Persönliche Motivation der Autorin
Ich habe Johanna Geissmar für meine Biografie gewählt, da sie mir bei meiner Recherche über das Lager Gurs aufgefallen war und ich ihr Leben und ihren Mut, als eine der ersten Frauen zu studieren, sowie ihre Hilfsbereitschaft bemerkenswert finde. Vor allem ihre Selbstlosigkeit, im Lager Gurs unter den schweren Lebensbedingungen kranken und hilfsbedürftigen Menschen zu helfen, berührte mich sehr. Außerdem studierte sie auch in Heidelberg und hatte ihre Praxis in Neuenheim; in der Nähe der Pädagogischen Hochschule erinnert ein Stolperstein an sie. Besonders bemerkenswert finde ich an Johanna Geissmars Leben auch, dass sie nach Auschwitz ging, obwohl sie nicht auf der Deportationsliste stand, um ihren Bruder zu finden.
Dieses Porträt wurde erarbeitet von:
Elif-Selen Kilic
Nachname: Geissmar
Vorname: Johanna
Geburtsort: Mannheim
Geburtsdatum: 07.12.1877
Lebenslauf
geb. 07.12.1877 in Mannheim
- ab 1884: Schule in Mannheim
- 1909-1915: Medizinstudium an der Universität Heidelberg
- 1915-1920: Lazarettdienst in Heidelberg
- 1920-1934: Kinderärztliche Praxis in Heidelberg-Neuenheim
- 1934: Berufsverbot, Umzug nach Bärental, 1935 Saig
- 22.10.1940: Deportation nach Gurs
- 12.08.1942: Deportation nach Auschwitz, ermordet
Johanna Geissmar wurde am 07.12.1877 als Tochter des Rechtsanwalts Josef Geissmar (1828-1905) und der Mutter Anna, geb. Regensburger (1844-1911), in Mannheim geboren. Sie gehörte einer der vielen jüdischen Familien Mannheims an, die gesellschaftlich sehr angesehen waren.
Besonders bemerkenswert für die Zeit, in der sie lebte, ist, dass Johanna Geissmar von 1909 bis 1915 ein Medizinstudium in Heidelberg absolvierte und dort anschließend im Lazarettdienst arbeitete. Für Frauen war es damals ungewöhnlich zu studieren und sich selbstständig machen, weshalb Johanna Geissmar auch erst nach dem Tod ihres Vaters mit dem Studium anfing. Nach ihrem Studium arbeitete sie in Heidelberg als Kinderärztin.
Mitglieder der Familie Geissmar lebten von 1866 bis 1938 in Mannheim. In dieser Zeit leisteten sie wichtige Beiträge zum kulturellen Leben Mannheims. Johanna Geissmar wuchs in einer großbürgerlichen jüdischen Familie in der Mannheimer Oststadt auf, ihr Vater war ein angesehener Rechtsanwalt in Mannheim. Sie gehörte zu einer der Familien, die im kulturellen, geistigen und politischen Leben der Stadt in der Zeit des 19. Jahrhunderts einflussreich waren.
Es gibt nur wenige Spuren, die zur Enteignung und Vertreibung der Familie Geissmar in Mannheim in der Zeit des Nationalsozialismus zu finden sind. Durch die Verordnung des „Staatskommissars für die Badische Ärztekammer“ vom 30.3.1933 wurden jüdische Ärzt*innen von ihrer Tätigkeit bei den Krankenkassen und Fürsorgeverbänden mit sofortiger Wirkung ausgeschlossen. Dies galt auch für Johanna Geissmar. Daraufhin zog sie nach dem 28. August 1933 in den Schwarzwald nach Bärental und 1935 zu ihrem Bruder, der ebenfalls Arzt war, nach Saig. Nach den Unruhen durch das Novemberpogrom wurde Johanna Geissmar täglich angegriffen. Ihre Freundin Erika Schwoerer nahm sie daraufhin auf und wollte ihr helfen, indem sie sich an den evangelischen Pfarrer Martin Huß wandte. Doch konnte dieser Johanna Geissmar nicht helfen. Johanna Geissmar gehörte zu den mehr als 6500 Jüd*innen aus Südwestdeutschland, die im Oktober 1940 in der
Durch ihr Engagement und ihre Hilfe in der Krankenstation wurde sie als einer der „Engel in der Hölle von Gurs“ bekannt. Johanna Geissmar wurde am 12. August 1942 ins Vernichtungslager Auschwitz transportiert. Sie meldete sich freiwillig zum Transport, da sie ihre Patient*innen begleiten und nach ihrem Bruder Jakob suchen wollte. Der 14. August 1942, der Ankunftstag in Auschwitz-Birkenau, gilt als ihr Todestag.
Literatur:
Zahlten, Richard: Dr. Johanna Geissmar - Von Mannheim nach Heidelberg und über den Schwarzwald durch Gurs nach Auschwitz-Birkenau 1877-1942. Einer jüdischen Ärztin 60 Jahre danach zum Gedenken. Konstanz 2019.
Internetangaben:
Leo-bw.de: Geißmar, Johanna. Online verfügbar unter
Johanna Geissmar Gymnasium Mannheim: Johanna Geissmar. Online verfügbar unter
Thewalt, Irene: „Engel in der Hölle“. Pressemitteilung 8.1.2009. Online verfügbar unter
Abbildungsverzeichnis:
Yad Vashems Photo Collections:
Abrufbar auch unter Yad Vashem, Central Database of Shoah Victims‘ Names: