Unter der Zielperspektive der “Inklusion” wurden in der letzten Dekade vielfältige Initiativen ins Leben gerufen, um gesellschaftliche Partizipation für Menschen mit Behinderung zu realisieren. Dabei sind erfolgreiche Veränderungen entstanden. Bei genauerem Betrachten zeigt sich jedoch, dass nicht alle Menschen mit Behinderung von den Veränderungen profitieren.
Über unterschiedliche Lebensbereiche hinweg zeigen nationale und internationale Studien (siehe Forschungs- und Diskussionsstand), dass insbesondere Menschen, denen das Attribut ‚schwere Behinderung‘ zugeschrieben wird, weiterhin marginalisiert und ausgegrenzt werden und für sie nur wenig Möglichkeiten zur Partizipation existieren.
Der hier verwendete Begriff “schwere Behinderung” als Attribut ist dabei nicht als personenbezogenes Merkmal zu verstehen (vgl. Begriffsverständnis IASSIDD, S.2), sondern ist Ausdruck eines relationalen Verständnisses von Behinderung im Sinne der ICF.
Die Marginalisierung dieser so attribuierten Menschen zeigt sich auch in der aktuellen wissenschaftlichen Diskussion. Menschen mit “schwerer Behinderung” und deren Partizipation in den Bereichen Bildung und Gesundheit sind bisher nur randständig Gegenstand der wissenschaftlichen Auseinandersetzung.

Das geplante wissenschaftliche Netzwerk „Schwere Behinderung – Bildung – Gesundheit / Wissenschaftliches Netzwerk zur Analyse von Partizipationsbedingungen und -barrieren von Menschen mit zugeschriebener schwerer Behinderung” fokussiert und bearbeitet drei unterschiedliche Fragenkomplexe:
- Welche inhaltlichen Implikationen sind mit dem Attribut ‚schwere Behinderung‘ verbunden und welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die Möglichkeiten der Partizipation?
- Welche Bedeutung hat der Zugang zu Bildung für die Partizipation an sozialen und gesellschaftlichen Kontexten und welche Möglichkeiten und Barrieren bestehen dabei für Menschen mit dem Attribut ‚schwere Behinderung‘?
- Welche wechselseitigen Einflüsse bestehen zwischen Gesundheit, Gesunderhaltung und Partizipationsmöglichkeiten von Menschen mit dem Attribut ‚schwere Behinderung‘?
- Grundlagenforschung zu Menschen, die mit dem Attribut ‚schwere Behinderung‘ gekennzeichnet werden (Diskussion von Begrifflichkeiten und deren Funktion, Abgrenzung des Personenkreises, um Forschungsperspektiven und forschungsmethodische Zugänge weiterzuentwickeln).
- Analyse, Diskussion und Weiterentwicklung von wissenschaftlichen Erkenntnissen im Hinblick auf Partizipationsmöglichkeiten und -barrieren von Menschen mit dem Attribut ‚schwere Behinderung‘ mit dem Fokus auf die Bedeutung von Bildung und Gesundheit.
- Aufbau und Weiterentwicklung von interdisziplinären Forschungsinitiativen im Rahmen des Netzwerkthemas sowie Kooperation bei der Entwicklung von Forschungsfragen sowie der Beantragung und Durchführung von drittmittelgeförderten Forschungsprojekten.
- Weiterentwicklung von forschungsmethodologischen und -methodischen Fragestellungen bei Menschen mit dem Attribut ‚schwere Behinderung‘ insb. mit Blick auf Potentiale und Herausforderungen partizipativer Forschung.
- Nachwuchsförderung durch regelmäßigen Austausch der (ca. 10) Doktorand:innen untereinander und mit den Mitgliedern des Netzwerks im Rahmen der Netzwerktreffen in Präsenz.

