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Bildungspolitisches Gespräch

Bundesweit wird intensiv über die Situation an Schulen diskutiert, werden Vorschläge eingebracht, Modelle entwickelt und auch wieder verworfen. Die Situation ist äußerst angespannt. Schulen, Lehrkräfte und auch Schüler:innen sind großen Belastungen ausgesetzt. Dabei sind die Bildungsprozesse der Heranwachsenden von enormer Bedeutung, denn sie entscheiden maßgeblich über ihre gesellschaftliche Teilhabe. Umgekehrt sind wir auf einen gut (aus)gebildeten Nachwuchs für den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft, für die wirtschaftliche Stabilität und für unsere Zukunftsperspektiven allgemein angewiesen.

In der Krise kann eine Chance liegen, um Schule und Bildungsprozesse neu auszurichten und neue Wege zu gehen. Das Heidelberger bildungspolitische Gespräch gibt den Raum, über Herausforderungen und Lösungen ins Gespräch zu kommen.

Das nächste HbG ist für 2026 geplant; weitere Informationen finden Sie rechtzeitig hier.

Unter dem Titel "Schule im Spannungsfeld zwischen parteipolitischer Neutralität und Haltung" fand am 10. April 2025 an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg das 3. Heidelberger bildungspolitische Gespräch (HbG) statt. An der hybriden Veranstaltung zur Demokratiebildung nahmen zahlreiche Interessierte aus Bildung, Politik und Gesellschaft teil und diskutierten engagiert über die Herausforderungen und Chancen demokratischer Bildung in Schule und Gesellschaft.

Klare Haltung gegenüber antidemokratischen Strömungen 

Den inhaltlichen Auftakt der Veranstaltung gestaltete Stephan J. Kramer, Präsident des Thüringer Amtes für Verfassungsschutz (Innenministerium), mit einer ebenso pointierten wie kurzweiligen Keynote. Durch fachliche Tiefe, einen klaren Blick auf aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen und mittels bewusst provokant gesetzter Thesen zeichnete Kramer ein eindringliches Bild der aktuellen Herausforderungen für die Demokratie. Dabei machte er deutlich, dass insbesondere Lehrkräfte verpflichtet sind, eine klare Haltung gegenüber antidemokratischen Strömungen einzunehmen – ohne dabei ihre parteipolitische Neutralität zu verlieren. Denn Bildung bedeute hier auch politische Bildung von jungen Menschen, die teilweise erst im Klassenzimmer lernten, was gelebte Demokratie bedeute, und welchen positiven Einfluss sie auf die Lebensrealitäten auch von Schüler:innen hat.

Demokratiebildung ist heute wichtiger denn je

Im Anschluss eröffnete eine Podiumsdiskussion den Raum für vertiefte Debatten. Neben Stephan J. Kramer diskutierten Sabine Barth (Regionalkoordinatorin "Expertenteam Demokratiebildung" im Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung sowie Autorin bei IQES online), Dr. Havva Engin (Professorin für Interkulturelle Pädagogik und Leiterin des Kontaktstudiums "Extremismus und Radikalisierung" an der PHHD), Robert Feil (Referent für Demokratiebildung im Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg) sowie Dr. Christian Mühleis (wissenschaftlicher Mitarbeiter der Abteilung Politikwissenschaft der PHHD). Wissenschaftsjournalist Armin Himmelrath moderierte die Veranstaltung erneut in gewohnt professioneller wie schlagfertiger Manier.

Einigkeit herrschte unter den Podiumsgästen darüber, dass Demokratiebildung heute wichtiger ist denn je. Lehrkräfte spielen dabei für alle Diskutant:innen eine Schlüsselrolle, denn sie prägen nicht nur Wissen ganzer Generationen, sondern auch deren Werte. Deutlich wurde jedoch auch, dass es unterschiedliche Sichtweisen auf die Ausgestaltung und Umsetzung politischer Bildung gibt – etwa wie Lehrkräfte dabei unterstützt werden können, Räume für Austausch, Meinungsvielfalt und Reflexion zu schaffen und diese auch angesichts gesellschaftlicher Spannungen und organisatorischer Herausforderungen aufrecht zu erhalten.

