch über komplexe Emotionen und den Zusammenhalt von Freundschaft.

 

verfasst von Greta Lauer

 

Tabelle mit Informationen zum Buch

Informationen zum Buch
KategorieInformation
TitelKurz vor dem Rand
Autor/inEva Rottmann
Erscheinungsjahr2023
VerlagJacoby & Stuart
Seiten 192
Altersempfehulungab 14 Jahren
ISBN978-3-96428-188-3
Preis16,00 €