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Religiöse Diversität

In jüngster Zeit fokussieren die Diskussionen im Kontext der gesellschaftlichen Ausdifferenzierung im Zuge von Migrationsbewegungen nicht mehr allein den Aspekt „Deutschkompetenz", sondern der Ruf nach Konzepten für das Lernen in kultureller und religiöser Pluralität und damit die Implementierung einer Kultur der Anerkennung wird in Richtung (Bildungs-)Politik und Pädagogik immer lauter. In diesem Zusammenhang kommen bereits bestehende Konzepte zum interkulturellen Lernen auf den Prüfstand. In den Fachdiskursen ist es längst Realität, dass diesen Konzepten zugrunde liegende gesellschaftliche Entwürfe und pädagogische Handlungsempfehlungen einer kritischen Revision bedürfen. Dies betrifft insbesondere auch bisherige Erfahrungen zum interreligiösen Lernen. Bisher vernachlässigte die interkulturelle Pädagogik diesen Bereich – sowohl in der Theorie als auch in der Praxis – und konzentrierte sich thematisch auf die De-Konstruktion von Eigen und Fremd im Kontext von Sprache und Ethnie, aber kaum auf der Folie des Interreligiösen, so dass aktuelle diesbezügliche Konzepte und Denkmodelle eher in der Religionspädagogik anzutreffen sind.

In der Zwischenzeit kann jedoch angesichts der skizzierten gesellschaftlichen Entwicklungen die Inter-/Transkulturalitäts­for­schung nicht mehr ohne den Aspekt der Interreligiosität gedacht und konzeptionalisiert werden. In diesem Zusammenhang zeigt sich in immer stärkerem Maße, dass das bisher gängige Modell des konfessionell gebundenen Religionsunterrichts im Sinne eines Nebeneinanders verschiedener Richtungen nicht mehr ausreicht, um mehr voneinander zu lernen und übereinander zu wissen, da die Pluralität die ganze Lebenswirklichkeit der Kinder und Jugendlichen durchzieht und daher in allen Schulfächern ein Thema sein sollte. Hierbei darf es nicht um die Nivellierung bzw. Ausklammerung religiöser Differenzen und Konflikte gehen, sondern um die Thematisierung der Unterschiede und in einem weiteren Schritt, um die Befähigung, mit diesen zu leben bzw. diese auszuhalten.

Wichtig ist daher festzuhalten, dass Fragen nach einer religiösen (Grund-)Bildung nicht länger auf religionspädagogische Diskurse beschränkt bleiben dürfen, sondern mindestens eine gleich hohe Relevanz für die inter-/transkulturelle Pädagogik haben. Einher geht damit die Öffnung der bisherigen Zuständigkeitsperspektive, was impliziert, dass künftig nicht nur Religionspädagogen als Ansprechpartner für Fragen des interreligiösen Zusammenlebens angesehen werden, sondern angesichts der skizzierten Entwicklungen alle Lehrkräfte interreligiöser Handlungskompetenz bedürfen, die sich dann als Querkompetenz durch alle schulisch-pädagogischen Kontexte zieht.

In Heidelberg befinden sich Institutionen und Akteure, welche seit einiger Zeit im Themenfeld „Empowermentkonzepte für (migrationsbezogene) Diversität und inklusive und interreligiöse Bildung“ erfolgreich zusammenarbeiten. Zu diesen gehören federführend das Amt für Chancengleichheit Heidelberg, die Muslimische Akademie Heidelberg i.Gr. sowie das Heidelberger Zentrum für Migrationsforschung und Transkulturelle Pädagogik (Hei-MaT).

Die genannten Akteure haben beschlossen, ihre vielfältigen bildungspolitischen und pädagogischen Aktivitäten im Themenfeld in ein neues Bildungsnetzwerk einfließen zu lassen, mit dem Ziel, den Impact ihrer Arbeit in der Stadtgesellschaft sowie in den Bildungsinstitutionen zu erhöhen.

Mit dem Bildungsnetzwerk wird ein neues Themenfeld erschlossen, um neue Bildungsangebote im Schnittfeld Judentum-Islam anzusiedeln – denn sowohl das Judentum als auch der Islam sind hinsichtlich gegenwärtiger und zukünftiger Migrationsbewegungen in hoch dynamischen Transformations- und Veränderungsprozessen ausgesetzt, in deren Rahmen sich die betreffenden Glaubensgemeinschaften immer wieder zueinander ins Benehmen setzen und ihr Verhältnis zueinander und zur (christlichen) Mehrheitsgesellschaft aushandeln (müssen).

  • Schaffung einer Diskursplattform zwecks Reflexion über Transformationen in jüdischen und muslimischen Communities.
  • Entwicklung gemeinsamer Formate in Präsenz, aber auch digital, mit dem Ziel der Begegnung, Diskussion, Projektarbeit …
  • Konzeption und Entwicklung von Bildungsmaterialien für die Zivilgesellschaft bzw. für Schule, welche die Diskursivität im Unterricht hinsichtlich der Thematik erhöhen und die Sprechfähigkeit der Schüler:innen in diesem Themenkomplex fördern sollen.
  • Jüdisch-muslimische Kulturtage
  • Podcast „Mekka und Jerusalem“
  • Projekt „Gemeinsam Handeln - Bündnisse gegen Antisemitismus“
  • Handreichung „Judentum und Islam im Kontext von Religionsgeschichte, Glaubenspraxis und aktueller Beziehungen“