Demokratiebildung an der PHHD

"Wenn wir die Demokratie und ihre Institutionen nicht aktiv verteidigen, riskieren wir, dass Gleichgültigkeit und Extremismus weiter an Boden gewinnen", sagte Rektorin Professorin Dr. Karin Vach im Anschluss an die Diskussion. "Als Hochschule tragen wir Verantwortung – nicht nur in der Qualifizierung zukünftiger Lehrkräfte, sondern auch als Ort des Denkens, Diskutierens und Zweifelns. Auch wenn wir nicht auf alle Fragen sofort eine Antwort haben, stellen wir uns an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg der Herausforderung." Hierfür habe das 3. HbG wertvolle Impulse geliefert, die etwa in dem Modul "Grundfragen der Bildung", das alle Lehramtsstudierenden der Hochschule durchlaufen, sowie in der Zusatzqualifizierung "Demokratiebildung" weiter diskutiert werden sollen.

Weitere Gelegenheit, sich im Sommersemester praktisch mit politischer Bildung zu beschäftigen, bietet der Fachtag Demokratiebildung, den die Hochschule am 16. Mai gemeinsam mit der Vereinigung für politische Bildung und der Landeszentrale für politische Bildung anbietet und der sich primär an Lehrkräfte richtet. Studierende können sich neben den genannten curricularen Angeboten auch beim festival contre le racisme weiterbilden, das ebenfalls im Mai unter anderen vom Studierendenparlament der Hochschule organisiert wird. Für alle interessierten Personen finden im Juli zudem unter dem Titel "Mehr Demokratie wagen" öffentliche Vorträge etwa zur Perspektive der Jugend auf Demokratie oder zu Demokratiebildung in der Praxis statt.

Welche Konsequenzen ziehen Wissenschaft, Politik und die Gesellschaft aus den Ergebnissen der PISA-Studie? Das war die Leitfrage beim 2. bildungspolitischen Gespräch, das gestern (13.03.2024) an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg stattfand. Nach einem eindrücklichen Appell von Rektorin Professorin Dr.in Karin Vach hielten Professor Dr. Michael Becker-Mrotzek sowie Daniel Hager-Mann jeweils eine Keynote. Im Anschluss tauschten Vertreter:innen der Schulen sowie der Fraktionen im Landtag von Baden-Württemberg ihre Standpunkte aus. Die Moderation hatte erneut der Bildungs- und Wissenschaftsjournalist Armin Himmelrath inne.

„Wir können es nicht zulassen, dass Kinder unserer Gesellschaft zurückgelassen werden“, mahnte Rektorin Vach in ihrer Begrüßung. „Auch nahezu 25 Jahren nach dem ersten PISA-Schock ist es uns nicht gelungen, den Zusammenhang von Schulerfolg und sozialer Herkunft aufzubrechen. Eher hat sich dieser noch verschärft“, so Vach weiter. „Wir alle sind in der Verantwortung, dieser Entwicklung entgegenzuwirken, damit jedes Kind die Chance auf ein erfülltes Leben hat. Es freut mich daher sehr, dass wir bei unserem heutigen Heidelberger bildungspolitischen Gespräch so viele Menschen aus der Politik, der Wissenschaft, der Schulen und der Öffentlichkeit begrüßen dürfen.“

In seiner Keynote stellte Michael Becker-Mrotzek, Mitglied der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission der Kultusministerkonferenz, zunächst die aktuelle Studienlage vor. Der langjährige Direktor des Mercator-Instituts für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache zeigte am Beispiel des Deutschunterrichts in der Grundschule eindrucksvoll, wie die Anforderungen des flüssigen Lesens und Schreibens durch regelmäßige, kurze Übungseinheiten trainiert werden können. Wie ein Sportler zigmal trainieren müsse, den Ball in den Korb zu treffen, so müsse es auch in den Bereichen der basalen Kompetenzen – also Lesen, Schreiben und Rechnen – selbstverständlich werden, regelmäßig zu üben, so Becker-Mrotzek.