Prof. Dr. Tobias Bernasconi
Universität zu Köln
Professor für Pädagogik und Rehabilitation bei Menschen mit geistiger und komplexer Behinderung
Prof. em. Dr. Harald Goll
Universität Erfurt
Professor für Inklusive Bildungsprozesse bei geistiger und mehrfacher Behinderung

Prof.in Dr. Karin Terfloth
Pädagogischen Hochschule Heidelberg
Professorin für schwere mehrfache Behinderung

Prof. Dr. Michael Wagner
Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau
Professor für Pädagogik bei geistigen und körperlichen Behinderungen

Professor für Heilpädagogik / Inklusive Pädagogik
Katholische Hochschule Nordrhein-Westfalen

Prof.in Dr. Ursula Böing
Katholische Hochschule Münster
Professorin für Heilpädagogik und Teilhabe

Prof. Dr. Reinhard Burtscher
Katholische Hochschule für Sozialwesen
Professor für Heilpädagogik
Dr. Caren Keeley
Universität zu Köln
Akademisch Rätin am Lehrstuhl für Pädagogik und Rehabilitation bei Menschen mit geistiger und komplexer Behinderung

Dr. Nicola Maier-Michalitsch
Stiftung Leben pur, München
Leiterin des bundesweiten Wissenschafts- und Kompetenzzentrums für Menschen mit Komplexer Behinderung

Prof.in Dr. Cornelia Müller-Bösch
Hochschule für Heilpädagogik Zürich
Professorin für Bildung bei kognitiver Beeinträchtigung

Prof.in Dr. Vera Munde
Katholische Hochschule für Sozialwesen Berlin
Professorin für Theorien und Methoden der Heilpädagogik/inklusiven Pädagogik
Prof.in Dr. med. Tanja Sappok
Universität Bielefeld,
Professorin für Medizin für Menschen mit Behinderung, Schwerpunkt psychische Gesundheit
Direktorin der Universitätsklinik für Inklusive Medizin am Krankenhaus Mara in Bethel
Prof.in Dr. Sabine Schäper
Katholische Hochschule Nordrhein-Westfalen
Professorin für das Lehrgebiet Heilpädagogische Methodik und Intervention
Dr. Helga Schlichting
Universität Leipzig
Wissenschaftliche Mitarbeiterin (unbefristet)
Dr. med. Jörg Stockmann
Ev. Krankenhaus Hagen-Haspe
ev. Stiftung Volmarstein
Chefarzt der inklusiven Medizin
Prof.in Dr. Karin Tiesmeyer
Evangelische Hochschule Rheinland-Westfalen-Lippe
Professorin für angewandte Pflegewissenschaft
Prof. Dr. Erik Weber
Universität Erfurt
Professor für inklusive Bildungsprozesse bei geistiger und mehrfacher Behinderung

Prof.in Dr. Melanie Willke,
Hochschule für Heilpädagogik Zürich
Professorin für Bildung im Bereich körperlich-motorische Entwicklung und chronische Krankheiten

Prof. Dr. Peter Zentel
Ludwig-Maximilians-Universität München
Professor für Pädagogik bei geistiger Behinderung einschließlich inklusiver Pädagogik
Doktorandin im DFG Netzwerk
Pädagogik bei geistigen und körperlichen Behinderungen
Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau
Doktorandin im DFG Netzwerk
M.Ed. Lehramt Sonderpädagogische Förderung
Universität zu Köln
Die Grafik zeigt, wie Zuschreibungen, Adressierungen und Subjektivierungen miteinander verbunden sind. Sie stellt zentrale Fragen, Begriffe und Forschungsansätze dar. Außerdem wird die Interdependenz der verschiedene Lebensbereiche (Gesundheit, Bildung, Familie, Arbeit, Wohnen) gezeigt. Die Abbildung verdeutlicht, welche Terminologien, Konsequenzen und methodischen Zugänge bei der Analyse von Attribuierungen – besonders im Kontext „komplexer Behinderung“ – eine Rolle spielen.
Beitrag 1 Gesundheit
Beitrag 2 Gesundheit

gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)
Projektnummer 535303201
01.10.2024 - 30.09.2027