Auch Daniel Hager-Mann, Ministerialdirektor im Kultusministerium Baden-Württemberg, betonte in seiner Keynote die Bedeutung der Frühen Bildung: Das Land habe aus den Ergebnissen der Bildungsstudien gelernt und lege den Schwerpunkt auf die Förderung der Jüngsten. Man wolle die Sprachförderung in den Kindertageseinrichtungen sowie das Lesetraining in der Grundschule gezielt ausbauen. Mit Blick auf gute Konzepte sei man zudem im engen Austausch mit anderen Bundesländern sowie mit Wissenschaftler:innen wie Professorin Dr. Havva Engin (PH Heidelberg), die ihre Expertise im Bereich der interkulturellen Pädagogik in den wissenschaftlichen Beirat des Kultusministeriums einbringt.

Abgerundet wurde das 2. Heidelberger bildungspolitisches Gespräch durch eine Podiumsdiskussion. An dieser beteiligten sich unter anderem die bildungspolitischen Sprecher:innen der Fraktionen im Landtag von Baden-Württemberg, Dr. Timm Kern (FDP/DVP), Thomas Poreski (GRÜNE), Christiane Staab (CDU) sowie Katrin Steinhülb-Joos (SPD). Die Perspektive der Schule war durch den Vorsitzenden des Landesschulbeirats, Thomas Speck, vertreten und die der Lehrer:innenbildung durch Myrle Dziak-Mahler, die lange die Geschäfte des Zentrums für Lehrer:innenbildung an der Universität zu Köln geführt hat.
In der Diskussion wurden insbesondere Differenzen bezüglich der notwendigen Schritte deutlich: So wurde zum Beispiel auf der einen Seite gefordert, mutig neue Wege zu gehen, die nicht an finanziellen Mitteln scheitern dürften; woraufhin andere etwa auf strukturelle Restriktionen verwiesen. Geschlossen einig waren sich die Diskutant:innen hingegen dabei, dass alle Kinder das Recht auf gute Bildung haben, unabhängig von ihrer Herkunft oder ihres sozialen Status. Teilhabe an Bildung sei essentiell für die Aufrechterhaltung der Demokratie – ein weiterer Aspekt, der von allen Beteiligten betont wurde.

Rektorin Vach schloss die Veranstaltung mit der Aufforderung, im Gespräch zu bleiben und gemeinsam und zum Wohle aller für mehr Bildungsgerechtigkeit im Land zu sorgen. Die Pädagogische Hochschule Heidelberg stellt hierfür gerne sowohl die Plattform bereit als auch ihre fachdidaktische und bildungswissenschaftliche Expertise.

"Grundschullehramt auf neuen Wegen": Am 26. Juli haben sich Bildungsexpert:innen zum Lehrkräftemangel und insbesondere zur Situation der Grundschule ausgetauscht. Die Pädagogische Hochschule Heidelberg war Gastgeberin dieses bildungspolitischen Gesprächs, für das sie hochkarätige Expert:innen aus Politik, Verbänden, Hochschulen und Schulen gewinnen konnte. Durch das Programm der drei aufeinander folgenden Podien sowie unter Einbezug des informierten Publikums vor Ort und an den Bildschirmen führte Wissenschaftsjournalist Armin Himmelrath.

Zu Gast waren auf Podium 1 „Gesellschaft“ Gerhard Brand, Bundesvorsitzender des Verbands Bildung und Erziehung, Monika Stein, Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, und Rita Haller, zweite Vorsitzende des Landesschulbeirats Baden-Württemberg. Auf Podium 2 „Praxis“ diskutierten Sabine Horn, Rektorin Geschwister-Scholl-Schule Heidelberg, Referendar Patrick Götzinger und Studentin Franca-Juliana Brunke. Podium 3 „Politik“ bestand aus den Landtagsmitgliedern Nadyne Saint-Cast, Bündnis 90/Die Grünen, und Dr. Stefan Fulst-Blei, SPD, sowie Prof. Dr. Peter Kirchner, Sprecher der PH-Prorektor:innen Studium und Lehre.

Grundschulen brauchen dringend Unterstützung!

Rektorin Prof.in Dr.in Karin Vach unterstrich in ihrem Eingangsstatement, „dass wir Lehrer:innen brauchen, die mit einem ausgezeichneten Professionswissen Kindern Bildungschancen eröffnen, die mit viel Engagement unterrichten und die auch in Krisen stark sind. Wir können es uns als Gesellschaft nicht leisten, dass die Schere zwischen den Kindern aus privilegierten Familien und Kindern mit weniger Startchancen immer größer wird. Wenn wir Schule neu denken wollen, müssen wir auch unsere Lehramtsstudiengänge weiterentwickeln“.

Einig waren sich die Podiumsteilnehmer:innen, dass gerade den frühen Bildungsprozessen in der Grundschule eine enorme Bedeutung zukommt, da hier die Weichen für die Zukunft gestellt werden. Einigkeit bestand aber auch in der Einschätzung, dass die Grundschule sich zurzeit in einer überaus schwierigen Situation befindet und dringend Unterstützung braucht. Es müsse sofort etwas gegen den Lehrkräftemangel getan und Anreize für das Studium des Grundschullehramts geschaffen werden, so das Credo auf den unterschiedlichen Podien.

Bei der Suche nach Lösungsmöglichkeiten wurde die Angleichung der Gehälter von Grundschullehrkräften mit anderen Schularten gefordert. Ein anderer Ansatz war, dass Praktikantinnen unterstützend eingesetzt werden könnten, gerade mit Blick auf Herausforderungen, die durch große heterogene Klassen, Kindern mit unterschiedlichen Bedarfen und herkunftsbedingten Disparitäten entstanden sind. Ebenfalls diskutiert wurde die Möglichkeit der wissenschaftlichen Qualifizierung und regelmäßigen Fortbildung von Quereinsteiger:innen, bei denen auch Migrant:innen mitgedacht wurden.

Duales Studium ja oder nein?

Kontroversen entstanden über die Frage, ob duale Studienmodelle eine Möglichkeit sein könnten, neue Zielgruppen für Lehramtsstudiengänge zu gewinnen. Die Befürworter:innen sehen darin die Chance, dass Studierende bei ausreichender wissenschaftlicher Qualifizierung Schulen schon früh im Studienverlauf unterstützen könnten. Durch die Bezahlung der Tätigkeit an den Schulen würde nicht nur ein hoher Anreiz geschaffen, sondern für Studierende auch erleichtert werden, den Lebensunterhalt zu finanzieren. Solche Modelle könnten zudem Quereinsteiger:innen aus anderen Bereichen ansprechen. Ein duales Studium könnte darüber hinaus auch helfen, frühe Studienabbrüche zu vermeiden, da die Bindung an die jeweilige Schule schon frühzeitig erfolgte.

Die Kritiker der dualen Modelle betonten hingegen die sehr gute Qualität der Ausbildung an den Pädagogischen Hochschulen und sehen bei den Studiengängen momentan keinen konkreten Änderungsbedarf, wofür auch die geringe Abbruchquote spricht. In der Einführung eines dualen Modells sehen sie die Gefahr, dass die grundständigen Studiengänge an Attraktivität verlieren würden.

Porträt von Karin Vach
Rektorin
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